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 Hochschule
29.01.2013

Studentenwerk lenkt ein

Leiterin Ulrike Leiblein im Interview

Stellte sich im neuen Jahr zwei Stunden der Kritik am Heidelberger Studentenwerk: Geschäftsführerin Ulrike Leiblein / Foto: Jakub Szypulka

Nach unserem Bericht im Dezember hagelte viel Kritik auf das Studentenwerk Heidelberg ein. Verdi und der Personalrat, dass das Studentenwerk Saisonarbeit betreibe, Mitarbeiter in Leiharbeitsverhältnissen beschäftigte und die Mitarbeiter stets übergehe, um Geld zu sparen.

Auch die studentischen Beschäftigungsverhältnisse wurden gerügt: Die Studierenden würden keine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall erhalten, der Lohn liegt mit 8,06 Euro unter dem Mindestlohn von Nordrhein-Westfalen. Zum Eklat kam es 2008, als Studierende in der Hochschulservice-GmbH (HSH) einen eigenen Betriebsrat gründeten. Vor Weihnachten stand Ulrike Leiblein, Geschäftsführerin des Studentenwerkes, jedoch nicht für ein Gespräch zur Verfügung. Dafür nimmt sie nun in einem Interview Stellung. Einige Zahlen gibt es außerdem als "Schäufelchen darauf".

Das Gespräch führte Ziad-Emanuel Farag

ruprecht: Die Löhne wurden seit der Euroumstellung nicht mehr erhöht. Wird sich das jetzt ändern?

Ulrike Leiblein: Ja, zum 1. Januar 2012 haben wir eine Erhöhung schon vorgenommen, allerdings betraf die erste Erhöhung nur circa 30 Prozent der Studierenden. Aber besprochen war, dass alle das bekommen sollten. Wir hatten aber ein Problem mit unserer Verwaltungssoftware. Daher haben wir beschlossen, dass wir erst nach der Lösung des Softwareproblems die Löhne für alle erhöhen. Die Lohnerhöhung gilt seit dem 1. Januar 2013 für alle.

Wie sieht diese Erhöhung aus?

Die studentischen Mitarbeiter­Innen bekommen 8,90 Euro, diejenigen, die als Tutoren ein wenig mehr Verantwortung übernehmen, bekommen 9,70 Euro, damit auch das Verhältnis stimmt. Dabei legen wir aber jetzt auch ein Schäufelchen drauf: Ursprünglich waren 8,70 Euro und 9,40 Euro geplant.

Was macht so ein Tutor genau?

Die TutorInnen übernehmen die gleichen Aufgaben wie ihre studentischen Kollegen. Zusätzlich haben sie beispielsweise die Verantwortung für die Kassenabrechnungen und die Schlüsselgewalt oder sie arbeiten neue Studierende ein. 

Beabsichtigt das Studentenwerk künftig auch für die studentischen Beschäftigten eine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall einzuführen?

Die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall gibt es schon immer. 

Ein Student in unserem Artikel beklagte, er bekäme kein Krankengeld. Er wusste offenbar nichts davon. Wäre es daher nicht das Einfachste, die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall in die Rahmenvereinbarung aufzunehmen?

Definitiv! Die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall nehmen wir auch darin auf. 

Es gibt in der Rahmenvereinbarung einen Passus, der vorsieht, dass Studenten eine Weiterbeschäftigung versagt werden kann, wenn sie die Regelstudienzeit um mehr als vier Semester überschreiten.

Der wird ersatzlos gestrichen.

Wie kam es eigentlich zu diesen Beschäftigungsverhältnissen in Form der Rahmenvereinbarung und den Tagesverträgen?

Wir haben dies gemeinsam in Verhandlungen mit Bernd Hardt von Verdi, den Studierenden und dem Personalrat des Studentenwerks 2008 besprochen. Allen Beteiligten war wichtig, dass nicht jeder sein eigenes Süppchen kocht, sondern dass die Interessen aller Studierenden berücksichtigt werden. Es gab die Möglichkeit, feste Zweijahres-Verträge abzuschließen oder lieber, gemäß der Rahmenvereinbarung, flexibel tageweise beschäftigt zu werden. Die Studierenden wollten dann die Rahmenvereinbarung. Ver­di meinte dazu: „Wenn der Lohn stimmt und es Lohnfortzahlung im Krankheitsfall gibt, warum nicht?“ 

Doch dann wollte sich 2008 plötzlich der Betriebsrat der HSH gründen?

Das kam überraschend. Die Verhandlungen waren eigentlich schon abgeschlossen und alle Beteiligten waren sich einig. Aber der Wahlausschuss hat dennoch die Wahl gestartet. Bernd Hardt war bitter enttäuscht und stieg aus. Ich wusste von dem Zeitpunkt an, als Verdi ausstieg, dass diese Wahl scheitert, denn man braucht die Begleitung der Gewerkschaft, da dies mit den Fristen und anderen Formalitäten so eine komplexe Angelegenheit ist. Ich fand das eigentlich schade, weil Bernd Hardt und ich wollten, dass der Personalrat des Studentenwerkes die Studierenden mit vertritt. Bernd Hardt hat auch gesehen, dass es bei den studentischen Kandidaten, die in den Betriebsrat wollten, eine hohe Fluktuation geben würde, da diese beispielsweise Auslandsaufenthalte machen möchten und daher keine Kontinuität gewährleistet gewesen wäre. Bis auf zwei Leute war dann auch niemand mehr da.

