Titel


Vertrieben aus der Alma Mater

Mit dem einstmals renommierten Slavischen Institut geht es bergab

Nur neun Prozent schaffen den Abschluß. Eine Professur ist seit knapp zwei Jahren unbesetzt, weswegen die Studenten durch halb Deutschland fahren müssen, um ihre Scheine machen zu können. Zusätzlich wird das Studium erschwert, indem die Bibliothek in den Ferien über lange Zeiträume hinweg geschlossen bleibt, die Zuständigkeit der Lektoren aufgrund peinlicher Küngeleien beschnitten wird, das Lehrangebot allzu einseitig ist, etc. Der Institutsleiter hat die Alleinherrschaft und nutzt sie oftmals tyrannisch: Das Slavische Institut.

Für einigen Aufruhr sorgten die verheerenden Zustände im Slavischen Institut erstmals im Februar, als im Uni-Spiegel eine erschreckende Zahl veröffentlicht worden war: Nur vier Prozent der Heidelberger Slavisten machen einen Abschluß. Nachdem dies selbst in überregionalen Zeitungen aufgegriffen wurde, gelangten die neu ermittelten Zahlen, die leider auch nur 9% Absolventen ergeben hatten, nicht mehr an die Öffentlichkeit.

Wie konnte es mit diesem Institut, das vor Jahren noch als eines der besten Slavischen Institute in Deutschland galt, so weit kommen?

Der Mittelbau der Slavisten schweigt dazu. Auf die Frage, wie sie sich die erstaunlich geringe Absolventenzahl erkläre, weicht eine Dozentin erst ängstlich aus, mit der Begründung, sie sei zu Aussagen über das Institut leider nicht befugt. Dann äußert sie Allgemeinplätze: Viele Studenten seien keine Philologen, würden das erst zu spät registrieren, hätten die außerordentlichen Schwierigkeiten des Faches unterschätzt... Andere sind noch schweigsamer: Erst nach Absprache mit Professor Dr. Baldur Panzer, dem Institutsleiter, sei eine Unterredung möglich.

Dieses Schweigen spricht Bände. Es ist symptomatisch für die Zustände am Institut. Selbst Studierende geben nur mit der ausdrücklichen Bitte Auskunft, sie auf keinen Fall namentlich zu erwähnen. Grund all dieser Ängste ist der schon erwähnte Leiter des Instituts. Er hat als einziger C4-Professor eine geradezu absolutistische Stellung am Institut. Auch sein Kollege, Professor Gerigk, mag ihm keinen Widerstand bieten: Teils wohl aus Opportunitätsgründen, teils weil er nur eine C3-Professur innehat und ohnehin zur Hälfte bei der vergleichenden Literaturwissenschaft ist. Die dritte Professorenstelle ist seit zwei Jahren unbesetzt.

Das Alle haben unter Panzers uneingeschränkter Macht zu leiden. Der gegängelte Mittelbau, der beispielsweise nicht einmal Schlüssel für die Bibliothek erhält, und die Studenten, die von Herrn Panzer "als Feinde angesehen werden", wie eine Studentin erklärte. Die Fachschaft wurde von Professor Panzer erfolgreich aus seinem Institut verbannt, nachdem sie in ihrer dreivierteljährigen Existenz erfolglos um ein Schwarzes Brett gerungen und schließlich aufgegeben hatte.

Das einseitige Lehrangebot orientiert sich mehr an den Interessen des Institutsleiters - dessen wissenschaftliche Kompetenz übrigens hervorragend und unbestritten ist - als an den Bedürfnissen der Studierenden. In manchen Bereichen, in denen Pflichtscheine gemacht werden müssen, werden keine Seminare angeboten. Der Dekan der Neuphilologischen Fakultät, Professor Dr. Wilhelm Kühlmann, weiß um die Sorgen der Slavisten: Nicht zuletzt deshalb solle aus der oben genannten vakanten ehemaligen C3-Professur eine C4 werden; so sei die Alleinherrschaft des Institutsleiters gebrochen und zumindest ein Minimum an demokratischen Spielregeln gewährleistet.

