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 Heidelberg
25.05.2012

Ãœberwachungsstadt Heidelberg

Mehr Radkontrollen wegen steigender Unfallzahlen

Ein immer häufigeres Bild – 2011 gab es eine große Zunahme an Fahrradunfällen. / Foto: Bojin (Wikimedia Commons)

Die Heidelberger Polizei hat dieses Frühjahr die Kontrollen von Radfahrern erhöht. Die Gründe sind schönes Wetter, immer mehr Radfahren und vor allem die gestiegenen Unfallzahlen mit Radfahrerbeteiligung. Die Polizei ruft alle Verkehrsteilnehmer zu mehr Zivilcourage auf.

„Mann mit Rucksack, hellbraune Jacke – 20 Sekunden!“ ertönt es aus dem Funkgerät von Polizist Rüdiger Kretschmann. Ein kurzer Blickkontakt mit seinem Kollegen genügt. Dieser begibt sich mit bedächtigen Schritten auf den Fahrradweg und bittet einen jungen Studenten auf seinem sportlich blauen Rennrad anzuhalten. Beim Anblick der mit knallig neongelben Warnwesten getarnten drei Polizisten verdreht er nur kurz die Augen. Sofort wird ihm klar, dass sein Vergehen eben nicht unbeobachtet blieb – das Ãœberfahren einer roten Fußgängerampel. Unbemerkt von allen Passanten steht an diesem Mittwochnachmittag ein Polizist in Zivil an der Geisbergstraße Ecke Adenauerplatz und funkt jegliche Rotfahrverstöße an seine siebzig Meter weiter platzierten Kollegen. 

Es ist eine von zahlreichen Fahrradkontrollen, die die Heidelberger Polizei in diesem Frühjahr vermehrt durchführt. Sie sind eine Reaktion auf die stark gestiegenen Unfallzahlen im Jahr 2011. 282 Unfälle gab es, bei denen Fahrradfahrer verletzt wurden; ein Viertel mehr als im Jahr zuvor. Auch ein Todesfall war zu beklagen. Da dieser Trend schon im Laufe des letzten Jahres erkannt wurde, hat die Polizei eine Konzeption für die Kontrolle von Fahrradfahrern entwickelt. „Das ist keine Konzeption gegen Radfahrer, sondern für ihre Sicherheit“, betont der Leiter der Verkehrspolizei Torben Wille. Genauso stehen Auto- und Motorradfahrer unter Beobachtung, aber die Radfahrer seien nun einmal „einer der schwächsten Teilnehmer im Verkehrsgeschehen.“ 

Dass die Polizei in letzter Zeit häufiger kontrolliert, habe er schon gemerkt, so der rotsündige Medizinstudent. Ob er demnächst an sämtlichen roten Ampeln anhalten werde? Da grinst er nur und fährt weiter. „Wenn er den Bußgeldbescheid bekommt, wird er darüber sicher noch einmal nachdenken“, hofft hingegen Polizist Kretschmann. 100 Euro müssen für das Überfahren einer Ampel gezahlt werden, wenn diese länger als eine Sekunde Rot zeigte. Hinzu kommen noch rund 25 Euro Verwaltungskosten und ein Punkt in Flensburg. Doch ist dies nur eines von vielen Delikten. Fahren auf der falschen Straßenseite, fehlende Beleuchtung im Winter, Fahren auf dem Fußgängerweg oder Telefonieren mit dem Handy – die Liste der gängigen Delikte ist lang. Daneben sorgen die von Bundesverkehrsminister Ramsauer kürzlich als „Kampfradler“ bezeichneten Radler immer wieder für Kopfschütteln bei Autofahrern.

Doch von einem „Straßenkampf“, den der Spiegel in seiner Titelgeschichte im September beschrieb, will Michael Fröhlich vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club nichts wissen. Es handle sich vielmehr um einen von den Medien überhöhten Konflikt. Dass die Unfallzahlen so stark angestiegen sind, sei maßgeblich dem schönen Wetter geschuldet. Außerdem nimmt die Zahl der Radfahrer in den letzten Jahren immer mehr zu. „Da ist der Anteil der Radfahrer bezogen auf die Gesamtunfallstatistik noch relativ gering“, merkt Fröhlich an. Trotzdem müsse mehr für die Sicherheit der Radler getan werden. Neben Präventionsmaßnahmen, die Schüler ansprechen sollen, nimmt er hier vor allem die Stadt Heidelberg in die Pflicht. Ihre bisherigen Planungen für einen Ausbau des Fahrradwegenetzes seien zwar zu begrüßen, aber noch lange nicht ausreichend. Weitere Maßnahmen, wie zum Beispiel eine Helmpflicht für alle Radfahrer lehnt er hingegen ab: „Damit würden wir nur das Gegenteil erreichen und viele von den Radwegen verdrängen.“ 

Doch genau das würde Kretschmann nicht stören. „Der Unterschied von einem Mofa- zu einem trainierten Radfahrer ist verschwindend gering“, mahnt der Polizist an und befürwortet die Helmpflicht. Doch auch Kretschmann weiß, dass es damit nicht getan ist. Viel wichtiger sei es, das Miteinander im Straßenverkehr zu fördern und an Zivilcourage zu appellieren. Derweil wird der letzte Rotsünder an diesem Nachmittag angehalten. Insgesamt waren es acht Radler, die demnächst Post von der Bußgeldstelle bekommen werden. „Uns geht es nicht darum, irgendwelche Einnahmen zu kassieren und als Abzocker dazustehen“, stellt Kretschmann klar und löst die Kontrollstelle für diesen Nachmittag auf.

von Michael Graupner
   

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