Hochschule


Protest für Nebensache?

ruprecht sprach mit Rektor Peter Ulmer über die Gebühren

ruprecht: Das Thema Nummer Eins in Baden-Württemberg sind Studien- und Verwaltungsgebühren...

Ulmer: Und Sie meinen, die Verschlechterung der Studienbedingungen - die kürzeren Öffnungszeiten von Bibliotheken, die Unmöglichkeit notwendige Veranstaltungen anzubieten, das Leerbleiben von Lehrstühlen, das alles ist nicht die Nummer Eins?

ruprecht: Das hängt zusammen.

Ulmer: Nein, eben nicht. Denn indem man nicht einmal bereit ist, in relativ bescheidenem Umfang hier etwas beizutragen, verschärft man nur die Situation. Und ich möchte dazu klar sagen: Die vierzig Millionen, die das Land auf diese Weise einzunehmen beabsichtigt, kommen den Hochschulen zugute. Ich sehe durchaus, daß es einen Unterschied macht, ob man im Semester hundert Mark mehr oder weniger in der Tasche hat. Aber das Ganze ist auch ein Abwägungsproblem.

ruprecht: Auf der Demo Ende November äußerten Sie, daß Sie auch nicht ganz glücklich über die Einschreibegebühren von100 Mark sind.

Ulmer: Das trifft zu. Das habe ich bei mehreren Gelegenheiten gesagt. Nur muß ich auch sagen, daß diese Einschreibegebühren bezogen auf die finanzielle Lage der Universitäten dann doch besser als nichts sind. Was mich an den Einschreibegebühren ärgert, sind zwei Punkte: Das eine ist, daß wir hier Geld kassieren für etwas, das eine absolute Nebensache ist. Ich weiß nicht, wie lange man in der Zentralen Universitätsverwaltung für eine einmalige Rückmeldung braucht, sicher nicht soviel wie hundert Mark in Arbeitsstunden umgerechnet ergeben. Zweitens, daß es keine soziale Differenzierung gibt. Ich halte von daher diesen Ansatz für falsch: wenn die Universität Gebühren erhebt, dann bestimmt nicht für die Verwaltungsleistungen.

ruprecht: Die Kooperation von Treuhand-AK und Univerwaltung bei der Verschickung von Überweisungsformularen und Infozetteln ist mißlungen. Wie sehen Sie das?

Ulmer: Da gibt es zwei Gründe. Das eine ist die Frage, wie ein Rektorat glaubwürdig auftreten kann. Wenn wir, was wir massiv tun, gegenüber der Landesregierung darauf hinweisen, daß die Art und Weise und das Ausmaß der Kürzungen uns in eine ganz kritische Lage bringen und wir gleichzeitig uns gegenüber der Landesregierung dagegen aussprechen würden, daß nun mit den Einschreibegebühren ein Teil abgefangen wird, würde man uns fragen, was wir eigentlich wollen. So gesehen muß ich auch einräumen: Die Einschreibegebühren sind besser als nichts - deswegen sind sie nicht gut. Das Zweite ist: Sie wissen, daß Rektoren, ebenso wie Professoren, Beamte sind. Beamte sind unter anderem verpflichtet, das geltende Recht zu respektieren und umzusetzen.

ruprecht: Es ist aber auffällig, daß die Verwaltung dem Treuhand-AK zunächst zusagt, die Adressen zur Verfügung zu stellen und erst im letzten Moment die endgültige Absage erteilt.

Ulmer: Ich glaube, daß Sie da von einem falschen Sachverhalt ausgehen. Noch vor der Vollversammlung hatten wir zugesagt, daß wir von der Universitätsspitze aus die Frage, was passiert, wenn die Einschreibegebühren nicht gezahlt werden, nicht besonders offensiv angehen werden. Wir müssen dann irgendwann mahnen, aber wann dann als Konsequenz die Exmatrikulation eintritt - das würden wir von uns aus nicht forcieren.

ruprecht: Aber sobald es um Boykott geht, gibt es keine Kooperation.

Ulmer: Da können wir nicht entgegenkommen.

ruprecht: Ich kann mich nicht des Eindrucks erwehren, daß darauf gebaut wird, daß die meisten Studierenden - leider - nicht besonders gut informiert sind, wie ihre Möglichkeiten bezüglich des Treuhandkontos sind, und hier eine Verunsicherungstaktik bezüglich dem Exmatrikulationsablauf gefahren wird.

