Titel


"Zahltag" plant Schlag

Zerstrittenes Bündnis organisiert Aktionstag gegen Studiengebühren

Die Studiengebühren kommen, soviel ist klar. Von der Rezession getrieben sparen die Politiker an allen Ecken und Enden, so auch in Ressorts, die verstärkt zu unterstützen dem gernzitierten Standort Deutschland dienlicher wären. In Berlin sind bereits DM 100 pro Semester zu zahlen, Niedersachsen und Hessen diskutieren die Frage ernsthaft, und die hiesige Regierungskoalition hat die Erhebung von Studiengebühren ab dem 15. Semester beschlossen, ohne allerdings schon einen Zeitpunkt für das Inkrafttreten der Regelung genannt zu haben.

Unmittelbar nach Bekanntwerden dieses Vorhabens riefen die Studierendenvertretungen der Pädagogischen Hochschulen für den 11. Juni einen landesweiten Protest-Aktionstag aus. Den Heidelberger Beitrag zu dieser Kampagne leistet der "Zahltag"-Verbund, die parteiübergreifende Gruppe, die seit nunmehr einem dreiviertel Jahr Stellung gegen als nachteilig empfundene Bildungs- und Sozialpolitik bezieht.

Gegründet aus Anlaß der Pläne zur BAföG-Verzinsung ist das Bündnis gegenwärtig einigermaßen zerstritten. Ursache für den Konflikt ist vor allem die Forderung der tendenziell linksstehenden Partizipanten, sich auch gegen Pläne zu wenden, die eine privatwirtschaftliche Organisation der Hochschulen vorsehen. Hatte zuvor schon - aus Antipathie gegen den DGB - der RCDS das Bündnis verlassen, so sind es nun die Mitglieder der "Liberalen Hochschulgruppe", die ihre Mitarbeit aufkündigen. Sie hatten sich von einer Anzahl in stärkerem Maße wirtschaftsliberal orientierter "Junger Liberaler" unterwandert gesehen; als Grund für deren Manöver geben sie wahltaktische Motive an.

Den verbliebenen Gruppierungen - der PH-Aktionsgruppe, der FSK, dem "Roten Splitter" sowie den Hochschulgruppen von PDS und Jusos - machen Spannungen zwischen parteimäßigen und nicht parteimäßigen Organisationen zu schaffen: die einen halten den anderen vor, weniger der Sache als den Parteizielen zu dienen.

Vorläufiger Höhepunkt der "Zahltag"-Aktivitäten ist der Vorstoß dreier PDS-Vertreter auf das Rednerpult des Rektors Ulmer anläßlich seiner Begrüßungsansprache auf der Erstsemester-Fete. Das Bündnis hofft, daß der geplante Aktionstag ein Erfolg wird; es ist ihm immerhin gelungen, den Universitätsplatz von der Stadtverwaltung als Veranstaltungsort genehmigt zu bekommen.

(jpb mit mj)


Wahlqual '96

Diesmal gleich sechs Hochschulgruppen im Angebot

Bei den diesjährigen Wahlen zu den Universitätsgremien (also dem Großen und Kleinen Senat auf Uni-Ebene und den jeweiligen Fakultätsräten) haben Studierende die Auswahl zwischen sechs Gruppierungen: Der Fachschaftskonferenz ist - fast hättet Ihr's erraten - der Zusammenschluß der Fachschaften; die Jusos, der RCDS und die Liberale Hochschulgruppe stehen ihren jeweiligen Parteien mehr oder weniger nahe; der "Rote Splitter" nennt sich zwar sozialistisch, ist aber nicht zu verwechseln mit der PDS-Hochschulgruppe, mit der er erst im nächsten Jahr vielleicht eine gemeinsame Liste aufstellen will. Die Gruppe "Freiheit der Andersdenkenden" schließlich besteht vor allem aus Mitgliedern der national gesinnten Burschenschaft "Normannia".

Wie jedes Jahr möchte die FSK die absolute Mehrheit der Stimmen gewinnen (es wäre das siebente Mal in Folge), um damit den eigentlichen "AStA" durch Ihr Vertretungsmodell, der Konferenz der Fachschaften eben, zu ersetzen. Wie jedes Jahr möchten die anderen Gruppen das verhindern. Und wie jedes Jahr dürfen die Studierenden sowieso nur einen winzigkleinen Teil der Gremienmitglieder an der Uni bestimmen.

Dennoch möchte der ruprecht - wie jedes Jahr - wieder laut für den Gang zur Urne trommeln, denn eine ordentliche Wahlbeteiligung zeigt, daß Studierende Interessen haben und diese auch vertreten wissen wollen. Und die 9 Prozent Wahlbeteiligung in vergangenen Wahlen sind schon ein Armutszeugnis für uns alle, also wirklich ... (hn)

Näheres über die Aufgaben der Gewählten erfahrt Ihr auf S. 4; Selbstdarstellungen der Gruppen findet Ihr sowohl im Internet-ruprecht als auch in einer Broschüre, die das Wahlamt der Uni demnächst vor den Mensen verteilt.


