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Titel


Mit besten Empfehlungen

Studierende jetzt "Humanressourcen" für die Wirtschaft

So sieht die Zukunft also aus: Zum Jahresende hat die baden-württembergische "Hochschulstrukturkommission" die Universitäten mit 17 Empfehlungen zu deren künftigen Aufbau überrascht. Das Papier ist ernstzunehmen, hat doch Wissenschaftsminister Klaus von Trotha selbst das Gremium zusammengestellt; Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft sitzen darin, allerdings keine Studierenden und nur wenige einheimische Professoren.

So kennen auch bisher nur wenige die Empfehlungen; selbst im hiesigen Rektorat weiß noch nicht jeder Bescheid. Und mancher, der etwas sagen könnte, möchte nicht: Das Heidelberger Kommissionsmitglied Wieland Huttner mag sich ebensowenig dazu äußern wie der Pressesprecher des Ministeriums.

Dabei kommt einem vieles in dem Papier bekannt vor: Mit höherer "Selbstverantwortung" und "Kosteneffizienz" möchte man die Leistungsfähigkeit der Hochschulen für die Zukunft erhöhen. Ein verstärkter Wettbewerb zwischen den Hochschulen soll weiterhin "Exzellenz in Forschung, Lehre und Weiterbildung" gewährleisten und Anreiz zu Einsparungen bieten. Schlüssel hierfür sei die Einführung von Globalhaushalten, die zu einer "Flexibilisierung der Haushaltsführung" innerhalb der Universitäten führen soll: Den Hochschulen stellt das Land nicht zweckgebundene Gelder bereit. So will man Verwaltungsabläufe vereinfachen und die Erfahrung der Leute vor Ort ausnutzen. "An die Stelle direkter staatlicher Eingriffe in Einzelentscheidungen tritt die ordnungspolitische Gestaltung von Rahmenbedingungen zur Steuerung autonomer Entscheidungen der Hochschulen". Erwirtschaftete Einnahmen verbleiben an den Institutionen, zugewiesene Mittel werden zeitlich übertragbar, und die einzelne Hochschule - nicht mehr das Land - entscheidet über ihre Baumaßnahmen. Mehr noch: Die Universitäten sollen aus dem Tarifrecht gelöst werden und frei entscheiden können, welche Wissenschaftler und Angestellte sie wie lange und wie hoch bezahlen.

Gleichwohl will man die Unis nicht ganz von der Leine lassen: Das Land wirkt bei der Erstellung von Wirtschaftsplänen mit und verknüpft die Vergabe der Gelder an Bedingungen. Der Umfang der Mittelzuweisung muß "die politischen Zielsetzungen in bezug auf die Hochschulaufgaben und auf die gewünschten Leistungen abbilden". Im Klartext: Die Politik bestimmt, was die Aufgaben der Hochschulen sind, und vergibt entsprechend Mittel an die Unis, die die "gewünschten Leistungen" erfüllen.

Für die Lehre nennt das Gremium hier nur "kurze Studienzeiten" und "hohe Absolventenzahlen". Zielgruppe des universitären Strebens sind aber keineswegs die Studierenden, sondern die "Abnehmer von Humanressourcen (Arbeitsmarkt)" - die Wirtschaft also.

Wer soll die Uni künftig steuern? Die Kommission empfiehlt die "Trennung von politischen, strategischen und operativen Verantwortlichkeiten". Die politische Führung - Parlamente und Ministerien - ist für die "qualitativen und quantitativen Zielvorgaben (Lehr- und Forschungsangebot, Lehr- und Forschungskapazität, Budget) und die staatlichen Rahmenbedingungen (staatliches Regelwerk)" zuständig. Innerhalb der Hochschulen soll die tägliche operative Führung den direkt Betroffenen in den Seminaren obliegen, während die "strategische" Führung von der Hochschulleitung und einem neuzuschaffenden sogenannten Hochschulrat, übernommen werden soll. Dieser Hochschulrat würde sich aus "hochschulexternen Persönlichkeiten aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik" zusammensetzen. Die jeweiligen Entscheidungsträger sollen sich gegenseitig wählen und legitimieren. Die Hochschulleitung kommt nicht ohne den externen Hochschulrat ins Amt und umgekehrt. Insgesamt wünscht sich die Kommission einen starken Rektor: An den einzelnen Fachbereichen kann beispielsweise kein Dekan gegen den Willen der Hochschulleitung gewählt werden.

