Dies ist ein Archiv der ruprecht-Webseiten, wie sie bis zum 12.10.2013 bestanden. Die aktuelle Seite findet sich auf https://www.ruprecht.de

ruprecht-Logo Banner
ruprecht/Schlagloch-doppelkeks-Jubiläum
Am 13.10. feiern wir 25 Jahre ruprecht/Schlagloch und 10 Jahre doppelkeks [...mehr]
ruprecht auf Facebook
Der aktuelle ruprecht
ruprecht vor 10 Jahren
Andere Studizeitungen
ruprechts Liste von Studierendenzeitungen im deutschsprachigen Raum
ruprecht-RSS
ruprecht-Nachrichten per RSS-Feed
 Hochschule
06.07.2010

Rektorat genehmigt Rückzugsort

Muslime wollen einen „Raum der Stille“ für alle Studenten

Seit Kurzem bewegt sich etwas in der Diskussion um den Raum der Stille. Rektorat und Studentenwerk haben dem Vorhaben zugestimmt. Zuvor wurden keine Räume für religiöse Gruppen von der Universität bereitgestellt.

Seit Kurzem bewegt sich etwas in der Diskussion um den Raum der Stille. Rektorat und Studentenwerk haben dem Vorhaben zugestimmt. Zuvor wurden keine Räume für religiöse Gruppen von der Universität bereitgestellt.

Die religiösen Studierendengruppen finanzieren sich und ihre Räumlichkeiten unabhängig von der Universität durch einen Freundeskreis, Spenden oder die jeweilige Landeskirche. Die Muslimische Studierendengruppe (MSG) bemüht sich seit zehn Jahren um einen von der Universität gestellten Raum.

Zu Beginn forderten sie einen Gebetsraum, den das Rektorat ablehnte. Mittlerweile wünscht sich die MSG einen Raum der Stille, der von allen Studenten für Gebete und Meditation genutzt werden kann. Deshalb stimmte das Rektorat einem solchen Raum zu.

Diesen Rückzugsort befürworten auch befragte christliche Hochschulgruppen sowie einige religionslose Studenten, wenn dieser gleichberechtigt genutzt werde. An der Universität in Frankfurt besteht schon ein Raum der Stille, Karlsruhe plant eine solche Einrichtung.

MSG-Mitglied Yasmin (Name geändert) sieht die Neutralität der Universität nicht gefährdet, da der Raum ohne religiöse Symbole eingerichtet werde. Eine besondere Ausstattung benötige der Raum auch nicht: nur nahegelegene Waschmöglichkeiten und eine ruhige Lage, so Yasmin.

Wichtig sei auch, dass sich der Raum in der Altstadt befinde, da es dort keine Rückzugsmöglichkeiten zum Beten gibt und dass er lange Öffnungszeiten von circa 8 bis 20 Uhr habe. Christliche und religionslose Studenten wünschten sich bequeme Sitzmöglichkeiten und mehrere räumliche Abtrennungen, um ungestört zu sein.

Den angebotenen Raum im Comeniushaus lehnte die MSG ab, da im Neuenheimer Feld kein Bedarf an einem solchen Bereich besteht. Hier könne man in den Klinikkapellen beten, sagt Yasmin. 

Falls die klassische Archäologie ihre Räume im Turm allerdings ohne Ersatz räumen müsste, würde die Fachschaftskonferenz (FSK) nicht darauf bestehen, diesen für studentische Zwecke zu nutzen. Der Raum der Stille müsste dannan einem anderen Ort eingerichtet werden. Tatkräftige Unterstützung bei ihrer Forderung erhält die MSG von der Evangelischen Studierendengemeinde (ESG) und von der FSK. 

Laut ESG muss sich die Universität mit der Realität der verschiedenen Religionen befassen, da es immer mehr Studenten mit Migrationshintergrund gibt. Für sie gehört zum Bildungsauftrag der Universität nicht nur fachwissenschaftliche Vermittlung, sondern auch Toleranz und Offenheit, die durch die gemeinsame Nutzung
des Raumes aller Studenten erreicht werden kann.

Jedoch belegt der auf www.ruprecht.de veröffentlichte Leserbrief zum ruprecht-Artikel „Zum Beten in die Ecke“ aus der Ausgabe 124, dass es auch kritische Gegenstimmen unter den Studierenden zu einem reinen Gebetsraum gibt.

Allgemeine gesetzliche Richtlinien gibt es für solche Gebetsräume an Schulen und Universitäten nicht. Allerdings gab es vor zwei Jahren ein gerichtliches Verfahren in Berlin, in dem ein muslimischer Schüler für die Einrichtung eines Gebetsraumes in seinem Gymnasium klagte.

Das Berliner Verwaltungsgericht gab ihm zuerst recht. Das Urteil wurde jedoch im März 2010 vom Oberverwaltungsgericht wieder aufgehoben, da man das schulische Neutralitätsgebot und den Schulfrieden gefährdet sah. Für diesen Fall wurden islamwissenschaftliche Gutachten herangezogen. Diese bestätigten, dass Muslime ihre Gebete zeitlich nachholen dürfen und diese nicht zwingend in Schulen oder Universitäten durchführen müssen. 

Prinzipiell gelten Bildungseinrichtungen in der Bundesrepublik verfassungsrechtlich als religionsfreie Räume. Deshalb muss jeder Antrag auf einen solchen Raum individuell beurteilt werden.

von Gina Fuhrich und Michaela Reisdorf
   

Archiv Hochschule 2022 | 2021 | 2020 | 2019 | 2018 | 2017 | 2016 | 2015 | 2014 | 2013 | 2012 | 2011 | 2010 | 2009 | 2008 | 2007 | 2006 | 2005 | 2004