Feuilleton


Die KPI und Hölderin

Luigi Nono: Komponist und Kommunist

Freundlich war das sicherlich nicht: 1959 warf Luigi Nono seinen Komponistenkollegen bei den Darmtädter Ferienkursen (dem Nachkriegsmekka der Neuen Musik) an den Kopf, es sei "kein funktioneller Unterschied zwischen einer hohlen indischen Beschwörtrommel, die in einem modernen europäischen Haushalt als Mülleimer dient, und den Orientalismen, deren sich eine abendländische Kultur bedient, um ihr ästhetisches Materialgebastel attraktiver zu machen". Damit verabschiedete Nono sich von einer Avantgarde, die in seinen Augen ästhetische Nabelschau betrieb und nach den ersten Auftritten John Cages in Europa versuchte, durch Würfeln ins kompositorische Nirwana zu gelangen.

Kurz zuvor noch hatte sich Karlheinz Stockhausen in einem Radiovortrag bemüht, Nonos "Il canto sospeso" (1956 auf Abschiedsbriefe zum Tode verurteilter Widerstandskämpfer geschrieben) in die Reihen der Avantgarde zurückzuinterpretieren und die politische Botschaft des Werkes wegzuretouchieren. Gerade die aber war Nono wichtig; denn seiner Meinung nach konnte nur derjenige wirklich zeitgenössischer Künstler sein, der zu seiner Gegenwart Stellung bezieht. Und dies sollte, so Nono, der seit 1952 Mitglied der Kommunistischen Partei Italiens war, im Kunstwerk selbst geschehen.

So war sein kurz darauf entstandenes Musiktheater "Intolleranza 1960" auch keine Oper im herkömmlichen Sinne mehr, sondern eine "azione scenica", die in Einzelszenen Situationen der Verfolgung eines Emigranten in einem totalitären Staat zeigt: Reaktion des Zeit-(und Partei)-genossen Nono auf den französischen Algerienkrieg. In dieser "azione scenica" bot Nono so ziemlich alles auf, was die Theatertechnik ihm damals zur Verfügung stellte, um sein Publikum zu bewegen: Dia- und Filmprojektionen, Sprechchöre, Chöre aus im Saal verteilten Lautsprechern usw. - "Intolleranza" war der Inbegriff politisch engagierten Musiktheaters.

Daran, daß Neue Musik scheußlich klingt, hatte sich das Publikum ja inzwischen mehr oder weniger gewöhnt; daß sie jetzt aber auch noch politisch sein sollte, war für die meisten denn doch zuviel des Guten. Nono bekam das dadurch zu spüren, daß das Interesse des "bürgerlichen" Konzertbetriebes an seiner Musik nachließ. 1966 kündigte ihm der Ars-Viva-Verlag, bei dem bisher alle seine Werke erschienen waren, da er auch weiterhin nicht davon abzubringen war, so staatsgefährdende Dichter wie Bertold Brecht zu vertonen.

Der Verlust des "Bürgertums" war jedoch zu verkraften, denn Nono entdeckte, daß das eigentliche Publikum einer wirklich zeitgenössischen Musik die Arbeiterschaft ist. Fortan fanden Nono-Konzerte vor allem in Fabrikhallen statt, und auch das Klangmaterial seiner Stücke bezog er teilweise von dort - so 1964 in "La fabbrica illuminata" für Frauenstimme und 4-kanaliges Tonband, das u.a. Klänge aus Fabrikhallen verarbeitet. Statt Schnittchen und Sekt gab es nun Marx und Castro in der Konzertpause. Vorübergehend war Nono sogar Mitglied des Zentralkomitees des KPI.

Dann geschah etwas Unerwartetes: Nono schrieb 1979 ein Werk für Streichquartett (das bürgerliche Klangmöbel schlechthin) - ohne jede elektronische Klangverfremdung, ohne Agitprop. Stattdessen bezieht sich die Musik auf Fragmente aus Gedichten Hölderlins und bewegt sich über weite Strecken an der Grenze des Hörbaren: "Fragmente - Stille, An Diotima". Die Fachwelt ist ratlos: Die Utopien des Kommunisten Nono entschwunden in die "geheimere Welt" Hölderlins? Eben hatte Nono doch noch so schön in die Schublade des Bürgerschrecks gepaßt...

In seiner dritten und letzten "azione scenica" (Nono stirbt 1990) "Prometeo" (1984) findet die Revolution nicht mehr auf dem Fell der Trommeln, sondern auf dem Trommelfell statt. "Handelnde" sind die Klänge selbst, erzählt wird die "Tragödie des Hörens".