Auch für die Hochschullehrer soll sich einiges ändern: Die Habilitation wird de facto abgeschafft und nur die berufende, nicht mehr die "abgebende" Institution entscheidet, wer professorabel ist. Nachwuchswissenschaftler sollen einen uniinternen "Karriereweg" beschreiten können, der sie vom schon eigenständigen C2-Forscher über die befristete C3-Professur zum festen C4-Lehrstuhl führt. Diese Ordinarien bekommen ein einheitliches Grundgehalt, aber keine festen Zulagen und automatischen Gehaltserhöhungen mehr. Das müssen sie sich mit Gutachtertätigkeiten, der "Bewältigung hoher Studentenzahlen", oder Organisationsaufgaben verdienen.

Zum Schluß schlägt die Kommission eine flexiblere Verteilung von Lehr- und Forschungstätigkeit unter den Professoren einer Fakultät vor: Ein Wissenschaftler soll sich mal hauptsächlich der Forschung, mal vornehmlich der Lehre widmen dürfen, auch wenn es keine festen Lehr- oder Forschungsprofessoren geben soll.

Doch nirgends steht, wer wen zur den ungeliebten Erstsemestevolesung zwingen kann. (jba / hn)

Das Dokument im Internet : http://www.bawue.gew.de/fundusho/hostrukkobw.html


Kommentar: Alle Macht dem Rektor?

Jetzt haben wir also von ihr gehört, von der geheimnisvollen "Hochschulstrukturkommission" des Landes. Das Gremium - es besteht aus vielen Ministerialbeamten, Wirtschaftsvertretern, und auswärtigen Wissenschaftlern, wenigen baden-württembergischen Professoren und gar keinen Studierenden oder Leuten aus dem Mittelbau - wurde vor einem Jahr von Wissenschaftsminister Klaus von Trotha ins Leben gerufen, um Vorschläge zur Umstrukturierung der Hochschulen im Ländle zu machen. Bisher ziemlich im Verborgenen agierend, beschreiben uns die Kommissare jetzt die Zukunft der Hochschule im Südwesten:

- Studierende werden zu "Humanressourcen" für den Arbeitsmarkt; gelernt wird nicht fürs Leben, sondern für die Wirtschaft - den "Abnehmer" dieser "Humanressourcen" eben.

- die Hochschulen werden autonomer - aber die Entscheidungen an den Unis treffen mehr denn je Rektoren und Dekane, nicht kollegiale Gremien, ganz zu schweigen von ordentlicher studentischer Beteiligung.

- staatliche Mittelzuweisung richtet sich nach Effizienz - doch die Kriterien sind fragwürdig: schon bei der Grundlagenforschung schweigt die Kommission zur praktischen Umsetzung. Wie aber will sie gute Lehre messen?

- die tariflichen Sicherheit für Hochschulangestellte wird aufgeweicht - verbeamtete Professoren werden sich dagegen zu wehren wissen, nicht aber die ohnehin gegängelten Quasi-Tagelöhner aus dem Mittelbau.

- Ein "Hochschulrat", mit externen "Persönlichkeiten aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik" besetzt, wird gewählt, damit Wirtschaft und Politik auch genügend Einfluß auf die Universitäten behalten.

- "Hochschulrat" und Hochschulleitung wählen sich gegenseitig; ein Rektor darf den Fakultäten in die Wahl ihrer Dekane hineinreden

Das alles ist nicht eben beruhigend, auch wenn man es nicht in der Zuspitzung dieser Zeilen, sondern der nebulösen Sprache des Originaltextes liest (was ohnehin nicht für die Öffentlichkeit bestimmt ist, muß offenbar auch nicht ordentlich formuliert werden). Auch wenn die vorgeschlagene Abschaffung der Habilitation, die Schaffung inneruniversitärer Karrierewege, die (Finanz)-autonomie der Hochschulen und der propagierte Wettbewerb gute Ansätze sein mögen: Eine Hochschule, die ihre Ziele nur noch an Vorgaben aus der Wirtschaft ausrichtet, kann niemand an den Universitäten wollen. Und nur wenige können sich eine Hochschule wünschen, an der der Rektor und vielleicht noch die Dekane wie kleine Könige herrschen dürfen. Schon der alte Heidelberger Rektor überraschte zuständige Gremien gerne mit "Eilentscheiden" und selbstgeschaffenen Kommissionen, die die Mitbestimmung aushebeln.

Ist das künftig auch noch Gesetz, wird das selbst jenen Professoren nicht gefallen, die bisher ganz froh darüber waren, nicht allzu viele lästige Studierende in ihren erlauchten Gremien ertragen zu müssen. Was für ein Glück für den Minister, für seine Rektoren und seine Kommission: Kaum jemand wird sich wehren unter Baden-Württembergs Universitätsgelehrten. Sie haben schon ganz andere Sachen geschluckt.

