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 Heidelberg
17.07.2013

Raum fĂŒr Leib und Seele

Im "Manna" in der Plöck kommen Studenten mit Suchtkranken und BedĂŒrftigen ins GesprĂ€ch

Foto: Peter Hachemer.

Conny sitzt an einem der geschnitzten Tische und starrt in ihren Kaffee. Warum sie dreimal in der Woche Gast im Manna ist, hatte ich wissen wollen. „Wo soll ich denn sonst hin?“ meint sie schließlich leise. SpĂ€ter stellt sich heraus, dass die 68-jĂ€hrige gar nicht Conny heißt, sondern Barbara. Oder Micheline.

Je lĂ€nger man mit ihr spricht, umso öfter Ă€ndert sie Name und Herkunft, kommt mal aus Finnland, mal aus Österreich oder Belgien, erzĂ€hlt aber jede neu ausgedachte Biografie und andere Geschichten mit voller Überzeugung.

Im Manna-Treff in der Plöck sind manche, aber lĂ€ngst nicht alle wie sie. Das CafĂ© versteht sich als ein Treffpunkt fĂŒr Gestrandete und als Anlaufstelle fĂŒr BedĂŒrftige in Heidelberg. Einige GĂ€ste waren oder sind alkoholabhĂ€ngig, manche obdachlos, andere suchen einfach jemanden zum Reden und ein gĂŒnstiges FrĂŒhstĂŒck.

Der Kaffee kostet hier 30 Cent, genau wie die Brötchen, die von einigen BĂ€ckereien in der Altstadt gespendet werden. „Die Tasse Kaffee sorgt fĂŒr die WĂ€rme im Magen, die GesprĂ€che fĂŒr die WĂ€rme im Herzen“, erklĂ€rt Andreas Drakopoulos, der im Hof gegenĂŒber einige GĂ€ste mit Kaffee versorgt. Andreas ist 74 und duzt jeden sofort, der gebĂŒrtige Grieche leitet einen Deutschkurs im Manna und kommt inzwischen jeden Tag, um in der „Filiale“ im Hof mitzuhelfen. „Jeder bringt sich mit dem ein, was er gut kann, man schlĂ€gt es einfach vor. Und es ist eine gute Sache, sein Wissen weiterzugeben“, fĂŒgt der pensionierte Technikingenieur hinzu. Neben Andreas engagieren sich ĂŒber dreißig ehrenamtliche Helfer im Manna, es gibt einen AnfĂ€nger-Computerkurs, Sprachkurse und einen Schachkurs, den ein Vereinsspieler anbietet. 

Im CafĂ© selbst trifft man Szuszana, die an der Kaffeetheke die GĂ€ste begrĂŒĂŸt. Die 25-JĂ€hrige studiert in Heidelberg Theologie und hatte im Februar einfach gefragt, ob man helfen kann. Am Anfang sei es schwierig gewesen, erzĂ€hlt sie, „man hört so viele traurige Geschichten“. Trotzdem kommt sie jedes Mal gerne wieder her.

Am 1. Mai 2005 öffnete das Manna in einer ehemaligen BĂ€ckerei gegenĂŒber der Galeria Kaufhof zum ersten Mal seine TĂŒr, mittlerweile kommen bis zu 70 GĂ€ste am Tag. Da jeder zehnte Heidelberger von Armut bedroht ist, entstand beim Gemeindepfarrer Florian Barth die Idee fĂŒr den Treff. Der Start gelang dann trotz „Null komma Null Euro“ Kapital, wie Barth selbst sagt; zu Beginn gab es gelegentliche Spenden, von denen Kaffee gekauft wurde, die erste Kasse fĂŒr das CafĂ© besorgte er selbst in einem Ein-Euro-Shop. Der schwierige Anfang brachte es auch mit sich, dass Barth selbst in Hauptstraße und Plöck unterwegs war, um Leute ins CafĂ© einzuladen, Gutscheine zu verteilen und seine Idee bekannt zu machen. Im Jahr 2009 schließlich gewĂ€hrten die Landesstiftung Baden-WĂŒrttemberg und der Fonds „Diakonische Gemeinde“ erstmals eine grĂ¶ĂŸere Geldsumme, die eine Festanstellung und einen Ausbau des CafĂ©s ermöglichten.

Beim FrĂŒhstĂŒck im Manna spricht man von Barth mit großem Respekt; so oft es geht, kommt auch er auf einen Kaffee und ein GesprĂ€ch vorbei. „Das’n feiner Kerl!“ ruft ein Gast mit Sonnenbrille vom Nachbartisch, und alle lachen.

Trotz der oftmals schwierigen persönlichen Situation der GĂ€ste ist die Stimmung freundlich, dazu trĂ€gt auch die Grundregel „0,0 Promille und keine Gewalt“ bei. Jedoch sind Sucht und ihre Folgen Teil von vielen GesprĂ€chen, die Schicksale sind oft Ă€hnlich. Aber auch Peggy trifft man hier, die nach ihrer Scheidung und der Entlassung aus dem Betrieb Anschluss sucht. Ihre Suche nach Arbeit ĂŒberbrĂŒckt sie mit einem Spanisch- und einem Englischkurs. „Einfach weitermachen“, lautet ihr Fazit, das ohne weiteres neben dem offiziellen Motto des Manna, „Raum fĂŒr Leib und Seele“, an der TĂŒr geschrieben stehen könnte.

Und wie geht es fĂŒr das Manna weiter? „Seit MĂ€rz hat die Stadt Heidelberg die Finanzierung fĂŒr zwei Stellen im Manna ĂŒbernommen, aber getragen wird es wird natĂŒrlich weiter von der ehrenamtlichen Mitarbeit“, berichtet die Leiterin Cornelia Yazdian, nachdem der letzte Gast gegangen ist.

Wer das Manna besuchen will, findet an drei Tagen in der Woche eine offene TĂŒr. Coffee-To-Go-Sucher werden allerdings enttĂ€uscht sein, das Prinzip lautet hier: Bleiben und teilnehmen.

von Peter Hachemer
   

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