Kultur


Quo vadis, Philippe?

Kultautor Djian: Eine Bestandsaufnahme

Philippe Djian, Jahrgang 1949, ist eine Ikone der neueren Mainstream-Literatur und Aushängeschild seines Ver-lags. 1982 debütierte er mit dem bis an die Grenze der Selbstparo-die handlungsstarken Road-movie-Werk "Blau wie die Höl-le", den Durchbruch schaffte er drei Jahre später mit "37,2o am Morgen", mäßig verfilmt von Jean-Jacques Beineix als "Betty Blue". Seitdem erschienen in dichter Folge fünf weitere Roma-ne und ein Band Erzählungen, die dem Autor, quer durch alle Bevölkerungsschichten, eine geradezu abhängige Gemeinde von Lesern eingebracht haben.

Waren Sie schon einmal richtig verliebt? Wirklich richtig? Und haben Sie schon einmal wirklich gelitten, wenn es schiefging? Wirklich dumpf betäubt und todtraurig gelitten? - Sobald Sie eins von Philippe Djians Büchern aufschlagen, werden Ihnen ernste Zweifel daran kommen. Diese Romane entfesseln einen emotionalen Sog, dem sich kaum jemand entziehen kann, denn über kurz oder lang stürzt der Autor jede seiner Figuren in ein Dilemma, das nur durch langen, aufreibenden inneren Kampf aufgelöst werden kann.

Dabei beginnen die Geschichten regelmäßig eher ruhig, und auch später schwingt sich das Erzähltempo nur streckenweise zu einiger Fulminanz auf. Hatte "Blau wie die Hölle" noch vor allem durch den atemberaubenden Plot gewirkt, so entwickelte Djian seit "Erogene Zone" (1984) einen quasiautobiographischen Ich-Erzähler, den er in den Mittelpunkt eines äußerlich immer ruhiger werdenden Geschehens stellte. Zur schicksalhaften Verstrickung kommt es jedesmal dann, wenn die weibliche Protagonistin in die Handlung eintritt: eine blutjunge oder auch reifere Frau, die aber in jedem Fall gutaussehend, unkonventionell und sehr, sehr anziehend ist. In der Tat ist die breite Schilderung geschlechtlicher Interaktion ein wesentlicher Grund für die Unterhaltsamkeit der Djian-Bücher. Schon die Jugendschilderungen der beiden letzterschienenen Romane bieten breiten Raum für die Beschreibung sexueller Initiation und Reifung, und auch die vier der 'klassischen' Phase zwischen 1984 und 1988 unterschlagen kein menschliches Gelüst - aber das allein kann die Faszination dieser Prosa nicht erklären.

Djians Helden sind derart fest in der Erfahrungswelt des Durchschnittslesers verwurzelt, daß niemand auf den Gedanken käme, die realistische Authentizität dieser Art von sympathischem Normalmensch zu bezweifeln. Djian beschreibt den Alltag - das Duschen, den Einkauf, das Kochen, den Ärger mit Nachbarn - in pointierter Detailliertheit, und in ebenso großem Realismus konfrontiert er den Leser mit den Gefühlsschwankungen seiner Ichs. Selbst wenn man bereits von zehn flüchtigen Liebesbeziehungen, Auseinandersetzungen mit dem besten Freund, Haßausbrüchen gegen den Literaturagenten gelesen hat, der elfte wirkt immer noch glaubhaft wie der erste, denn Djian schreibt mit meisterhaftem psychologischen Einfühlungsvermögen.

Diese grundlegende, geschickt aufgebaute Glaubwürdigkeit der Charaktere ist es, die den Leser auch in die großen handlungsbegründenden Konflikte hineinzieht. Eine Mutter muß zur Rückkehr zu ihrer Tochter bewegt werden, ein Vergewaltiger geht an seiner Schuld zugrunde - es sind in jedem Fall einfache Muster, die Djian seinen Romanen zugrunde legt. Aber er erzählt sie mit einer Intensität und atmosphärischen Dichte, die ihn unter dem handwerklichen Aspekt der Imagination von Wirklichkeit um einiges über die neueren Werke zeitgenössischer deutscher Großschriftsteller wie Handke, Grass und Walser hinausragen läßt.

Aber dabei läßt Djian es nicht bewenden. Er bettet die kleinen alltäglichen und die großen existentiellen Ups und Downs seines Protagonisten in einen kaum je abreißenden Strom der Selbstreflexion: Kein Ereignis bleibt unkommentiert, jede Bewegung wird sogleich in den Kontext der persönlichen Lebenserfahrung gestellt, und man möchte fast von einem allgegenwärtigen mentalen Verdauungsapparat sprechen, der dem Leser die angemessene Deutung des Geschehens vorgibt und es erst dann ins Gewesene entläßt. Darüber hinaus hat Djian eine Vorliebe für Zitate aus der Literatur und dem I-Ging und für allgemeine Lebensweisheiten, mit denen er noch einen Schritt weiter geht und die subjektive Erfahrung in die des Menschen schlechthin überführt: "War es für einen Mann nicht unerläßlich, ein paar Stunden in puncto Demut zu nehmen?". Hier ist freilich die Grenze zur Komik nicht fern, und so benutzt Djian die Überhöhung ins Allgemeine oft genug auch für einen ironischen Akzent - "Mmm..., meinte ich nickend. Das Leben ist eine einzige lange Lehre." Die integrative Wirkung dieser Reflexionsinstanz ist nicht zu unterschätzen, denn Djians Ich-Helden reagieren zwar auf die von ihnen nicht beeinflussbaren Fährnisse, zum Teil sogar heftig, akzeptieren sie aber ohne weiteres Aufhebens als gültige Lebensbedingungen; mitunter entsteht der Eindruck von Fatalismus.

