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 Feuilleton
16.12.2012

Mord in der Provinz

Der rätselhafte Erfolg der Regionalkrimis

Überall in Deutschland wird inzwischen gemordet. Früher spielten sich die Verbrechen, zumindest in der Literatur, noch bevorzugt in den Großstädten mit ihren sündigen, dunklen und bedrohlichen Ecken ab – in London, Paris und New York. In Deutschland nahm man dann Berlin, München und Hamburg als Ersatz.

Mittlerweile aber liegen Regionalkrimis groß im Trend. Das Verbrechen, könnte man sagen, hat auch in der Literatur die Provinz entdeckt, oder umgekehrt. Von der Rheinebene bis in den Spreewald und von Bayern bis an die Nordsee gibt es kaum eine Landschaft, die von Mord und Totschlag unberührt bleibt. Heidelberg ist da keine Ausnahme. Ob „Altstadtfest“ oder „Campusmord“, zahllose Krimis spielen inzwischen hier.

Und dagegen lässt sich ja auch grundsätzlich gar nichts sagen. Es gibt viele gute Regionalkrimis, und die Schauplätze der Morde und der Ermittlungen zu kennen, hat einen gewissen Charme. Außerdem muss ein Krimi ja schließlich irgendwo spielen, und überhaupt: Wallanders Heimatstadt Ystad ist nun auch nicht gerade das Zentrum der Welt, und dennoch hat den Romanen noch keiner vorgeworfen, provinziell zu sein.

Was aber bei der Flut an Regionalkrimis auffällt, ist ein gewisser Hang zur Wiederholung, zu immergleichen Mustern.
Das fängt meist schon bei den Personen an: Da gibt es den kauzigen Kommissar, seine Familie, zwei bis drei ziemlich normale Assistenten, bevorzugt gemischtgeschlechtlich, und die klatschfreudige Sekretärin. Auf der anderen Seite, als Verdächtige, die Familie des Opfers, den zwielichtigen Bürgermeister oder Gemeinderat sowie den örtlichen Baulöwen. Dann die üblichen Themen, neben Affären und Eifersüchteleien häufig dubiose Geschäfte und Bauprojekte. Es gibt Streit um eine Umgehungsstraße? Der Baulöwe will eine Müllverbrennungsanlage nahe dem Neubaugebiet errichten? Es gab Unstimmigkeiten bei der Vergabe eines millionenschweren Bauauftrags? Nichts, was den Ermittlern fremd wäre. Dennoch sitzen sie lange nur herum, trinken Kaffee und stochern im Nebel. Dabei wird dann noch ein Regionalbezug aufgebaut, damit der Leser nicht vergisst, wo die Handlung spielt.

Das wäre ja nicht halb so nervig, hätte man nicht das Gefühl, dass dabei die Tipps eines Handbuchs abgehakt werden wie eine Einkaufsliste. Dabei erwartet man als Leser von einem Autor eigentlich vor allem zwei Dinge: Kreativität und den Mut zur eigenen Handschrift.

von Michael Abschlag
   

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