Hochschule


Sparen

BAföG verzinst

Bundestag und Bundesrat haben ein Sparpaket für die Ausbildungsfinanzierung geschnürt. Die halbwegs gute Nachricht: Der Elternfreibetrag wird ab Herbst um 2% erhöht - nicht, wie vorgesehen, um 6%. Dafür gibt es das bisherige zinslose BAföG mit dem Zuschußanteil von 50% nur noch während der sogenannten "Regelstudienzeit", die zudem weiter verkürzt wird - z.B. Chemie von 12 auf 9 Semester. Ebenso wird für viele Studiengänge die BAföG-Förderungshöchstdauer von bisher 10 auf 9 Semester an den Unis bzw. 7 Semester statt 9 an den Fachhochschulen reduziert. Unklar ist, ob sich die "Regelstudiezeit" auf Fachsemester oder Hochschulsemester bezieht. Wer länger studiert, kann ein marktüblich verzinstes Volldarlehen bei der "Deutschen Ausgleichsbank" beantragen. Die bisherige Studienabschlußförderung entfällt zudem vollständig. Dadurch sparen Bund und Länder etwa 400 Mio. DM, die sie noblerweise in ein Sonderprogramm zur "Verbesserung der Studienbedingungen" fließen lassen. "Zukunftsminister" Jürgen Rüttgers geht davon aus, "daß viele ehemalige BAföG-Empfänger Zinsen aus der Endphase ihres Studiums zahlen" müßten. In der Regelstudienzeit , so gibt Rüttgers zu, werde schon heute kaum ein Studium abgeschlossen. Deshalb nehme er an, "daß die Zinsregelung viele Studenten treffen" werde, was er jedoch nicht "genauer quantifizieren" könne. (mj)


Zwischen Mut und Verzweiflung

Studiendekan werden ist nicht schwer...

Hat sich in den vergangenen achtzehn Monaten meine, Deine, unser aller Studiensituation entscheidend verbessert? Sind die Seminare überschaubarer, ist das Lehrangebot attraktiver geworden, gibt es endlich in jedem Institut Einführungsveranstaltungen, die ihren Namen verdienen? Ist ein Wind des Wandels durch die Fakultäten gegangen? Die Antwort: ein klares Jein - und das ist auch kein Wunder. Erinnern wir uns: Am 1. Januar vergangenen Jahres trat ein Universitätsgesetz in kraft, das eine kritische Überprüfung der universitären Lehre an jeder einzelnen Fakultät vorsah. Als wichtigste Reforminstrumente sollten sogenannte Studienkommissionen und Studiendekane dienen.

Jetzt, anderthalb Jahre später, zieht das Heidelberger Rektorat eine erste Bilanz. Zu diesem Zweck lud Prorektor Greiner in der vergangenen Woche zu einem Pressegespräch ein; anwesend waren die Studiendekane dreier exemplarisch ausgewählter Fakultäten: Thomas Rausch für die Biologie, Michael Ursinus für die Orientalistik und Altertumswissenschaften sowie Dietrich Harth für die Neuphilologie. Ihre Ausführungen machten schnell deutlich, wie problembelastet der gesetzlich vorgesehene Weg zum besseren Studium ist.

Schon die Bildung von Studienkommissionen und die Wahl von Studiendekanen wurde in den verschiedenen Fakultäten mit unterschiedlichem Enthusiasmus angegangen: In der Medizin beispielsweise hatte es ähnliche Einrichtungen bereits gegeben; die Arbeit konnte also sehr schnell beginnen. Ebenso in der Biologie, in der eine Studienreform schon im Gange war.

Andere Fakultäten wiederum hatten große Schwierigkeiten, überhaupt jemanden für den Posten des Studiendekans zu finden: Die Position versprach den in Frage kommenden Professoren viel Arbeit, wenig Lehrdeputatserniedrigung, keinen Forscherruhm und nicht zuletzt Ärger mit Kollegen, die sich nicht in ihren Stil zu lehren hineinreden lassen wollen. In der Neuphilologie etwa zog sich die Formierung der Kommission und die Wahl ihres Leiters über mehrere Monate hin.

Nur an einer der vier Mischfakultäten in der Altstadt, der Faktultät für Sozial- und Verhaltenswissenschaften, konnte man die gesetzlich gegebene Möglichkeit, drei Kommissionen und drei Studiendekane zu wählen, ausschöpfen; so kommt es, daß z.B. in der Neuphilologie ein einzelner Studiendekan für zehn Fachbereiche zuständig ist.

So unterschiedlich der Enthusiasmus beim Zustandekommen, so verschieden sind auch die ersten Ergebnisse, die die Kommissionen vorzuweisen haben: Pharmazie und Philosophisch-Historische Fakultät haben erst ein einziges Mal getagt, andere (so die Biologie) haben schon eine ausgewachsene Studienreform auf den Weg gebracht oder kommen zumindest regelmäßig einmal monatlich zusammen (Physik und Jura). Wieder sieht man, daß in den homogeneren Fakultäten wie Physik oder Medizin, die nur ein Fach umfassen, die konkrete Arbeit offensichtlich leichter fällt - obwohl auch an mancher Altstadtfakultät etwas geschehen ist: An der Fakultät für Orientalistik und Altertumswissenschaften etwa hat die Studienkommission den einzelnen Instituten einen Verfahrensvorschlag zur Koordination des Lehrangebotes gemacht.

Die Möglichkeit, dem Studiendekan Beschwerden und Vorschläge zum Studium vorzutragen, ihn also als "Ombudsmann" (Ursinus) zu verstehen, wird genutzt - wenn auch in unterschiedlichem Maße: Der Biologe Thomas Rausch kommt auf rund 200 Beratungen jährlich, im Studiendekanat der Neuphilologie dagegen hat sich noch kaum jemand blicken lassen. Ein Problem, das natürlich auch mit dem Bekanntheitsgrad des Amtes an den jeweiligen Fakultäten zusammenhängt.

Auch auf dem Gebiet der Zusammenarbeit von Studierenden und Professoren in den Studienkommissionen gibt es Bewegung. Prorektor Greiner zeigte sich gegenüber der Presse betont erfreut über gute Kooperation und zahlreiche fruchtbare Gespräche. Wie weit diese Zusammenarbeit im einzelnen gehen kann, zeigen die Erfahrungen in der Fakultät für Orientalistik und Altertumswissenschaften. Hier werden sogar die Sitzungstermine der Studienkommission mit Fachschaftstreffen abgestimmt, um die Kommunikation zu erleichtern.

Dieses Interesse an den offiziell gar nicht existierenden Fachschaftsgruppen erklärt sich mit der Überzeugung des Studiendekans, daß die Arbeit der Studienkommissionen nur dann glaubwürdig ist, wenn alle Beteiligten Bereitschaft zur Zusammenarbeit zeigen. Deshalb unterstützt der Studiendekan auch schon mal einen Fachschaftsantrag für einen Sitzungsraum. Ein solcher war mit der Begründung abgewiesen worden, daß es an der ganzen Universität keinen freien Raum gebe. Dazu Ursinus: "Wenig konstruktiv".

Leider läuft die Kommunikation zwischen Studierenden und Professoren nicht in allen Studienkommissionen derart reibungslos ab. In der Philosophisch-Historischen Fakultät wurden die studentischen Mitglieder der Fakultät erst zwei Tage vorher über den Termin informiert, weshalb nur einem Studierendenvertreter die Teilnahme möglich war.

Eine fakultätsübergreifende Zusammenarbeit der Studiendekane findet nur in Form von halbjährlichen Treffen im Rektorat statt. Mit dem universitätsweiten Senatsausschuß für die Lehre haben Studiendekane und -kommissionen nur zu tun, wenn sie Sondermittel beantragen; das aber hat bisher nur die Biologie getan. Von einer inhaltlichen Zusammenarbeit kann man also nicht sprechen.