Eine gewisse Tendenz zu einfachen Lösungen kommt im Ende von "37,2° am Morgen" zum Ausdruck, wo Djian seinen Helden die Geliebte, die als Opfer wahnhafter Selbstverstümmelung der Psychiatrie in die Hände gefallen ist, im Krankenbett mit einem Kissen ersticken läßt. Im Gegensatz zu Keseys "Einer flog übers Kuckucksnest", auf das sich diese Schlußwendung wohl bezieht, fehlt Djians Roman aber jeder soziale Bezug; das Schicksal der Personen bleibt, wenn auch exemplarisch dargestellt, ein rein privates. Dieselbe Konzentration auf die Charaktere kommt auch in der Behandlung der Schauplätze zum Ausdruck. Die meisten Djian-Romane spielen in einer französisch-amerikanisch gefärbten Umgebung; die Orte werden sparsam, aber in höchst evokativer Weise charakterisiert, doch in aller Regel vermeidet Djian jeden konkreten Bezug.

Das Ergebnis all dieser Eigenheiten ist eine für Djian typische Monumentalität seiner Ichs, die monolithische Wirkung eines ungebrochenen subjektiven Bewußtseins, das den ausschließlichen Zugang des Lesers zur Welt des Romans darstellt und ihn deshalb dem Geschehen vollkommen ausliefert. Diese Helden sind deshalb so anziehend, weil sie sich eine ausgeprägte Individualität leisten. Sie stehen nicht nur vollkommen im Zentrum des Geschehens, sondern agieren auch mit größter Selbstbestimmtheit - auch dann, wenn nur ein reaktives Handeln in Frage kommt.

Diese unentfremdete, impulsive, ungebundene Lebenseinstellung wird allerdings zum guten Teil erst dadurch möglich, daß Djians Held Künstler ist, und zwar ein Schriftsteller, der im Laufe der Romane und mit fortschreitendem Alter immer erfolgreicherer wird. Aber auch der Gelegenheitsarbeiter in "Erogene Zone" setzt dem Erwerbszwang recht erfolgreich sein "laissez aller" entgegen, und der resignierte Auftragsschreiber aus "Rückgrat" rettet sich mit zenbuddhistischer Gelassenheit ebenso schlecht und recht über die Runden.

Zuweilen gerät Djian dabei allerdings in die Nähe einer kitschigen "Freiheit, die ich meine". "Jedesmal, wenn ich Paul Sheller sah, ermaß ich den Weg, der hinter mir lag" - es scheint, als habe das Schicksal dem Helden, so hart es ihn auch umherstößt, doch immer eine Sofaecke reserviert, in der ihm nichts geschehen kann und aus der heraus er behaglich seine Betrachtungen pflegt. Bei aller löblichen Klassizität wirkt diese Ruhe der Seele gleichzeitig auch ein wenig vormodern.

Der Autor scheint hier selbst ein Problem zu sehen, und wohl aus diesem Grund hat er in den beiden zu letzt erschienenen Romanen sein Konzept modifiziert. In "Pas de deux" (1991) und "Matador" (1993) gibt er die perspektivische Einheit und Geschlossenheit der 'klassischen' Romane auf, und zwar arbeitet er zum einen erstmals mit verschiedenen Zeitebenen, und zum anderen stellt er dem zentralen Ich jeweils eine weitere Bewußtseinsinstanz zur Seite. Diese technische Innovation scheint für Djian eine bewußte Auseinandersetzung mit der Tradition der Romankunst zu bedeuten, denn in beiden Fällen drückt die Einfachheit des Konstrukts einen gewissen Oppositionsgeist aus.

Leider geht diese Rechnung nicht auf. Der Pianist Henri-John aus "Pas de deux" betrügt seine Frau, will aber die Scheidung verhindern. Parallel dazu wird die gemeinsame Kindheit der beiden bis hin zur Heirat ausgebreitet; am Ende finden die Erwachsenen ebenso wie in der Vergangenheit die Jugendlichen zueinander. Der Roman zeigt zwar Djians gesamtes schriftstellerisches Können - die Jugendhandlung des Romans schildert in hinreißender Weise das Milieu einer Balletttruppe -, dennoch bleibt der Kausalzusammenhang der Zeitebenen zweifelhaft.

Ebenso unbefriedigend ist Djians Plan in "Matador". Zum einen wirkt die Entscheidung, den Roman in drei Teile ("Tercios") zu gliedern, einigermaßen hölzern, zumal er auch den mittleren Abschnitt, der sich zum ersten vorzeitig verhält, albernerweise den "Ersten Tercio" nennt. Zum anderen schreibt Djian im mittleren Drittel zum ersten Mal seit seinen Anfängen in der dritten Person. Zwar gelingt diesmal der Zeitenkonnex: Mani, der jugendliche Held, kann mit Hilfe Vitos, des neuen Ehemannes seiner Mutter, die existentielle Übermacht seines Großvaters brechen, eines Despoten, der bereits früher die Verbindung zwischen Vito und Manis Mutter verhindert hatte. Die Vorgeschichte deckt einen Erklärungsbedarf der aktuellen Handlung, und diesmal wird kein zweifelhafter Begründungszusammenhang konstruiert. Dennoch hat Djian, indem er das erprobte Mittel der Monumentalperspektive aufgibt und damit einen Schritt in Richtung Objektivierung des Geschehens tut, nicht das geringste gewonnen.