Doch es wäre verfehlt, Professor Panzer die Schuld an allem zuzuschieben. Gerade in Sachen der unbesetzten Professur, die seit dem Weggang Professor Potthoffs nach Bonn am 1. August 1994 unbesetzt ist, hat Herr Panzer sich sehr bemüht. Zwar hat das Ministerium aufgrund der allgemein mißlichen Finanzlage die Order erlassen, jede frei gewordene Stelle mindestens ein halbes Jahr unbesetzt zu lassen. Doch daß eine dermaßen wichtige Stelle so lange vakant bleibt, ist äußerst bemerkenswert. Da die von Professor Potthoff einst vertretenen Bereiche prüfungsrelevant sind, müssen ihm die Studenten nun teilweise nach Bonn nachreisen oder nach Mannheim ausweichen. Ein Slavistikstudent berichtet gar von einer "massiven Abstimmung mit den Füßen": Studenten würden entweder das Fach ganz aufgeben oder die Universität wechseln. Die Studienortwechsler gehörten, so der Student, "meist zu den besseren Studenten".

Wer nun die Verantwortung für die unbesetzte Professur hat, ist kaum auszumachen. Dekanat und Professor Panzer glauben, daß das Ministerium die Besetzung so lange hinausgezögert habe. Die Gründe dafür lägen auf der Hand: Sparmaßnahmen. Doch auch das Rektorat zeigte wenig Einsatz für das gebeutelte Institut. Schließlich verabschiedete die Fakultät im Mai diesen Jahres ein Memorandum an Rektor Ulmer und das Ministerium, in dem es auf den unhaltbaren Zustand bei den Slavisten verwies. Es hatte immerhin den Erfolg, daß der Dekan mehrmals zu Gesprächen ins Rektorat eingeladen worden ist. Doch selbst vom letzten Gespräch weiß Dekan Kühlmann nichts Neues zu berichten: "Alles wurde erörtert, jedoch nichts beschlossen." Eines sei jedoch klar: Die Zusammenarbeit mit den Mannheimer Slavisten müsse enger werden. Die Lösung jedenfalls gehe nicht an Mannheim vorbei, da eine Ausstattung allein mit den eigenen Ressourcen keinesfalls befriedigend sein werde.

Es erhebt sich die Frage, ob Heidelberg zuletzt zugunsten von Mannheim zurückstecken muß. Dort war eine vakante Stelle bei den Slavisten schnell und ohne Komplikationen wieder besetzt worden. Eine Slavistikstudentin meint dazu: "Das Heidelberger Institut wird finanziell rücksichtslos ausgeblutet. Es ist eines der Institute, die auf der Abschußliste stehen."

Interessant an der ganzen Geschichte ist auch, daß die unbesetzte Professur und die offensichtliche Benachteiligung des Slavistischen Institutes symptomatisch ist für Zustände und Tendenzen an der gesamten Universität - und nicht nur an der Heidelberger. Kleine, "unproduktive" Institute sollen zugunsten größerer, leistungsfähigerer, wirschaftsrelevanterer Institute eingeschränkt werden. In dieses Konzept paßt auch die neueste Idee Rektor Ulmers, gewisse Institute gezielt zu fördern; die florierenden Institute sollten dann ihrerseits zur Profilierung der Universität dienen. (siehe auch S. 2) Was diese Profilierungspläne für Tausende Studierende an dafür ungeeigneten Instituten bedeutet, läßt sich leicht ausrechnen.

Sozialdarwinismus ist angesagt: "Survival of the fittest." Wie fit ist das Slavistische Institut? Wie lange wird es diese Zustände aushalten? Dekan Kühlmann verkündete in Sachen unbesetzter Professur optimistisch: "Der Kanzler und das Rektorat sind wild entschlossen, die Angelegenheit zu lösen." Nach zwei Jahren. Immerhin. (hee)


Schlachtfest

Es wird ernst mit den Kürzungen im Uni-Haushalt - und es geht ans Eingemachte

Dieser Artikel wird noch fortgeschrieben und findet sich daher im ruprecht aktuell.