Auch das Verhältnis der Studiendekane zum Rektorat scheint noch nicht ganz geklärt. Während in manchem Fakultätsrat die Auffassung verbreitet wurde, daß die Studiendekane dem Rektor gegenüber "weisungsgebunden" seien, gibt es zwischen Studiendekan Harth und dem Rektorat einen offenen Konflikt: Der Studiendekan und seine Kommission möchten die nächste Runde von Zwangsberatungen für Langzeitstudierende, zu der das Rektorat die Studiendekane aufgefordert hatte, nicht mitmachen, da die Betroffenen unter Androhung der Zwangsexmatrikulation zum Beratungsgespräch zitiert werden sollen. Sie bieten eine freiwillige Beratung an. Auch dem Studiendekan der Fakultät für Biologie, sonst Vorzeigemodell des Rektorats, ist das Wort von der Zwangsexmatrikulation unangenehm.

Bei aller Freude darüber, daß die Studienkommissionen ein Werkzeug zur Hochschulreform sind, mit dem die Betroffenen selbst - anstelle von reinen Professorengremien oder gar Verwaltungsbeamten - Vorschläge für das weitere Wohl und Wehe der Universität entwerfen können, sind sich die Studiendekane nicht ganz sicher, ob der hohe Arbeits- (und damit Kosten-) aufwand im Verhältnis zum Ergebnis steht. Denn die Mittel für die Studiendekane werden aus dem Topf für Forschung und Lehre geschöpft - allein 25.000 Mark Hilfskraftgelder jährlich. Außerdem dürfe, so Harth, das Amt des Studiendekans nicht zu einem "Mangelverwaltungsposten" degenerieren, der immer weniger Mittel von Finanzierungslücke zu Finanzierungslücke schiebt. Besonders wichtig seien die Tutorien- und Mentorengelder. Die damit finanzierten Stellen seien, sagte Professor Harth, die Grundlage für die Durchführbarkeit aller beschlossenen Reformen. Für den Fall, daß ihre langfristige Sicherung nicht garantiert werde, forderte er alle Studiendekane zum Rücktritt auf.

Aus alldem wird vor allem eines deutlich: Der Schlüssel zum Erfolg der Studienkommissionen liegt in der Struktur der einzelnen Fakultäten. Homogene Fakultäten wie Biologie oder Jura haben gute Chancen. Die Heterogenität der Fächer an den Altstadt-Mischfakultäten dagegen läßt durchschlagende Erfolge nur in wenigen Fällen erwarten; viele werden sich - und die Studienverbesserung - an internen Interessen- und Kompetenzkonflikten aufreiben. In Großfakultäten wie der Neuphilologie ist anscheinend schon die Position des Studiendekans zu enervierend - Dietrich Harth: "Ich höre zum Wintersemester auf - Gott sei Dank!"

Zudem bleibt abzuwarten, inwieweit die letztlich entscheidungsberechtigten Fakultätsräte den Vorschlägen der Studienkommissionen überhaupt folgen werden. Hier hat es bereits in einigen Fällen Anlaß zum Zweifel gegeben, z.B. in der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät oder auch in der Neuphilologie, wo Vorschläge der Kommission, auch Mitglieder des Mittelbaus - wie es das neue Universitätsgesetz vorsieht - zur Abnahme von Abschlußprüfungen zu berechtigen, vom Dekan bislang wirkungsvoll übergangen wurden. (jpb/gan/hn)


Sonnig

Uni-Chor

An einem sonnigen Tage im Juni verließ der Heidelberger Unichor samt Instrumentalisten mit zwei Bussen den Uniplatz. Ritten hin gen Nürnberg, um die Eröffnung des "Deutschen Anästhesiekongresses - international" mit Stücken der Carmina Burana zu veredeln. Der Generalprobe dort folgte eine - dank großzügigem Sponsor - luxuriöse Nacht, mehr oder weniger stimmschonend.

Kurz später füllte der Chor unter temperamentvoller Leitung Rüdiger Drengemanns eine trostlose Nürnberger Messehalle mit tanzenden Gesellen, blühendem Walde und dem Ächzen des Schicksalsrades. Der eine oder andere Narkosearzt oder Pharmavertreter ließ sich mitreißen; wo es die Musik nicht schaffte, hatte auch keiner der folgenden Redner eine Chance. Von Langeweile konnte jedoch keine Rede sein, erhielten wir doch im folgenden langentbehrten Aufschluß über die "Schicksalsgemeinschaft Operateur - Anästhesist - Patient".

Insgesamt zwei schöne Tage, die dem Chor einen kräftigen Aufschwung gegeben haben! (kaha)


Uni-Siegel im Cyberspace

"Corporate Identity" wird jetzt auch im WWW verteidigt

Die Uni Heidelberg hat das Internet entdeckt - jetzt auch ganz offiziell. Bisher ist das Angebot - und damit die Außendarstellung der Universität im WorldWideWeb - Sache von ein paar Begeisterten im Rechenzentrum und in einzelnen Instituten und Fakultäten; dazu kommen mittlerweile fast 200 persönliche "Homepages", die von Studierenden und anderen Uni-Angehörigen erstellt wurden.

Jetzt, da das Medium Internet immer wichtiger wird, soll alles anders werden. Oder zumindest koordinierter. Eine vom Rektorat eingesetzte Arbeitsgruppe, in der unter anderem ein Prorektor, der Uni-Pressessprecher, Mitarbeiter des Rechenzentrums, der Univerwaltung und der Fachschaftskonferenz sitzen, brütet - beraten von einem WWW-Experten der Uni Saarbrücken - derzeit über neue Leitseiten und einheitliche Unterseiten für die Ruperto Carola. Natürlich soll auch das Angebot überhaupt erweitert und besser vernetzt werden: Mehr Informationen zur Universität, zum Studium, zu Veranstaltungen sollen angeboten werden (wenngleich einige Angebote bereits eingeschränkt oder vorerst abgeschafft wurden, wie etwa ein elektronisches Personalverzeichnis, das dem Datenschutz zum Opfer fiel). Auch der Unispiegel macht bereits erste zaghafte Versuche im Netz.

Nicht zuletzt bastelt die Arbeitsgruppe an Empfehlungen, wie die Institute und Einrichtungen der Universität ihre Leitseiten gestalten sollen - das Uni-Siegel beispielsweise soll auf allen Instituts-Hauptseiten erscheinen. Für das Betreiben von persönlichen Homepages sollen "Nutzungsrichtlinien" festlegen, was dort erscheinen darf und was nicht.

Wie weit aber sollen die Empfehlungen gehen? Was soll Empfehlung, was Verpflichtung sein? Die unangenehme Formulierung, mit der die Aufgabe der AG im Rechenschaftsbericht des Rektors vorgestellt wird ("... dem beobachteten Wildwuchs [...] begegnen") macht zunächst mißtrauisch. Hat sich da eine Zensur-AG zusammengefunden? Und wer etwas "vereinheitlicht" oder "koordiniert", kann es dabei natürlich gleich auch reglementieren und zurechtstutzen.

Prorektor Hüfner beruhigt: Es gehe wirklich nur um Übersichtlichkeit und Koordination auf den Leitseiten. Die Institute bekommen nur ganz wenige Vorgaben (das Uni-Siegel eben). Eine Netzpolizei für Homepages soll es auch nicht geben, ebensowenig wie ein Genehmigungsverfahren für diese. Man wird lediglich Beschwerden nachgehen, so wie das auch jetzt schon geschieht.

Das Ansinnen, mehr Übersichtlichkeit in das WWW-Angebot zu bringen, ist gut. Daß dabei dann auch an der Darstellung der Universität gefeilt wird, ist verständlich und legitim - erst recht, wenn dabei auch mehr Uni-Einrichtungen dazu gebracht werden, einen ordentlichen Internet-Service anzubieten. Trotzdem sollte man sich davor hüten, zuviel zu vereinheitlichen.