Nicht gelitten hat bei diesen Experimenten zum Glück der brillante Sprachstil. Man sollte zwar die Übertragung Michael Mosblechs nicht mit der Lupe betrachten - ein wenig zu oft ist etwa beim Essen von "ordentlich reinhauen" die Rede -, aber im Zusammenhang gesehen gelingt es sowohl dem Autor als auch dem Übersetzer erstaunlich überzeugend, Alltagssprache konsequent ins Schriftliche umzusetzen ("Biste sicher, daß hier kein Zucker zu finden ist? - Keine Ahnung. Haste richtig geguckt?"). Das zweite auffällige Stilmittel Djians sind seine unaufdringlichen und nicht selten originellen Lyrismen, und man wird unschwer seiner gelegentlichen Selbsteinschätzung zustimmen können: "der erste aerodynamische Stil mit Linien von majestätischer Reinheit, glatt wie Kugeln aus Wolframkarbid".

Offenbar trifft Djian mit seiner Variante des Realismus den Nerv der Zeit. Seine Romane weisen nicht ausdrücklich über sich selbst hinaus, sie 'bedeuten' nichts; dennoch - oder gerade wegen dieses Verzichts auf Sinndeutung und Moraldidaxe - scheinen sie den Bedürfnissen eines breiten Publikums entgegenzukommen. Wie wird Djians nächste Ich-Inkarnation aussehen? Ein vierjähriges Künstlerkind? Oder ein abgeklärter Alter, der in Erwartung des Todes Rückschau hält? Wenn der Diogenes-Verlag seine Veröffentlichungspolitik beibehält, erscheint der neue Djian zum Ende des Jahres.(jpb)


Alles foxi, oder was?

Die Renaissance der Kiosk- und Pressecomics

Unsere Eltern sind mit ihnen noch aufgewachsen, in den späten 80er Jahren gab es sie praktisch nicht mehr. Die Rede ist von den sogenannten Presse-Comics: Heftchen und Taschenbüchern, die man für wenige Groschen in Supermärkten, Kiosken und so ziemlich überall, außer im Buchhandel natürlich, erwerben kann. Was in den 50ern als "Schundliteratur" zaghaft begonnen hatte mit dem Klassiker und Dauerbrenner "Micky Maus" (z.Z. 900.000 Stück Auflage pro Woche), dem nicht minderen Klassiker "Fix und Foxi" und Piccolos des Zeichners Hans Rudi Wäscher, dessen Hefte heute auf Börsen astronomische Summen unter Sammlern erzielen, entwickelte sich bis in die 70er zu einem expandierenden Markt. Das große Geschäft zu dieser Zeit machten im wesentlichen der Ehapa Verlag aus Stuttgart (Disney-Comics, "Asterix"), der Kauka Verlag, der unter verschiedenen Besitzern die einzige wirklich in Deutschland produzierte Reihe ("Fix und Foxi" sowie mehrere Ableger) zusammen mit franko-belgischem Material herausgab sowie der Bastei Verlag, der neben "Bessy" und "Felix" vor allem TV-Serienadaptionen ("Bonanza", "Captain Future", "Biene Maja" usw.) auf den Markt warf. In den 80ern schließlich kam noch der zum Bauer-Konzern ("Bravo") gehörende Condor Verlag mit Superheldenserien aus den USA und dem Klassiker "Clever & Smart" aus Spanien dazu.

Inzwischen hat Bauer den Kauka Verlag aufgekauft und stellte bis auf das Flaggschiff "Fix und Foxi" alle laufenden Serien aus Rentabilitätsgründen ein. Als Gründe müssen hier wie auch anderswo (bei Bastei und Condor wurde um 1985 nach und nach auch das meiste eingestellt) die regelrechte Überschwemmung mit z.T. sowohl inhaltlich als auch von der Produktion her minderwertigem Material gesehen werden und die Innovationsfeindlichkeit der Verlage. Innerhalb von ein bis zwei Jahren wurde lieber eine Neuauflage von bereits veröffentlichtem Material einer etablierten Serie gemacht (manchmal sogar einfach unter fortlaufender Numerierung!), als etwas Neues zu versuchen. Das aufkommende Kabelfernsehen mit etlichen Zeichentrickfilmen und die Etablierung eines gehobenen Marktes mit teuren Albenserien für wenige, ausschließlich für Erwachsene durch den Carlsen Verlag und später auch durch den von Ehapa 1992 aufgekauften Feest Verlag taten ein übriges, den Markt zusammenbrechen zu lassen. Bis auf die "Micky Maus", für die genügend Material weltweit, vor allem jedoch in Spanien und Italien, produziert wird, schien keine Reihe mehr profitabel zu sein. Als die Verlagsunion Pabel-Möwig (Bauer Verlag) 1994 versuchte, die Auflage von "Fix und Foxi", die von 260.000 (1978) auf 53.000 gefallen war, durch Umstellen von wöchentlicher Erscheinungsweise auf ein Monatsheft, das zudem Popstarposter enthielt, zu erhöhen, zog man sich Probleme mit dem Erfinder Rolf Kauka zu. Per Gerichtsbeschluß mußte die Auslieferung im Dezember '94 gestoppt werden, obwohl sich die Auflage wieder verdoppelt hatte. Grund war angeblich ein zu freizügiges "Madonna"-Poster. In Fachkreisen wird eher spekuliert, Kauka wolle mehr Geld für seine Lizenz. Wie und wann es mit der Serie weitergehen wird, steht derzeit noch nicht fest, da der Rechtstreit noch offen ist. Im gleichen Jahr starb der Verleger des Bastei Verlages, Gustav Lübbe. Dies hatte weitreichende Konsequenzen: Der Comic-Bereich wurde aufgelöst. Nur der Superseller "Gespenstergeschichten" (100.000 Stück) wird im Bastei -Jugendbereich jetzt wöchentlich neben vier monatlichen Kindermagazinen (u.a. "Benjamin Blümchen" und "Schlümpfe") noch herausgegeben. So verwundert es nicht, daß der Ehapa Verlag seit Ende der 80er Jahre etwa 80 % des Marktes beherrscht, davon 50 % alleine durch "Micky Maus".

