Anspruchssache  
Photograph Benz uebernimmt sich  
  
Ja, ja, die Photographie ist schon   
	ein heikles Gebiet. Kaum jemand   
	wird behaupten wollen, dass sie keine Kunst sei, und   
doch betrachten wir offensichtlich einen 9x13-Abzug  mit   
anderen Augen als etwa ein Oelgemaelde. Was sich dort an   
formalen Kriterien (Technik, Komposition, Perspektive etc.)    
zur Bewertung geradezu aufdraengt, wird bei der   
Photographie durch unsere eigenen Erfahrungen mit der   
Pocketkamera meistenteils ausser Acht gelassen: So   
konzentriert sich die Porstphotographie im Glauben, Realitaet   
abzubilden, auf die Auswahl des Motivs und will zurecht mit   
technischen Fragen moeglichst wenig zu tun haben.   
Fazit vieler Theorie: Es ist der eigene Anspruch des   
Photographen, der den Bewertungsraster festlegt: Dokument   
oder Kunstwerk? Und da ist sich Michael Benz (Jg. 1961) mit   
seiner Ausstellung "Ansichtssachen" im DAI augenscheinlich   
selbst nicht im Klaren: "Respektlos einfach" gehe es beim   
Knipsen zu, sagt er, um sich im selben Atemzug auf den   
Photographenpapst Cartier-Bresson als Ahnvater zu berufen.   
Der Widerspruch draengt sich auch dem Betrachter der 23   
Fotos sofort auf:   
Was man im einen Fall als qualitaetvolle und fuer einen   
Autodidakten erstaunliche Bilder bezeichnen wuerde,   
betrachtet man im Rahmen einer Ausstellung mit gemischten   
Gefuehlen: Mediterrane Strassenszenen allein garantieren   
noch nicht Kunst: "F's Freundin" ist wie vieles andere   
allenfalls ein huebsches Urlaubsphoto, technische oder gar   
formale Qualitaeten besitzt  es kaum.   
Da faellt Benz' Reihe mit Schattenspielen wesentlich mehr   
ins Gewicht, wenn man nicht schon bei fluechtigem Blaettern   
in einem Magnum-Bildband auf die jeweiligen Vor-Bilder   
stiesse. Originell und interessant  sind allein die zwei   
liegenden Halbakte, deren einer sich allerdings schon  als   
Titelbild des Ausstellungsfaltblattes findet. So "respektlos   
einfach" ist das alles nicht, moechte man etwas spitzzuengig   
kommentieren, wenn einen nicht wieder Zweifel am   
Selbstanspruch des Photographen befielen: Oder stellt ein   
Kuenstler, aus welchen Gruenden auch immer,  Photokopien   
statt Abzuegen aus? Ja, ja, die Photographie ist  ein heikles   
Gebiet...                                        (step)