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 Heidelberg
13.11.2007

Reichspogromnacht

Eine Erinnerung an den 9. November 1938

Am 9. November 1938, gegen Mitternacht, erhielt die Gestapo überall im Deutschen Reich den Befehl, „Aktionen gegen Juden, insbesondere gegen Synagogen (...) nicht zu stören.“ Damit begann die organisierte Judenverfolgung auch in Heidelberg.

Der Heidelberger NSDAP-Kreisleiter Wilhelm Seiler stellte SA-Trupps zusammen, die in Gruppen von fünf bis 30 Mann die drei Heidelberger Synagogen sowie fast alle Wohnungen und Geschäfte von Juden zerstörten und plünderten. Die gezielte Gewaltanwendung begann gegen zwei Uhr nachts mit der Brandstiftung in der 1878 erbauten Synagoge in der Großen Mantelgasse und dauerte bis zum folgenden Tag an.

Die um vier Uhr herbeieilende Feuerwehr wurde von den Brandstiftern am Löschen gehindert. Immerhin konnte sie das Feuer in der Rohrbacher Synagoge eindämmen. Beide Gebäude mussten jedoch bald darauf abgerissen werden. Die Kosten dafür musste die jüdische Gemeinde selbst tragen. Eine Woche nach der „Reichskristallnacht“ verbrannte man die geraubten Thorarollen aus der Großen Mantelgasse öffentlich auf dem Uniplatz.

Die orthodoxe Synagoge in der Plöck kam ohne Brandschatzung davon, obwohl auch dort SA-Leute die Einrichtung beschädigten. Bis zur endgültigen Verschleppung der Heidelberger Juden in das Konzentrationslager Gurs fanden in der Plöck sogar noch Gottesdienste statt.

Im Morgengrauen des 10. November begannen die ersten Pogrome. Den Nazis schloss sich randalierender Mob an, darunter Schüler und Studenten. Sie verwüsteten Wohnungen und Geschäfte der Juden, während diese teilweise schon im Gefängnis saßen. 150 Heidelberger Juden wurden an diesem Tag in das KZ Dachau deportiert. Die Heidelberger Bevölkerung sah den Augenzeugenberichten zufolge „tatenlos“ zu. Historiker vermuten, dass die „Ohnmacht“ von Polizei und Feuerwehr die Bürger einschüchterte. Nur der Heidelberger Anzeiger berichtete am 11. November über eine angeblich spontan entbrannte „Volksempörung“. Die Bürger hätten sich zu Recht an die Zerstörung gemacht. Weiter hieß es in dem Bericht: „Selbstverständlich hat sich dabei niemand an den Sachen bereichert.

Auch wurde nirgendwo einem Juden auch nur ein Haar gekrümmt.“ Auch wenn die Tage in Heidelberg keine jüdischen Todesopfer forderten, stellt der 9. November das Ende aller wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und sozialen Beziehungen der Juden im Dritten Reich dar.


von Cosima Stawenow
   

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