Ulmer: Wir sind auch nicht daran interessiert, scharenweise Studenten zu exmatrikulieren. Aber ich halte es nicht für ausgeschlossen, daß wir durch einen Erlaß aus Stuttgart angewiesen werden, die Mahnung herauszuschicken. Da wir insoweit weisungsgebunden sind, müssen wir dann die Mahnung verschicken. Die Konsequenz ist, daß die Exmatrikulation unvermeidlich ist. Deswegen weisen wir darauf hin: Sie müssen mit der Mahnung rechnen. Aber wir hüten uns, einen bestimmten Zeitpunkt zu nennen. Sie müssen unsere Situation sehen.

Es gibt zur Zeit so viele ganz massive Gefahren für die Universität, die sich im Millionenbereich bewegen, daß es mir etwas schwer fällt, die große Aufregung um die Einschreibegebühren zu verstehen und dabei zu sehen, daß das die Gesamtlage nicht interessiert oder erst dann zu interessieren beginnt, wenn man etwas in der eigenen Tasche spürt. Man müßte ein bißchen mehr Gemeinsinn zeigen. Das vermisse ich hier stark.

ruprecht: Halten Sie den Protest der Studierenden für berechtigt?

Ulmer: Da will ich die Gegenfrage stellen: Haben Sie auch nur irgendeine Bevölkerungsgruppe gefunden, die, wenn es darum geht, etwas zu erheben oder etwas abzuziehen, nicht protestiert hat?

ruprecht: Sie haben vollkommen recht, daß jede Gruppe der Gesellschaft bei plötzlichen Kürzungen anfängt zu schreien. Doch bei uns Studierenden sehe ich einen anderen Umstand: Es ist schwer verständlich, warum ich etwas zahlen soll, wenn sich zugleich die Studienbedingungen verschlechtern.

Ulmer: Dem stimme ich voll zu. In der Erklärung zur Frage der Studiengebühren, die wir vor zwei Jahren auf LRK-Ebene beschlossen haben, ist nachzulesen, daß wir damals der Meinung waren, daß die Studienbedingungen nicht so gut sind wie sie hätten sein können. Heute würde ich sagen, daß ich froh wäre, wenn ich die Studiengebühren hätte, um wenigstens das vorherige Niveau zu halten. Ihre Argumentation: "Es wird alles schlechter und jetzt soll ich auch noch dafür zahlen” ist völlig überzeugend. Ich habe vor ein paar Monaten, als wir ein Gespräch mit dem Finanzminister hatten, ihn gefragt, was er denn, wenn es tausend Mark Studiengebühren gäbe, damit machen würde. Denn natürlich ist der Verdacht vorhanden, daß der Staat kassiert und die Hochschulen am Ende nichts davon abkriegen. Er hat zweimal erwidert, daß diese Gebühren den Universitäten zufließen würden. (Interview: gan, papa)


Durchschnitt

Die Ergebnisse der Mensa-Umfrage

Wer nicht fragt, bleibt dumm - oder bekommt keine Gäste. Das jedenfalls befürchtete das Studentenwerk und startete letztes Jahr im Juni eine Umfrage in den Heidelberger Mensen. Daß erst jetzt etwas darüber zu lesen ist, liegt nicht etwa an unausgeschlafenen ruprecht-Redakteuren, sondern daran, daß die Auswertung der Umfrage so lange dauerte.

Man hatte nämlich Fragebögen erstellt, zu denen man kein Computerprogramm besaß, das die Antworten auswerten konnte. So mußte die ganze Arbeit in unzähligen Stunden von Hand gemacht werden. "Bei der nächsten Umfrage, die voraussichtlich Anfang des Sommersemesters stattfinden wird, werden wir aber vorher dafür sorgen, daß wir eine EDV-Auswertung haben”, versichert Ulrike Leiblein, stellvertretende Geschäftsführerin des Studentenwerks. In Zukunft will man dann auch mindestens einmal jährlich die Studierenden nach ihrer Meinung befragen, um deren Wünschen besser gerecht zu werden.

Schon früher mußte sich das Studentenwerk ab und zu mal sagen lassen, daß die Spaghetti zu matschig und die Kartoffeln zu kalt seien, doch so richtig aufgeschreckt wurden die Verantwortlichen erst durch das Focus-Ranking aller deutschen Hochschulen, bei dem die Heidelberger Mensa nicht gerade glanzvoll abschnitt. Als dann Ende 1995 die Zahlen der ausgegebenen Essen in den Keller rutschten, war klar: Hier muß etwas passieren.