Doch inzwischen scheinen einige der Betreiber zur Besinnung gekommen zu sein. Die stetige Nachfrage nach antiquarischen Comics sowie der Rückgang bei den hochwertigen Hardcover-Alben, nicht zuletzt wegen des enormen Preisanstiegs (ca. 16-40 DM pro Ausgabe) bei gleichzeitiger Verramschung an einige spezielle Händler, die sich daran dumm und dämlich verdienen, indem sie die Ausgaben vielleicht 5 DM billiger anbieten bei einem Einkaufsstückpreis von 3-4 DM, führte zu einer Veränderung der Kaufgewohnheiten, auch des älteren Publikums. Dies nahm derart groteske Formen an, daß sich beispielsweise die US-originalimportierten "Spiderman"-Hefte in der BRD besser verkauften als die von Condor herausgegebenen deutschen Ausgaben. Inzwischen hat der Condor Verlag die Qualität seiner Ausgaben verbessert und versucht, sich vom "billigen Schrott"-Image zu lösen. Daneben betreibt zum Erstaunen der Marktbeobachter die Gong-Gruppe mit ihrem "Dino-Verlag" noch zusätzlich diese Renaissance, indem sie qualitativ-hochwertige monatliche Objekte, wie z.B. "Beavis & Butthead" oder den Klassiker "Superman" aufs neue herausgibt. Dabei hält man sich stark an die US-Originale, was sowohl den Leser freut als auch Kosten spart. Da die Hefte nach eigenem Bekunden ab etwa 35.000 Exemplaren rentabel werden und im Schnitt 50.000 Stück pro Monat verkauft werden, ist man bei Dino entschlossen, zu expandieren: Demnächst sollen "Die Simpsons" sowie das Spektakel "Marvel gegen DC" erscheinen. Neues von der Front auch vom Marktführer Ehapa: Im Herbst wird ein neuer "Asterix"-Band erscheinen, zudem gibt es im Juli ein neues "Rantanplan"-Album (der doofe Hund aus "Lucky Luke"). Gerüchten zufolge will der französische Verlag Dupuis sich mehr um den deutschen Markt bemühen, allerdings kann dies einige Zeit dauern, da alle wichtigen Serien von den "Minimenschen" bis zum "Marsupulami" noch in Lizenz bei Carlsen oder Ehapa/Feest sind. Einen Nachahmer haben die "Gespenster-Geschichten" gefunden: "Das Grauen" wird zweiwöchentlich seit Anfang Mai vom bisher unbekannten Kölner Verlag Click-Clack herausgegeben. Ob wir von denen mehr zu erwarten haben, werden wir sehen. (mj)


ruprecht on the record

Musiktips und Meinungen

Alanis Morissette: Jagged Little Pill

Stellenweise schreit sie wie Melissa Etheridge ihre Gefühle aus der Seele, manchmal erinnert sie etwas an Sheryl Crow oder Tori Amos. Doch Zigtausende Amerikaner können nicht irren, die Grammy-Juroren ebensowenig: Die erst 21jährige Kanadierin und Wahl-L.A.-Bürgerin Alanis Morissette hat mit "Jagged Little Pill" das Album des Jahres vorgelegt. Die Songs - allesamt von Alanis selbstgeschrieben - sind explosiv und ausdrucksstark. Die CD enthält neben den auf der Hülle angegebenen zwölf Tracks noch einen Track 13: nochmals "You Oughta Know" in einer etwas anderen Version, nach mehr als einer halben Minute Pause kommt dann noch das A-Cappella-Stück "Your House". Absolut hörenswert sind auch "Ironic"und "Wake Up".

Die Musik ist insgesamt sehr rockig, Alanis Morissette läßt Gitarren toben, wechselt aber auch Ruhe und Aggressivität in ihren Songs ab. Dabei reicht das Repertoire vom Poppigen ("You Learn") bis zum Aggressiven ("Forgiven"). Mit von der Partie waren im übrigen auch richtig prominente Leute: bei der zweiten Version von "You Oughta Know" haben Dave Navarro und Flea von den Red Hot Chli Peppers mitgespielt.

Die Texte sind insgesamt emotional und doch niveauvoll-reflektierend; sie alle zeigen deutlich, wie Alanis Morissette in ihren Songs die Erlebnisse ihres bisherigen Lebens verarbeitete. Sie beleuchtet Beziehungen zu Männern, kritisiert das angeblich "starke Geschlecht" direkt und nimmt dabei auch kein Blatt vor den Mund ("Are you thinking of me when you fuck her?")

