Heidelberg


Unerwartete Rettung

Das Frauen-Nachttaxi wird doch weitergeführt

Ganz knapp war es, und daß ausgerechnet ein ehemaliger Republikaner das Frauen-Nachttaxi retten würde, hatte wohl niemand in der Runde geglaubt. Doch mit einer Stimme Mehrheit beschloß der Gemeinderat vor drei Wochen dessen Fortführung.

Die Entscheidung fiel am 13.6. in der Sitzung des Gemeinderates: An diesem Tag sollte die Zukunft des Nachttaxis beschlossen werden, die gar nicht so rosig aussah. Gespart werden mußte, denn Mittel in Höhe von DM 130.000 waren gesperrt. Doch wie gespart werden sollte, darüber gingen die Meinungen der einzelnen Parteien weit auseinander. Die SPD und die GAL wollten das Nachttaxi am liebsten in der bisherigen Form fortsetzen, mußten sich jedoch den Einsparungsmaßnahmen beugen und fanden schließlich zu einem Kompromiß: geringfügige Preiserhöhung und leichte Fahrzeitenänderung. Die Freie Wähler Vereinigung (FWV), die vor vier Jahren das Projekt selbst mit ins Leben gerufen hatte, und Die Heidelberger sprachen sich gegen das Nachttaxi in der bisherigen Form aus. Sie plädierten nicht nur für weitaus höhere Preise, sondern auch für eine starke Einschränkung der Fahrzeiten: Bisher konnte der Service von Frauen und Mädchen ab 14 Jahren von 22 bis 6 Uhr, im Winter schon ab 20 Uhr genutzt werden. Die beiden Parteien waren der Meinung, daß es dem Steuerzahler nicht weiter zugemutet werden könne, Frauen die Fahrten zur Arbeit und das "nächtliche Hin- und Herfahren von einer Party zur nächsten" zu finanzieren. Denn "Frauen, die nachts länger als zwei Uhr unterwegs sind, sind für ihr sicheres Nachhausekommen selbst verantwortlich," erhob Wolfgang Luckenberger von den Heidelbergern den moralischen Zeigefinger. Deshalb schlugen sie vor, das Nachttaxi nur bis 2 Uhr, am Freitag und Samstag bis 3 Uhr anzubieten. Wer darin den eigentlichen Sinn des Frauen-Nachttaxis, nämlich Frauen nachts eine sichere Transportmöglichkeit zu bieten, pervertiert sieht, liegt gar nicht falsch: Die Heidelberger gingen weiter und forderten statt des Frauen- ein Sozialtaxi, das auch von Männern ab 65 Jahren benutzt werden kann. Doch daß dann auch die jungen Männer - und so schließlich alle - das Taxi benutzen können müßten, weil die ja auch Opfer von Verbrechen werden können, würde das Projekt schließlich ad absurdum führen. Dies sahen dann auch alle anderen Gruppierungen ein, so daß dieser Vorschlag erst gar nicht zur Abstimmung kam. Die CDU unterstützte zwar nicht diese Forderung des "Sozialtaxis", stimmte aber in den anderen Punkten mit der FWV und den Heidelbergern überein. Sie war der Meinung, daß die für das Nachttaxi gesperrten Gelder lieber für die Verbrechensbekämpfung ausgegeben werden sollten.

Diese Vorschläge standen am 13. Juni im Gemeinderat zur Debatte und schließlich zur Abstimmung. Die Überraschung war dann auch groß, als wider allgemeiner Erwartung das SPD/GAL-Modell angenommen wurde, und zwar mit gerade einer Stimme mehr; Zünglein an der Wage war der ehemalige Republikaner, jetzt parteilose Werner Beck geworden, der unerwartet für dieses Modell gestimmt hatte. Dafür votierten außerdem noch die FDP, LD, Studi-Liste und Beate Weber.

Ab dem 1. Juli wird eine Fahrt mit dem Frauen-Nachttaxi nun eine Mark mehr, also DM 10 kosten, für Studentinnen, Schülerinnen und Inhaberinnen von einer VRN-Monats- oder Jahreskarte DM 8. Die Zeiten bleiben jedoch auch im Winter auf 22 bis 6 Uhr beschränkt, dafür dürfen Frauen über 60 Jahren das Angebot ab 20 Uhr nutzen. Mit diesem Modell erhofft man sich ein Fünftel weniger Lasten für den Haushalt; im vergangenen Jahr wurden immerhin fast 29.000 Fahrscheine verkauft, womit 43 % des Gesamtaufkommens gedeckt wurden.

Das Frauen-Nachttaxi ist also erst einmal der Todesschlinge entkommen, doch eine langfristige Lösung konnte man aufgrund der unsicheren Finanzlage nicht erringen. So kann es also durchaus sein, daß schon in der nächsten Haushaltssitzung Ende des Jahres das Thema nochmals angeschnitten und debattiert wird. All denjenigen, die noch eine Karte zu den alten Preisen besitzen, wird deshalb geraten, von dem dreimonatigem Rückgaberecht bis zum 30.9. Gebrauch zu machen, um schnell noch ein wenig des Nachts von Party zu Party fahren zu können. (gz)


Tödlich

Deutsche Minen

Oft noch viele Jahre nach einem Krieg bedrohen verminte Landstriche die Bevölkerung, zerfetzen Arme und Beine, fordern oft tödliche Opfer. Die Werkstatt für Gewaltfreie Aktion Baden, eine der 30 Gruppen des Eine-Welt-Zentrums im Karlstorbahnhof, hat nun eine Minen-Kampagne organisiert, deren Auftaktveranstaltung (in Zusammenarbeit mit medico international) letzten Freitag stattfand: ein einführender Vortrag, eine Fotoausstellung sowie ein beweglicher Prothesenmensch veranschaulichten die Leiden der Betroffenen. Den Schwerpunkt der Aktion stellt die bundesweite Minenkonferenz im September dar, die handlungsorientiert angelegt ist und als Ziel die völlige Aufgabe der Produktion von Minen durch deutsche Konzerne hat. Eine Veranstaltung, die die am 7. Juli um 11 Uhr im Karlstorbahnhof stattfand, wendete sich gegen die Daimler Benz AG als größten deutschen Minenhersteller. (lk)

Weitere Informationen unter 161978.


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