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13.07.2011

Auszeichnung ohne Aussagekraft

Internetabstimmung kürt das Zeughaus wieder zur „Mensa des Jahres“

Zeughaus: "Mensa des Jahres 2011"

Zeughaus: "Mensa des Jahres 2011"

Das Studentenwerk wirbt damit und einigen ist es vielleicht auch aufgefallen: Das „Zeughaus“ feiert sich erneut als beste Mensa Deutschlands. Doch die niedrige Wahlbeteiligung lässt Zweifel an dem offiziell klingenden Wettbewerb des Magazins „Unicum“ aufkommen.

Rostock, Bielefeld, Ottersberg, Heidelberg – so heißen die kulinarischen Hotspots für Studenten in Deutschland. Das zumindest behauptet die Redaktion des Studentenmagazins „Unicum.“ 12.500 Hochschüler haben nach Angaben des Magazins im Internet abgestimmt und Mensen und Cafeterien in den Kategorien Service, Angebot und Geschmack bewertet. In der Gesamtwertung schaffte es dabei die Heidelberger Zeughaus-Mensa auf den ersten Platz und nennt sich nun zum zweiten Mal in Folge „Mensa des Jahres“.

Stolz präsentiert das Studentenwerk seitdem mit einem Banner über der Essensausgabe die eigene Leistung. Geschäftsführerin Ulrike Leiblein findet das Ergebnis der Abstimmung „großartig“ und der Leiter der Hochschulgastronomie Achim Track führt den erneuten Erfolg auf die speziellen Zusatzangebote im Marstall, wie beispielsweise das „Valentinsdinner“ zurück.

Freitagmittag in der Zeughausmensa: Die Schlange vor dem Buffet ist noch übersichtlich und die Studenten genießen ihr Mittagessen im großen Gewölbesaal. Eine Gruppe junger Geisteswissenschaftler sitzt zusammen am Tisch und unterhält sich. „Natürlich ist das Essen hier nicht schlecht und die Atmosphäre ist bestimmt besser als in den meisten anderen Mensen. Aber diese Abstimmung wirkt doch etwas gewollt“, meint einer der Hochschüler, während er in seinem Kartoffelauflauf herumstochert. „Wo liegt denn bitte Ottersberg?“

Unter den laut Unicum besten Mensen Deutschlands finden sich in der Tat kaum großstädtische Massenuniversitäten. Stattdessen überwiegen die Hochschulen kleinerer Städte. Die Abstimmung im Internet scheint also nicht an allen Universitäten des Landes auf gleich große Resonanz gestoßen zu sein. Das Heidelberger Studentenwerk hatte im Vorfeld der diesjährigen Abstimmung explizit für den Marstall geworben.

„In Berlin habe ich davon an keiner Mensa etwas mitbekommen, daher dachte ich bei dem Titel „Mensa des Jahres“ zunächst an einen offiziellen Vergleich zwischen einzelnen Unis“, erklärt eine Studentin aus der Gruppe, die gerade für ihren Master nach Heidelberg umgezogen ist. „Und irgendwie tun die Leute hier auch so, als wäre das eine großangelegte Abstimmung gewesen.“

Unicum hat mit dem diesjährigen Wettbewerb zum zehnten Mal die beste Mensa des Landes gesucht. Von den nach Angaben des Verlags rund zwei Millionen Studenten in Deutschland haben in Spitzenjahren etwa 33.000 Hochschüler ihre Bewertung abgegeben. In diesem Jahr waren es fast zwei Drittel weniger. Mutwillige Mehrfachabstimmungen oder Stimmen von Nicht-Studenten werden dabei durch die notwendige Angabe von Name und E-Mail-Adresse zwar erschwert, aber nicht verhindert.

Der Unicum-Verlag verteilt seine werbefinanzierten Zeitschriften für Studenten und Schüler kostenlos an Universitäten und Schulen. Dabei wechseln sich mit fließendem Übergang redaktionelle Texte mit Gewinnspielen und Spezialseiten über Firmen oder Produkte ab. Der Deutsche Presserat rügte dabei in den vergangenen Jahren mehrere Fälle von Schleichwerbung in den verschiedenen Publikationen des Verlags. Darunter war beispielsweise ein Beitrag über einen „ultimativen Geschmackstest“, der von Coca-Cola unterstützt, aber nicht eindeutig als Werbung gekennzeichnet war.

Die Gruppe im Marstall ist inzwischen fertig mit ihrem Mittagessen. Auf dem Weg zum Hof meint die aus Berlin stammende Studentin: „Warum machen die eigentlich so ein Theater um diese Abstimmung eines Magazins? Wenn die Verantwortlichen wirklich ihre Leistungen überprüfen wollen, können sie doch ihre Mensen selbst evaluieren. Schließlich ist das an der Uni gerade groß in Mode.“

von Benjamin Jungbluth
   

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