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 Feuilleton
18.06.2012

„Es ist ein regelrechter Rausch“

Ein Blick hinter die Kulissen der studentischen Theaterszene

Auch diesen Sommer finden wieder zahlreiche Aufführungen statt. / Foto: IDeFix

Die Anzahl studentischer Theatergruppen in Heidelberg ist ebenso beachtlich wie vielfältig. Durch das Begleiten von Proben, erhielt  Isabella Freilinger einen Ãœberblick der Gruppen, einen Einblicke in die Arbeitsweise und einen Ausblick auf das sommerliche Theater-Programm.

„Noch einmal und dieses Mal bitte mit mehr Verwunderung und weniger Wut!“ Vanessa atmet tief durch, setzt sich auf den Boden und spielt ihre Szene noch einmal und dann noch einmal. Nach ihrem Bachelorstudium der Translationswissenschaft, hat sie eine Vollzeitstelle bei SAP, macht ihren Master im Fernstudium und verbringt mindestens zwei Abende in der Woche mit Theaterproben.

 Jürgen, Informatikstudent, spricht sogar von fünf Proben in der Woche. Sie sind nur zwei von vielen Studierenden in Heidelberg, die an diversen Theaterproduktionen arbeiten und einen erheblichen Teil ihrer Freizeit opfern um ein paar Abende auf den Brettern zu stehen, die für sie, so scheint es, fast die Welt bedeuten. Die studentische Theaterszene ist beträchtlich, das Angebot vielfältig und vielen doch vollkommen unbekannt. 

An einer ambitionierten Produktion arbeitet beispielsweise gerade die Theatergruppe „Vogelfrei“ des Germanistischen Seminars: „Anatol“ von Arthur Schnitzler soll mit einem Ensemble von 20 Leuten Anfang Juli aufgeführt werden. Die Theatergruppe entstand 2006 auf Initiative eines Dozenten und führt seitdem jeden Sommer ein Freiluftschauspiel auf. Dabei wird von Regie, über Maske bis hin zu Technik alles von Studierenden verschiedener Fachrichtungen erarbeitet.

Für neue Mitglieder ist die Gruppe offen. Marie-Fee ist zum ersten Mal dabei und begeistert: „Es ist einfach etwas anderes neben dem ganzen Lernen – ein kreatives Ventil.“

Besonders aktiv ist die 1964 gegründete Theatergruppe des Anglistischen Seminars. Dieses Semester brachte sie vier Stücke auf die Bühne. 2011 wurde zudem zum ersten Mal ein Short-Play-Festival veranstaltet, bei dem die Studierenden nicht nur selbst spielten und Regie führten, sondern auch die Stücke selbst schrieben. Kirsten Hertel, verantwortliche Dozentin der Theatergruppe und seit ihrer Studienzeit selbst aktives Mitglied, leitet bereits zum zweiten Mal ein „Writing-for-the-stage“-Seminar und meint dazu: „Ich glaube, dass es sehr gesund ist für Studierende der Literaturwissenschaft, auch einmal die andere Seite kennen zu lernen und selbst zu spielen, selbst zu schreiben.“

Für jede Produktion gibt es Vorsprechen, viele der Schauspieler sind Anglisten, Mitglied kann aber prinzipiell jeder werden. Auch Außenstehende sind gerne gesehen – wie zum Beispiel der amerikanische Regisseur und Autor Ry Herman, der gerade „Love bites“, einen Abend seiner eigenen Stücke, inszeniert.

Noch enger ist die Verbindung von Theater und Studium an der Pädagogischen Hochschule (PH). Hier ist die Theatergruppe, zumindest für Studierende der Theaterpädagogik, integrativer Teil des Studiums. Seit dreißig Jahren werden sowohl Eigenproduktionen wie auch Autorenwerke aufgeführt. Parallel dazu finden Seminare, unter anderem zu Bühnenbild, Maske und Dramaturgie, statt. Teilnehmen dürfen PH-Studierende, für Schauspielanfänger werden spezielle Kurse angeboten. Seit dem 6. Juni führt die Theatergruppe das Stück „Hexenjagd“ von Arthur Miller, inszeniert von Christian Verhoeven, auf.

Dass Theater auch ein Mittel zur interkulturellen Verständigung und zum Erlernen einer Sprache sein kann, beweist seit 18 Jahren IDeFix, Theatergruppe des Institutes für Deutsch als Fremdsprachenphilologie. Hier kommen Studierende aller Nationalitäten zusammen, viele von ihnen auf Austausch in Heidelberg, um gemeinsam Theater auf Deutsch zu spielen. „Wir sind ein Welttheater.“, sagt die Gruppe über sich selbst und ihr Leiter, Joachim Bürkert, fügt hinzu: „Bei uns kann man Sprache auf lebendige Art und Weise, ja mit allen Sinnen lernen.“ 

Nach einem Jahr intensiver Proben werden jedes Sommersemester zwei Theaterabende veranstaltet, bei denen bis zu 30 Studierende mitspielen. Ende Juli präsentiert IDeFix „Achtung: Kunst!“, eine Revue mit Mini-Dramen. 

Dies sind nur einige der studentischen Theatergruppen in Heidelberg – manche entstehen für eine einzige Produktion, andere, wie die hier vorgestellten, blicken bereits auf einige Jahre oder Jahrzehnte der Tradition zurück, wieder andere, wie die Theatergruppe des Romanischen Kellers, die momentan aktiv nach Schauspielern sucht, sind gerade erst im Entstehen. 

Vanessa steht auf, sie hat ihren Satz nun zum fünften Mal wiederholt, der Regisseur scheint zufrieden. „Ich überlege mir schon oft aufzuhören. Ich habe einfach keine Zeit. Aber dann bin ich hier und liebe es so sehr. Nein – ich könnte nicht aufhören!“ Jonas, Student der Computerlinguistik und momentan gleichzeitig Regisseur und Schauspieler, stimmt dem zu: „Natürlich ist es viel Arbeit, aber am Ende zahlt es sich immer aus. Oft ist es ein regelrechter Rausch. Und spätestens wenn die Leute über die ersten Witze lachen, wenn sie gefesselt sind, wenn sie applaudieren – dann weiß man, dass es sich gelohnt hat.“

   

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