Und man sollte daran denken, daß derjenige, der die Leitseiten der Universität künftig pflegt (und das wird wohl die Pressestelle sein...), natürlich auch subtilen Einfluß darauf hat, welche Uni-Angebote besonders häufig angewählt werden; denn viele Nutzer klicken sich von der Homepage der Universität zu anderen Angeboten. Je weiter oben in der Seiten-Hierarchie ein Verweis erscheint (wenn er denn überhaupt auftaucht), desto mehr Besucher werden sich die dahinterliegende Seite auch anschauen. Da läßt es zum Beispiel aufhorchen, wenn Pressesprecher Michael Schwarz andeutet, daß im WWW der Uni ja nicht unbedingt weiterhin auf den ruprecht verwiesen werden müsse.

Über die "Nutzungsrichtlinien" für persönliche Homepages wird man sich auch noch streiten können: Keine Politik, wie Prorektor Hüfner andeutet, hochschulpolitische Gruppen aber schon? Die Grenzen zu ziehen wird schwierig werden. Keine kommerziellen Seiten auf Uni-Leitungen? Hoffentlich; aber genauso ist zu hoffen, daß der Radsportverein "Loreley" bleiben kann, auch wenn er nichts mit der Uni zu tun hat.

Möglichst wenig regeln sollte auch hier die Regel sein. (hn)


Trend zur Lehre

Immer mehr Abiturienten setzen auf eine Doppelqualifikation

Nur 38% aller Studienberechtigten haben 1994 direkt nach dem Abitur ein Studium aufgenommen. Immer mehr Abiturienten ziehen es vor, zuerst einmal eine berufliche Ausbildung bzw. Lehre zu absolvieren.

Sie erhoffen sich neben einer positiven persönlichen Entwicklung auch eine günstigere Berufs- und Einkommenschance. Der Anteil derer, die sich für eine Doppelqualifikation (beruflicher Abschluß und anschließendes Studium) entscheiden, differiert jedoch je nach Fächergruppe erheblich. Am größten ist er unter den Wirtschaftswissenschaftlern (33%) und Medizinern (22%), wohingegen die Naturwissenschaftler (5%) und die Juristen (4%) nur in Ausnahmefällen Interesse an einem solchen Ausbildungsweg zu haben scheinen und sich vorzugsweise direkt ins Studium stürzen.

Im WS 1993/94 verfügten bereits 38% aller deutschen Studienanfänger über einen Lehrabschluß - im WS 1985/86 waren es erst 25%. An der Uni haben nunmehr ein Fünftel der weiblichen und 15% der männlichen Studierenden eine berufliche Ausbildung vorzuweisen.

Problematisch ist eine solche Doppelqualifikation nicht nur hinsichtlich der derzeitigen Ausbildungssituation. Obwohl die Bewerberzahlen steigen, ist die Zahl der neuen Ausbildungsverträge rückläufig. Der Anteil der nicht zu vermittelnden Bewerber stieg im Vergleich zum Vorjahr um 6,8%, so daß der verstärkte Einsatz staatlicher Mittel immer notwendiger wird.

Unter dem Eindruck der Rezession reduziert eine große Zahl von Betrieben ihr Ausbildungsplatzangebot, da die Unternehmen keinen Bedarf mehr an neu ausgebildeten Fachkräften haben und für eine Ausbildung hohe Kosten ohne entsprechende Erträge aufwenden müssen. Im Hinblick auf die schlechte wirtschaftliche Lage wird sich diese Entwicklung wohl in den nächsten Jahren noch verschärfen.

Aber auch die Effizienz einer Doppelqualifikation hat sich im Laufe der Zeit als fraglich erwiesen, da Studenten, die eine Lehre absolviert haben, nicht unbedingt qualifizierter zu sein scheinen. Denn die Ausbildung hat inhaltlich meist nur sehr wenig mit dem tatsächlichen Studium gemein. Daher betrachten viele diesen Trend mit Sorge, sie sehen in ihm lediglich eine unnötige Verlängerung der Studienzeit. (saw)


Schauplatz Uni

Hochschule zwischen Buchdeckeln

Was passiert hinter den Kulissen der Uni ? Wer tiefer in die akademische Welt einsteigen will, dem können einige interessante Bücher empfohlen werden, die sich dem trüben Unialltag satirisch nähern.

Das perfekte Handbuch zu den ungeschriebenen Gesetzen der Universität ist für Wissenschaftler im molekularbiologischen Bereich - und nicht nur für solche - Siegfried Bärs Forschen auf Deutsch, ein "Machiavelli" für Forscher, wie der Autor das Buch selbst nennt. Wer später auf diesem Gebiet arbeiten will, wird erstaunt sein, daß neben akademischer Leistung noch viele unvermutete Kniffe zum Überleben notwendig sind. Auf der einen Seite sind Hiwis, Doktoranden und Postdocs (laut Autor 80% aller Forscher), auf der anderen Seite Professoren, MPI-Direktoren etc. So erfährt der Leser vom "akademischen Stoffwechsel", von der Kunst des Paperschreibens, vor allem aber vom geschickten Taktieren und Kungeln im täglichen Uni-Überlebenskampf. In einem der ersten Kapitel lernt man, mit wissenschaftlichen Zeitschriften umzugehen. Die Artikel liest der moderne Forscher nicht, er kopiert sie in einer Art "geistiger Besitzergreifung". Sie hat "den Rang einer rituellen Handlung, die den umständlichen Lesevorgang ersetzt". Gute deutsche Zeitschriften gibt es laut Autor nur wenige, viele beinhalten langweilige Fleiß- und Wiederholungsarbeiten, sowie Vokabeln wie "Spitzenforschung" und "hochqualifiziert", die stets nur von denen verwendet werden, auf die sie nicht zutreffen. Ein wesentliches Kapitel handelt von den Professorenpersönlichkeiten. Anhand von verschiedenen Labormodellen ( I. Die zentrale Diktatur, II. Das liberale Labor, III. Das chaotische Labor etc.) lernt man die entscheidende Persönlichkeit genauer kennen. Der "Magnat" ist die wichtige Person, die in sämtlichen Gremien, Komitees und Ausschüssen agiert und eigene Forschung durch Sitzfleisch ersetzt hat. Der "Papi" dagegen ist die unangenehme Person, die durch pedantische Machtausübung doch nicht erreichen kann, daß das Labor wissenschaftlich erfolgreich ist. Im chaotischen Labor hat sich der Chef ganz aus der Leitung zurückgezogen und beschäftigt sich ausschließlich mit Malerei und Philosophie. Vorherrschaftskämpfe der Postdocs sowie spontane Laborfeste prägen das Bild. Eines haben alle Professoren in diesem Fachgebiet aber (laut Autor) gemeinsam: Sie überlassen die Forschung den anderen. In einem großen Vergleich mit anderen Ländern zieht Bär die Bilanz, daß Postdocs, Doktoranden, Diplomanden und Hiwis wie Sklaven allein die deutsche Forschung ausmachen, während alle permanent Angestellten reine Statisten seien: Sie sitzen in Gremien und Kommissionen, schreiben Gutachten und philosophische Traktätchen, führen Kleinkriege mit der Verwaltung und reisen auf Kongresse, um Ehrungen entgegenzunehmen. Die deutsche Forschung sei im internationalen Vergleich Mittelmaß und viel zu teuer. Um nicht als reiner Polemiker zu gelten, untermauert der Autor seine Thesen mit vergleichenden Daten z.B. des Forschungs-Outputs internationaler (EMBL) und nationaler Organisationen (Uni, DKFZ). In einem weiteren Kapitel wird ein "Blasebalg"-Alternativsystem zur Organisation der Forschung beschrieben, das die Unproduktivität durch ein Leistungssystem ersetzen soll. Der Autor ahnt aber schon: "Auch wird dieses Büchlein auf die Wissenschaftspolitiker soviel Eindruck machen wie das Schwanzwedeln des Ochsen auf die Fliegen, die um sein Hinterteil schwirren." Das Buch endet mit 14 goldenen Regeln zum Überleben in der wissenschaftlichen Welt, von Menschenkunde ("Glaube nicht, daß dein Professor einen besseren Charakter hat als du selbst"), über Studienorganisation ("Vorlesungen sollten geschwänzt oder, wenn das nicht möglich ist, nach dem Prinzip des geringstmöglichen Aufwands besucht werden") bis zu Schmeichel- und Intrigen-Tips für Doktoranden und Postdocs. An diesem satirischen Almanach kommen Biowissenschaftler nicht vorbei. (Siegfried Bär: Forschen auf Deutsch. Verlag Harri Deutsch, Frankfurt a.M. 1993)

