Titel


(Foto: 149 K)

Kräftemessen

MdL-Student ließ sich nicht von der Uni werfen

Auch unser Rektor ist nicht der ewige Sieger. Unlängst zog er sogar gegen einen Studenten den Kürzeren. Der Politologe und Germanist im 27. Semester erhielt zum Ende des Wintersemesters die Exmatrikulation. Die Begründung lautete, einem Studenten sei laut Universitätsgesetz nicht erlaubt, einem Vollzeitjob nachzugehen. Pech für Ulmer: Der Langzeitstudent ist Landtagsabgeordneter und konterte auf höherer Ebene. Das Grundgesetz nämlich schützt den Arbeitsplatz eines Abgeordneten. Und genau dies müsse dann ja wohl auch für einen Studenten gelten.

Wahrscheinlich hätte der 34jährige Michael Jacobi in aller Ruhe in diesem Sommer sein Studium abgeschlossen - wenn da nicht gerade die Umstrukturierung der Magisterstudiengänge gewesen wäre (ruprecht berichtete). So erhielt er also wie fast alle seine Kommilitonen ein Schreiben, in dem er aufgefordert wurde, seine Zwischenprüfung nachzuweisen. Eigentlich reine Routine, doch als Jacobi sein Grundstudium durchlaufen hatte, gab es überhaupt noch keine Zwischenprüfung. Ein kurzer Brief an die Herren im Sekretariat, und die Sache dürfte erledigt sein, dachte er; zumal er die Politologie schon abgeschlossen hatte und mitten im Germanistik-Examen steckt. Doch dem Grünen-Politiker unterlief dabei eine kleine Fahrlässigkeit. Als Eckhard Behrens, Dezernent der Zentralen Univerwaltung, sein Schreiben in den Händen hielt, schlug bei ihm sofort der Exmatrikulations-Alarm an: Auf dem Papier prangte unübersehbar der Landtagsbriefkopf. § 86 des Universitätsgesetzes jedoch verbietet, daß "der Studienbewerber (...) beruflich tätig ist". Jacobi dachte allerdings überhaupt nicht daran, sich mit dieser Entscheidung geschlagen zu geben. Er verfaßte ein freundliches Schreiben, in dem er den Rektor darüber aufklärte, daß es noch andere Gesetze gibt. Im Artikel 48 der Grundgesetzes heißt es nämlich, daß niemand "gehindert werden (darf), das Amt eines Abgeordneten zu übernehmen und auszuüben. Eine Kündigung oder Entlassung aus diesem Grunde ist unzulässig". Folglich darf ein Student also auch nicht von der Uni geworfen werden.

Jacobi hätte es auf einen Rechtsstreit ankommen lassen: "Ich bin sicher, daß ich gewonnen hätte." Rückendeckung verschaffte er sich bei Wissenschaftsminister von Trotha, dem er eine Kopie seines Briefes zukommen ließ. Gegen soviel scharfes Geschütz gab sich unser Rektor schließlich geschlagen und ließ Jacobi wieder immatrikulieren. Der Sieg des Gerechten... (gz)


Höheres BAföG für alle Schmarotzer

gibt es eigentlich nicht, aber vielleicht mehr "Leistungsnachweise"

Unter 9,8% geht nichts - folgt man dem Deutschen Studentenwerk (DSW), das eine solche Erhöhung des BAföG ab Herbst 1995 in seiner neuesten Sozialerhebung fordert. "Jede darunter liegende Anhebung [...] würde ein weiteres Sonderopfer der BAföG-geförderten Studierenden darstellen." Insgesamt habe sich die soziale Lage der Studierenden verschlechtert.

Das meinen auch die ExpertInnen von der "HIS (Hochschulinformationssystem) GmbH" in einem Gutachten für die Bundesregierung. Sie sehen in der "unzureichenden Unterhaltsleistung von Eltern und Staat" einen der Hauptgründe für die großen Unterschiede bei den tatsächlichen Studienzeiten. Einen weiteren Grund hierfür sei die "uneffektive Studienorganisation der anbietenden Einrichtungen (z.B. Prüfungswesen)". Die Bundesregierung schließt daraus, daß eine Erhöhung der BAföG-Sätze um 4% und die Einführung eines verbindlichen Leistungsnachweises nach dem zweiten Semster angebracht sind. Vorerst ist sie aber mit diesem Vorschlag am Bundesrat gescheitert, der eine Erhöhung um mindestens 6% will. Vermutlich werden sich beide Gremien nach einigen Schaukämpfen auf eine Erhöhung um 4% und den Wegfall des Leistungsnachweises einigen - der kommt dann nächstes mal und das Geld nie.

Bei der gesamten Diskussion geht es inzwischen weniger ums BAföG - das reicht ohnehin nicht und läßt genug Studis in das Mittelstandsloch der gerade nicht Geförderten fallen - sondern um eine generelle Straffung des Studiums: Kommt der Leistungsnachweis für BAföG-BezieherInnen, muß er - der Gleichbehandlung wegen - auch für den Rest der Studierenden kommen. Und schon ist die Vor-zwischenprüfung für alle eingeführt - über die Hintertüre BAföG.

