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 Verschiedenes
30.01.2007

Gebiss mit Geschichte

Der Homo Heidelbergensis wurde vor 100 Jahren in Mauer gefunden

Ein uralter Knochen feiert Geburtstag. Es war genau vor 100 Jahren, als der GrĂ€ber Daniel Hartmann in der Sandgrube „Grafenrain“ in Mauer bei Heidelberg einen Jahrhundertfund machte. Aus dem Sand buddelte er den fossilen Unterkiefer eines Urmenschen. „Heit hab ich de Adam gefunne“, soll der KurpfĂ€lzer gesagt haben.

Ein uralter Knochen feiert Geburtstag. Es war genau vor 100 Jahren, als der GrĂ€ber Daniel Hartmann in der Sandgrube „Grafenrain“ in Mauer bei Heidelberg einen Jahrhundertfund machte. Aus dem Sand buddelte er den fossilen Unterkiefer eines Urmenschen. „Heit hab ich de Adam gefunne“, soll der KurpfĂ€lzer gesagt haben.

TatsĂ€chlich handelte es sich um die Überreste eines Steinzeitmenschen der Gattung Homo, wie die Untersuchungen damals am Geologisch-PĂ€lĂ€ontologischen Institut der UniversitĂ€t Heidelberg unter Leitung von Professor Otto Schoetensack ergaben. Dieser setzte den zerbrochenen Unterkiefer, der im Gegensatz zum heutigen Menschen kein Kinn besitzt, wieder zusammen und taufte den fossilen Knochen in seiner Veröffentlichung nach seiner Alma Mater auf „Homo heidelbergensis“.

Damals war das menschliche Fossil ein Sensationsfund, da bis dato in Europa nur die Überreste von den evolutionsgeschichtlich jĂŒngeren Neandertalern entdeckt wurden. „Bis heute ist der Homo heidelbergensis der Ă€lteste MitteleuropĂ€er“, erlĂ€utert Professor Clemens Eibner vom Heidelberger Institut fĂŒr Ur-und FrĂŒhgeschichte.

Das Alter des FundstĂŒcks lĂ€sst sich nur aus dem Alter des Sedimentgesteins und den begleitenden Tierfossilien auf ungefĂ€hr 600.000 Jahre datieren. Moderne DNA-Analysen des Knochens wurden bisher nicht durchgefĂŒhrt, sind wohl aber laut Eibner auch kaum möglich: „Dazu mĂŒsste der Kiefer immer kĂŒhl gelagert gewesen sein; biogenes Material ist wahrscheinlich komplett abgebaut. Außerdem enthĂ€lt das FundstĂŒck durch die Bergung Kontaminationen von Knochenleim“.

So lĂ€sst sich denn auch schwer die Stellung des Homo heidelbergensis im menschlichen Stammbaum bestimmen. Er war vermutlich der Vorfahre des Neandertalers, der vor etwa 200.000 bis 30.000 Jahren Europa besiedelte, dann aber vom ĂŒberlegenen Homo sapiens aus Afrika verdrĂ€ngt wurde.

Außer dem Unterkiefer wurden in der Mauerer Sandgrube keine weiteren Überbleibsel eines Steinzeitmenschen gefunden, trotz eines damals sehr attraktiven Finderlohns von 5000 Reichsmark.

Nur aus Knochenfunden sowie Stein-und HolzgerĂ€ten aus anderen Teilen Europas lĂ€sst sich das Kulturleben des Ur-Heidelbergers rekonstruieren: der etwa 1,70 Meter große Mann war etwa 20 bis 30 Jahre alt und jagte mit ĂŒber zwei Meter langen Holzspeeren nach Waldelefanten, Nashörnern und Flusspferden am Urneckar. Eibner schnitzt mit Studenten solche Holzspeere und formt FeuersteingerĂ€te in Seminaren beim Verein „Homo heidelbergensis“ im Fundort Mauer. Dort wird zum hundertjĂ€hrigen JubilĂ€um der Entdeckung des berĂŒhmten Fossils krĂ€ftig gefeiert. Als Höhepunkt wird von Mitte Juni bis Ende November 2007 der Original-Unterkiefer aus den Tresoren des Heidelberger Geologisch-PĂ€lĂ€ontologischen Instituts geholt und in Mauer in einer Sonderausstellung zu sehen sein.

Im Safe landete der Knochen des Urmenschen nĂ€mlich, nachdem er im Zweiten Weltkrieg im Exil unsachgemĂ€ĂŸ geöffnet wurde: Zwei BackenzĂ€hne fielen ab und gingen unwiederbringlich verloren.

Der Mauerer Verein hat sich zur Aufgabe gemacht, die Bedeutung des Fundes der Öffentlichkeit nahe zu bringen. Im JubilĂ€umsjahr entsteht sogar eine Fernsehproduktion, die die Fundgeschichte dokumentiert.



Fakten zum Mauerer Homo heidelbergensis

Alter: etwa 600 000 Jahre
Geschlecht: wohl mÀnnlich
Aussehen: ca. 170 cm groß, schlanker Körperbau, steile Stirn, ÜberaugenwĂŒlste, kaum ausgeprĂ€gtes Kinn, kleinere ZĂ€hne
Jagd: Großwild (z.B. Pferde und Nashörner); benutzte Wurfspeere und SteingerĂ€te
Kommunikation: vermutlich AnsÀtze einer einfachen Sprache
Jetziger Aufenthaltsort: Geologisch-PalÀontologisches Institut Heidelberg

von Johannes Dahmen, Christian Graf
   

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