Ein Buch ganz anderer Sorte ist der Roman Der Campus des Hamburger Anglistikprofessors Dietrich Schwanitz (Eichborn Verlag, Frankfurt a.M. 1995). Er spielt an der dortigen Universität und soll die Zustände dort genau auf den Punkt bringen. Mit Blick für das Detail spießt der Autor alle Kleinigkeiten des Universitätslebens auf. Die Hauptperson, der "Olympier" Prof. Hanno Hackmann - ein Soziologe - stürzt in eine Sex-Affäre mit der Studentin Babsi. Durch einen unglücklichen Zufall verbreitet sich das Gerücht, ein Professor habe eine Studentin sexuell erpreßt, ja sogar vergewaltigt. Im Laufe des Buches entwickelt sich eine regelrechte Massenhysterie, eine Welle der Empörung, die am Ende über dem berühmten Professor zusammenschwappt. Jede Person des Romans hat Mitschuld an dieser Entwicklung, und Schwanitz seziert hier die Menschen der akademischen Welt: Die alternativen Studenten und Radikalfeministinnen, die das "Schwein" erlegen wollen. Den Rektor, der - um seine Wiederwahl bangend - die Affäre benutzt, um sich als Frauenfreund zu profilieren. Die Frauenbeauftragte, eine penetrante Person, die es allen Männern heimzahlen will. Die Psychotherapeuten, die dem "Opfer" die Tat einreden wollen. Die Presse, die im harten Konkurrenzkampf nur an profitversprechenden Geschichten interessiert ist und mit gezielter Desinformation sowie Lügen und gewaltigen Szenarien den ganzen Skandal überhaupt erst ermöglicht. Am Charakter des Dozenten Bernie, der als C2-Professor nach oben will, porträtiert Schwanitz den aggressiven Karrieristen. Man wird über die interessanten Verknüpfungen von akademischer Karriere und Parteizugehörigkeit sowie über die Erpressungen und Gefälligkeiten des Alltags aufgeklärt. Die Schönheit des Buches liegt vor allem in Details, z.B. den Wortnebeln soziologischer oder philologischer Werke ("Welten aus Bedeutung", "Intension und Referenzsemantik") oder dem Alternativjargon der Studenten. Alles in allem ein exzellenter Roman, so daß sich sogar Marcel Reich-Ranicki zu einem Lob aufraffte: "Ich bin froh, daß ich dies Buch gelesen habe." (ju)


Aktionstag behindert

"Zahltag"-Bündnis protestiert dennoch

Um gegen die von der neuen Koalition aus CDU und FDP geplanten Einführung von Bildungsgutscheinen und Studiengebühren zu je 1000 DM ab dem 14. Semester zu demonstrieren, veranstaltete das Aktionsbündnis Zahltag zeitgleich mit dem Zusammentreten des neuen Landtages einen Aktionstag.

Wohl auf Drängen des Rektorates wurde dieser Aktionstag jedoch so stark eingeschränkt, daß neben der Information der Passanten an Infoständen nur einige "Aktiönchen" stattfinden konnten.

Zwar bestreitet die Pressestelle des Rektorates jede Einmischung: "Das liegt nicht im Einflußbereich der Universität". In einem Schreiben des Amtes für öffentliche Ordnung an die Organisatoren der Aktion aber wird die Ablehnung damit begründet, daß "mit Rücksicht auf den Vorlesungsbetrieb der Universität und die berechtigten Interessen der Anwohner (...) die neben dem genehmigten Infostand geplanten Aktionen" nicht zugelassen werden könnten. Zuvor hatte man den OrganisatorInnen des Aktionstages in der Univerwaltung mitgeteilt, daß "der Rektor diese Veranstaltung nicht wünscht". Im Amt für öffentliche Ordnung wiederum beschied man dem Bündnis, daß das Amt "bezüglich des Universitätsplatzes immer Rücksprache" mit der Universitätsverwaltung hielte.

"Dies ist eine Zensur von politischer Meinungsfreiheit und versuchte Mundtotmacherei. Der alljährliche Weihnachtsmarkt auf dem Uniplatz stört den Lehrbetrieb offensichtlich ja auch nicht", kommentiert man die städtischen Einschränkungen beim "Zahltag". Trotz dieser Einschränkungen putzten einige Studis vorbeifahrenden Bussen die Fenster, um auf die unerträgliche finanzielle Situation vieler nebenbei zum Jobben gezwungener Studis aufmerksam zu machen. Ebenso fand eine "Modenschau" von PH-Gruppe und FSK statt, bei der die neueste StudentInnen-Mode, die aus hübschen Abfallsäcken besteht, gezeigt wurde. Desweiteren wurden u. a. vom Roten Splitter, der PDS-HSG und den Jusos einige kurze Redebeiträge gehalten, die sich hauptsächlich mit dem gesellschaftlichen Reichtum befaßten. Dieser, kritisierten die Redner gleichermaßen, werde ungerecht verteilt. So würden die unteren Schichten immer ärmer und von den Entwicklungschancen immer weiter ausgeschlossen, während Großkonzerne und Reiche immer mehr Steuergeschenke erhielten.

Zur Aufheiterung bot der Rote Splitter außerdem selbstgetextete und live gesungene Musik, während die Jusos Kohlebricketts zum Verkauf anboten und nebenher Wahlkampf zu den Uni-Wahlen für sich machten. Daß die Mobilisierung der Studis nicht ganz so stark ausfiel wie erhofft, lag neben den Organisationsproblemen (so stand kurz vorher noch nicht fest, ob man den Uniplatz bekommen würde - entsprechend kurzfristig konnte kaum Werbung gemacht werden) wohl auch an extrem hohen Temperaturen. Zudem kennen die meisten Studierenden die Studiengebühren-Pläne, BAföG-Verzinsung und stärkerer Leistungskontrollen noch gar nicht genau genug, um sich darüber aufzuregen.

Nicht mehr beim Bündnis ist die Liberale Hochschulgruppe. Nachdem ihr bisher einziges aktives Mitglied sein Studium und damit die Mitarbeit beendet hat, haben einige Mitglieder der Jungen Liberalen die LHG übernommen und erklärten den Austritt. "Die Idee der Bildungsgutscheine (...)" sei richtig und das Zahltag-Bündnis nur "ein klassisches Beispiel für die Einheitsfront-Taktik linksradikaler Gruppen", heißt es in der Presseerklärung. (mj)


Eröffnet

Das Unimuseum

Auch die Ruperto Carola ist jetzt in Vitrinen zu sehen. Die Universität hat sich ähnliche Einrichtungen in St. Petersburg und Krakau zum Vorbild genommen und ein eigenes Museum eingerichtet.

Drei Räume beleuchten verschiedene Epochen aus der Geschichte der Universität: Die der Pfälzer Kurfürsten im 14. bis 18. Jahrhundert, die badische Zeit im 19., und die Umwälzungen im 20. Jahrhundert.

Gemälde, Skulpturen, Fotos und Faksimiles erzählen, durch Texttafeln unterstützt, von der Entwicklung der ältesten deutschen Universität. Wissenschaftliche Apparaturen und Gegenstände des universitären Alltags ergänzen das Bild der Heidelberger "Alma Mater" im schön und ansprechend eingerichteten Museum. Neben den eigentlichen Ausstellungsstücken gibt es auch zwei Leseecken, in denen man z.B. in Biographien Heidelberger Dozenten und Publikationen der Universität schmökern kann. Ein Buch ist mit Selbstdarstellungen der Institute und Einrichtungen der Universität gefüllt.