10.000 Flugblätter für 1000 Seelen

Etwas hat sie also doch genutzt, die Papierschlacht, die sich RCDS und Fachschaftskonferenz vor den diesjährigen Uni-Wahlen geliefert haben. Fast tausend Studierende gingen dieses Mal zusätzlich zur Wahl; die Wahlbeteiligung der Studierenden ist um die Hälfte (von 8,9 Prozent auf 12,8 Prozent) geklettert - ein Ergebnis, das in Heidelberg schon seit 1989, als 16,3 % der Studierenden zu den Urnen gingen, nicht mehr erreicht wurde.

Es hatte auch - zum ersten Mal wieder seit Jahren - einen richtigen Wahlkampf gegeben. Zumindest wer in der letzten Woche vor den Wahlen in die Mensa ging, wurde reichlich mit Flugblättern, Broschüren und Plakaten eingedeckt. Allerdings waren es vor allem zwei Kontrahenten, die sich mit Flugblättern, Gegenflugblättern und Gegengegenflugblättern bekriegten: der RCDS und die Fachschaftskonferenz. Die Liberale Hochschulgruppe verteilte, obwohl zum ersten Mal seit drei Jahren wieder angetreten, nur wenig Propaganda. Noch mehr hielten sich die Jusos und der Rote Splitter zurück. Von der Freiheit der Andersdenkenden war überhaupt nur im offiziellen Wahlinfo zu lesen.

Beim Endergebnis ist dann eigentlich fast alles beim alten geblieben: Die FSK hat mit 13 von 17 Sitzen wieder eine erdrückende Mehrheit im "AStA" (der sich aus den sieben studentischen Vertretern und deren Stellvertretern im Großen Senat und den drei Studierenden im Senat zusammensetzt). Dies werden die FachschafterInnen wieder - wie seit sieben Jahren - genüßlich dazu nutzen, das Gremium genau einmal tagen zu lassen und die Entscheidungsfindung dann in die wöchentliche Fachschaftskonferenz selbst zu verlagern.

Allerdings haben die Fachschafter jetzt alle drei Sitze im Senat, dem wichtigsten Gremium der Universität. Die Jusos müssen ihren Platz dort abgeben; ihnen bleibt, genau wie dem RCDS, nur ein Sitz im Großen Senat - und dort geschieht nicht viel.

Nach Prozenten haben sowohl die FSK (54 % gegenüber 58,2% im Vorjahr), als auch die Jusos (15,2% gegenüber 21%) und der RCDS (14,9% gegenüber 19,3%) Stimmen an die neu angetretenen Gruppen verloren: Die LHG erreichte 9 %, der Rote Splitter 5% (beim Erstantritt vor zwei Jahren: 6,6%). Die Freiheit der Andersdenkenden, im letzten Jahr mit 3,2% der Stimmen dabei, sackte auf 1,9%.

Die FSK verlor also in absoluten Stimmen auch - und nicht viel weniger als ihre Hauptkonkurrenten Jusos und RCDS. Anteilsmäßig aber waren ihre Verluste natürlich viel geringer, und das brachte ihr auch noch den dritten Senatssitz ein .

Für die Hauptakteure im Wahlkampf, FSK und RCDS, stellt sich jetzt natürlich die Frage: Was hat die Papierschlacht der eigenen Gruppe gebracht, außer der Ehre, mehr Studierende an die Urne gelockt zu haben? Die FSK braucht für ihr erklärtes Ziel, den AStA nur einmal tagen zu lassen, zwei Drittel der Stimmen in diesen Gremien. Daher ist sie, trotz ihres großen Vorsprungs gegenüber den anderen Gruppen, auch auf die letzten Prozente angewiesen.

Der RCDS hat immerhin fast die Jusos eingeholt - und das kann, bei einer etwas günstigeren Konstellation, ein Sitz im einzig interessanten Gremium, dem Senat, bedeuten.