Das Arbeitsgericht hat entschieden, dass die Leute bei der Betriebsratswahl eigentlich nicht wahlberechtigt waren, weil sie 96 Stunden zu wenig dort gearbeitet hatten.

Das Problem lag darin, dass sie weniger als ein halbes Jahr hier gearbeitet hatten - wenn einer nur 2 Monate da ist, ist er nicht wahlberechtigt. Ein weiteres Problem war, dass Leute auf zwei Listen kandidierten.

Daraufhin haben sie alle Studierenden ins Studentenwerk genommen. Wieso?

Es gab bei uns eine technische Panne. Bei uns liefen vor den Semesterferien alle Verträge aus – normalerweise laufen die Verträge immer übergreifend weiter auch in den Semesterferien, damals aber nicht. Am letzten Tag, als diese Verträge ausliefen, wurde die Wahl des Betriebsrates der HSH durchgeführt, nur vertrat er damit ja keine Studierenden mehr. Ich gestehe ganz offen, dass wir sie bewusst in das Studentenwerk übernommen haben, einfach auch aufgrund der unklaren Situation in der HSH. Auch wenn er irregulär zustande kam, war der Betriebsrat damit ja erst einmal gewählt und das hätte dann viele Komplikationen ergeben

Wurde bis Oktober 2012 im Studentenwerk Leiharbeit betrieben?

So kann man das nicht sagen. Wir hatten Anfang 2012 wegen sehr vieler Krankheitsfälle, unter anderem aufgrund der Grippewelle, auch bei den KöchInnen viele Ausfälle. Wir haben über eine Firma zum Beispiel Aushilfsköche geholt, das musste schnell gehen. Für den Notfall finde ich das in Ordnung, damit wir keine Essensausgabe schließen müssen, aber langfristig nicht. Da wir weiterhin einen erhöhten Bedarf an KüchenmitarbeiterInnen hatten und wir mit der Arbeit der Leihkräfte zufrieden waren, haben wir drei Köche und einen Spüler ins Studentenwerk übernommen.

Wie wird der Personalrat bei Einstellungen in die Hochschulservice GmbH (HSH) beteiligt?

Grundsätzlich muss der Personalrat bei allen Einstellungen beteiligt werden, die sich über drei Monate erstrecken. Unter drei Monaten nicht, auch nicht beim Studentenwerk. Daher wird der Personalrat daran nicht beteiligt. Das liegt tatsächlich daran, dass die Studierenden die Rahmenvereinbarung und gesondert Tagesarbeitsverträge unterschreiben. Das würde aber rein verwaltungstechnisch alle überfordern: Stellen Sie sich mal vor, Sie würden bei jeder Umstellung der Arbeitszeit, etwa einem Schichtwechsel, den Personalrat beteiligen, wie es sonst der Fall ist.

Weiß der Personalrat, wie viele studentische Hilfskräfte in der HSH angestellt sind?

Ja, der Personalrat weiß das schon. Das muss ich ihnen melden, das ist meine Pflicht.

Wie viele Studenten arbeiten in der HSH?

458 Studierende. Die entsprechen von dem, was sie leisten, 35-40 Vollzeitkräften. In den Semesterferien halbiert sich diese Zahl, da dann viele Studierende nicht durchgängig arbeiten.

Laut eigenen Angaben weiß der Personalrat nicht, was die Mitarbeiter des Studentenwerks tun und kann daher nicht entscheiden, welche Bezahlung hier tariflich angemessen ist.

Der Personalrat hat das Recht eine Stellenbeschreibung zu fordern und das tut er auch und das wird auch geliefert.

In komplexen Betrieben wie den Mensen ist doch eine Einarbeitung eigentlich für jeden Beschäftigten unumgänglich. Damit sollte die Besoldungsstufe E1 auch nicht mehr angewendet werden, oder?

Das sehe ich auch so.

Also: Die Stufe E1 wird es also in Heidelberg nicht mehr geben, sondern nur noch E2 aufwärts?

Worüber reden wir jetzt? Es gibt sechs Leute, die in E1 eingestuft sind. Es findet jetzt eine Schulung statt, damit sich die Wirtschafterinnen, die diese Hilfskräfte selbst angefordert haben und selbst im Personalrat sind, Gedanken machen, wie diese Stellen zukünftig aussehen. Ich frage mich natürlich auch, wieso wir nicht Stellen schaffen, die mindestens zu 50 Prozent Tätigkeiten von E2 umfassen, dann wären wir aus der Nummer raus.

Wie sieht es mit den Saisonarbeitskräften in der Triplexmensa aus? Kann man sie nicht auch in der Urlaubszeit weiterbeschäftigen, damit sie nicht arbeitslos sind?