Das Touristenherz, das mit diesem Museum natürlich auch angesprochen werden soll, wird übrigens demnächst noch höher schlagen können: In der Alten Universität wird dann auch ein "Uni-Shop" eröffnen, in dem man sich mit Devotionalien der Ruperto Carola eindecken können wird. Zudem gibt es Pläne, in einem Saal im Altstadt-Mischdekanat in der Hauptstraße eine Art "Casino" als Treffpunkt für ausländische Studierende, Dozenten und Ehemalige (und ihre deutschen Bekannten natürlich) einzurichten.

Am Rande des Pressegespräches zur Eröffnung des Museums stellten Mitglieder des "Zahltag"-Bündnisses die Frage, warum denn für solch ein "Prestigeobjekt" Geld bereitgestellt werden konnte, wo es sonst überall fehle. Zur Finanzierung verwies man im Rektorat darauf, daß für das Museum keine Landesmittel verwendet wurden, nur Spenden und universitätseigene Mittel; zudem übernehmen Mitglieder der Akademie für Ältere kostenlos die Aufsicht während der Besuchszeiten. (jb/hn)

Das Museum im Erdgeschoß der Alten Universität ist dienstags bis freitags von 10 bis 16 Uhr geöffnet, der Eintritt kostet 3, ermäßigt 2 Mark.


Gebildete Truppe

University of Maryland in Heidelberg

1949. Das Gründungsjahr der NATO. Das Jahr, in dem die University of Maryland ihre Auslandsvertretungen eröffnet. Auch in Heidelberg, neben zahlreichen anderen Stationierungsorten. Und zieht damit sechs Jahre vor dem Beitritt Deutschlands zur NATO auf dem Feld der Fortbildung mit den übrigen Mitgliedsländern gleich.

Die Außenfiliale einer regulären amerikanischen Universität hat die Aufgabe, jeglichem im Ausland stationierten amerikanischen Soldaten sowie Zivilisten, zusätzlich eine Ausbildung zu ermöglichen, die dem US-amerikanischen Universitätsabschluß entspricht. Über 30.000 Armeeangehörige in den Ländern des Bündnisses sowie in Asien, Lateinamerika oder dem Nahen Osten, davon allein 500-600 in Heidelberg, nehmen das Angebot der Abendkurse wahr, in denen sechs Stunden pro Woche über einen Zeitraum von acht Wochen pro Kurs Lehrveranstaltungen laufen. Dabei werden hier die gleichen Bildungsstufen durchlaufen wie an regulären US-amerikanischen Universitäten. Nach zwei Jahren wird dort der Titel des "Associate Degree" verliehen, dem hiesigen Abitur vergleichbar. Im weiteren Zweijahresrhythmus folgen dann der "Bachelor Degree" und schließlich der "Masters Degree", ungefähr dem deutschen Magister gleichzusetzen. Um über die Abendkurse einen "Bachelor Degree" zu erhalten, werden von den Studenten 40 Kurse verlangt, ein Zeitaufwand von ungefähr sechs Jahren. Unterrichtet wird vor allem in den Fächern Geschichte, Wirtschaftswissenschaften, Staatswesen, aber auch Computerwissenschaften. Allerdings hat die University of Maryland mit Ausnahme der Verwaltung dazu keine eigenen Räumlichkeiten zur Verfügung. Somit müssen alle Veranstaltungen in fremden Räumen, Klassenzimmern beispielsweise der Tompkins-Baracks, stattfinden. Bündnisweit beläuft sich die Anzahl dergestalt zur Verfügung gestellter Plätze auf ungefähr 100. Trotz der sehr eingeschränkten Lehrmöglichkeiten sind die Kosten dieser Form der Ausbildung recht hoch, mit 10.000 Dollar für die Ausbildung bis zum "Bachelor Degree" häufig zu hoch für viele Armeeangehörige. Für Soldaten übernimmt jedoch der amerikanische Staat 75% der Kosten.

Daß diese Institution ausschließlich für US-Amerikaner zugänglich ist, sähen die Verantwortlichen gerne anders, doch geraten sie hier mit dem deutschen Bildungssystem in Konflikt, das diese Abschlüsse nicht anerkennt. So bleiben als Kontaktforen nur die Abschlußfeiern der einzelnen Jahrgänge, zu denen immer wieder hochrangige Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens als Festredner eingeladen werden. Dieses Jahr bemühte sich Charles Redman, US-Botschafter für Deutschland, in den Mannheimer Rosengarten. Gewöhnlich allerdings wird im Patrick-Henry-Village gefeiert, aber keineswegs mit geringerem Aufwand: David Goldstone, Chefankläger des Den Haager UN-Kriegsverbrechertribunals, gab sich hier bereits die Ehre. (rot)


Isis und Osiris

Ganz unter sich: die Ägyptologen

Die Ägyptologen und ihr Institut zu finden ist nicht ganz einfach. Es befindet sich im obersten Stock des Gebäudes der Altertumswissenschaften am Marstallhof, sozusagen unterm Dach.

Dort sieht man Studenten, die über Hieroglyphen brüten, riesige Bücher wälzen oder den Institutskatalog nach Literatur durchforsten. Institutsleiter Professor Jan Assmann, seine Assistentin sowie einige Lehrbeauftrage arbeiten hier mit etwa 35 Hauptfachstudenten und einigen Nebenfächlern daran, unseren Kenntnisstand über die ägyptische Kultur zu erweitern. Unterstützt werden sie von Frau Prof. Erika Feucht, die eine außerordentliche Professur bekleidet.

Die Ägyptologie hat die altägyptische Hochkultur mit all ihren Aspekten zum Gegenstand. Das bedeutet, daß sie eine sowohl archäologisch als auch philologisch ausgerichtete historische Wissenschaft ist. Diese Bereiche lassen sich aufgrund der Besonderheit der ägyptischen Kultur kaum trennen. Ebenso vielfältig wie die antike ägyptische Kultur fällt demnach auch die Ägyptologie aus: Religionsgeschichte, Sprachgeschichte, Rechts- und Wirtschaftsgeschichte, Kunst- und Architekturgeschichte...

Während Kenntnisse des Mittelägyptischen im Grund-, des Alt- und Neuägyptischen sowie des Koptischen und Hieratischen im Hauptstudium vermittelt werden, sollten Kenntnisse in den Sprachen Englisch, Französisch, Niederländisch, Italienisch (in speziellen Fällen Russisch und Spanisch), Latein, Altgriechisch bereits vorhanden sein oder nebenher erarbeitet werden. Für die Feldarbeit in Ägypten sind Kenntnisse des Ägyptisch-Arabischen, der Sprache, die heute im Land am Nil gesprochen natürlich "unabdingbar".

Der Schwerpunkt der Ägyptologie in Heidelberg liegt in den Bereichen Religionswissenschaft und interdisziplinärer Kulturenvergleich. Hier trägt sie Erkenntnisse über eine Kultur und Sprache bei, deren einzigartige dreitausendjährige Geschichte sich aus vielfältigen Überlieferungen rekonstruieren läßt Als solches liefert das Heidelberger Institut einen wertvollen Beitrag zur Ausdehnung unseres kulturanthropologischen Ausblicks bis in die Frühzeit. (fw)


"Deutsche" Physik

Nobelpreisträger Philipp Lenard

Philipp Lenard oder der Niedergang eines begnadeten Physikers - so könnte man in knappen Worten die Lebensgeschichte des Heidelberger Nobelpreisträgers beschreiben. Die naturwissenschaftlichen Leistungen Lenards sind gar nicht hoch genug zu bewerten; allerdings werden sie immer unter dem Schatten seiner späten Jahre stehen, die durch die Verbreitung nationalsozialistischen Gedankengutes geprägt sind und durch die ideologische Verblendung, die ihn dann als Wissenschaftler recht schnell in die Bedeutungslosigkeit geführt hat.

