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 ProContra
01.07.2008

Die Zukunft des Emmertsgrunds

Sollen die Sozialwohnungen im Besitz der Stadt bleiben?

610 Wohnungen in der Heidelberger Emmertsgrundpassage sollen an das private Unternehmen DREGES verkauft werden. Bisher gehören die der städtischen Wohnungsbaugesellschaft GGH. Am 13. Juli sollen die Heidelberger über den Verkauf anstimmen.

610 sozialgebundene Wohnungen in der Heidelberger Emmertsgrundpassage sollen an das private Unternehmen DREGES Dresdner Grund- und Beteiligungs GmbH & Co. KG verkauft werden. Bisher sind diese im Besitz der städtischen Wohnungsbaugesellschaft GGH. Mögliche Konsequenzen eines Verkaufs für die betroffenen Bewohner werden heiß diskutiert. Daher findet am 13. Juli ein Bürgerentscheid statt, bei dem die Heidelberger selbst über den Erhalt der Wohnungen im Besitz der städtischen GGH abstimmen.

Dr. Edgar Wunder

Bürgerbegehren „Für den Erhalt der städtischen Wohnungen“

Alexander Föhr

Stellvertretender Vorsitzender der CDU Heidelberg

Der Heidelberger Wohnungsmarkt ist auch für Studenten ein eher schwieriges und teures Pflaster. Nun droht eine weitere Verschlimmerung der Situation, weil eine von der CDU angeführte Parteienclique einen erheblichen Teil der städtischen Sozialwohnungen „privatisieren“, das heißt verkaufen möchte. Die städtische Wohnungsbaugesellschaft will dadurch ihre Bilanz aufbessern, obwohl sie schon jetzt jährliche Gewinne von 800 000 Euro schreibt und somit auf einen Verkauf gar nicht angewiesen wäre.

Als Sozialgeograph kenne ich die negativen Folgen solcher „Wohnungsprivatisierungen“ aus zahlreichen anderen Städten. Die privaten „Investoren“ schöpfen alle Möglichkeiten aus, um einerseits ihre Ausgaben zu reduzieren (Vernachlässigung von Instandhaltung und Wartung, Entlassung von Personal, Aufträge an überregional arbeitende Billigfirmen statt an Handwerker aus der Region) und andererseits ihre Einnahmen (zum Beispiel durch Mieterhöhungen) zu steigern.

Soziale Verpflichtungen sind nicht gesichert

Dabei interessiert sie das Gemeinwohl wenig. Auf die Vereinbarungen in den Verkaufsverträgen kann man sich nicht verlassen. Die „Investoren“ finden fast immer Mittel und Wege, die darin festgehaltenen Bestimmungen – etwa zum Mieterschutz – zu umgehen.

Wird zum Beispiel, wie auch jetzt in Heidelberg vorgesehen, der Verkauf über eine nur zu diesem Zweck gegründete eigenständige GmbH abgewickelt, kann diese gezielt in den Konkurs getrieben werden. Die Wohnungen können dann zwangsversteigert werden und vertragliche Vereinbarungen werden hinfällig. Oft landen die Wohnungen bei einer Tochterfirma des Konzerns, nun aber ohne soziale Verpflichtungen.

Verkaufen oder behalten

Die Versprechungen in einer „Sozialcharta“ nutzen dann nichts mehr, sie wird aufgehoben. Erhebliche Nachteile für die Mieter, ja für den gesamten Wohnungsmarkt einer Stadt sind die Folge. Betroffen ist zunächst der Heidelberger Stadtteil Emmertsgrund, wo 610 Wohnungen verkauft werden sollen. Weitere Wohnungen in anderen Stadtteilen können folgen.

Gegen diesen Ausverkauf städtischen Eigentums hat im März die Bürgerinitiative „Bündnis für den Emmertsgrund“ 15.000 Unterschriften gesammelt und damit einen Bürgerentscheid erzwungen, der jetzt am 13. Juli stattfinden wird. Abgestimmt wird über die Frage, ob die städtischen Sozialwohnungen weiterhin im öffentlichen Eigentum bleiben sollen und damit dem Gemeinwohl dienen (dann muss man mit JA stimmen). Oder ob die Wohnungen an einen profitorientierten privaten Konzern verkauft werden sollen, der Geld aus den Wohnungen herausschlagen will, mit unabsehbaren Folgen für die darin lebenden Menschen (wer das will, muss mit NEIN stimmen oder, was den gleichen Effekt hat, sich nicht an der Abstimmung beteiligen).

Geht entscheiden!