Die Triplexmensa wird in der vorlesungsfreien Zeit ganz geschlossen. Das geht nicht anders, da einiges an Essensbedarf dann wegfällt, sogar im Zeughaus. Die Beschäftigten arbeiten dort acht Monate, sodass sie abhängig vom Familienstand bis zu 70 Prozent Arbeitslosengeld bekommen. Rechnet man das auf die zwölf Monate eines Jahres um, erhalten sie im Schnitt monatlich 90 Prozent des vollen Gehalts. Ich könnte auch sagen, ich stelle die MitarbeiterInnen fest ein, aber nur zu 50 Prozent; das wollen die Beschäftigten aber selber nicht, da sie dann insgesamt weniger bekämen. Im Übrigen arbeiten auch einige MitarbeiterInnen während die Triplex-Mensa geschlossen hat im „eat & meet“ weiter.

Wie viele Personen haben denn beim Studentenwerk Heidelberg einen Saisonarbeitsvertrag?

Zehn Arbeitskräfte von insgesamt 180 bis 200 Arbeitskräften in der Hochschulgastronomie in Heidelberg haben einen Saisonarbeitsvertrag.

Es geht zwar jetzt um nicht so viele Beschäftigte. Aber man könnte doch nun überlegen, ob man nicht eventuell durch moderate Preiserhöhungen bei Luxusprodukten wie beispielsweise Cocktails oder Bier etwas aufschlägt, damit es dann keine Saisonarbeit mehr geben muss.

Generell gebe ich Ihnen da Recht! Bei alkoholischen Getränken ist das auf jeden Fall eine Option, eventuell auch beim Kaffee. Das ist aber natürlich auch eine Frage der Akzeptanz bei den Studierenden.

Die meisten Beschäftigten sind laut des Personalrates im Studentenwerk befristet angestellt. Wieso?

Nein! Das stimmt nicht!

Können Sie uns Zahlen nennen?

Das betrifft 89 Arbeitskräfte, die im Studentenwerk Heidelberg befristet angestellt sind, vor allem im Bereich der neu geschaffenen Kitas. 

Wie lange wird befristet?

Wenn jemand eingestellt wird, egal ob es ein Koch oder ein Abteilungsleiter ist, gilt das erst einmal für zwei Jahre und danach wird unbefristet weiterbeschäftigt. Aktuell gibt es 256 unbefristete MitarbeiterInnen.

Die Saisonarbeit ist auch auf die finanzielle Situation des Studentenwerkes Heidelberg zurückzuführen. Hat sich seit dem Landesregierungswechsel 2011 etwas Grundlegendes daran geändert?

Wir erhalten große Unterstützung von unserem Wissenschaftsministerium in zahlreichen Belangen. Die Finanzhilfe, die als unser Budget dient, wird erst im Jahre 2015 neu verhandelt, dann werden wir sehen, wie sich das entwickelt. Aktuell gibt es zum Beispiel bei der Wohnheimsanierung großen Nachbesserungsbedarf.


Die Arbeitsverhältnisse beim Studentenwerk

Für das Studentenwerk Heidelberg gilt als eine Anstalt des öffentlichen Rechtes der Tarifvertrag der Länder. In diesem gibt es verschiedene tarifliche Eingruppierungen, die regeln, wie jede Tätigkeit vergütet wird. Der Lohn in der untersten Eingruppierungsstufe E1 beträgt 9,42 Euro. Jedoch dürfen nur Tätigkeiten, die keine Einarbeitung erfordern, so vergütet werden. Daher findet diese in Einrichtungen wie dem Studentenwerk kaum noch Anwendung, da an den meisten Arbeitsplätzen wie den Mensen eine Einarbeitung unumgänglich ist. Daher sollten alle Arbeitskräfte mindestens mit E2 besoldet werden, was 10,42 Euro entspricht.

Die Triplexmensa am Universitätsplatz ist ein Saisonbetrieb. Die Mitarbeiter werden daher nur in der Vorlesungszeit beschäftigt. In der vorlesungsfreien Zeit hingegen haben sie keinen Arbeitsvertrag und beziehen Arbeitslosengeld. 

Durch den Personalrat können die Mitarbeiter  darüber mitentscheiden, ob jemand eingestellt wird und ob er richtig tariflich eingruppiert ist. Hierfür erhält er eine Stellenbeschreibung. Der Personalrat ist seit dem Jahr 2008 auch für die studentischen Beschäftigten zuständig. 

Diese sind jedoch nicht beim Studentenwerk direkt beschäftigt, sondern bei einer Tochtergesellschaft des Studentenwerkes, der Hochschulservice-GmbH. Hierdurch gilt der Tarifvertrag nicht für die Studenten, was eine flexiblere Art der Beschäftigung ermöglicht und genauso ihre Löhne senkt. Studenten unterschreiben daher bei ihrer Einstellung keine Arbeitsverträge, sondern eine Rahmenvereinbarung, die ihre Bezahlung regelt. Arbeitsverträge unterschreiben sie für jeden Tag gesondert. 

   

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