Am 7. Juni 1862 geboren, fühlte der junge Lenard recht schnell, daß er nicht dazu berufen war, in die Fußstapfen seines Vaters, eines Weinhändlers, zu treten. Nach abgeschlossenem Studium wurde er in Heidelberg Assistent bei dem bedeutenden Professor Quincke. Nach einem halbjährigen, für ihn enttäuschenden England-Aufenthalt zog es Lenard nach Bonn, wo er als Assistent von Heinrich Hertz, dem Wegbereiter der Rundfunktechnik, seinen Forschungsdrang ausleben konnte. Und dies erwies sich als absoluter Glücksgriff, denn die Jahre 1891-1894 brachten ihm den großen Durchbruch. Lenard leistete bahnbrechende Arbeit auf dem Gebiet der Kathodenstrahlen, die er als erster als Elektronen identifizierte - oder vielmehr stellte er die Existenz der Elektronen überhaupt erst fest. Lenard bezeichnete sie erst als Quanten, um begrifflich klarzumachen, daß sie keine Strahlung wie zum Beispiel Licht bzw. elektromagnetische Wellen sind, sondern aus geladener Materie bestehen. Auch ist ihm die Vorstellung zu verdanken, daß ein Atom nicht undurchlässig ist.

Aus Karriereerwägungen nahm Philipp Lenard im Jahre 1895 eine Professorenstelle für theoretische Physik in Breslau an. Dies bezeichnete er später selbst als seinen größten Fehler, da er seine erfolgreichen Bonner Versuche im schlecht ausgerüsteten Breslauer Institut nicht fortsetzen konnte. Seiner Meinung nach hätte er sonst die Röntgenstrahlen als Erster entdeckt, denn erst mit seiner Hilfe sei es Röntgen gelungen, die für die Erzeugung der X-rays nötigen äußerst leistungsfähigen Geräte zu bauen. Freiwillig ließ er sich also zum Assistenten nach Aachen zurückversetzen, um die ihm immer verhaßter werdende Theorie zu verlassen und sich wieder der Naturbeobachtung zu widmen. Nicht viel später nahm er dann eine Professorenstelle in Heidelberg an und veröffentlichte erneut bedeutende Werke. In dieser Zeit kam es dann zu einer Auseinandersetzung mit J.J. Thomson, der Lenards Arbeiten als eigene Leistungen ausgab. Dies war wohl auch der Auslöser eines zuerst noch latenten England-Hasses, der sich bis zum Ersten Weltkrieg dauernd steigerte.

Bei der Verleihung des Nobelpreises 1905 hätte er wegen einer Schwellung der Lymphknoten, die nur operativ zu heilen war, beinahe nicht anwesend sein können. Diese schwere Erkrankung scheint seine Kreativität stark beeinträchtigt zu haben, denn seit dieser Zeit war er als Wissenschaftler bedeutungslos.

1907 wurde er zum Leiter des physikalischen Instituts in Heidelberg. Er war dort als Dozent äußerst beliebt, da er seine Vorlesungen mit faszinierenden Experimenten begleitete und geradezu als ein Priester der Physik auftrat. Langsam war er den neuen mathematischen Anforderungen der theoretischen Physik nicht mehr gewachsen, und er entwickelte sich zu einem engstirnigen Verfechter der Naturbeobachtung und Gegner der Theoretiker. War bis dahin von Antisemitismus noch nichts zu spüren, schürte nun insbesondere die Person Einsteins seine dem Zeitgeist entsprechenden rassistischen Ideen. Einstein personifizierte Lenards Feindbild geradezu: Pazifist, Internationalist, Anhänger der Weimarer Republik, ein Theoretiker, der ausgerechnet besonders von den Engländern gefeiert wurde; Lenard schloß sich dann 1920 einer Gruppe um Weyland an, die Einstein bekämpfte. 1920 kam es in Bad Nauheim auf dem Kongreß der "Deutschen Naturforscher" zu einer berühmten Diskussion über die Relativitätstheorie, die nur knapp einem Ende im Tumult entging.

1922 verlor Lenard dann alle Hemmungen und brachte zu seinem Werk über den Äther ein Mahnwort an die "Deutschen Naturforscher" heraus, in dem er vor Einsteins "Theorien" warnt und zur Besinnung auf "Deutsche Wahrheit" aufruft.

Das Ereignis, das Lenard dann zum Hitleranhänger und Rassisten machte, fand am 27. Juni anläßlich der Beerdigung des ermordeten Wirtschaftsministers Rathenau statt. Der Bestimmung der Regierung, die Fahnen auf Halbmast zu hängen, kam der Heidelberger Institutsleiter nicht nach und provozierte somit die Stürmung des Instituts durch einige hundert Arbeiter, die ihn durch die Stadt trieben, wo er dann letztlich festgenommen und mit Institutsverbot bestraft wurde. Eine Unterschriftenaktion von 600 Heidelberger Studenten führte zwar zu seiner Wiedereinsetzung, aber in der Folgezeit verkehrte er immer mehr in rechtsradikalen Kreisen. Als auch noch die Anführer der Institutsstürmung, im übrigen Juden, freigesprochen wurden, wurde er endgültig zum Rassisten. Nach öffentlichen Bekenntnissen zu Hitler war sein Laboratorium immer mehr ein Zentrum rechtsradikaler Politik.

Als er 1927 seine Pensionierung beantragte, und die Juden James Franck, Gustav Hertz (beide Nobelpreisträger) und der anglophile Hans Geiger (berühmt durch das nach ihm benannte Zählrohr für radioaktive Strahlung) als Nachfolger vorgeschlagen wurden, zog er es vor, noch einige Jahre im Amt zu bleiben, bis er 1931 emeritiert wurde. Im Ruhestand veröffentlichte er mit 73 Jahren sein vierbändiges Werk "Deutsche Physik", in dem er Einstein persönlich, die jüdische Wissenschaft im allgemeinen und alle nicht-arische Forschung verdammte und die moderne Physik der Relativitätstheorie und der Quantenmechanik, obwohl inzwischen schon zu großen Teilen belegt und weltweit anerkannt, völlig ignorierte. Im Vorwort stößt man auf Sätze wie "Die Relativitätstheorie des wohl reinblütigen Juden A. Einstein wollte die ganze Physik [..] beherrschen. [..] Dem Juden fehlt auffallend das Verständnis für Wahrheit. [..] Juden sind überall." und "Es wird aber das Volk, das einen Kepler [..] herausgebracht hat, sich wieder zu finden wissen, so wie es als Erbe Friedrichs des Großen und Bismarcks politisch wieder einen Führer eigenen Bluts gefunden hat." Leider ist dieses Vorwort in der Ausgabe in der Zentralbibliothek im Philosophenweg in letzter Zeit von unbekannter Hand fein säuberlich herausgetrennt worden: auch eine Art von Vergangenheitsbewältigung.

Philipp Lenard starb am 10. Mai 1947 in Messelshausen. (te)


Wunderland Frankreich

Christian Ebinger, zur Zeit Uni Grenoble, über uni-organisatorische Alternativen

In der Studienreform-Diskussion wurde in Deutschland oft die drohende "Verschulung" der Universität beschworen. Wie kommt es, daß sie in Frankreich Realität ist, eine Realität, in der aber gleichzeitig viele Dinge verwirklicht sind, die von einer Studienreform bei uns schon lange erwartet werden? Verschulung bedeutet dabei zunächst Organisation des Studiums nach Schuljahren, in denen richtiggehende Klassenarbeiten geschrieben werden, und am Schluß dann die jährlichen Prüfungen.

Effekt: Die Herren und Frauen Professoren sind an ständiges, massenhaftes Prüfen und Korrigieren derselben Fragestellungen, also von "Lehrbuchwissen", gewöhnt. Demgegenüber besteht ja der einzige, dafür aber überwältigende Konsens deutscher Professoren gerade darin, daß man über Lehrbuchwissen nicht redet, man hat es einfach. (Der wohl meistgehörte Satz in deutschen geisteswissenschaftlichen Vorlesungen: "Das führe ich jetzt nicht weiter aus, das können sie in jedem Lehrbuch nachlesen".)