Den Anfang machten die legendären Gummihandschuhe; sie verschwanden kurzerhand, da es so manchem beim Anblick eines Kautschuk-Fingers in seinen Nudeln den Appetit verschlug. Ein weiteres, altgedientes Requisit der Studentenküche, das Blech-Tablett, mußte nun auch Abschied von uns nehmen; das moderne Ornamin-Tablett hielt statt dessen Einzug in die Altstadt, und sorgt außerdem dafür, daß das aufgetischte Mahl nicht so schnell kalt wird. Doch alles hat seinen Preis: Für eines der neuen Tabletts mußte das Studentenwerk immerhin 30,- DM hinlegen, und wird sie wahrscheinlich nach ca. fünf Jahren auch schon wieder wegwerfen können, während die alten Alu-Tabletts nahezu unverwüstlich waren - bei einer Lebensdauer von insgesamt vierzig Jahren, verdoppelt durch eine zwischenzeitliche Auffrischung in der Metallpresse, konnten sogar mehrere Generationen vom selben Tablett essen.

Aber wenn schon Erneuerungen, warum dann nicht gleich richtiges Geschirr, wie im Neuenheimer Feld? "Dazu bräuchten wir leider andere Spülmaschinen, für die schlicht kein Platz da ist”, erklärt der zuständige Bearbeiter vom Studentenwerk, dem inzwischen die Auswertung der Umfrage übertragen wurde. "Und ein Umbau wäre nicht nur ungeheuer kostspielig, sondern auch sehr schwer zu realisieren, da die Gebäude und Grundstücke dem Land gehören und man erst einmal eine Genehmigung bekommen müßte.”

Insgesamt hat man schon etwas bewirkt mit den vielen kleinen "Mensa-Reformen”, die inzwischen stattgefunden haben. Die tausend ausgewerteten Antwortbögen verraten nämlich, daß die Mehrheit der hungrigen Masse zufriedener geworden ist - obwohl sich die verteilten Noten immer noch im Mittelbereich bewegen und ein wenig von Mensa zu Mensa schwanken. Während z.B. die Qualität und das Ambiente in der Zentralmensa im Feld am höchsten und im Marstall am niedrigsten zu sein scheinen, verhält es sich bei der Portionsgröße genau umgekehrt.

Sind die Mitarbeiterinnen in der Altstadt etwa freigebiger, oder haben Naturwissenschaftler einfach mehr Hunger? Fest steht, daß die Einführung des Komponentenessens ein Erfolg war. Im Zusammenhang damit wurde auch die Portionsgröße besser bewertet als zuvor: Zwar werden die besonders Hungrigen immer noch nicht satt, doch die Mehrheit ist zufrieden. Die Mensa Italiana kam anfangs in der Marstall-Mensa sehr gut an; nachdem sie nun jedoch auch in den anderen Mensen angeboten wird, ist die Nachfrage gesunken. Dafür mußte ein deutscher Stammgast vom Speiseplan weichen: Den Eintopf verlangten nur noch 200 bis 300 Personen pro Tag, so daß sich das Gemüse-Putzen dafür nicht mehr lohnte.

Allerdings hat es die Heidelberger Mensa auch schwerer als andere, da die Freßmeile Hauptstraße viele vom großen Topf weglockt. "Wenn da wieder ein neuer Kebap-Laden aufgemacht hat, verkaufen wir gleich ein paar hundert Essen weniger”, beklagt das Studentenwerk. Während z. B. Freiburg oder Tübingen 30 bis 33 % der Studierenden per Mensa verköstigt, liegt dieser Anteil in Heidelberg nicht über 23 %.

Aber das Studentenwerk bemüht sich fleißig weiter. Auf einen Punkt legt man besonderen Wert: Die Freundlichkeit der Angestellten. 1996 wurde deshalb das "Jahr der Freundlichkeit” ausgerufen, denn viele der überwiegend türkischen Mitarbeiterinnen, die oft kaum Deutsch sprechen, seien noch der Meinung, "die Studenten sollen froh sein, wenn sie überhaupt etwas zu essen bekommen.” Um dies zu ändern, wird jetzt ein Wanderpreis ausgegeben, der den Wettbewerb unter den Heidelberger Mensen beleben soll. Die nächste Umfrage wird zeigen, ob diese Bemühungen des Studentenwerks Erfolg haben. (gz)


Kein langes Suchen

Das Info-Center in der Triplex-Mensa

Blaue Leuchtschrift kündet von einer Neueinrichtung des Studentenwerkes: Das Info-Center in der Triplexmensa läßt sich kaum übersehen. Seit dem 17. Januar ist das Studentenwerk direkt am Uniplatz präsent und bietet seine Dienste in noch zentralerer Lage an als bisher.