"Hoffähig" wurde Nono in den 80ern zunächst wieder mit seinem faszinierend rätselhaften Spätwerk. Jüngst haben sogar seine früheren Werke hierzulande erneut traurige Aktualität erlangt: Man spielt sie nun gerne, um künstlerisch Betroffenheit zu bekunden. So z.B. die Berliner Philharmoniker "Il canto sospeso" nach dem Brandanschlag in Solingen. Und auch die beinahe drei Jahrzehnte in der Versenkung verschwundene "Intolleranza" ist inzwischen wieder zu hören und zu sehen - 1994 in Stuttgart, demnächst in Darmstadt.

Währenddessen bastelt Karlheinz Stockhausen nach wie vor an seinem siebenteiligen Musiktheaterzyklus "Licht" - garantiert politisch keimfrei. (koben)

"Intolleranza 1960" (1CD, Teldec). "Fragmente - Stille, An Diotima"


Banküberfall

E. Albees "Zoo-Geschichte" im Studio

Peter, der mit grauem LiteratenAnzug, Brille und vergeistigt-vertrotteltem Habitus leicht als Prototyp des mittelständlerischen Bildungsbürgers auszumachen ist, hat das Pech, im New Yorker Central Park zu sitzen; entspannt, seiner Schuhe und Strümpfe entledigt, liest er standesgemäß in einem dicken Buch. Zunächst reagiert er ängstlich und unsicher, als der Penner Jerry auftaucht und ihm davon erzählt, daß er heute im Zoo gewesen sei. Mit unverbindlichem Lächeln und zerstreut hingeworfenen Bemerkungen versucht Peter anfangs, den lästigen Störer seiner Sonntagnachmittagserbauung rasch wieder loszuwerden; vergebens, Jerry nervt weiter rum mit Geschichtchen und diffusenAndeutungen.

Wahrhaftig: harmloser und alltäglicher als Edward Albee seine "Zoo-Geschichte", derzeit im "Studio" zu sehen, kann man ein Theaterstück kaum beginnen. Doch Albees 1959 in Berlin uraufgeführtes Stück zeigt die Revolte eines Aussätzigen gegen eine bürgerliche Gesellschaft, die ihn aus ihrem Gesichtsfeld verdrängt hat.

Trotz des fordernden Auftretens von Jerry versucht Peter, ganz höfliche Verbindlichkeit, den Dialog in halbwegs konventionellen Bahnen zu halten und die Angelegenheit als nette Skurrilität zu betrachten. Doch Peter ist zum Zuhören verdammt, während Jerry, der Underdog, ihm Episode über Episode aus seinem Leben erzählt: Saga eines Verdammten, Geschichten, die der Verlagsleiter Peter nur aus seinen Büchern kennt. Zu niemand auf der Welt hat Jerry eine Beziehung, sie sperrt ihn aus, so wie die Tiere in seiner "Zoo-Geschichte" ausgesperrt sind, Liebe kennt er nur als Prostitution.

Peter ist dermaßen geschockt von dem Bericht, daß er glatt aus gespieltem Interesse in echte Anteilnahme verfällt und für einen Augenblick wahrhaftig Mitleid verspürt. Doch Jerry schwenkt plötzlich um, beleidigt Peter und verspottet sein bürgerliches Dasein. Er boxt Peter und versucht, ihn von der Parkbank zu vertreiben. Die Bank ist plötzlich für Peter die letzte Bastion seiner Selbstachtung geworden; verliert er sie, hätte er das Gefühl, sein Leben verraten zu haben, sein Leben, dessen Unzulänglichkeiten ihm Jerry in gnadenloser Offenheit ins Gesicht gekotzt hat. Es kommt zum absurden Kampf um eine grüne Parkbank, an dessen Ende Peter Jerry in archaischer Raserei mit dessen Messer ersticht. Doch als Sieger steht Jerry fest: Er hat mit seinen bösen Provokationen den Bürger gezwungen, ihn endlich einmal zur Kenntnis zu nehmen, seine Existenz außerhalb der abgeschirmten bürgerlichen Welt diesseits der Gitterstäbe.

In der lobenswert klaren und einfachen Inszenierung von Sabine Bahnsen zeigen Helmut Kahn (Jerry) und Jan Pröhl (Peter) mit verblüffender Souveränität, was alles in den Figuren steckt.