Es liegt wohl an dieser ständigen Übung im Korrigieren solcher Klausuren, daß die Vorlesungen dann sehr pädagogisch und überblicksorientiert sind. Der deutsche Student kann sich da eine Vorlesung über das 17. Jh. anhören, die so gut wie alle Länder Europas umfaßt, in der demographische und kulturelle Vergleiche mit China angestellt werden und die dann beispielsweise auch eine Doppelstunde nur über "Ästhetik" enthält.

Woher nehmen die französischen Professoren bloß den Mut, auf die Sicherheit und natürlich auch die wissenschaftliche Fundiertheit ihres Spezialgebietes zu verzichten und auf Lehrbuchniveau solche kühnen Quer-Beet-Flüge zu unternehmen, die ja für geschichtliche Allgemeinbildung und Examenswissen sehr nützlich sein können?

Entsprechend existiert auch eine rege Lehrbuchproduktion. Da hat der Student in der UB für deutsche Verhältnisse märchenhaft einfache Lehrbücher in großer Auswahl vor sich, total positivistisch, wie ihm sein deutsches Gewissen noch einflüstern will, aber es ist einfach zu schön: Für jedes Jahrhundert ein handliches Lehrbuch, die wesentlichen Stichworte sind fett hervorgehoben - und alles nicht nur auf ein Land oder auch nur auf Europa beschränkt!

Referate werden, in der zweiten Hälfte des Schuljahres vor versammelter Vorlesung gehalten, auf 20 Min. beschränkt. Der Professor nutzt dann die Gelegenheit, seine Vorlesungszeit, die in Deutschland ja komischerweise noch für die speziellsten Themen viel zu knapp ist, seinen Studenten ausführlichst beizubringen, wie man ein rhetorisch (!) gutes 20-Minuten-Referat zustandebringt. Er erklärt in dem Zusammenhang auch, wie man die bevorstehenden mündlichen Prüfungen angehen solle. Man ist also nicht nur in einer sehr pädagogischen Überblicksvorlesung, sondern bekommt gleich noch praktische Betreuung mit.

Auch wenn das wissenschaftliche Niveau viel niedriger ist, so frage ich mich doch, ob bei dieser besseren Betreuung, bei dieser pragmatischeren und pädagogischeren Studienweise nicht sinnvoller gearbeitet und gelernt wird und schließlich eine bessere Grundlage für eigenes Denken entsteht als "outre-Rhin".


Leserbriefe

die ihr uns schriebt

zu "Zahltag" plant Schlag" auf Seite 1 in ruprecht Nr. 42

Hallo ruprecht!

Wir vom Zahltag-Bündnis finden es zwar gut, daß ihr an so exponierter Stelle über unsere Aktivitäten berichtet, doch möchten wir zu Eurem letzten Leitartikel einiges klarstellen:

- Die vom Autor für die angebliche Zerstrittenheit angeführte Ursache (Debatte über die "privatwirtschaftliche Organisation der Hochschule") wurde bei uns nie thematisiert und kann deswegen auch keine Ursache für irgendeinen Streit sein.

- Zwar ist die LHG nicht mehr dabei, dies liegt jedoch daran, daß ihr bisher einzig aktives Mitglied sein Studium demnächst beendet und die Julis sich den Korpus LHG einverleibten und böse Presse-Faxe in die Welt schicken, in denen sie sich von uns distanzieren.

- Unserer Überzeugung nach war der Grund für den RCDS-Ausstieg nicht die Antipathie gegen den DGB, sondern die Mitarbeit der PDS-Hochschulgruppe.

- Insbesondere wenden wir uns gegen den Eindruck, das Bündnis wäre von konkurrierenden Parteiinteressen geprägt. Fakt ist, daß aus unseren manchmal auch kontrovers geführten Diskussionen inhaltliche Arbeit und Aktionen resultieren, die in dem Artikel leider keine Erwähnung finden.

- Was versteht man denn unter "tendenziell linksstehenden Partizipanten"? Ist es denn schon gleich total links gesinnt, wenn Studis fast aller weltanschaulichen Richtungen sich gegen unsoziale Rückschritte, wie Studiengebühren, wenden?

- Daß Studiengebühren ab dem 14. Semester geplant, und nicht ab dem 15. Semester beschlossen wurden, wollen wir zur Richtigstellung noch kurz anmerken.

Dem Journalismus-Anspruch des ruprecht wird der Artikel also leider nicht gerecht, was sehr ärgerlich ist, gerade bei der Wichtigkeit des Themas. Um derartige Unfälle in Zukunft zu vermeiden, würden wir uns freuen, von Zeit zu Zeit eineN Ruprecht-RedakteurIn bei uns begrüßen zu dürfen.

Das Zahltag-Bündnis

zu Die 10 wichtigsten Fragen der Welt... auf Seite 12 in ruprecht Nr. 42

Guten Tag,
in Ihrer Studentenzeitung haben Sie Beiliegendes [o.g. Artikel, d. Red], was wohl witzig sein sollte, aber ziemlich geistlos ist. Zudem läßt es auch Respekt vor sehr persönlichen Gefühlen und Empfindungen anderer Menschen vermissen.
Ich denke, es stünde angehenden Akademikern ein höheres Niveau und mehr Respekt vor Menschen gut.

Mit freundlichem Gruß
Winfried Belz


Gegendarstellung

zum Artikel "Sieg - Frauenförderplan" in ruprecht 42 vom Juni 1996

Der Artikel "Sieg" zum Frauenförderplan der Universität Heidelberg in ruprecht 42 ist in seinen wichtigsten Aussagen falsch, in anderen tendenziös, und daher mit der journalistischen Sorgfaltspflicht schwer vereinbar. Er legt den Verdacht nahe, daß ruprecht nicht an sachlicher Berichterstattung interessiert ist, soweit es um Gremienentscheidungen der Universität geht. Gerade für eine Zeitung wie ruprecht, die sich an Studentinnen und Studenten wendet, ist diese Falschmeldung schwerwiegend. Sie vergibt außerdem die Chance, Studentinnen und junge Wissenschaftlerinnen werbend auf die neuen Möglichkeiten der Frauenförderung aufmerksam zu machen und ist insofern in ihren Auswirkungen eher frauenfeindlich.

Falsch ist, daß der Plan vom Senat "in der vorgelegten Form schließlich abgesegnet" wurde, wie die Autorin im Vorspann behauptete, und später präzisiert: "Und zwar in der Form, wie er vorher schon vorgelegt worden war, nämlich mit 15 Stellen im Pool". Tatsächlich wurde der Frauenförderplan nach einer Reihe von Verhandlungen aller Beteiligten zwischen den beiden angesprochenen Sitzungen des Senats in stark modifizierter Form verabschiedet, soweit es um den Stellenpool für Habilitandinnnen als das zentrale Element des Plans geht. Statt der ursprünglich geforderten, von den Fakultäten abzugebenden 15 Stellen sieht er jetzt vor, daß pro Jahr aus zentralen Universitätsmitteln sechs halbe Stellen finanziert werden, während die andere halbe Stelle von dem an der Besetzung interessierten Lehrstuhl oder Institut kommen muß. Dadurch soll ein "Anreizsystem von gemischt finanzierten Stellen" geschaffen werden.

Nach allem kann keineswegs von einem "Sieg" der einen Seite gesprochen werden, weil der Senat den ursprünglichen Plan erst in einer sehr stark modifizierten Form akzeptierte. So sieht es auch die Frauenbeauftragte Dr. Margret Schuchard, die zurecht feststellt: "Von Sieg oder Niederlage kann in diesem Zusammenhang nicht die Rede sein, denn der Frauenförderplan ist in der gemeinsamen Anstrengung aller in einem langen Entwicklungsprozeß entstanden: des Senatsausschusses (SAFRAN) und der Frauenbeauftragten, des Senats und seiner Dekane und des Rektorats. Gerade der Rektor hat schon in einer frühen Phase die Chance eröffnet, daß der Schwerpunkt des Frauenförderplans in einer Unterstützung von Habilitandinnen durch Mittel der Universität liegen könnte."