Bei allem gestiegenen Interesse für die Wahl: Viel zu sagen haben die studentischen Vertreter in den Senaten und Fakultätsräten ohnehin nicht. Sie haben z.B. im Senat nur drei von 38 Sitzen und im Großen Senat sieben von 62. Ähnlich ist das Verhältnis in den Fakultätsräten. Zudem verfügen weder "AStA" noch Fachschaften über einen eigenen Etat: Sie müssen sich jede Ausgabe aus einer Zuweisung von je 90.000 Mark für den AStA und die Fachschaften einzeln von der Universitätsverwaltung genehmigen lassen - ein viermal kleinerer Betrag als in anderen Bundesländern. Die Wahlen sind also wichtig, um festzulegen, wer für die Studierenden sprechen darf, nicht wer für sie entscheiden kann. Das tun nämlich ohnehin andere. Bei den Professoren, die in diesem Jahr nur für den Großen Senat wählten, hat sich übrigens nichts an der Sitzverteilung geändert. Wie seit Jahren hat sich die konservativste Liste, die Ruperto Carola, durchgesetzt. Sie errang 13 der 21 zur Wahl stehenden professoralen Sitze im Großen Senat. Semper Apertus, im professoralen Spektrum an der Universität in der Mitte stehend, bekam sechs Sitze, die noch lange nicht links, aber links von den anderen stehende "Initiative" bekam zwei Sitze. Man muß dabei allerdings wissen, daß die Professorenlisten nicht solche Gräben trennen wie die Gruppen, die bei den Studierenden antreten; in der Ruperto Carola finden sich z.B. auch eher liberale Professorinnen und Professoren.

Das gilt noch mehr bei den anderen beiden Wählergruppen: In der Gruppe des Mittelbaus gewann, unverändert gegenüber der letzten Wahl, Pro Universitate mit fünf Sitzen, die Kopfliste bekam zwei Sitze. Die sonstigen Mitarbeiter ließen mit vier Sitzen für die Schlagkraft und drei Sitzen für die Aktiven Mitarbeiter ebenfalls alles beim alten. (hn)

Die Ergebnisse aller Wahlen findet Ihr unter http://www.rzuser.uni-heidelberg.de/~ed6/hsgs/wahlen.htm


Stunde der Wahrheit

Rektor Peter Ulmer präsentiert seinen Rechenschaftsbericht

Die Senatoren und Senatorinnnen des Großen Senates: Sie dürfen alle vier Jahre den Rektor wählen (auf Vorschlag des Senates), sie dürfen die Grundordnung der Universität verabschieden, und sie dürfen den alljährlichen Rechenschaftsbericht des Rektors entgegen nehmen. Nicht viel also. Aber neulich, Mitte Juni, kam wenigstens einmal etwas zusammen: Rechenschaftsbericht, Tätigkeitsbericht der Frauenbeauftragten und einige Änderungen der Grundordnung.

Zunächst erläuterte Peter Ulmer den Bericht, der sich inzwischen zu einer 200-seitigen Chronik der Geschehnisse an der Heidelberger Universität entwickelt hat. Der Rektor betonte dabei besonders die Stichwörter "Globalisierung", "Profilbildung" und "Wettbewerb zwischen den Universitäten" - alles vor dem Hintergrund der knappen Kassen. Er begrüßte die Bestrebungen, der Universität durch die Haushaltsglobalisierung mehr Entscheidungsfreiheit bei der Verwendung ihrer Mittel zu geben. Das würde helfen, die notwendige Profilbildung der Universität voranzutreiben - eine Konzentration der Mittel auf weniger Fächer, die damit zu Spitzenleistungen befähigt würden. Damit soll die Universität im angestrebten Wettbewerb um Geld und Studierende bestehen können. Insgesamt zog der Rektor (natürlich) eine positive Bilanz des Jahres. Er bedankte sich bei Professoren, Mittelbau und Personalrat für die gute Zusammenarbeit.

Der Mediziner Hans-Günther Sonntag bedankte sich im Namen der Professoren-Fraktion Ruperto Carola seinerseits beim Rektor. Er betonte, daß im Zusammenhang mit der geplanten Umorganisierung der Universitätsklinika nicht die Einheit von Forschung und Lehre zerstört werden dürfe.

