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 Feuilleton
14.11.2006

Erhaben kiffen am Ganges

In „Shiva-Moon – eine Reise durch Indien“ trifft Helge Timmerberg auf allerlei Gestalten

Ich habe verlegen den irritierenden Schutzumschlag dieses Buches entfernt. Wirkt dieser mit seiner abgebildeten „Gottheit“ doch eher wie ein esoterisches Sektenbuch (à la „Wir schenken dir dieses Buch, du schenkst uns zehn Euro“) und nicht wie ein ernstzunehmender Reisebericht.

Die durch den Umschlag möglicherweise hervorgerufene Angst, nun auf rund 200 Seiten Erklärungen über kosmische Energien erfahren zu müssen, ist aber glücklicherweise unbegründet.

Schließlich handelt es sich bei dem Autor Helge Timmerberg (der als Gottheit Ganesha auf eben diesem Schutzumschlag zu sehen ist) um einen alten, mittlerweile ergrauten Fuchs im Reisejournalismus. Über die Sammmittlerweile lung seiner besten Reportagen für die SZ, Stern oder Zeit „Tiger fressen keine Yogis – Geschichten von unterwegs“ schreibt Sibylle Berg, dass die Artikel gerade deshalb eine besondere Schönheit entfalten, weil sie Menschen zum Vergessen bringen können.

Nun also keine Reportage, sondern ein ganzer Reisebericht aus dem Land, zu welchem sich der Globetrotter Timmerberg seit drei Jahrzehnten besonders hingezogen fühlt – Indien. Entlang des Schicksalsstroms Ganges geht die Reise von der Quelle in Gengotri auf viertausend Metern Höhe bis zum Delta am Golf von Bengalen.

Timmerberg beobachtet, betrachtet, und in ganz erhabenen Momenten, wie einsam stehend an der Quelle des Ganges, wird erst mal timmerbergtypisch gekifft. Unterwegs trifft er auf wahnsinnig schöne Geisterheilerinnen (Diagnose „alter Zigeunerfluch“, aha), geschäftstüchtige Inder, versnobte Yogis und glückliche Bettler.

Es entfaltet sich ein intensives, buntes Portrait von einem Land zwischen (teilweise gut vermarkteter) Spiritualität und überquellenden, dampfenden Metropolen. In diesem mannigfaltigem Mosaik wirkt Indien auf den weit gereisten Timmerberg wie ein Anker in seinem nomadenhaften Umhergestreifen.

Denn eigentlich, und dies wird erst im stinkenden Moloch Kalkutta wirklich klar, sucht Timmerberg nach mehr als puren Erfahrungen: Es geht um die Essenz des Reisens, um die Frage, warum man bestimmten Zielen oder Orten hinterher jagt. Und um das Erkennen wahrer Schönheit.



Helge Timmerberg: „Shiva Moon – Eine Reise durch Indien“, Rowohlt, 204 Seiten, ISBN 3 87134541 8, 16,90 Euro

von Jörn Basel
   

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