Vorteil: Auch Erstsemester und neuangekommene ausländische Studierende finden ohne langes Suchen einen Ansprechpartner. Das neue Info-Center dient als erste Anlauf- und Informationsstelle. Hier können Auskünfte über die Leistungen und Angebote des Studentenwerks eingeholt, Antragsformulare abgeholt und eingereicht und beispielsweise Diebstahl- und Unfallversicherungen sowie Mietverträge abgeschlossen werden.

Auch BAföG-Angelegenheiten kann man jetzt auf dem Weg in die Mensa erledigen. Im behindertengerecht gestalteten Info-Center ist man darauf vorbereitet, Anträge und Bescheinigungen anzunehmen und an die jeweiligen Sachbearbeiter weiterzuleiten, kurze Fragen zu beantworten und auch eben mal schnell auszurechnen, ob sich ein BAföG-Antrag überhaupt lohnt. Langes Warten in vollen Sprechstunden, nur um Kleinigkeiten zu erledigen, entfällt also künftig ebenso wie das zeitraubende Suchen nach dem richtigen Ansprechpartner in den verschiedenen Gebäuden, Stockwerken und Büros im Marstall. Nur für kompliziertere oder vertrauliche Angelegenheiten muß man den Weg noch zurücklegen.

Komplett in das neue Info-Center umgezogen ist die Zimmervermittlung. Diese Verlegung war laut Studentenwerk nötig geworden, weil die Flut von Besuchern und Anrufern im früheren Büro nicht mehr zu bewältigen war. Dort werden jetzt ausschließlich die Zimmer- und Wohnungsangebote telefonisch angenommen und erfaßt. Ein eindeutiges Mehr an Service für die Studierenden ergibt sich auch durch die längeren Öffnungszeiten: Das Info-Center ist täglich von 9.00 bis 16.00 Uhr besetzt.

Übrigens wurden sämtliche Um- und Einbauten in der Triplexmensa vom Universitätsbauamt geleistet und somit nicht vom Studentenwerk finanziert. Außerdem wird das Info-Center ohne zusätzliches Personal betrieben. Diese Neueinrichtung bringt also für die Studierenden mehr Service, ohne Kosten zu verursachen. Na, darüber freut man sich doch in Zeiten von Sparmaßnahmen und Kürzungen besonders! (jb)

Informationen aus schneller Hand: der Info-Stand in der Triplex


Heidi macht 35-Stunden-Woche

Drastische Kürzungen jetzt auch in der Unibibliothek

In der von Sparmaßnahmen besonders hart getroffenen Universitätsbibliothek weiß man sich nicht mehr anders zu helfen: Die Öffnungszeiten werden drastisch eingeschränkt.

In der Altstadt macht die UB ab 17. Februar künftig um 20.00 Uhr zu - also drei Stunden früher als bisher. Samstag ist nur noch bis drei Uhr nachmittags geöffnet, was bedeutet, daß sie ihre Tore demnächst ganze vier Stunden früher als bisher dichtmacht. Im Neuenheimer Feld schließt die Bilbliothek montags bis freitags schon um 19.00 Uhr, das ist eine Stunde früher, samstags hat sie ganz geschlossen.

Die Ausstellungen in der Altstadt, die von Frühjahr bis Herbst auch sonn- und feiertags geöffnet waren, werden den Studierenden an diesen Tagen auch nicht mehr zur Verfügung stehen. Bibliotheksdirektor Hermann Dörpingshaus begründete die harten Schnitte damit, daß der UB 100.000 Mark an Hilfskraftmitteln - 34,9 % insgesamt - gestrichen worden seien. Bis zu acht UB-Hiwis werden auf der Straße landen. Die Aufsichten durch Einschränkung beim Bücherkauf zu halten, verbiete sich, weil man in dieser Sparte ohnehin schon 500.000 Mark habe einsparen müssen.