Widerspruch gab es - wie zu erwarten - von studentischer Seite: Kirsten Pistel von der Fachschaftskonferenz kritisierte das schlechte Klima an der Universität, das auch von Druck aus dem Rektorat auf Professoren und Studierende geprägt sei und durch das Beschwören des Gemeinsamen, der "corporate identity", nur mühsam verdeckt würde - wie bei einer Familienfeier. Insbesondere die Unkenntnis des Rektorates über studentische Projekte zeige, daß das Verhältnis zu den Studierenden nicht das beste sei. Bezeichnend sei, daß Ulmer sich bei allen Gruppen außer den Studierenden bedankt habe. Zudem, so bemängelte die Studierendenvertreterin weiter, fehlten wichtige Projekte aus dem Bereich "Studium und Lehre" im Rechenschaftsbericht - wie das Studienberatungsprojekt "Kooperative Beratung", der Landeslehrpreis und "Magister in den Beruf". Auch wies sie auf die Gefahr hin, daß durch Umstrukturierungen kleinere Fächer "wegprofiliert" und die Mitbestimmung weiter ausgehöhlt würden. Urs Frohnes (ebenfalls FSK) lehnte in seinem Redebeitrag die von Rektor Ulmer befürworteten Studiengebühren ab.

Der Vertreter des akademischen Mittelbaus, Heiner Must, kritisiert in seiner ansonsten äußerst zustimmenden Rede zwei Dinge: Zum einen mahnte er die Einrichtung von beratenden "Institutsbeiräten" an - Gremien aus Professoren, Studierenden, Mittelbau und Personal der einzelnen Instituten, die dem Direktorium (allen C4-Professoren) beratend zur Seite stehen sollen. Zum anderen beklagte er, daß einigen Angehörigen des Mittelbaus die Prüfungsberechtigung verwehrt würde, obwohl dies das neue Universitätsgesetz ausdrücklich vorsieht. Der Rektor pflichtete ihm bei; selbst die Institutsbeiräte hält er in großen Einrichtungen jetzt für sinnvoll (obwohl er noch vor kurzem die Einrichtung eines solchen Beirates am Romanischen Seminar mit verhindert hatte).

Als nächstes wandte sich der Historiker Eike Wolgast gegen die Bestrebungen zur Profilbildung; die damit einhergehende Verkleinerung des Fächerspektrums würde den "Universitas"-Charakter der Hochschule zerstören. In Zeiten der Mittelknappheit sei gleiches Sparen in allen Fächern angebrachter (mehr dazu auf S. 2). Ulmer entgegnete, er fürchte, auf diese Weise würde ein Fächerspektrum für immer konserviert.

Im Anschluß an die Diskussion um den Rechenschaftsbericht wurde es konkret: Die eben noch angemahnten Institutsbeiräte wurden als Möglichkeit - aber nur, wenn der Verwaltungsrat im Einzelfall zustimmt - in die Grundordnung der Universität aufgenommen. Außerdem wurde diese in einigen Punkten an das neue Universitätsgesetz angepaßt.

Interessant wurde es noch einmal beim letzten Punkt des Tages, dem Tätigkeitsbericht der Frauenbeauftragten: Margret Schuchard berichtete kurz über die Ereignisse des vergangenen Jahres, in dem allerdings "keine nennenswerten Fortschritte" in bezug auf den Frauenanteil an der Universität zu verzeichnen gewesen seien. Sie wies darauf hin, daß sie als Frauenbeauftragte unbequem werden müsse: als Vertreterin einer Minderheit müsse sie eine Mehrheit - die Männer - für sich gewinnen. Nach eher allgemeinen Äußerungen wandte sie sich dem Rektorat direkt zu: "Der Frauenförderplan enthält in der Tat 'Luftblasen'", widersprach sie Ulmers Kommentar zum gerade im Senat durchgesetzten Plan. Deswegen könne sie auch die Studierenden verstehen, denen der Plan nicht weit genug gehe.

