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 Heidelberg
29.04.2011

Wie die Kelten zu Beltane um die Feuer tanzten

Erster Teil der ThingstÀtten-Historie

Kaum einer weiß genau, wann die ersten Maifeiern auf der ThingstĂ€tte stattfanden. Linus Leiner kann sich als einer der wenigen an die ersten WalpurgisnĂ€chte auf dem Heiligenberg Anfang der 90er Jahre erinnern. Überschaubare Feiern waren das gewesen, bei denen sich höchstens 200 Menschen im Schein mehrerer Lagerfeuer versammelten, um das FrĂŒhjahr zu begrĂŒĂŸen. 

Erstmals erschienen am 13. Mai 2003, in der ruprecht Ausgabe 83


Fotos: Wikicommons, Kadellar (CC BY-SA 3.0)

Erst in den letzten Jahren wurde aus dieser spontanen und nicht organisierten Veranstaltung ein Massenereignis, zu dem sich mitt­lerweile bis zu 15000 friedliche Feiernde in dem Rund einfinden. Dabei steht fĂŒr viele die besondere AtmosphĂ€re dieses Ortes und dieser Nacht im Vordergrund, den meisten geht es aber wohl nur um die Party.

Eine bunte Mischung sei das gewesen, erzĂ€hlt Zeitzeuge Linus. Linke, Autonome und vor allem AnhĂ€nger keltischer BrĂ€uche. Letztere feiern in der Nacht zum 1. Mai Beltane, im keltischen Jahreskreis einer der höchsten Feiertage. Der Name stammt aus dem gĂ€lisch-keltischen Sprachraum und setzt sich aus den Silben „bel“ (glĂ€nzend, hell) und „tine“ (Feuer) zusammen. Er markierte den Beginn des Sommerhalbjahres und war das Fest der Fruchtbarkeit und Erneuerung. Der 1. Mai war in der keltischen Kultur daher traditionell ein sehr beliebter Tag zum Heiraten.

Etwa 500 Jahre vor Christus entstand auf dem Heiligenberg ein Zentrum keltischer Macht im Rhein-Neckar-Raum. Der Gipfel, zuvor meist nur sporadisch besiedelt, wurde mit zwei Ringmauern befestigt: Über fĂŒnf Meter hoch, zusammen mehr als fĂŒnf Kilometer lang, aus Felsbrocken und HolzpfĂ€hlen – eine technische Glanzleistung. Die innere Mauer ist noch heute vereinzelt als Stufe im Waldboden rund um die zwei Klosterruinen zu erkennen. Der Ă€ußere Wall, rund 200 Meter bergab gelegen, ist verschwunden.

Innerhalb dieses Bollwerks entstand eine wohlhabende Siedlung. Bis zu 400 WohnstĂ€tten wurden bislang entdeckt. Hier standen HĂŒtten aus lehmverputztem Geflecht, aber auch massive BlockhĂ€user. Ihre Bewohner lebten als Handwerker und HĂ€ndler: Aus dem OdenwĂ€lder Sandstein gewannen sie Eisenerz und schmiedeten daraus Werkzeuge und Waffen. Sie waren reicher und mĂ€chtiger als die Bauern im Tal.

Zur Wasserversorgung schlossen die Höhenbewohner eigens den heutigen Bittersbrunnen in den Ă€ußeren Wall mit ein. Allein: Selbst ein feuchteres Klima als heute vorausgesetzt, dĂŒrfte diese Quelle fĂŒr bis zu 3000 Keltenkehlen nicht ausgereicht haben. War also das sagenumwobene Heidenloch ein Brunnen? 56 Meter ist es senkrecht in den Fels hineingetrieben. Grundwasser findet sich erst weitere 200 Meter tiefer. Also eine Regenzisterne? Denkbar sind auch andere Zwecke, etwa ein Schauplatz ritueller Opferungen oder ein Observatorium. Saß etwa in vorchristlicher Zeit ein keltischer Astronom auf dem Grund des Schachtes und beobachtete die Sterne?

Allein der Blick in den sternenklaren Himmel ist den anstrengenden Aufstieg immer wieder wert. So finden heute noch in jeder Walpurgisnacht Massen von Menschen den Weg nach oben.

Walpurgisnacht-Feier auf der ThingstÀtte 2007

 


 

 

von Daniel Holl und Susanne Schönfeld
   

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