Alles in allem ist die CD von Alanis Morissette ein Album, das zeigt, daß es auch heute noch prima Musik gibt, die aus dem Herzen kommt und von Hand gemacht ist. (mab)

Gert Wilden & Orchestra: Music from Schulmädchenreport

"Guten Abend, meine sehr verehrten Damen und Herren. Ich begrüße Sie zu einer rauschenden Nacht im Zeichen von Hornbrille und Polyesterhemd, denken Sie nicht an das, was Ihre Töchter jetzt zuhause tun und genießen Sie die Musik. Vorhang auf für Gert Wilden und sein Orchester!" Und während schwitzende Polyesterfreaks ihre hornbrillenbewaffneten Gattinnen im flotten Tanzschritt übers Parkett schieben, vergnügen sich die blutjungen Töchter zuhause auf ganz andere Weise, so war es immer irgendwie in den Schulmädchen-Reports, diesem wilden Stück Aufklärungskultur der Endsechziger, irgendwo angesiedelt zwischen Schmuddel und Kult, Trashfaktor unendlich. Jetzt gibt es die gesammelten Soundtracks, und Gert Wilden, Filmkomponist und Produzent von über 300 Platten, wäre heute wahrscheinlich ein gefeierter Easy-Listening-Star, er wird es auf alle Fälle bald sein, seine Musik strahlt im Glanz der Discokugel und überall stöckelt der Korkplateau. Die Lieder sind voller Sex, die Arrangements spannungsgeladen, und wir stellen uns riskante Einsätze in Manhattan vor, hellbraune Ledersofas und wieder die Polyesterfreaks mit den dicken Koteletten. Und natürlich jede Menge kichernder Schülerinnen, nackt, manchmal auch knapp bekleidet. (mk)

René Jacobs-Concerto Vocale: Claudio Monteverdi: L'Orfeo (harmonia mundi)

Nach der Veröffentlichung der "Krönung der Poppea" und der "Heimkehr des Odysseus" kam nun auch die "L'Orfeo" heraus. Ein mehr als angemessener Abschluß für den Plattenzyklus von Monteverdi-Opern. Dieses Werk, das 1607 in Mantua uraufgeführt worden war, gilt als Meisterwerk Monteverdis, ja, als Apotheose seiner Gattung.
Über ein Jahr hatte er an ihr gearbeitet. Sein Ziel war dabei, einen "Spiegel der perfekten Schöpfung Gottes" zu schaffen.
Die antike Sage des Orpheus, der das Unmögliche schafft und sich durch seine Musik aus der Unterwelt befreit, goß er in fünf Akte (und den Prolog), die bis ins kleinste Detail symmetrisch aufgebaut sind. Jacob René spielte dieses "Manifest des Humanismus" nach langer Forschungsarbeit mit dem Concerto Vocale ein. Dabei legte er großen Wert auf historische Authentizität, wofür das französische Label "harmonia mundi" weltberühmt ist. Mit großem Sinn für Schönheit, reine Ästhetik und Liebe zum Detail wurde so eine wunderbare Aufnahme geschaffen, ein Tondokument. Es ist seine 50 Mark ganz gewiß wert! (fw)

Herbie Hancock: The New Standard (Verve)

Zu Beginn der 60er Jahre machte sich Hancock einen Namen, indem er Rhythm & Blues-Elemente in den Jazz integrierte - seine Kompositionen "Maiden Voyage" und "Cantaloupe Island" wurden zu Klassikern. Für die Produktion seines neusten Albums holte er sich die hochkarätigsten Musiker seiner Generation ins Studio: Dave Holland am Baß, Jack DeJohnette am Schlagzeug, John Scofield an der Gitarre und Michael Brecker am Saxaphon. Mit ihnen spielte er Stücke ein, die er anscheinend für die neuen Standards hält: Stücke von Prince, Sade, Simon and Garfunkel, Kurt Cobain...

Was mit leichtem Zweifel beginnt, erhärtet sich zum Urteil: Obwohl alle ihre Instrumente vollkommen beherrschen, können sie sich nicht vom perfekten Studioklang lösen, den man aus den Titelmelodien amerikanischer Sitcoms kennt. Wenn Sades "Stronger Than Pride" wie Kaufhausmusik klingt, kann kein Funken überspringen, selbst wenn DeJohnettes Rhythmen grooven.

Also, kauft Euch die Platte erst, wenn es keine Klassiker mehr gibt, die ihr Euch noch kaufen könntet - wir wollen hoffen, daß es nicht soweit kommt! (fw)

The Walkabouts: Devil's Road

Eine Band aus Seattle geht nach Deutschland, produziert bei Köln ihr neues Album und verpflichtet dafür auch noch das Warschauer Philharmonieorchester. Das Ergebnis kann sich hören lassen: "Devil's Road" von The Walkabouts ist ein ausdrucksvolles, melodiöses Album (das erste der sechsköpfigen Band bei einer großen Plattenfirma). Die elf Songs - aus Rock, Country und einer Prise Melancholie gemischt - sind exzellent komponiert, die gefühlvoll-traurigen Balladen wie beispielsweise "Christmas Valley" überwiegen auf dem Album. Die beiden auch privat verbundenen Frontpersons Chris Eckman und Carla Torgerson wechseln sich beim Gesang ab, die Warschauer Streicher ergänzen einige Songs und erheben sie ins Bombastische; das Eingangsstück "The light will stay on", das als Single erschienen und manchmal auch im Radio zu hören ist, mag hierfür als Beispiel dienen. Insgesamt ein wunderschönes Album.

Wer die Walkabouts live erleben will, sollte sich den 17. Juni im Kalender mit rotem Stift dick ankreuzen: sie spielen dann im Karlstorbahnhof, allerdings ohne Warschauer Violinen und Cellos. (mab)

Trash & Go

7" Singles:

Hier sieht es zur Zeit leider ziemlich mau aus. Zu empfehlen ist im Moment nur Whigfields "Sexy Eyes", leider ohne richtiges Cover und, vorausgesetzt, ihr habt einen guten Importhändler, David Bowies "Hello Spaceboy", in Pink-Vinyl übrigens mit "The heats filthy Lesson" auf der B-Seite.