Die im größten Teil des Stücks scheinbar dominierende Rolle des Jerry stattet Helmut Kahn mit sicherer Mimik und kräftiger Stimme aus, mit der er das Gespräch lenkt. Doch hinter der anscheinend so souveränen, alles beherrschenden Figur des Jerry läßt Kahn die Einsamkeit und totale Verzweiflung eines Menschen durchblicken, der sich zum Letzten entschlossen hat. Wie bei Menschen, die ständig reden müssen, um ihre eigene Unsicherheit zu verbergen, blitzt auch bei Jerry immer wieder das Elend seines Daseins durch, manifestiert in stumpfen Blicken.

Obwohl über weite Strecken zur Passivität verurteilt, erweist sich die Rolle des Peter doch als die schwierigere. Während Jerrys Monologen muß der Schauspieler dem Zuschauer ein Bild von Peter vermitteln, muß praktisch Peters Lebensgeschichte erzählen - in stummer Analogie zur gestenreichen und farbigen Lebensbeichte Jerrys. Die Unsicherheit und Verwirrung Peters angesichts des Fremden wird deutlich durch Pröhls Gestik: verkrampfte Armbewegungen, in der Bewegung verharrende Hände und Finger, akkurat auf den Schuhen balancierende Füße - Pröhl macht aus Peters Körper eine bürgerliche Festung.

Die bei weitem größte schauspielerische Herausforderung aber stellt die abrupte Wandlung des braven, belanglos plaudernden Zeitgenossen zum tierhaften Mörder dar. Mit zuckenden Wangen und hektischem Atmen leitet Pröhl diesen Wechsel zur dunkelsten Triebhaftigkeit ein - so überzeugend, daß dem Zuschauer, der sich eben noch amüsiert hatte über Peters verklemmte Art, wirkliche Beklemmung überfällt. Eine gelungene Inszenierung eines sehr fesselnden Stückes! (kw)


Multimedia ohne Ende

"Medienbranche überholt Automobilindustrie auf der Datenautobahn" oder "Multimedia, die Branche der Zukunft" - Schlagzeilen wie diese beherrschen in letzter Zeit die Diskussion um die angeblich zukunftsträchtigste Technologie. Dabei wissen die wenigsten, was sich hinter dem Begriff Multimedia verbirgt.

Antwort darauf versprach der 3. Deutsche Multimedia Kongreß, der vom 11. bis 13. 6. 95 in der Heidelberger Stadthalle stattfand. Zwei Punkte kehrten in der Diskussion immer wieder: Multimedia verbindet zuvor getrennte Medien wie Text, Ton und Bilder miteinander und ist interaktiv. Der Benutzer wird also nicht dazu verdammt, Informationen nur zu konsumieren, sondern tritt mit dem Programm in Kontakt.

"To be interactive" war folglich auch das Leitmotiv des Kongresses, auf dem eine hochrangige Podiumsrunde Chancen und Risiken des Interaktiven Fernsehens diskutierte. (sf)


Krach, Peng, autsch!

100 Jahre Comicgeschichte

Das Jahr 1995 brachte uns nicht nur den 100jährigen Geburtstag des Kinos und Ernst Jüngers, sondern auch der genauso beliebten und verbreiteten Neunten Kunst.

Am 5. Mai 1895 erblickte "The Yellow Kid" von Richard Felton Outcault in der New York World des Pressezar Joseph Pullitzer das Licht der Welt und wird heutzutage als Geburtsstunde der Comics betrachtet. Dieser Tag wurde rein willkürlich gewählt, man hätte genauso gut auch Wilhelm Busch mit "Max und Moritz" oder gar die Neandertaler mit ihren Höhlenmalereien als Erfinder des Comics auswählen können. Denn Comics sind nichts anderes als Bildergeschichten, die es schon so lange gibt, wie die Menschheit selbst. Aber man wollte einfach nicht hinter der kränkelnden Kinoindustrie herlaufen und schuf sein eigenes Datum zum Feiern.

Dabei geht es der Comicbranche gar nicht schlecht. Der EHAPA Verlag in Stuttgart, der größte deutsche Comicverlag, hat einen Jahresumsatz von 175 Millionen Mark, was etwa 88% des Gesamtumsatzes in Deutschland ist. Kein Wunder, daß der jahrelang vernachlässigte Markt nun hart umkämpft wird. Rund 400 neue Alben, so nennt der "Kenner" die Comicheftchen, erscheinen jährlich; in Deutschland entworfene Hefte sind darunter aber die Ausnahme.

