Fuer die breite Masse Wie sich Universitaeten per Radio dem Volk verkaufen Ende September unterzeichneten die vier badischen Universitaeten Freiburg, Heidelberg, Karlsruhe und Mannheim ein Abkommen mit Radio Regenbogen. Die Universitaeten Stuttgart, Hohenheim und Tuebingen sind mit Antenne 1 im Gespraech. Die FU Berlin will gar einen eigenen Radiosender einrichten. Die Universitaeten entdecken das Radio als Plattform fuer ihre Oeffentlichkeitsarbeit. Das "Uni-Radio Baden", die Gemeinschaftsproduktion der vier badischen Rektoren, soll bereits ab dem 10. Januar 1995 ausgestrahlt werden. Allwoechentlich erhalten sie eine Sendestunde bei Radio Regenbogen, in der jede Uni 2 Minuten fuer eigene Beitraege zur Verfuegung hat. Ein gemeinsamer Nachrichtenblock von 1 1/2 Minuten ist noch vorgesehen. Der Rest der Stunde wird mit Musik aufgefuellt. Prof. Dr. Kunle, Rektor der Universitaet Karlsruhe, schaetzt die jaehrlichen Kosten auf ca. 100 000 Mark, doch ueber die Organisationsform besteht noch keine Einigung. Michael Schwarz, Pressesprecher der Uni Heidelberg, wuenscht sich zwei Redakteure mit Radioerfahrung, die nach BAT 2 (Angestelltentarif) beschaeftigt werden koennten. Allein deren Gehaelter wuerden aber schon weit mehr als 100 000 Mark ausmachen. Elisabeth Zuber-Knost von der Uni Karlsruhe denkt an freie Mitarbeiter, die pro Beitrag entlohnt werden. Aber wo produziert man die Beitraege? Entweder die Universitaeten richten sich ein eigenes Tonstudio ein, oder sie uebergeben die Manuskripte an Radio Regenbogen. Das am 27. September unterzeichnete Abkommen sieht jedoch vor, dass nach einem halben Jahr die beim Sender entstehenden Personalkosten von den Unis beglichen werden muessen. Dazu gehoert beispielsweise auch der Moderator, der jede Woche im Studio sitzt. Das "Uni-Radio Baden" darf jedoch nicht mehr als 100 000 Mark kosten, denn das Ministerium fuer Wissenschaft und Forschung will nicht mehr dafuer ausgeben. Schon genug, dass die Rektoren beantragt haben, diese Summe durch Umschichtung aus der Titelgruppe 98 (Posten im Landeshaushaltsplan) freizustellen. Denn diese Titelgruppe ist eigentlich dafuer vorgesehen, den Grundbestand an Forschungs- und Lehrmitteln zu sichern. Der neue Haushaltsplan muss noch durch den Landtag, und dort wuerden groessere Betraege, die abgezweigt werden, sicher auffallen. Wer in Zeiten aeusserster Mittelknappheit Radio machen will, muss ein besonderes Interesse haben. Bisher waren die Universitaeten eine Art Selbstbedienungsladen fuer Wissenschaftsredakteure. Die Universitaeten lieferten Themen, die Wissenschaftsredaktionen sahnten sie ab. Michael Schwarz, der als Pressesprecher dadurch in eine passive Rolle geraet, bemerkt: "Da gibt es Dinge, die wir anders sehen als eine Redaktion." Die Neuerung gegenueber dem traditionellen Wissenschaftsjournalismus besteht also darin, dass die Universitaeten nun sich selbst - nicht nur ihre Forschungsergebnisse - darstellen koennen. "Wir werden einiges ueber hochschulpolitische Fragen zu sagen haben", meint Rektor Kunle. Mit dem "Uni-Radio Baden" haben sich die Rektoren ein Instrument verschafft, gezielt auf die Meinungsbildung des Buergers einzuwirken und Image- Lifting zu betreiben. Schweigen herrscht deshalb auch, wenn man fragt, ob denn akademischer Mittelbau oder Fachschaften eigene Beitraege machen duerfen. Dann heisst es, so etwas koennen nur Profis machen. Profis, das sind die Pressesprecher - und die sind direkt an das Rektorat angeschlossen. Dagegen wollen die wuerttembergischen Universitaeten (Hohenheim, Stuttgart, Tuebingen), die sich noch mitten in den Verhandlungen mit Atenne 1 befinden, die knappe Sendezeit nicht auf Hochschulpolitik verwenden, sondern primaer aus Forschung und Wissenschaft berichten. Ulrich Engler, Pressereferent der Uni Stuttgart, wuenscht sich: "Wir wuerden gerne mehr die Regie behalten als die badischen Universitaeten, selber moderieren und den Ablauf selbst gestalten." All das ist naemlich dem Abkommen zufolge, das die vier badischen Universitaeten mit Radio Regenbogen geschlossen haben, nicht moeglich. "Die Programmhoheit liegt eindeutig bei uns", stellt der Geschaeftsfuehrer von Radio Regenbogen, Klaus Schunk, fest. Das heisst, die vier Universitaeten muessen sich dem Erscheinungsbild des Senders schon anpassen, wollen sie, dass ihre Beitraege auch gesendet werden. Dieses Erscheinungsbild ist aber alles andere als akademisch gepraegt. "Radio ist kein Instrument zur Hebung der Volksbildung, sondern ein Unterhaltungsmedium" liess Martin Schwebel, Chef der Musikredaktion, kuerzlich wissen. Na dann - hoffentlich haben unsere Rektoren einen guten Unterhaltungswert. Markus Collalti