Die Letzte - in Auszügen


Biete Zimmer: Heißer Tip!

Glosse natürlich

Kennen Sie den Witz von dem Pelzmantelvertreter in der Sahara? Ungefähr so fühle ich mich bei meiner sommerlichen Suche nach einem Nachmieter für mein Zimmer. Nicht, daß es ein schlechtes Zimmer wäre, das bestimmt nicht. Nur leider ist es sehr klein, liegt direkt unter dem Dach und hat ein Fenster nach Süden. Ich müßte also den potentiellen Mieter nicht ausgerechnet dadurch tödlich beleidigen, daß ich ihn für so dumm halte, an einem dieser Heidelberger rekordverdächtigen Hitzetage den schweißbetropften Mietvertrag zu unterschreiben und hier einzuziehen. Ebensogut könnte ich vor seinen Augen sein Auto mit einer Brechstange neu designen und anschließend so tun als wäre nichts.

Natürlich: Totalgeschlossene Jalousien PLUS gekipptes Fenster PLUS sperrangelweit geöffnete Tür PLUS Ventilator auf Stufe Drei PLUS eine eiskalte Dusche alle zehn Minuten - diese von mir im Laufe von vier Semestern ausgetüftelte "Idealkombination" macht das Ganze, naja, ich will nicht gerade von "erträglich" reden, aber es erlaubt mir immerhin einige Minuten, in denen ich mir nicht ununterbrochen den Schweiß mit einem vor lauter Schweißabwischen eklig säuerlich riechenden Handtuch abwischen muß. Es sind dann nämlich nur noch 27 Grad Celsius, allerdings leider nur nachts. Wenn ich dann ganz, ganz ruhig daliege, mich nicht bewege, nicht denke, nicht atme, spüre ich beinahe so etwas wie Lebensqualität.

Selbstverständlich hat das Zimmer nicht nur Nachteile: Ein Vorteil zum Beispiel ist, daß man im Sommer nichts arbeiten muß. Ich beispielsweise finde meinen ganzen Daseinssinn darin, den Davidkampf gegen die Goliathhitze zu führen, leider mit entgegengesetztem Resultat. Erschöpft, schwitzend und glutrot im Gesicht falle ich dann nach einem Tag an der Hitzefront auf die Sonnenbank, die vorgibt, mein Bett zu sein, und schließe fix und fertig die Augen. Der Kühlschrank ist leer, Bücher und Mitschriften verstauben alleingelassen im Regal, alle Freunde haben vergessen, daß es mich gibt, und meine Freundin geht mit einem anderen ins Bett: Keine Zeit für Nebensächlichkeiten. Die Hitze fordert ihren Tribut.

Also, haben Sie Interesse? Das Zimmer kostet nur 220 DM - WARMMIETE... (kw)


Konfitüre extra

schon wieder Glosse

Einer ging hin und schrieb: "Scheiß Musik". So und nicht anders schrieb er, und damit nähern wir uns bereits zu diesem frühen Zeitpunkt rapide dem Kern der Sache. Zuvor allerdings präsentieren wir Ihnen erstmals die redaktionelle Top 5-Chartsliste: 1.) Cranberries: Zombie. 2.) H-Blockx: Risin' High. 3.) Fool's Garden: Lemon Tree. Außerdem Sting und - in memoriam bpe - simply ALLES von Van Morrison. Sie sehen: Bei uns gibt's kein wildes Abrocken, dazu sind wir alle viel zu sympathische Durchschnittsmenschen. Wir stellen alle bildungsmäßige Überhebung hintan und kümmern uns um die wesentlichen Dinge. Sepultura und "Music from Schulmädchenreport", Jazz und Klassik pfeifen wir aus und kreischen wir nieder, denn sowas wollen wir einfach nicht. Und das ist ja auch völlig verständlich. Sie sehen: Was wir im ruprecht rezensieren, würden wir uns selbst nie anhören.

Sie sehen aber auch: ich bin ein wenig vom Thema abgewichen. Entschuldigung. "Scheiß Musik", da waren wir stehengeblieben. Würden Sie das auch so schreiben? Oder eher "Scheißmusik"? - Klar, ich auch. Aber das ist ja noch einfach.Denn sollen wir auch schreiben: "Die Musik ist Scheiße"? Das wohl kaum, denn die Musik IST ja nicht SCHEISSE. Verstehen Sie, worauf ich hinauswill? Ich will einen Vorschlag zur Neuregelung der Rechtschreibung machen, und zwar auf dem Gebiet der Fäkalsprache. Im zuletztangeführten Beispiel ist es ja seit Jahr und Tag nicht mehr die substantivische Vorstellung, die prävalent ist, wenn man so etwas sagt (und besonders nicht bei einer so zauberhaft immateriellen Sache wie Musik): übelriechend, unfarben, und was sich sonst noch finden ließe an normativem Gewörter. Aber entschuldigen Sie, ich will das zugegeben etwas unglücklich gewählte Beispiel nicht zusätzlich, haha, breittreten. Ich plädiere jedenfalls nachdrücklich dafür, endlich der eigentlichen und längst vorherrschenden adjektivischen Vorstellung Bahn zu brechen und Recht widerfahren zu lassen. Noch viel virulenter wird das in "Das finde ich Scheiße". Sähe das klein geschrieben nicht viel besser aus? Und denken Sie an: "Du machst mir angst": das wird ja auch nicht groß geschrieben. Dabei wäre hier die entitäre Vorstellung von Angst als etwas Produziertem noch ziemlich sinnvoll, vergleichbar etwa mit "Du machst mir ein Kind". Ist das soweit verständlich? Dann danke ich für Ihre Aufmerksamkeit. Oder war Ihnen das zu marginal? Dann folgendes: Wer die Welt verbessern will, sollte lieber klein anfangen, sonst wird er schnell zum Exponenten einer Neuen Verschwurbelung, wie ich Ihnen leider sagen muß! (Nelly Sax)


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