"Damit fallen wir auf das Niveau anderer Landesbibliotheken zurück”, bedauert Dörpinghaus. Doch deren schlechtes Beispiel könne nicht Anlaß sein, sich mit diesen Öffnungszeiten zufriedenzugeben. Sachlich sei es allemal gerechtfertigt, bis 23 Uhr zu öffnen, da nach internen Statistiken die Bibliothek zu dieser Zeit relativ hoch frequentiert wird; gleiches gelte für den Samstag. Auch der neuerlich beschnittene Literaturetat ist nicht mehr der Rede wert: Hier werde, so Dörpinghaus, Heidelberg von vornherein um 350.000 DM im Haushaltsplan beschnitten, dazu kommen noch die eingangs erwähnten 500.000 DM und die Kürzung von Sondermitteln für Literatur.

Insgesamt summieren sich laut Direktor Dörpinghaus die Kürzungen an der Universitätsbibliothek auf etwa eine Million DM. Dadurch sei selbst der Grundbedarf nicht mehr zu decken. Besonders hart trifft es den Bereich der Fachzeitschriften, die Medizin und die Naturwissenschaften. Ebenso werden einige CD-ROMDatenbanken, die nicht so oft genutzt werden, nicht weitergeführt. Einzig bei den Lehrbüchern wird es keine so dramatischen Kürzungen geben, da Heidelberg in diesem Bereich eine Sonderstellung einimmt, die sogar dazu führe, daß Studierende aus Frankfurt wegen eines Buches angereist kommen.

Daß die Situation ernst ist, zeigt auch die neuste Ausgabe des "Unispiegel”. Demnach bietet die Unibibliothek Sponsoren Werbeflächen, u.a. auf den Rückseiten von Ausleihzetteln und Friststreifen, an, die Lesesäle sollen plakatiert und die "Vitrinen kommerziell genutzt werden”. Immerhin: Die Außenfassade soll reklamefrei bleiben. (mj)


In den Arsch treten

Die Studi-Liste macht Stadtpolitik - noch

Ruhig war es um die Studi-Liste geworden. Im Sommer 1994 angetreten, die studentischen Interessen im Heidelberger Gemeinderat zu vertreten, errang sie auf Anhieb mit Jutta Göttert einen Sitz und setzte mit Studiticket, Karlstorbahnhof, dem Ausbau des Nahverkehrs sowie der Anlegung von Radwegen sogar einige ihrer Ziele durch.

Mit der Beschaulichkeit war es vorbei, als die Studi-Liste kürzlich mit den bürgerlichen Ratsfraktionen gemeinsame Sache machte und gegen SPD und GAL den Haushaltsplan '97 ablehnte. Dieser Schritt stieß nicht nur bei der FSK, aus der die Studi-Liste seinerzeit hervorgegangen war, auf Unverständnis. Auch andere Vertreter des linken Spektrums zeigten sich verschnupft. Während etwa die GAL grundsätzlich ihr weiterhin positives Verhältnis zur Studi-Liste betont, sehen einzelne ihrer Abgeordneten die Liste schon in einem "Rechtsbündnis”, das bislang abgelehnten Anträgen der CDU, die radikale Kürzungen im Kultur-, Sozial- und Umweltbereich vorsehen, doch noch zur Mehrheit verhelfen könnte. Ähnlich klingen auch die Vorwürfe der Juso-Hochschulgruppe: Göttert betreibe eine "Blockadepolitik” ganz im Stile von CDU und FDP.

Ratsfrau Göttert kontert die Kritik unter Verweis auf die Sachzwänge: Eine Haushaltspolitik nach der Devise "Weiter so” habe keine Perspektive und würde Heidelberg "mittelfristig in die Zahlungsunfähigkeit führen”. Die Studi-Liste wolle durch "differenzierte Kürzungen” in allen Bereichen Spielraum für Sozialarbeit und Kulturprojekte gewinnen. Die Oberbürgermeisterin könne bis zur Verabschiedung eines Haushaltes über 80% der Mittel des Vorjahres frei verfügen, und den von der CDU geforderten einseitigen Kürzungen werde die Studi-Liste "niemals zustimmen”.