Zur bevorstehenden BAföG-Novelle fand am 10. Mai eine Anhörung des zuständigen Bundestagsausschusses statt. Die Sachverständigen, auch jene der HRK (Hochschulrektorenkonferenz), lehnten einen weiteren Leistungsnachweis durchweg ab. Erst müsse diskutiert werden, "wann welche Nachweise erbracht und welche Folgen an ihr Fehlen geknüpft werden sollen" (HRK). Konsequenz der Vorsitzenden der "Zukunftskommission": das nächste Mal wird nicht nur über BAföG, sondern auch über Studienreform geredet. Für manche wird es dann freilich schon zu spät sein. Mit der 17. BAföG-Novelle wird nämlich auch die "Studienabschlußförderung" nicht mehr gewährt. Die kommt vielleicht erst mit der 18.Novelle wieder - dann aber zusammen mit der Vorzwischenprüfung, in der BAföG-Schmarotzer dann wirkungsvoll vorsortiert und ausgesiebt werden. (khp)


Urin-Theater

Nackter Mann, urinierend vor einem Kreuz: Das Plakat, auf dem das "Choralgrafische Theater" vom Praktisch-Theologischen Seminar für die Aufführung des Stückes "Gottesvergiftung" in der Peterskirche wirbt, löst natürlich Proteste aus. Das Kapitel der Peterskirche fordert den Regisseur Herbert Grasmück auf, keine derartige Szene aufzuführen. Man behält sich vor, nach der Premiere weitere Termine in der Peterskirche zu unterbinden. Grasmücks Inzenierungen waren schon früher an der Fakultät kritisiert worden. Anderen Theologen, z.B. Christian Möller, dem Direktor der Praktischen Theologen, gefällt Grasmücks Dramaturgie - er könne kirchliche Themen "mit Feuer" inszenieren. Die Premiere des Stücks zeigte: Die Inszensierung der "Gottesvergiftung" ist provokativ, für modernes Theater aber nicht ungewöhnlich drastisch. Uriniert wird zwar, aber nicht nackt. (hn)


Ey!

Im Vergessen sind die Deutschen Weltmeister. Von der Schulzeit ("Aufsatzheft vergessen") über die Pubertät ("Pille vergessen") bis zum Erwachsenendasein ("Hochzeitstag vergessen") - unsere perfektionierte Gedächtnisschwäche begleitet uns sogar in den intimsten Lebenslagen: "..das Händewaschen auf den Toiletten vergeß´ ich wirklich immer..". Beinahe hätten wir sogar vergessen, daß wir den zweiten Weltkrieg gar nicht gewonnen haben! Die Polen waren wirklich eine Siegermacht? Mensch, wie die Zeit vergeht!

Damit diese kollektive Erinnerungsschwäche nicht allzu peinlich wirkt ("Straßburg schreibt man mit O-U??"), haben wir die Disziplin erfunden, denn, wenn er muß, kann ein Deutscher auch denken, sogar zurück. Und darum gibt´s Gedenktage, Herrschaften, und an denen haben wir uns zu erinnern! Am 8.Mai z.B. erinnern wir uns voll Erstaunen an all die schönen ARD-Western, die unser Freund Alfred Dregger anscheinend schon wieder vergessen hat, wenn er seine Bild-am-Sonntags-Reden vom Leid der Deutschen hält: "Wer ein Pferd beim Schwanz aufzäumt, braucht sich nicht zu wundern, wenn es nach der verkehrten Seite durchgeht!" (John Wayne).

Donnerstag ist hinwiederum Studentengedenktag. Rechtzeitig zur BAFöG-Erhöhung wird der Steuerzahler dank der Heidelberg-Schnulze des ZDF daran erinnert, wie berechtigt doch seine Vorurteile Jung-Akademikern gegenüber sind: Zwischen Parties und Geschlechtsverkehr werden ihnen laufend Referendarsstellen, Zeitungsjobs und Wohnungen dreistelliger Quadratmeterzahl angeboten. Nach deren Preis fragen Germanistikstudent Stefan und Lehrerin Christiane nie: Mein Gott, das vergißt man schon mal! So warten wir gespannt auf den Zwölfteiler zur Asylrechtsänderung ("Der Mond scheint auch für Untermenschen"), den man auch vor hiesiger Kulisse abdrehen wird, irgendwo zwischen Neger-gmünd und Neger-elz wahrscheinlich.

Den Schmerzensschrei nach solchen Kalauern bitte ich für das Ende dieser Glosse aufzusparen: Die Muttergedenkfeiern finden nämlich jährlich am zweiten Maisonntag statt -das war vor drei Tagen! Und? "Mist, schon wieder die Mama vergessen!!!" Gut gebrüllt, Löwe! (step)


*Zur ruprecht-Titelseite