Auch der Verwaltungsrat ist in seiner Sitzung am 27. Juni 1996 dem Vorschlag des Senats gefolgt und hat ein Programm im Umfang von zwei mal sechs halben Stellen zur Förderung von Habilitandinnen, verteilt auf zwei Jahre, gebilligt.

Tendenziös ist schließlich auch die Darstellung eines Fernsehbeitrags des Süddeutschen Rundfunk in dem ruprecht-Text, wenn es dort heißt: "Daß die Universität Heidelberg in diesem Beitrag der 'Landesschau' nicht gerade den Eindruck hinterließ, die Nase in Sache Frauenförderung vorn zu haben, schien den Rektor doch nicht ganz kalt gelassen zu haben." Auch hier hat die Darstellung mit den Tatsachen nichts zu tun. Im Gegenteil kritisiert Rektor Prof. Ulmer die TV-Autorin Dr. Irene Klünder nicht nur öffentlich vor dem Senat, sondern auch in einem Protestbrief. Dieses Schreiben spricht für sich: "Ihre schon beim Interview angedeutete Absicht, hier eine 'Schwarz/Weiß'-Sendung zu produzieren, haben Sie trotz meiner Gegenvorstellung in eindrucksvoller Form durchgesetzt... Aus den etwa 10 Minuten Interview zwischen uns haben Sie einen einzigen Satz zitiert, der völlig aus dem Zusammenhang gerissen und dadurch verfälscht worden war; Ihrer Intention kam das offenbar zugute. Meine zwischenzeitlichen Recherchen haben demgegenüber ergeben, daß der angeblich so fortschrittliche Frauenförderplan der Universität Tübingen im wesentlichen aus unverbindlichen Aussagen ohne jede Haushaltswirksamkeit besteht, wobei zudem der Schwerpunkt bei den Fakultäten liegt, die jedoch ebenfalls keine haushaltswirksamen Festlegungen getroffen haben. In den anderen Landesuniversitäten ist die Situation, soweit es dort überhaupt schon Frauenförderpläne gibt (es ist die Minderheit) nicht anders." Die Universität Heidelberg, heißt es weiter in dem Brief an die TV-Autorin, ist "die erste im Lande, die ein solches Instrument bereitstellt. Ich würde es nur fair finden, wenn Sie bei nächster Gelegenheit auf diesen Umstand hinweisen wollten."

Was ruprechts Falschmeldung um so bedauerlicher macht, ist die Tatsache, daß die Redaktion es ablehnte, auf den Vorschlag der Universität einzugehen, statt dieser Gegendarstellung selbst eine Richtigstellung zu verfassen, zum Wohl der Sache, also der Frauenförderung an der Universität Heidelberg: eine vergebene Chance, für die Sache der Frauen zu werben. Denn die hier dargestellten Details sind nur ein Teil aus dem Gesamtpaket Frauenförderplan. Selbst das Angebot der Frauenbeauftragten, ihre Sicht der fraglichen Dinge in ruprecht zu veröffentlichen, lehnte die Redaktion ab.

Dr. Michael Schwarz

Pressesprecher der Universität Heidelberg

Tatsächlich richtig ist, daß der Frauenförderplan in modifizierter Form, nämlich mit 12 Stellen und Mischfinanzierung beschlossen wurde. Daß dieser Punkt im letzten ruprecht anders dargestellt wurde, lag daran, daß eine gut informierte und bisher immer verläßliche Quelle mir aus Versehen eine falsche Information gab.

Nicht den Tatsachen entspricht, daß der Frauenförderplan "nach einer Reihe von Verhandlungen aller Beteiligten zwischen den beiden angesprochenen Sitzungen des Senats in stark modifizierter Form verabschiedet" wurde. Nach der ersten Senatssitzung am 19. März hat der Rektor keinen Änderungswunsch mehr an den SAFRAN und die Frauenbeauftragten herangetragen und somit nicht mehr auf die weitere Modifizierung des Plans Einfluß genommen. Vielmehr haben der SAFRAN und eine Reihe von Dekanen den Förderplan nach der ersten Ablehnung durch den Senat geändert. Der Rektor war in jener Senatssitzung nicht anwesend.

Das Zitat der Frauenbeauftragten stammt aus einem Text, den sie, nach Drängen des Pressesprechers, diesem als "Argumentationshilfe" hat zukommen lassen, weil er laut eigenen Aussagen nicht so vertraut mit den Vorgängen sei. Ihr Text wurde schließlich nicht nur zitiert, sondern es wurde vorher auch versucht, ihn als "Gegendarstellung" der Frauenbeauftragten zu veröffentlichen.

Wenn an der Universität ein Plan in die Realität umgesetzt werden soll, muß dieser zuerst im Senat beschlossen und dann dem Verwaltungsrat zur eigentlichen Beschlußfassung vorgelegt werden. Zwar ist es keine Selbstverständlichkeit, daß der Plan dann auch angenommen wird, doch entspricht der Ablauf im Falle des Frauenförderplans dem üblichem Weg; es ist also kein besonderer Verdienst des Senats, daß "auch der Verwaltungsrat" dessen Vorschlag "gefolgt" ist und den Plan "billigte".

Die Situation in bezug auf den Frauenanteil der C2- bis C4-Professuren und Frauenförderung ist an anderen Landesuniversitäten nicht unbedingt sehr viel schlechter, aber auch nicht besser. Im Bundesvergleich schneidet die Universität Heidelberg allerdings sehr viel schlechter ab, da die Frauenförderung in anderen Bundesländern viel weiter fortgeschritten ist. Der Anteil der zentralen Mittel beim Frauenförderplan Heidelbergs wird aus dem "Spartopf" der Universität finanziert, d.h., daß für den Plan keine etatisierten Finanzmittel zur Verfügung gestellt werden. Das Programm wurde als Pilotphase von zwei Jahren vorgeschlagen. Der Beschluß des Verwaltungsrates vom 27.6. schränkt darüberhinaus den Vorschlag des Senats ein; denn dort heißt es: "Der Verwaltungsrat stimmt der Vergabe von Personalmitteln im Umfang von bis zu 6/2 BAT IIa-Stellen im ersten Jahr und von weiteren 6/2 BAT IIa-Stellen im zweiten Jahr zu mit der Maßgabe: (...) daß die Haushaltslage der Universität in den Jahren 1997 und 1998 keine drastische weitere Verschlechterung erfährt." Dies bedeutet also, daß die Finanzierung des Planes nicht einmal in den ersten zwei Jahren gesichert ist und man somit hier nicht von Haushaltswirksamkeit in vollem Ausmaß reden kann. An anderen Universitäten, werden Stellen für Frauen nicht aus gesonderten Mitteln finanziert, sondern sind im Gesamthaushalt der Universität enthalten, weswegen deren Anteil auch nicht explizit aufgeführt ist. Der schon '92 beschlossene Förderplan Tübingens fordert Fakultätsförderpläne, die, im Gegensatz zum Heidelberger Plan, konkrete Vorgaben enthalten; z.B. soll in der Biologie die Zahl der Promovendinnen auf 50%, die der Assistentinnen auf 39%, die der Habilitandinnen auf 25% steigen und drei C2- oder C3-Stellen und eine C4-Professur mit Frauen besetzt werden.

Da das Rektorat dem besagten ruprecht-Artikel scheinbar viel Gewicht beimißt, haben wir den ungekürzten Text des Pressesprechers abgedruckt. In der Regel (und nach dem Buchstaben des Pressegesetzes) ist eine Gegendarstellung nicht länger als der Text, auf den sie sich bezieht, und beinhaltet nur Fakten.

Gundula Zilm

Redakteurin des ruprecht


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