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09.02.2009

Gnadenlose Abrechnung

Tim Fischer singt Stücke von Georg Kreisler

„Triffst du einen Judenbengel, spiele seinen Todesengel, schlag ihn einfach mausetot“, singt der vor den Nazis in die USA geflüchtete Jude Georg Kreisler, in seinem makabren Chanson „Schlag sie tot“. Sein Œuvre umfasst Gesellschaftskritik als auch Geistreich-lustiges.

„Triffst du einen Judenbengel, spiele seinen Todesengel, schlag ihn einfach mausetot“, so parlierte, der vor den Nazis in die USA immigrierte Jude Georg Kreisler, in seinem makabren Chanson „Schlag sie tot“. Kreislers Œuvre erstreckt sich dabei über derart schauderhaft-gute gesellschaftskritische Stücke bis hin zu geistreich-lustigen Kompositionen über die zwischenmenschlichen Probleme zwischen Mann und Frau.

Am vergangenen Freitag gastierte der Chansonist Tim Fischer mit dem Pianisten Rüdiger Mühleisen in den Städtischen Bühnen Heidelberg und gab ausgewählte Stücke des Altmeisters der schwarz-humorigen Texte zum Besten. Die Stückauswahl zeigte vor allem eines: Fischer wollte das Publikum nicht über alle Maßen schockieren. Er wählte moderate Stücke aus, so dass beherzt über kleine Bissigkeiten gelacht werden konnte. Dem Zuhörer blieb das Lachen eben nicht im Halse stecken, wie es bei Kreislers schärferen Liedern oft der Fall ist. Was die Leistung Fischers aber keinesfalls schmälert, sondern ganz im Gegenteil. Es zeigte viel mehr Feingefühl. Davon zeugte auch die gelungene dezente Begleitung von Mühleisen am Flügel.

Fischer sang zu Beginn einen von Kreisler Klassikern „Tauben vergiften im Park“ und wechselte in der zweiten Strophe zur seiner neu adaptierten Version „Unfall im Kernkraftreaktor“ über. Das Publikum quittierte dies nicht nur mit beherztem Gelächter sondern auch mit schallendem Lachen. Der laute Beifall zwischen den Liedern wollte den ganzen Abend nicht abklingen.

Einzig die teilweise manierierte Art Fischers viel auf: So wirkte die Imitation Kreislers Wiener Schmähs mitunter gekünstelt und erinnerte an eine Interpretation Kreislers, wenn sie Comedian-Harmonists-Tenor Ari Leschnikoff vorgenommen hätte.

Nach zwei Stunden Programm wollte der Applaus nicht verklingen. Selbst am Ende der dritten Zugabe und dem sechsmaligen Auftreten des Klavier- und Gesangduos klangen die Ovationen nicht ab. So fühlte sich Fischer veranlasst zu sagen: „Mehr ist nicht geplant“ und schritt von der Bühne. Nach Kreisler: „Im Theater ist was los!“, „Das Theater ist famos!“.

von Fabian Wennemer
   

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