12" Maxis:

Die neue Maxi von E-Rotic ist da. Klar, die mußte "Fritz love my tits" heißen, damit sich's wieder reimt. Die Nummer, die man sich (leider nur im Neutralcover ohne die lustigen Zeichnungen) zulegen sollte, klingt nach "Willi use a Billi". Auch von Bad Boys Blue gibt es 'ne aktuelle 12" Maxi. "Anywhere" lautet der Titel. Auch hier leider nur ein Neutralcover. Die "Radio-Version" fehlt leider, dafür gibt's den "Jeyenne's out of the blue"-Mix. Alles in allem schön poppig.
Von Erasure's "Rock me Gently" soll's in England angeblich eine Promo-Maxi geben, da wären dann sicherlich auch die in Deutschland nicht mal auf CD erschienenen 12"-Versionen drauf. Auf der tschechischen M-CD sind diese 4 anderen Versionen jedenfalls zu konsumieren.
Von Dune gibts nachträglich die aktuellen Titel "Rainbow to the stars" und das Kinderlied "Hand in Hand" auf Vinyl. Da hat sich mal die Plattenfirma ausnahmsweise erbarmt.

5" M-CDs:

Dieter alive! Die neue Blue System M-CD "Only with you" ist da. Nachdem er an einen Spekulanten 3 Mio. DM verloren hat muß er halt das Geld irgendwo wieder reinholen. Da es mit seinem Techno-Projekt "Major T." nicht so recht klappt, ist halt mal wieder Blue System dran. Trotzdem eine schöne Tanznummer. Ebenfalls empfehlenswert ist das britische Projekt Saint Etienne mit der aktuellen EP "He's on the phone", eine geile Pop-Nummer. Auch die Pet Shop Boys mit ihrer neuen M-CD "Before" kann man sich holen, wenn man nicht weiß wohin mit dem Geld. Im BSE-Reich gibt es davon übrigens eine Triple-Vinylmaxi.

Just Friends: Friends forever

Klar, das Ganze grenzt schon an den Schleim der BRAVO-eigenen Boybands, aber um so öfter ich das Album höre, um so besser gefällt mir.das Werk aus der "Gute Zeiten-Schlechte Zeiten"-TV-Werbung. Denn so schlimm ist das Album eigentlich nicht. Gängige tanzbare Pop-Ohrwürmer zum Genießen sind hier ebenso zu finden wie schönschmalzig anmutende Balladen. Mal ehrlich, wer hat noch nicht zu Titeln wie "Ever & ever" in der Wanne geträllert oder bei "The present that I want" rumgeschmustt? Als Partygag könnte man Titel wie "Friends" neben Baccara und Chris Norman sicher durchgehen lassen. Zumindest wird es genügende geben, die sich die "J.F." mal heimlich reinziehen, wie die dauernden Chartplazierungen beweisen. Auch die Vinyl-Freaks werden (zumindest teilweise) befriedigt: Von "Ever & ever" gibt es eine einseitig bespielte 12"Maxi und von "The present that I want" eine 7"Single mit "Ever & ever" als B-Seite. Inzwischen ist die neue M-CD "Anytime anyplace" erschienen, mit einer neuen Sängerin übrigens. Leider ist das Ding nicht analog auf Vinyl erschienen. Wir sollten gemeinsam einen Protestbrief an die Plattenfirma Edel schicken.

Die wichtigsten Party-Schnulzen

Um richtig in Stimmung zu kommen, ist es schon fast selbstverständlich, ein Special der Modern-Talking-Hits von "You're my heart you're my soul" bis "In 100 years" in Maxi-Version hintereinander zu spielen. Für die Hartgesottenen empfehle ich Baccaras "The Devil send you to Lorado". Austin Roberts "Rocky"tut es (besonders für Anfänger) jedoch auch. Balladen sollten selbstverständlich auch nicht fehlen: Chris Normans "Some hearts are diamonds" und "Only you" von den Flying Pickets, eine Yazoo-Cover-Version, sind dafür sehr empfehlenswert.
Beim nächsten Mal gehe ich auf Stücke der 90er ein. Bis dann. (mj)


ruprecht goes to the movies

Filmtips - und vor allem Meinungen

(in Klammern die Anzahl der ruprechte)

ruprechts Notenskala:
- nicht empfehlenswert
* mäßig
** ordentlich
*** empfehlenswert
**** begeisternd

Happy Gilmore (-)

Happy, verhinderter Eishockeyspieler mit gewaltigem Schlag, geistig etwas minderbemittelt, aber mit gutem Herzen, versucht seine geliebte Großmutter aus dem Altersheim zu retten. Doch woher die nötige Kohle nehmen? Ausgerechnet Golf, der Sport für "reiche Ärsche", wird für Happy die Lösung seiner Probleme. Unser Held nimmt mit seiner unkonventionellen Spielweise zwar haufenweise Turnierprämien ein, bringt dadurch aber den bösen, schleimigen Profispieler Shooter gegen sich auf und muß vor dem Happy End erst einige Abenteuerchen auf dem grünen Rasen bestehen (in deren Verlauf er nebenbei auch noch seine Prinzessin, die PR-Managerin des Golfclubs, betören kann).