Den europäischen Markt haben die Belgier und Franzosen fest in ihrer Hand. Wer kennt nicht "Tim und Struppi" von Hergé oder die Geschichten "Gastons" und des "Marsupilami" von Franquin? Aber auch "Asterix", mit einer Gesamtauflage von ca. 200 Millionen Exemplaren die erfolgreichste Serie aller Zeiten, ist allgemein ein Begriff. So kennt zwar jeder Comics, aber selber lesen, das würde doch niemand tun. Es hängt immer noch ein Makel an dem Begriff "Comic", der völlig aus der Luft gegriffen ist. Die bunten Hefte gehören zum 2. Jahrtausend wie Goethe oder Picasso, von denen der erste die Bilderromane von Rodolphe Toepffer lobte, und der zweite sagte, er bedauere, selbst keine Comics gezeichnet zu haben.

Und eine Welt ohne rotes "S" auf gelbem Grund ist ohnehin nicht denkbar. Als 1938 Jerry Siegel und Joe Shuster "Superman", den Superhelden schlechthin, kreierten, konnte keiner ahnen, wohin der Superheldenkult führen sollte. Und so schaute auch die Welt voller Trauer im November 1992 nach Metropolis, als der dienstälteste Superheld der Welt in einem spektakulären Kampf gegen "Doomsday" starb. Die Ausgabe "Supermans Tod" brach mit über fünf Millionen Exemplaren alle amerikanischen Rekorde. Eine Welt ohne "Superman" muß aber niemand fürchten, denn schon bald wird "Supermans Rückkehr" erscheinen, in der Superman wie der Phönix zurückkehrt.

Ebenfalls mit großem Interesse wird im Moment der letzte Band der "Akira" Serie des Japaners Katsuhiro Otomo erwartet. Denn damit wird endlich eine über 2000 Seiten lange Geschichte abgeschlossen, deren Spannung und Handlung kaum zu überbieten sind. Mit Comics, oder Manga, wie sie auf Japanisch heißen, sind uns die Japaner sowieso haushoch überlegen. Dort sind nämlich 30% aller gedruckten Medien Comics, mit 2 Milliarden Mengen, von denen wir nur träumen können. Zwar schwappt die Mangawelle aus Amerika gerade auch nach Deutschland über, aber was hier erscheint, ist keine Ehre für Japan. Außer den Werken Otomos und Masamune Shirows sind bisher keine Meisterwerke in Deutschland erschienen.

Daß Comics auch wirklich Kunstwerke sein können, zeigen nicht nur Andy Warhol oder Roy Lichtenstein, sondern auch die Meister der Tuschefeder: Moebius und Bilal. Ihre Alben sind in keiner Weise mit den verschmähten "Mickey Mouse"- Heftchen, die auch ihre Stärken haben, zu vergleichen. Jedes Bild von Bilal könnte als einzelnes Kunstwerk stehen. Und so sollte man, bevor man anfängt, gegen Comics ins Felde zu ziehen, im Kunsthaus Welker vorbeisehen, das zur Zeit einige sehr schöne Werke Bilals zeigt. Die Kunst hat Comics und vor allem Comiczeichner als beliebte Einnahmequelle entdeckt.

Niemals sollte aber Walt Disney vergessen werden, der mit "Mickey Mouse" erst den Comic als Massenprodukt populär machte. Entenhausen ist heute jedem Kind so real wie Bonn oder Washington. Dank Carl Barks und seit seinem Ruhestand Don Rosa bilden die Geschichten um Donald und Dagobert Duck einen festen Bestandteil in der Erziehung aller Kinder der Welt. Längst werden nicht nur lustige Bildergeschichten erzählt, sondern Umweltschutz und andere aktuelle Themen in den beliebten Heften geschickt eingebunden. (jr)


ruprecht goes to the movies

(in Klammern die Anzahl der ruprechte)

ruprechts Notenskala:
- nicht empfehlenswert
* mäßig
** ordentlich
*** empfehlenswert
**** begeisternd

Harte Jungs (1)

Kugeln fliegen reichlich, doch den Arsch lassen sie sich nicht wegpusten: Unsere Helden, die beiden chaotischen Cops Marcus Burnett (Martin Lawrence) und Mickey Lowrey (Will Smith) sind einfach zu schnell. Denn wenn die bösen Gangster auf sie zielen wollen, streiten sich die beiden garantiert gerade mal wieder in so leidenschaftlicher Weise, daß kein Zielrohr die zappelnden Gestalten erwischen kann.