Nur wenn mindestens 25 000 Heidelberger mit JA stimmen, wird der Bürgerentscheid als gültig anerkannt. Es kommt auf jede Stimme an! Ich bitte alle Studenten, sich an diesem Volksentscheid zu beteiligen, um ein deutliches Signal für mehr soziale Verantwortung zu setzen. Entgegen den irreführenden Parolen der Privatisierungsanhänger ist ein Verbleib der Wohnungen im städtischen Eigentum auch wirtschaftlich vernünftig. Sie können schon jetzt in allen Bürgerämtern der Stadt oder per Briefwahl abstimmen, oder am 13. Juli in den Wahllokalen.
Stimmt bitte über den Verkauf der GGH Wohnungen im Stadtteil Emmertsgrund mit NEIN und somit für den Verkauf.
Viele von Euch werden überrascht sein, dass es im Gemeinderat eine klare Mehrheit für den Verkauf der GGH Wohnungen im Emmertsgrund gab. In Anbetracht der Kommunalwahl im kommenden Jahr wäre es deutlich einfacher gewesen, gegen den unpopulären Verkauf zu votieren. Trotzdem stimmten CDU, FDP, Freie Wähler und generation.hd sowie Teile der GAL/Grünen und der Wählvereinigung „Die Heidelberger“ dafür.

Was hat die Stadträte dazu bewegt?
Sie sind der festen Überzeugung, dass der Verkauf viele Vorteile für die Bürger auf dem Emmertsgrund bringt: langfristige Investitionen in den Wohnungsbestand, das Wohnumfeld und die Infrastruktur werden so ermöglicht. Eine weitreichende Bestandsgarantie für Mieter ist gewährleistet. Dies sicherzustellen war zentraler Bestandteil der Verhandlungen zwischen GGH und dem Investor. Ein sozialer Kahlschlag findet nicht statt. Vielmehr hat die Stadt diese Wohnungen in der Vergangenheit vernachlässigt.

Der Verkauf ändert nichts für die Mieter

Es kann nur besser werden! Es wird unterstellt, der Investor könne nach dem Kauf beliebig die Mieten erhöhen, um den Gewinn zu steigern. Er kann es nicht! Die Miethöhe ist im Kaufvertrag mit der GGH festgeschrieben. Er kann folglich nichts anderes tun als die GGH bisher. Vorgaben des Gemeinderats sind mit dem Käufer als „Sozialcharta“ vereinbart worden. Diese beinhaltet den Ausschluss von Kündigungen, stabile Mieten bis 2029 und eine Erhöhung der Investitionssumme für die Wohnungen pro Quadratmeter und Jahr um mehr als zehn Prozent.

Der Gemeinderat hat für den Verkauf gestimmt, da der Eigentümerwechsel keine Nachteile für die Mieter bringt. Zudem wurde er zum Schutz der Mieter an Bedingungen geknüpft. So wird das Belegungsrecht durch die Stadt für öffentliche Einrichtungen wie den Treff 22 in der Passage für mindestens 20 Jahre abgesichert. Vorhandene Sozialbindungen und individuelle Mieterrechte bleiben verbindlich und der Mieterbeirat muss erhalten bleiben.

Nicht verkaufen schadet den Studenten

Sollte der Verkauf scheitern, wird sich die GGH mangels Finanzkraft aus anderen Projekten mit bezahlbarem Wohnraum zurückziehen müssen. Hier sind Studenten direkt betroffen, da in anderen Stadtteilen künftig noch weniger preisgünstige Wohnungen für mittlere und untere Einkommen angeboten werden können. Die Erhöhung von Steuern und Abgaben wird zudem unausweichlich sein.

Ich bin für den Verkauf der GGH-Wohnungen, weil er eine Verbesserung für den Stadtteil Emmertsgrund darstellt und verantwortungsvoll mit den gesamtstädtischen Verpflichtungen umgeht. Ich bitte Euch am 13. Juli am Bürgerbegehren teilzunehmen. Beantwortet bitte die Frage “Sind Sie für den Erhalt der 610 sozialgebundenen Wohnungen in der Emmertsgrundpassage als städtische Wohnungen im Besitz der städtischen Wohnungsbaugesellschaft (GGH)?“ mit NEIN. Dies ist ein NEIN gegen weniger bezahlbaren Wohnraum in der gesamten Stadt, ein NEIN gegen die Unterfinanzierung der Wohnungen im Emmertsgrund, ein NEIN gegen scheinbare soziale Sicherheit auf niedrigstem Niveau, ein NEIN zu Angstmacherei und ein NEIN zu höheren Steuern und neuen Schulden.

von Sadé Gök, Agnes Hellmuth
   

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