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 Heidelberg
20.01.2009

Gegen den Rechtsstaat

RAF-Anwalt Siegfried Haag im Heidelberger Porträt

„Es ist an der Zeit, im Kampf gegen den Imperialismus wichtigere Aufgaben zu übernehmen“. Im Mai 1975 ist Siegfried Haag bereit, mit seiner bürgerlichen Existenz als Rechtsanwalt zu brechen und von nun an das Leben eines Kriminellen zu führen.

„Es ist an der Zeit, im Kampf gegen den Imperialismus wichtigere Aufgaben zu übernehmen“. Im Mai 1975 ist Siegfried Haag bereit, mit seiner bürgerlichen Existenz als Rechtsanwalt zu brechen und von nun an das Leben eines Kriminellen zu führen.

Über seine Heidelberger Kanzlei hatte er ab 1972 RAF-Mitglieder rekrutiert und war vermutlich auch an der Planung zur Besetzung der deutschen Botschaft in Stockholm beteiligt gewesen; die Polizei konnte ihm aber keine Mittäterschaft nachweisen, weshalb er am 10. Mai 1975 wieder aus kurzer Haft entlassen wurde.

Doch Haag entschied sich für die Illegalität und die ständige Flucht vor der Polizei. Ein Grund dafür war wohl der Tod von Holger Meins. Am 9. November 1974 hatte Haag seinen Mandanten Meins, RAF-Mitglied der ersten Generation, in der Haft besucht: Er war der letzte Besucher, der ihn lebend sah, denn Meins wog durch seinen Hungerstreik bei einer Körpergröße von 1,83 Metern zuletzt nur noch 39 Kilogramm.

Die Bilder des ausgemergelten Terroristen schockierte die Republik. Tausende gingen auf die Straße, um gegen die Haftbedingungen der RAF-Insassen zu demonstrieren.

Wie zahlreiche Sympathisanten ließ sich auch Haag durch diese Propaganda zum bewaffneten Kampf gegen den Staat motivieren; bis zu seiner Festnahme wurde er das wichtigste RAF-Mitglied außerhalb von Stammheim.

Die Reise in den Untergrund führte ihn nach Aden, der damaligen Hauptstadt des Jemen, wo die „Popular Front for the Liberation of Palestine“ ein Ausbildungscamp für Terroristen unterhielt. Haag und andere Kampfbereite bereiteten sich hier auf einen Guerillakrieg in der Bundesrepublik vor. Fast alle Mitglieder der Gruppe waren später auch bei der Entführung des Arbeitgeberpräsidenten Hanns Martin Schleyer beteiligt.

Siegfried Haag gehörte nicht zu ihnen: Er wurde am 30. November 1976 in Hessen festgenommen und 1979 zu 15 Jahren Haft wegen Beihilfe zum Mord und anderer Delikte verurteilt. Anders als sein einstiger Mitstreiter Christian Klar, distanzierte er sich bei seiner Freilassung 1987 von seiner RAF-Vergangenheit.

In einem Interview erklärte er später: „Die Handlungsweise der RAF hat sich als falsch herausgestellt. Es hat all die Jahre gebraucht, um zu dem Ergebnis zu kommen: Diese Politik muss ich aufgeben. Sie ist falsch!“

von Phillip Rudolph
   

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