The Birdcage (3)

Ein alterndes schwules Pärchen betreibt gemeinsam einen Nachtclub: Armand als Manager und Regisseur, Albert als Star der Show. Und wie es sich für Stars gehört, ist auch jener ein wenig neurotisch und stets eifersüchtig. So weit, so gewöhnlich. Wäre da nicht Val, der Sohn Armands, das Produkt eines Fehltritts. Dieser will heiraten, und zwar die Tochter des konservativen Senators Keeley. Da die Tochter ihren Eltern den Zukünftigen schmackhaft machen will, wirbt sie mit dem ausgezeichneten Ruf der Eltern Vals. Also muß ein intaktes Elternhaus vorgetäuscht werden. Zunächst soll die eigentliche Mutter dafür engagiert werden, an der Abendtafel sitzen aber nach zahllosen Zwischenfällen letzlich doch die beiden schwulen Männer - als Mann und Frau. Wem das alles bekannt vorkommt, der krame in seinem Videoarchiv; dort wird er auf den Klassiker Ein Käfig voller Narren von Edouard Molinaro stoßen und feststellen, daß die Handlung genau die gleiche geblieben ist, nur ein wenig amerikanisiert.

Das Verhältnis vom Original zum Remake ist vergleichbar dem von italienischer zu amerikanischer Pizza: Die amerikanische ist deutlicher fetter, aber nicht unbedingt schmackhafter. Obwohl an jedem Punkt vorhersehbar, langweilt der Film doch keineswegs. Das ist in erster Linie den beiden Hauptdarstellern zu verdanken: Robin Williams ist nach einem bösen Absturz in Jumanji als Armand wieder in Höchstform, und Nathaniel Lane begeistert als Albert in jeder Situation, vor allem wenn er versucht, besonders männlich zu wirken. Selbst John Wayne wäre neidisch gewesen auf seinen Schritt.

Echte Kerle (-)

Also, da ist dieser Polizist (Chris), der zwar ein Arschloch, aber eigentlich dann doch ganz nett ist. Der wird von seiner Verlobten rausgeschmissen, weil die ab sofort nur noch auf Muskelpakete steht. Chris verbringt die Nacht mit einem Typen (Eddi) und verliebt sich in die neue Kollegin (Helen), an der aber schon ein anderer Kollege (Nr. 457589) sehr interessiert ist. Die ist auch unglücklich verliebt, sie weiß nur noch nicht genau, in wen. Eddi will Chris (Eddis Mutter übrigens auch), der muß sich aber erst noch über seine sexuellen Neigungen klar werden. Nr. 457589 will Helen, die will ihn aber nicht, sondern Chris...

Der Film bietet absolut nichts, was wir nicht schon in Der bewegte Mann gesehen haben (da allerdings witzig), die Gags sind entweder geklaut oder uralt, und die Charaktere (wenn man sie denn so nennen will) total überzogen.

Wegen Renovierung geschlossen (4)

Ein schöner Sommertag, Heinz-Rudolf K. (Tommy Ohrner), Feinmechaniker aus Leidenschaft, ahnt nichts Böses, als er durch Zufall in einen wegen Renovierung geschlossenen Kinosaal gerät. Doch plötzlich geschieht Grauenhaftes: Die bisher harmlos daliegenden Kinosessel mutieren zu entsetzlichen Killerklappstühlen. Mit ihrer Klappmechanik stürzen sie sich blutrünstig auf den wehrlosen Feinmechaniker, der sich nur noch zu retten weiß, indem er die genmutierten Killerklappstühle mit einem Feuerlöscher bedroht. Im anschließenden Show-down gelingt ihm erst die Rettung durch sein brutales Popcornmachinengewehr. Ob es ihm gelingt, das Herz der adipösen Kassierin (Sharon Stone) zu gewinnen, wollen wir nicht verraten.

Auch wenn die Geschichte alltäglich erscheint, bringen die Charaktere ihre Rollen sensibel zur Geltung. Besonders hervorzuheben ist die überragende Darstellung des heimatlosen Anführers der Killerklappstühle (Mike Krüger), die auch mit der Goldenen Tomate prämiert wurde.

Nicht schuldig (3)

Ein wegen Mordes angeklagter Mafia-Drahtzieher läßt eine Geschworene von einem Auftragskiller brutal unter Druck setzen, um nicht schuldig gesprochen zu werden. Um sich und vor allem ihren Sohn zu schützen, geht diese auch zunächst auf dessen Forderungen ein. Als sie jedoch erkennt, daß sie dann ihr ganzes Leben auf der Flucht sein würde, entschließt sie sich, ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen.

Wenn der Film auch wenig Neues über die skrupellosen Methoden der Mafia zu eröffnen weiß und ebenfalls keine verborgenen Abgründe der menschlichen Psyche auftut, so besticht er doch durch einen hervorragenden Alec Baldwin, der sich in der Rolle des psychopathischen Killers sichtlich gefällt und darin absolut überzeugt. Er verfällt im Laufe der Handlung immer mehr unserer schönen Heldin und gerät dadurch nicht nur zwischen die Fronten der Bösewichte, sondern muß auch mit sich selbst zahlreiche Konflikte austragen. Zwar kann man Demi Moore die Rolle der alleinerziehenden, aufopfernden Mutter, die alleine den Kampf gegen das Böse aufnimmt, nicht ganz abkaufen, aber trotzdem hält der Film einige überraschende Wendungen bereit.

Wer Die Firma und Die Akte mochte und vom nicht-enden-wollenden Kampf Davids gegen Goliath immer noch nicht genug hat, der wird sicherlich auch diesmal wieder mitzittern können, denn bezüglich der Spannung steht dieser Streifen den beiden anderen in nichts nach.

