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03.07.2009

No a Bolonia

Die spanischen Hochschulreformen sorgen für massive Unruhen

Auch in Spanien protestieren die Studenten gegen den Bologna-Prozess. Zusammen mit Schweden ist es das letzte Land, das die Reformen umsetzt. Doch die Umsetzung stieß bei den Studenten auf vehementen Widerstand.

Wie bei uns ist der Bologna-Prozess in Spanien Grund für studentische Proteste. Obwohl die Erklärung 1999 unterschrieben wurde, ist Spanien zusammen mit Schweden das letzte Land, das die Reformen umgesetzt haben. Der Versuch Bologna im vergangenen Jahr zu implementieren stieß bei den spanischen Studenten auf vehementen Widerstand (siehe Fotostrecke).

Vor der Einführung der Bologna-Beschlüsse war das spanische Studiensystem in drei Zyklen organisiert: Der erste dauerte drei Jahre, der zweite zwei Jahre. Der erste ende mit dem Titel eines diplomados (Diplomierten), maestro (Lehrer) oder arquitecto/ingeniero técnico dem technischen Abschluss.

Als das System vor dreißig Jahren entstand, waren die Arbeitsmöglichkeiten dieses Abschlusses nicht so gering wie heute. Absolventen konnten allerdings mit dem zweiten Zyklus ein Aufbaustudium anschließen und so den Titel licenciado, arquitecto oder ingeniero erhalten. Das dritte Zyklus ist der bekannte Doktor-Titel, die Promotion.

Die Umstellung auf Bachelor und Master war in Spanien verwirrend. Zuerst schaffte man die Unterscheidung zwischen ersten und zweiten Zyklus ab und kürzte das Programm auf vier Jahre. Danach nahm man die Unterscheidung zwischen erstem und zweiten Zyklus wieder auf, indem man dem Master einführte.

Heute besteht dies aus einem vierjährigen Bachelor- und einem einjährigen Master-Studium. Es wäre leichter gewesen, das Studiensystem so zu reformieren, indem die diplomatura direkt dem Bachelor anzugleichen und den zweiten Zyklus als Master zu definieren. Das ehemalige seit 1970 bestehende System hatte bereits sich den angelsächsischen Bachelor und das französische License nachzuahmen.

Demonstrationen und Unterdrückung

Anders als in Deutschland und anderen europäischen Ländern führte Spanien den Master zuerst ein. Die meisten spanische Professoren kritisierten dies als sinnlos. Da die Implementierung des Bologna-Prozesses bis 2010 umgesetzt sein muss, waren die spanische Universitäten gezwungen, die entsprechenden Reformen ab 2008 zügig durchzuführen. Bisher sind weniger als 75 Prozent der spanischen Studiengänge Bologna-kompatibel.

In Katalonien, dem nordwestlichen Teil Spaniens, wurden die Reformen von Josep Huguet, dort Minister für Bildung und Industrie, und seiner Bevollmächtigten Blanca Palmada durchgeführt. Die Reformen sind bei unter katalanischen Studenten äußerst unpopulär. Ihrem Unmut machten die Studenten in vielen Demonstrationen Luft und forderten den Rücktritt von Palmada und Huguet.

Die größte Demonstration fand Ende März statt. Eine Woche davor ging die katalanische Polizei gegen die studentischen Demonstranten auf der Plaza Universitat auch mit Gewalt vor (siehe Video unten). Minister Huguet setzte daraufhin seine Bevollmächtigte Palmada ab. Auch im Zentrum des Landes rumort es gewaltig: Madrider Studierenden besetzten zeitweilig das Bildungsministerium vor Ort. Die Proteste im ganzen Land halten bis heute an.

Einige Argumente

Der Bologna-Prozess ist unter den Studenten verhasst: Neben Bologna kritisieren sie die schleichende Privatisierung der Hochschulen. In Spanien gibt es schon länger Studiengebühren, denn der staatliche Anteil an der Hochschulfinanzierung ist seit geraumer Zeit niedriger als in Deutschland. Medienberichten zufolge ist geplant, die Gebühren auf bis zu 6.000 Euro im Jahr zu erhöhen. Ein Master an der katalanischen Universidad de Gerona kostet derzeit zwischen 1.500 und 1.800 Euro - also 26 bis 30 Euro pro Creditpoint im Semester.

Noch ist fraglich, ob der Bologna-Prozess die Mobilität europäischer Studenten überhaupt gewährleistet. Deutsche Erasmus-Studenten haben es schwer ihre in Spanien besuchten Kurse in Deutschland anerkennen zu lassen. In Spanien braucht man zum Scheinerwerb nämlich nur eine Prüfung abzulegen - Hausarbeiten oder Essays sind nicht vorgesehen.

von Guillermo González Insua
   

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