Schauplatz für die Action-Komödie, die in Amerika mit derselben Geschwindigkeit, wie die beiden Akteure über die Leinwand schießen, auf Platz Eins der Top-Ten landete, ist Miamis heißes Pflaster, auf dem unsere beiden Drogenfahnder nicht die ersten sind, die wild um sich schießen und sich in schnellen Autos gerne heiße Verfolgungsrennen liefern. Der Unterschied zu ihren Fernsehkollegen von Miami Vice ist, daß sie beide schwarz sind - und viel coolere Sprüche klopfen. Die Partner ähneln sich wie Miss Marple und Derrick; während Marcus ständig damit beschäftigt ist, seine Frau davon zu überzeugen, daß er die letzte Nacht im Auto neben seinem Kollegen und nicht im Bett neben seiner attraktiven Schutzinhaftierten verbracht hat, stehen bei Mickey mitten in der Nacht halbnackte Frauen mit eindeutigen Absichten vor der Tür.

Nach unzähligen Leichen, massenweise pfeifenden Kugeln und einem wirklich Hollywood-gerechten Showdown sind unsere Helden natürlich die Sieger über die bösen Drogendealer, denen es zum Schluß nun also doch nicht gelingt, ihre knapp 200 Millionen Dollar auf dem Schweizer Konto zu deponieren. Schnelligkeit siegt halt in dieser harten Welt. (gz)

Rob Roy

Schottland. 18. Jahrhundert. Der Adel unterdrückt seine Untertanen, beutet sie aus, demütigt sie; wie der Wolf das Lamm. Doch einer läßt sich das nicht bieten: Rob Roy (Liam Neeson) - halb Mensch, halb Tier. Ein echter Mann, der zurückschlägt. Als er von intriganten Höflingen um 1000 Taler gebracht wird, beschließt er, Widerstand zu leisten, um sich und seine Sippe vor der Schmach und der Leibeigenschaft zu retten.

Ein Kampf mit viel Blut, vielen harten Jungs, Brandschatz und Vergewaltigung beginnt. Das beeindruckendste am Film aber ist, um was es dem Helden letztendlich geht. Sein Eheweib (Jessica Lange) erklärt es bewegend einem Adligen: Um das, was ihm wichtiger sei als Weib und Kind: Die Ehre. - Was immer das auch sein mag. Vielleicht eine Legende. (hee)

Die Mediocren

"Wer zwischen 20 und 30 ist und nicht unzufrieden, ist entweder berühmt oder geistig minderbemittelt." Die vier Mediocren (lat. "die Mittelmäßigen"), von denen Regisseur Matthias Glasner in einzelnen Kapiteln erzählt, sind weder das eine noch das andere.

Es geht um Unzufriedenheit im allgemeinen und im besonderen, um Sex, Wahnsinn, Vorurteile gegen Ossis und die wohl übelste Beleidigung, die man seiner Partnerin an den Kopf werfen kann: "Du bist irgendwie so...deutsch!" Jost schläft mit Robin, die eigentlich mit Leo (Jürgen Vogel, der spülende Dichter aus Kleine Haie) zusammen ist, der mit Anna schläft, die wiederum Josts Schwester ist. Letzteres ist das einzige, was sicher ist. Und damit ist die Handlung schon größtenteils umrissen, denn eine richtige gibt`s eigentlich nicht. Der Film lebt von den gelungenen Dialogen und davon, daß er nicht so "deutsch" wirkt. Obwohl das keine Beleidigung wäre. (ah)

Betty und ihre Schwestern (2)

Die Tränen fließen nicht nur auf der Leinwand bei diesem Film - wenn der Sensenmann sich ans Bett der jungen Betty heranschleicht und sie schon fast in den Klauen hat, schluchzt auch das Publikum mit.

In den Staaten zur Zeit des Bürgerkrieges schlagen sich die vier Schwestern Amy, Betty, Jo (Winona Ryder) und Meg mit ihrer Mutter so leidlich durch. Es ist nicht leicht, mit fünf Dollar im Monat ein passendes Abendkleid für den Debütantinnenball zu beschaffen. Deshalb steht für Amy schon in jungen Jahren fest, daß sie nur einen reichen Mann heiraten wird. Und neben all diesen Sorgen hat man noch gegen die Ignoranz der männlichen Hälfte der Bevölkerung zu kämpfen: "Mr. Davis sagt, es wäre ebenso sinnvoll, einer Frau eine Ausbildung zu ermöglichen wie einer Kuh." Es gibt noch viel zu tun! (gz)