Einsame Entscheidung (2)

Woher stammt bloß dieses ernüchternde Gefühl, die gleichen Gags, die gleichen Schauspieler und die gleiche Handlung schon einige tausend Mal in amerikanischen Billigproduktionen bei RTL gesehen zu haben?! Auch aus einem so müden Thema wie dem Golfen hätte man doch mehr als drittklassige Witzchen und aufgewärmte Slapstick-Komik zaubern können. Nicht einmal Freunde des Schwachsinns kommen hier auf ihre Kosten.

Ein Kinorezept, das erfolgreich war, soll man wiederholen, jedenfalls muß das ein Sprichwort in Hollywood sagen. Anders ist jedenfalls das Erscheinen von "Einsame Entscheidung" nicht zu verstehen, dessen Inhalt irgendwie bekannt vorkommt.

Kurt Russel, ein Analytiker der Regierung, wird durch Verknüpfung unglücklicher Umstände zum Kopf einer Anti-Terroreinheit, deren Einsatzort ein in Richtung USA fliegender Jumbo mit Zielort Washington, D.C. ist. An Bord eine Gruppe religiös motivierter Fanatiker, die mit ihrer Aktion ihren von den Amerikanern gekidnappten Anführer freipressen wollen. Was die Terroristen selber nicht wissen: Mit ihnen fliegt eine nicht geringe Menge von Giftgas mit, das das Leben in Washington nicht sonderlich erleichtern würde. So bleibt Russel und seinen Leuten die Zeit bis zum amerikanischen Luftraum, um die Terroristen zu überwältigen und die Bombe zu entschärfen. Kurzum: ein spannender Actionthriller.Wer nichts anderes erwartet, wird bestimmt nicht enttäuscht.


Beat for the Feet

HeidelbergerSportstudenten proben die Emanzipation des Jazztanzes

Die Halle brennt. Im Sommer sowieso. Freitagnachmittag riecht es auch nach Schweiß. Salzigem, schwerem, stickigem Schweiß. Rhythmus ist Arbeit. Rhythmus geht in die Füße, kriecht in jede Pore, vermengt sich mit dem Salz auf ihrer Haut. Tanz. Männertanz. Fiebrig, eckig, hart. Neu. Ob sie immer noch die einzige Männer-Jazztanzgruppe in Deutschland ist, wissen die momentan ungefähr 18 Sportstudenten nicht so genau. Ganz sicher aber waren sie es einmal, vor einem Jahr. Pioniergeist. Mut, die Emanzipation auch den Männern zu schenken. Seit 1980. Damals bedeutete für Sigrid Adam, Dozentin für Tanz, Gymnastik und Volleyball am Sportinstitut Heidelberg, Initiative zu ergreifen, auch Männern die Grazie beizubringen. Ein Geduldsspiel war das, anstrengend auch. Manchmal, wenn die Schubladen schwul und weibisch sich nicht ganz schliessen lassen wollten. Immer so stur kategorisiert wurde. Ganz geschlossen sind sie immer noch nicht, bloß in Heidelberg vielleicht endlich ein bißchen mehr als im Rest Deutschlands. Dies ist vielleicht auch der Grund, warum die Initiative zur Institution wurde. Sich aus dem Pflichtfach Tanz und Gymnastik etwas entwickeln konnte, das nun seit 16 Jahren ununterbrochen Bestand hat. Und seit 1994 jagen sich die Auftritte. Spontaneität auf dem Turnfest in Hamburg - "Raining men" entfachte plötzlich den Zauber eines ungeplanten Live-Acts -, Faszination auf der Single-Party im Mannheimer Capitol, Staunen bei der Feier zur deutschen Mannschaftsmeisterschaft des Heidelberger Tennis-Clubs, Kult beim alljährlichen Sommerfest des Sportinstituts. "Just a Gigolo" von David Lee Roth, Musik von KISS mit der Macht der Bewegung ausgedrückt. Auch dieses Sommersemester stehen noch fünf Auftritte an, und schon lange tobt nicht mehr nur das Publikum unter dem harten Schritt dieses Jazz. Mit zunehmender Bekanntheit bekam auch die Presse den Beat zu spüren. Die Kraft, die im Rhythmus steckt, wenn Männer ihn interpretieren. Manchmal ein bißchen eckig, vielleicht auch etwas unbeholfen. Eben mit Persönlichkeit, Individualität. Die Sendung " Sport unter der Lupe" von Südwest 3 widmete ihnen einige Fernsehminuten, die Abendschau drehte im Frühjahr 95 eine Reportage. Und der RNZ haben sie schon für so manchen Bericht den Stoff geliefert. Früchte. Ein bißchen ernten will man vielleicht auch auf der Landes-Gymnastrada, einer Art baden-württembergischer Messe für gymnastische Darbietungen. Mit einem völlig neuen Konzept: Sportarten möchte man hier musikalisch-tänzerisch darbieten. Tanz ist Sport, Sport ist Kunst. Tanz ist Kunst. Auch für Männer. (rot)

Nächster Auftritt: 21.6. Sommerfest des Sportinstituts, Mitternachtsshow.


Studi-Tarif

Für läppische drei Mark ins Uni-Kino

Im Feld

5.6.: Kleine Haie
13.6.: Daheim sterben die Leut'
20.6.: Yasemin
27.6.: Apollo 13
4.7.: Sister Act
6.5.: Asterix erobert Rom +
12.6.: Wallace and Grommit

In der Altstadt

5.6.: Pulp Fiction
12.6.: Nine Months
18.+19.6.: Cannes Rolle 95
26.6.: Sieben
3.7.: Keiner liebt mich
10.7.: Horror Picture Show


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