Ihrem abschließenden Dank ans Rektorat - "auch wenn man ab und zu diskutieren mußte" - beantwortete Ulmer seinerseits mit einem Dank an das Frauenbüro. In einem Punkt widersprach er jedoch: Daß keine nennenswerten Fortschritte zu verzeichnen seien, stimme nicht: Immerhin sei der Frauenanteil an den Professuren (C2 bis C4) im Vergleich zum letzten Jahr von 5,6 % auf 6,2 % gestiegen, was einem zehnprozentigen Zuwachs entspreche. "Und wenn dies so weitergeht, dann müssen wir uns in zehn Jahren Sorgen um unseren Männeranteil machen", fügte er hinzu.

Schaut man sich den nennenswerten Zuwachs aber genauer an, stößt man schnell auf eine interessante Kleinigkeit: Zwar ist der Frauenanteil von 5,6 % auf 6,2 % gestiegen, die absoluten Zahlen jedoch stören dieses schöne Bild: '95 waren es genau 28 von Frauen besetzte Professuren, dieses Jahr - auch 28! Allein die Zahl der von Männern besetzten Stellen fiel von 472 auf 427 ab. Wieder einmal zeigte sich: der Rektor überlegt sich gut, was er sagt, und er hat immer recht damit... (hn/gz)

Der Rechenschaftsbericht ist in der Pressestelle der Universität erhältlich; vielleicht bald auch wieder, wie im letzten Jahr, im WorldWideWeb.


Ey!

Glosse

Wir sind ja alle immer knapp bei Kasse. Die Studis treibt es da zu Eltern, Freunden und Verwandten, die ihr gähnend-leeres Portemonnaie vorzeigen, einem ihre Kontoauszüge (die vor SOLL nur so strotzen) unter die Nase reiben und den Kuckuck präsentieren, der an ihren Möbeln klebt. Sodann wendet sich der Pleitestudi irgendwelcher Gelegenheitsarbeit zu oder rennt bettelnd - und doch meist vergeblich - ins BAföG-Amt. Andere Leute wie Du und ich - Schumi, Steffi oder's Bobbele - treibt es in die Arme unsäglicher Werbefachleute, die dafür sorgen, daß diese noch unsäglicher von Riesenplakaten grinsen und von sich behaupten, schon seit ihrer pränatalen Phase bestimmte Fruchtsäfte zu trinken, eine ebenso ausgefeilte Technik zu haben wie gewisse Autos und zu ihrer Haut lindmild zu sein. Heeeeeeenriiiiiiii Maske macht auch kräftig Kohle... äh, Werbung - vielleicht meldet sich ja bald eine Firma für italienische Ringsalami.

Genau hier könnte man das Problem anpacken, das unsere Universitäten so bedrückt: chronische Geldsucht. - Gehört, Herr Professor Ulmer? Nein, wir meinen damit nicht, daß Sie demnächst auf dem Uniplatz für "Optik Blickfrei" von einem Plakat lächeln sollen. Ebensowenig erwarten wir von den Profs, ihre Vorlesungen zu unterbrechen wie die SAT.1-Tränendrüse Schreinemakers: "Bleiben Sie dran, nach der Werbung geht's weiter!" Aber wie wäre es denn mit einer Ankündigung wie vor dem Aktuellen Sportstudio: "Diese Vorlesung wird Ihnen präsentiert von Kulmbacher." Musikwissenschaftler könnten wahlweise "Die zarteste Versuchung, seit es Schokolade gibt!" oder "Haribo macht Kinder froh" singen. Um die Wirtschaftswissenschaftler kämpfen die ortsansässigen Banken, Chemie-Vorlesungen werden höchstwahrscheinlich gesponsert und Germanistik-Seminare vom Suhrkamp Verlag. Mitsubishi ist Mäzen der Japanologen, Bayer Gönner der Pharmazeuten, die Amerikanisten werden von MäcDummels gefördert und die Erziehungswissenschaftler von... tja, von wem denn? Die öffentlichen Kassen für die Schulen sind ja auch leer! Naja, da bleibt den EWS'lern nur der Weg zu "randstad zeit-arbeit"... ach nee, die hat die Philosophie schon als Sponsor. (mab)


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