Als die FSK Göttert und Mitstreiter Christian Weiss jüngst zu einem Gespräch einlud, wurde deutlich, wieso der Kontakt zwischen Studi-Liste und Studi-Vertretung in letzter Zeit immer magerer wurde: Die komplexen Inhalte der Stadtratsdebatten gehen über studentische Interessen hinaus und sind zudem schwer nachvollziehbar. So herrschen zunehmendes Desinteresse auf der einen und Enttäuschung auf der anderen Seite, Gerüchte über die Auflösung der Studi-Liste werden lauter.

Davon will Weiss, Gründer und Veteran der Liste, nichts wissen; es gebe weiterhin Treffen der Gruppe, zu der noch Verkehrsexperte Felix Berschin und zwei weitere Bezirksbeiräte gehören. Wie es nach 1998 mit dem Projekt weitergeht, stehe aber noch in den Sternen. Themen für einen weiteren Anlauf wie eine Straßenbahnlinie ins Neuenheimer Feld oder Ersatz für das Autonome Zentrum, gäbe es genug. Wichtig werde sein, die Sympathisanten wieder zu aktivieren: "Da werden wir uns selbst in den Arsch treten müssen”, so Göttert. Ein gezielter Wahlkampf an der Uni sei geplant, sei es für eine Studi-Liste oder eine Listenverbindung.

Auf jeden Fall muß für die nötige Zukunftsvorsorge der Kontakt zur Fachschaftskonferenz wiederhergestellt werden. "Ich war ziemlich enttäuscht von den Abenden, an denen ich in der FSK war, weil ich kein Feedback verspürte und die Leute lieber nach Hause wollten”, klagt Göttert. Die Ernüchterung war mit Sicherheit beidseitig. (mj,kh)


Der Tod kommt auf leisen Sohlen

Die Allgemeine Sprachwissenschaft in Heidelberg vor dem Ende

Wenn massive Einschränkungen durch begrenzte finanzielle Möglichkeiten erforderlich werden, sind nicht selten diejenigen davon betroffen, die sich am wenigsten dagegen wehren können. Die Allgemeine Sprachwissenschaft befindet sich schon seit Jahren in einer unerfreulichen Situation, jetzt droht ihr das endgültige Aus in Heidelberg.

Doch liegt die Ursache hierfür keineswegs nur darin begründet, daß die Allgemeine Sprachwissenschaft mit 100 Studenten eines der kleinsten Fächer an der Universität darstellt. Denn andere Fächer wie etwa die Ägyptologie müssen um ihr Fortbestehen nicht bangen, wenn sie wie in diesem Fall mit Herrn Aßmann einen Gelehrten mit weltweiter Anerkennung in ihren Kreisen hat. In der Sprachwissenschaft hingegen ist die einzige C4-Professur seit Jahren vakant. Nachdem der vorherige, wenig charismatische Amtsinhaber verstorben war, wurde zwar ein Neuberufungsverfahren eingeleitet, doch trotz zahlreicher Bewerbungen wurde durch Streitigkeiten innerhalb der Neuphilologischen Fakultät eine Neubesetzung der Professur verhindert. Dafür gibt es mehrere Gründe: Zum einen ist die Anglistik daran interessiert, den Lehrstuhl in ihren Bereich einzugliedern, zum anderen gibt es innerhalb der Germanistik ein reges Interesse an der Bibliothek des sprachwissenschaftlichen Seminars. Selbst wenn man diese nicht geheim gehaltenen Interessen nicht in seine Überlegungen miteinbezieht, so muß auf jeden Fall ein verbreitetes Desinteresse an der Erhaltung dieses Faches konstatiert werden.

Die Folge ist ein schleichender Verfall mit fatalen Folgen für die Studierenden. Nachdem zwei Jahre lang eine Vertretung der C4-Professur bewilligt wurde, ist jetzt angesichts der knappen Haushaltskasse selbst diese Vertretung gestrichen worden. An deren Stelle treten vorläufig billigere Lehraufträge, doch könnte schon bald die Auflösung des Fachs dieses weitere Provisorium beenden. Geht es nach dem Willen der Fakultät, so verschwindet das Seminar ganz, der vakante Lehrstuhl wird in die Anglistik eingegliedert. Die einzige Instanz, die das auf Universitätsebene noch verhindern kann, ist der Senat.

