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20.06.2012

Düstere Ästhetik

Kriegsfotografie in der Bergheimer Campusbibliothek

Traurig blickt die Frau auf ihre Beobachter. / Foto: Mika Schmidt

Im Mai erfüllte die Campus-Bibliothek Bergheim eine für sie ungewöhnliche Funktion: Die vom Forum für Internationale Sicherheit organisierte Ausstellung „Die Kunst, vom Krieg zu berichten“ des Fotojournalisten Mika Schmidt wurde mit großem Interesse eröffnet.

Krieg assoziieren wir eher mit Gewehrschüssen als mit Gesichtern. Jedoch können uns jene darüber das Meiste erzählen.

Die Eröffnung der Ausstellung, die bis zum 7. Juni in der Bibliothek zu sehen war, lohnte sich nicht nur wegen des Sektes, sondern vor allem wegen des erleuchtenden Einblicks, den man durch eine Unterhaltung mit dem Künstler gewann. Bewegt sprach er von seinen Objekten, leidgeprüften Frauen und Männern.

Es ist schwer zu entscheiden, ob die Wirkung der Exponate in deren Ästhetik selbst liegt oder in den dahinterliegenden Geschichten, den düsteren Umständen. Der Fotograf Mika Schmidt, dem es scheinbar an Courage nicht fehlt, reiste mehrmals in zwei berüchtigte Krisengebiete, Afghanistan und die Demokratische Republik Kongo. 

Schmidt schafft es, dem Betrachter etwas seltenes vor Augen zu führen: Seine kraftvollen Fotografien zeigen keine Bombenanschläge, wie man sie aus heldenbeladenen Actionfilmen kennt, er zeigt spürbar das Leiden der Bevölkerung. Im Kongo dokumentierte er den weiblichen anhaltenden Schmerz aufgrund des noch bestehenden Terrors im Osten des Landes, sind die von Milizen durchgeführten Vergewaltigungen von Frauen unzählig. Die Frau wird als Kern von Familie und Dorf betrachtet. Mit ihrer Entmachtung zerfällt auch diese Gesellschaft. Neben Horrorgeschichten von sexuellen Übergriffen und Mord tauchen auch Themen wie Coltan – ein begehrter Rohstoff für elektronische Geräte – und die durch den Bürgerkrieg verschleierte Ressourcenausbeutung auf. Da schwingt mit: Hauptsache man bekommt seine Mobilgeräte zum kleinstmöglichen Preis.

6400 Kilometer entfernt von der afrikanischen Tragödie befinden sich afghanische Drogensüchtige am Rande der Gesellschaft und am Ende ihrer Kraft. Mika Schmidt betonte, dass er kein Kriegsfotograf sei. Er fotografiere vielmehr Menschen, die vom ausufernden Elend betroffen sind. Dazu gehören drogensüchtige Männer mit schönen Augen, die sich im zerstörten „Russian Culture Hall“ in Kabul zurückziehen. 

Symbolisch ragt die sowjetische Kulisse hervor, eine beständige Erinnerung an die schweren Übergänge, die die Afghanen erlitten haben. „Der Krieg ist nicht undenkbar, aber es ist unangenehm, an ihn zu denken. Deshalb gibt es nur einen Weg, ihn zu vermeiden: Man muss ständig an ihn denken.“ (Edward Teller, ungarisch-amerikanischer Physiker). 

Die Ruhe der Bibliothek wurde erschüttert und die Zuschauer werden in tiefgründige Gedanken versetzt.

von Elza Martinez
   

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