Miami Rhapsody

Drehbuchautor und Regisseur David Frankel kommt vom Fernsehen, doch sein Held ist Woody Allen. Also zielt er auf Beziehungskomödie à la "Hannah und ihre Schwestern", sucht ständig das Aperçu. Sein Vehikel: eine Werbetexterin, die ihren Traummann heiraten will, davor aber zurückschreckt, als ihre Eltern und Geschwister sämtlich Affären haben. Das ist streckenweise amüsant, auch wenn Sarah Jessica Parker nicht Diane Keaton ist und Menschen in Badeanzügen noch selten Stadtneurotiker waren, deren Schicksal uns länger als 95 Minuten fesselt. (bpe)

Der Priester (3)

Der schönste Zungenkuß der Filmgeschichte - geküßt von zwei Männern. Am einsamen Strand von Liverpool stehen sie, während die Sonne sich senkt. Der eine (Graham) ist "normal", der andere (Greg) aber ist katholischer Priester in einem Arbeiterslum und fühlt sich schuldig, denn "das Verlangen ist krank", wie er sagt. Auch sonst ist Greg altmodisch, ganz im Gegensatz zu seinem Priester-Kollegen Matthew, mit dem er die Gemeinde teilt. Dieser verdammt in seinen Predigten den Kapitalismus ("ein Schlag ins Gesicht Gottes") und hat ein Bild Sitting Bulls anstelle des Kruzifix' an der Wand. Es kommt zu Streitigkeiten zwischen den beiden. Dazu macht Greg die frustrierende Erfahrung, daß seine "Proletarier-Schäfchen" sich mit allem anderen, bloß nicht mit Gott und der Sünde beschäftigen wollen. Als eine Schülerin beichtet, daß sie von ihrem Vater sexuell mißbraucht werde, ist Greg endgültig überfordert. Er hadert mit Gott, ob er das Beichtgeheimnis brechen dürfe, und alles eskaliert, als er mit seinem Lover von der Polizei beim Küssen erwischt wird. Den Rest der mutigen und humorvollen Story selbst anschauen, denn Regisseurin Antonia Bird hat zwar keinen spektakulären, aber einen engagierten Film fern aller Hollywood-Klischees gedreht. (phil)


Cinéma lunaire

Auch in diesem Jahr gibt es wieder Gelgenheit, gute Filme und schmusige Rhythmen unter Sternenhimmel zu genießen. von Mitte Juni bis Mitte August gibt es das Open-Air-Festival im der Neuen PH im Neuenheimer Feld. ruprecht dokumentiert das Programm (in Klammern die Zahl der ruprechte, die der Streifen in "ruprecht goes to the movies" bekam).

Mi, 14.6.:Wallace & Gromit (4); Band: Six was Nine

Do, 15.6.:Garp und wie er die Welt sah

Fr, 16.6.:Muriels Hochzeit

Sa, 17.6.:Vier Hochzeiten und ein Todesfall

Do, 22.6.:Nell

Fr, 23.6.:Rocky Horror Picture Show; Stage Group: Rose Tint My World

Sa, 24.6.:Der bewegte Mann

Do, 29.6.:Stargate

Fr, 30.6.:Forrest Gump

Sa, 1.7.:Interview mit einem Vampir (2)

Do, 6.7.:Im Rausch der Tiefe

Fr, 7.7.:Blues Brothers; Band: Lovegangsters

Sa, 8.7.:Pulp Fiction (1)

Do, 13.7.:Nightwatch (4)

Fr, 14.7.:Grüne Tomaten (keine Wertung); Band: Mardi Gras Brass Band

Sa, 15.7.:Sneak Preview

Do, 20.7.:Betty und ihre Schwestern (2)

Fr, 21.7.:Keiner liebt mich (1); Band: Männer ohne Nerven

Sa, 22.7.:Outbreak (1)

Do, 27.7.:Legenden der Leidenschaft

Fr, 28.7.:Reality Bites; Band: Ngobo Ngobo

Sa, 29.7.:Kaffee, Milch und Zucker

Do, 3.8.:Gefahr aus dem Weltall - 3-D-Nacht

Fr, 4.8.:Night on Earth; Band: Hey Nonny Nonny

Sa, 5.8.:Delicatessen

Do, 10.8.:Short Cuts (4)

Fr, 11.8.:Gilbert Grape (3)

Sa, 12.8.:Speed (3)

Do, 17.8.:Down by Law

Fr, 18.8.:Leon - der Profi (kein ruprecht)

Sa, 19.8.:I.Q. (2)


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