Im Koma

Das Frauen-Nachttaxi fällt dem Sparkurs zum Opfer

Gespart werden muß überall. Das macht uns Theo im Bundestag klar, Ulmer den Bummlern, die nach acht Semestern immer noch an der Uni rumhängen, und uns der Blick auf den Kontoauszug. Da soll es der Stadt Heidelberg nicht besser gehen. Allgemeine Geldnöte trieben sie dazu, einer ruhmreichen Errungenschaft zwar nicht den Todesschuß zu geben, aber sie auf die Intensivstation zu befördern: das Frauen-Nachttaxi.

Seit Juli 1992 haben Frauen und Mädchen ab 14 Jahren in Heidelberg die Möglichkeit, innerhalb der Stadtgrenzen von 22.00 bis 6.00 Uhr zu ermäßigten Preisen das Taxi zu benutzen. Dieser Service wurde mit allen Taxiunternehmen ausgehandelt, die an die Taxi-Zentrale angeschlossen sind. Eine Fahrt kostete 9,- DM; für Studentinnen, Schülerinnen und Inhaberinnen einer VRN-Monats- oder Jahreskarte nur 7,- DM. Allerdings mußten die Karten vorher in den Bürgerämtern oder bei den HSB-Verkaufsstellen erworben werden.

"Das Angebot wurde sehr gut angenommen", heißt es im Amt für Frauenfragen der Stadt. Dennoch war seine Lebensdauer - zumindest in der bisherigen Form - nicht allzu lange. In der Haushaltsdebatte im Dezember letzten Jahres wurde beschlossen, die Mittel für das Frauen-Nachttaxi um 50 % zu kürzen. Zum 30. Juni 96 läuft der Vertrag nun aus. Die Debatte im Gemeinderat, die dieser Entscheidung vorausging, war sehr kontrovers, doch zum Schluß stimmte die Mehrheit für den Vorschlag.

Am 13. Juni findet die nächste Gemeinderatssitzung statt, in der die Zukunft des Nachttaxis beraten und besiegelt werden soll. Das Amt für Frauenfragen möchte das Modell möglichst in den Grundzügen erhalten; es gesteht allerdings ein, daß eine Verteuerung der Karten unumgänglich sein wird.

(gz)


Ey!

Die Glosse

Das Schlimmste ist, daß Du Ihn nicht sofort erkennst. Er sitzt neben Dir, ißt friedlich sein Butterbrot und schaut wie Du den langen Mädchenbeinen nach: "Mostly harmless" - so gibt Dein Gehirn-PC Entwarnung, und Du gehörst wieder ganz der Sonne und den Neckarwiesen. Doch aus heiterem Himmel sagt die Stimme von dem neben Dir, gespickt mit Angriffslust: "Tja, wer jetzt hier in der Sonne liegen und den Mädchen nachschauen könnte..." Natürlich könntest Du ihn ignorieren und zwar mit dem durchaus berechtigten Argument, daß ER ja eben jetzt gerade hier neben Dir in der Sonne liegt und den Mädchen nachschaut. (Wann immer Du in einer solchen Situation bist, stell Dich taub, sei ein Felsbrocken!). Aber Du fällst unweigerlich auf sein Paradoxon herein, was natürlich keins ist, sondern der älteste Trick derer, die Dich mit einem Gespräch nerven wollen.

Im geschilderten Neckarwiesen-Incident kommt genervt und gelangweilt Deine Gegenfrage: "Und WARUM kannst Du nicht hier in der Sonne liegen?" Antwort: "Tja, also weißt Du, es sieht vielleicht so aus, als würde ich mich wahnsinnig amüsieren, aber meine Freundin und ich, also ich meine wir waren jetzt schon fünf Jahre, sechs Monate und 22 Tage zusammen, und nur wegen diesem Gymnastiklehrer, zu dem sie da geht, und ich frage mich, warum ich das alles nicht schon vorher... wie konnte das nur... und was soll ich denn jetzt machen..." Und schon bist Du ein hilfloses Opfer endloser Litaneien, zu denen Du bestenfalls nach Markwortscher Manier demütig einige Stichworte beisteuern darfst.

Selbstverständlich sitzt der neben Dir nicht nur auf den Neckarwiesen neben Dir, er spricht Dich auch in der Straba an, über der "Allgemeinen Pilzpfanne" in der Triplex, im Seminar, kurz: überall, wo er Dich kriegen kann. Vielleicht hat er Deine Nummer, und dann klingelt das Telefon, während Du mit Deiner Freundin Sex machst oder Du auf einen Anruf Deiner Erbtante wartest.

Es gibt nur ein Mittel gegen ihn: IGNORIEREN! Laß ihn nicht den sein, der neben Dir sitzt, setz Dich woanders hin! Zuhören? Anteil nehmen? Trost spenden? - Vergiß es!! Oder kennt der neben Dir etwa Gnade...? (kw)


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