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28.04.2009

Mehr als bunte Eier in Peru

Lateinamerikanische Ostern in der katholischen Großstadt Arequipa

Werden in deutschen Gärten an Ostern Süßigkeiten gesucht und Osterwässer getrunken, ist in Peru Alkohol an Ostern streng verboten. Während der Heiligen Woche gedenken die Gläubigen in täglichen Messen dem Leidensweg und der Auferstehung Christi.

Was für unterschiedliche Formen der Glaube in ungleichen Ländern wie Deutschland und Peru annimmt, offenbart sich besonders bei religiösen Feiern wie dem Osterfest. Werden in deutschen Gärten Süßigkeiten gesucht und Osterwässer getrunken, ist Alkohol an Gründonnerstag und Karfreitag in Peru streng verboten. Während der „Semana Santa“, der Heiligen Woche, gedenken die Gläubigen in täglichen Messen und Prozessionen der Passion, dem Tod und der Auferstehung Christi.

In Arequipa, Perus zweitgrößter Stadt, sind die Menschen während der Osterwoche auf den Straßen. In prunkvollen Umzügen tragen sie Altäre mit Jesus Christus und der Heiligen Maria durch die Bezirke. Symbolisiert werden Szenen aus der Bibel, zumeist aus der Passion Jesu Christi.

Einer der bekanntesten Umzüge ist die Prozession in Yanahuara, einem typisch traditionellen Bezirk der „Weißen Stadt“.Am Dienstag der Heiligen Woche werden zwei Figuren auf Altären von den Gläubigen aufeinander zubewegt: Auf dem einen, Jesus von Nazareth mit dem Kreuz auf den Schultern, gegenüber, in weißem Kleid und schwarzem Mantel, die Jungfrau Maria. Dargestellt wird das Treffen Jesu mit seiner Mutter, während er das Kreuz auf den Berg Golgota zu seiner Kreuzigung trägt.


Es ist eine Szene, die die Gläubigen am Leid Jesus von Nazareth teilhaben lassen soll, wie es seine Mutter an jener Bibelstelle tut.An Gründonnerstag, „El Jueves Santo“, findet eine andere Symbolisierung der Passion Christi statt.

Ab sechs Uhr abends beginnen die Katholiken ihren Pilgerweg durch 14 Kirchen der Stadt. Kirche für Kirche wird gebetet und der entsprechenden Station Jesu Christi auf seinem Leidensweg gedacht. Er beginnt mit der Verurteilung Christi zum Tode und seinem Kreuzgang, auf dem er zweimal unter der Last des Kreuzes fällt und seiner Mutter begegnet. Simón wird aufgefordert, Jesus' Kreuz mitzutragen und eine Frau namens Veronica reinigt ihm das Gesicht. Nachdem er die Frauen Jerusalems auffordert, nicht für ihn, sondern für ihre Söhne zu weinen, wird er auf dem Hügel Golgota entkleidet und ans Kreuz genagelt. Die letzten Stationen der Passion Christi bestehen aus seinem Tod am Kreuz und seiner Beerdigung.

„Ponche“ und „Diana“

Im Gegensatz zu Jesus Christus sind die Arequipeña auf ihrem Pilgerweg gut versorgt. An den Rändern der menschengefüllten Straßen stehen Tische und Stühle Hier werden „Ponche“ und „Diana“ verkauft: Heiße Getränke, das erste aus Früchten, das zweite aus Milch mit Kokos, Zimt und getrockneten Nelken. In großen Pfannen wird Fleisch mit Kartoffeln gebraten, ein typisches Gericht aus den Andendörfern, von dem wegen hygienischer Bedenklichkeit auch ein Großteil der Arequipeña die Finger lässt.

Die Kirchen sind gefüllt. Große Menschentrauben bilden sich an Ein- und Ausgängen, junge Leute, Familien, Paare. Die Altäre sind pompös geschmückt. Auf roten und weißen Stoffen, umringt von weißen Gladiolen und Kerzen, befindet sich in jeder Kirche eine Schatulle in unterschiedlichsten Gestalten, in die die Hostie, der Leib Jesu, gebettet wird. Viele Gemälde an den Kirchenwänden sind behangen. Auf ihnen wäre ein gesunder Jesus zu sehen. Da an diesem Tage aber der Passion Jesu Christi gedacht wird, sind nur Bilder von seinem Leidensweg und Tod sichtbar.

Am Sonntagmorgen ändert sich die schwermütige Stimmung. Gegen sechs Uhr morgens versammeln sich die Menschen in den verschiedenen Bezirken Arequipas. Eine Papppuppe hängt an einem Torbogen und wartet auf ihre Verbrennung. Es ist Judas, der Verräter Jesu Christi, an dem sich die Gläubigen rächen.

Die Verlesung seines Testamentes ist eine belustigende Tradition, bei der den Präsidenten, Ministern oder Bürgermeistern spöttische Dinge hinterlassen werden. So erbt der Bürgermeister Yanahuaras die dreißig Geldstücke, mit denen Judas Christus verraten hat, um endlich, wie versprochen, die Straßen des Bezirks zu erneuern. Der Vertrauensperson des ehemaligen Diktators Fujimori, Vladimiro Montesinos, hinterlassen sie einen Lederbeutel, in dem er etwas Geld für sich behalten kann, bevor er es an seine korrupten Handlanger weitergibt. Fujimori selbst muss sich mit einer Brille zufrieden geben, um die Korruptionsaffären Montesinos zu erkennen.

Ein Erbe, mit dem der Präsident der 1990er in unerwartet gutes Licht gerückt wird, bedenkt man, dass er eine Woche zuvor selbst wegen Einsatzes von Todesschwadronen zu 25 Jahren Haft verurteilt wurde. Nach der Verlesung des Testamentes wird Judas angezündet und beginnt mit lautem Knallen zu verbrennen und auseinanderzufallen.

Der Ursprung

Die andalusische Tradition der „Semana Santa“, deren Wurzeln im 18. Jahrhundert liegen, verbreitete sich mit der Kolonialherrschaft Spaniens in Südamerika. Besonders in Kolumbien, Mexiko, Venezuela, Guatemala und Peru haben sich die Prozessionen zur Feier der Heiligen Woche etabliert. Sie sollen den Gläubigen auf leicht verständliche Weise die Leidensgeschichte Jesu Christi verdeutlichen. Künstler wurden beauftragt, Figuren von Jesus und der Heiligen Maria herzustellen, die auf Altären durch die Stadt getragen wurden.

Bunte Eier und Hasen als Ostersymbole, wie sie in der westlichen Kultur gebräuchlich sind, wurden von orthodoxen Christen nie akzeptiert. Es sind Symbole aus vorchristlicher Zeit, die im germanischen Raum verbreitet waren. Sie stehen für Fruchtbarkeit und die Wiedergeburt eines neuen Lebens.

von Jenny Genzmer
   

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