Frau Dr.Anschütz, Dozentin am Seminar, äußert Verständnis für die schwierige finanzielle Situation der Universität. Aber die Anzahl der Studenten als Bemessungsgrundlage für die Wichtigkeit eines Fachs sei einseitig: "Die Allgemeine Sprachwissenschaft ist wichtig für das Profil einer so großen Universität wie Heidelberg. Sie stellt ein zentrales Bindeglied zwischen den Fächern der Neuphilologischen Fakultät dar.” Zugleich sieht sie die mangelnde Lobby ihres Faches: "Es besteht ein starkes Machtgefälle zwischen den einzelnen Fächern der Fakultät.” Ein wichtiger Grund für die derzeitige Misere ihres Fachs stelle die versäumte Neuberufung einer angesehenen Professorin dar.

Man darf gespannt und skeptisch sein, ob die von der Fakultät beschlossene Abschaffung des Fachs vom Senat gestoppt wird. Doch schon jetzt ist klar, daß kleine Fächer mit geringer Lobby und fehlender Reputation der Lehrstuhlinhaber es angesichts immer geringerer finanzieller Handlungsspielräume der Universität künftig sehr schwer haben werden, ihre Existenz an der Universität zu behaupten. (papa)


"Bewußt verhindert"

Interview mit der Fachschaft Sprachwissenschaft

Über die Situation am Institut für Allgemeine Sprachwissenschaft sprach ruprecht mit den Studierenden-Vertretern Sven Zimmermann, Sebastian Schmitt-Köppler (Allg. Sprachwissenschaft) und Douglas Fear (Indogermanistik).

ruprecht: Fühlt ihr euch von der Uni in bezug auf die Versprechungen der letzten Jahre hintergangen?

Sven: Im Grunde nicht. Wir haben ohnehin an keinerlei Versprechungen geglaubt. Wir sehen uns absichtsvoll hintergangen. Die Neubesetzung wurde bewußt verhindert. Von den sechs Bewerbungsvorträgen im Februar '96 war zumindest der einer Bewerberin sehr gut. Sie war bereit zu kommen. Durch Differenzen zwischen Berufungsrat, Fakultätsrat und Senat wurde die Berufungsliste abgelehnt.

Douglas: Hinzu kommt, daß auch die Indogermanistik davon Schaden nimmt. Die Besetzung der C3-Professur dort war gekoppelt an die C4-Stelle hier.

ruprecht: Was haltet ihr von der Behauptung, die nicht gesunkene Anzahl der Studierenden seit der Vakanz der C4-Professur spreche nicht für ein gezieltes Kleinschrumpfen?

Sven: Daß die Zahlen nicht gesunken sind, spricht für die Attraktivität des Faches, unabhängig davon, wie die Qualität der Lehre ist und wie sie aufrechterhalten werden kann.

ruprecht: Heißt das, daß an anderen Unis mit intaktem Lehrbetrieb die Zahlen der Studierenden ansteigen?

Sebastian: Genau das ist der Fall. In Städten wie Köln, Bonn und anderen ist die Zahl in den letzten Jahren gestiegen.

Sven: Die Allgemeine Sprachwissenschaft ist ein sehr junges Fach und global gesehen ein aufsteigendes. Es hat Verbindungen zu fast allen anderen Fächern, zur Medizin und Psychologie ebenso wie zur Informatik.Die Sprachwissenschaft nähert sich insgesamt einer allgemeinen Kognitionswissenschaft.

ruprecht: Wie gut ist die Quote bei den Abschlüssen?

Sebastian: Besser als beispielsweise bei den Germanisten. Ich möchte es übrigens nicht versäumen, darauf hinzuweisen, daß es Firmen hier in der Nähe von Heidelberg gibt, die an dem Fach und ihren Absolventen interessiert sind. Beispielsweise IBM, SAS oder SAP.

ruprecht: Kann noch von einem geregelten Lehrbetrieb gesprochen werden, wenn nun auch die Vertretung der C4-Stelle gestrichen wird?

Sebastian: Ein Lehrbetrieb kann im Moment nur durch Lehraufträge gewährleistet werden. Das Besondere daran im Vergleich zu anderen Fächern ist, daß diese Lehrveranstaltungen nicht nur kostenlos abgehalten werden, es sind Studierende höheren Semesters, die dies tun.

ruprecht: Unter welchen Bedingungen hat das Fach noch eine Chance?

Sven: Sollte die Stelle hier jemals wieder besetzt werden, dann wird ein Institut entstehen, das eine enorme Wichtigkeit haben wird: Als Grundlagenforschungsinstitut und auch als Zuträger für andere Fächer.

(Interview: papa)


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