Aber wen schert es schon, was eine undurchsichtige Runde in der fernen Landeshauptstadt zu Papier bringt? All jene, die ahnen, daß der Minister kein Gremium umsonst installiert - erst recht keine handverlesene Geheimkommission. (jba / hn)


Alles geregelt?

Zentrale Anmeldefristen für Magisterprüfungen

Endlich scheinfrei! Endlich ein gutes Magisterthema gefunden! Hier rückte bisher in jedem Magisterstudiengang die Ernte der bisherigen Anstrengungen plötzlich in greifbare Nähe: Waren alle in der jeweiligen Prüfungsordnung verlangten Leistungsnachweise angesammelt und die Bewältigung der Magisterarbeit abzusehen, meldete sich der Studi beglückt zur Prüfung an. Seit Jahresanfang besteht allerdings die Möglichkeit, daß viele Studierenden bei der Anmeldung eine böse Überraschung erleben: Zum 1. Januar wurden zentrale Anmeldefristen für die Fakultäten der Neuphilologie (Neuphil) , Philosophie/Geschichte (Phil/Hist) und Altertumswissenschaften/Orientalistik (A/O) verkündet. Damit wurde die Anmeldungsmöglichkeit befristet, und zwar jeweils auf die erste Hälfte von Februar und Juli. Wer sich zu anderen Terminen anmelden möchte, stößt auf verschlossene Türen.

Das bedeutet einen einschneidenden Einschnitt in die individuelle Studienplanung. Die jedoch ist nötig, um den Anforderungen der einzelnen Studiengänge gerecht zu werden: Gute Gründe für eine Abwesenheit zum Ende der Vorlesung könnten zum Beispiel Auslandsaufenthalte zur Verbesserung der Sprachkenntnisse oder - so bei A/O - unaufschiebbare Grabungszeiten sein, ganz zu schweigen von der immer häufigeren Notwendigkeit, die Wochen vor der heißen Lernphase der Magisterprüfung nur zum Geldverdienen zu verwenden. Doch selbst wenn man solche Dinge nicht gelten lassen will, stimmt es nachdenklich, daß die Anmeldung zur Magisterprüfung über sechs Wochen vor Ende des jeweiligen Semesters erfolgt sein soll: denn immerhin bedeutet das auch, daß sämtliche Leistungen für die erforderlichen Scheine ebenfalls zu einem sehr viel früheren Zeitpunkt erbracht werden müssen - die sowieso schon knappe Regelstudienzeit wird damit wiederum um mindestens zwei Monate verkürzt. Die ist jedoch der Maßstab dafür, ab wann die Studiengebühren für sogenannte Bummelstudenten in Höhe von DM 1000.- pro Semester zu zahlen sind. Die Fristenregelung für Magisterstudiengänge kann also schmerzhafte Folgen für den Geldbeutel haben.

Wozu überhaupt die Fristenregelung? Die Neuphilologie, die schon seit einigen Semestern mit diesem System arbeitet, begründete dies mit einer "Vereinfachung der Verwaltungsvorgänge". So erklärt sich auch, daß die Einführung der Fristen zunächst weder den Studienkommissionen, noch den Fakultätsräten oder den Fachstudienberatern mitgeteilt wurden. Auch gab es keine Aushänge, die die betroffenen Studierenden hätten informieren können. Die zuständige Abteilung des Dezernenten für Studium und Lehre, Behrens, scheint die Fristeneinführung als rein verwaltungstechnischen Vorgang anzusehen. Fernziel ist die Zuständigkeit des Prüfungsamtes für alle Magisterprüfungen.

Fraglich bleibt allerdings, ob z.B. bei einer verhältnismäßig kleinen Fakultät wie A/O der Gewinn durch die Vereinfachung in einem vertretbaren Verhältnis zu den Erschwernissen für den einzelnen Studenten und die institutsinternen Abläufe steht. Denn da durch die Zentralisierung der Anmeldungen auf zwei Wochen auch die Prüfungen ein halbes Jahr später auf einen noch kürzeren Zeitraum gebündelt werden, wird es zur Überschneidung der Prüfungstermine kommen - auch derer verschiedener Fakultäten. War die Prüfungsbelastung bisher durch die freien Anmeldezeiten auf das Semester gestreut, wird sie nun auf drei Wochen konzentriert. Dementsprechend heftig war auch der Protest innerhalb der Fakultät A/O - nachdem die neue "Regelung" im zweiten Januardrittel bekanntgeworden war, engagierten sich sowohl Studenten als auch Professoren gegen ihre Anwendung. Der Aufschrei zeigte Wirkung: in der Fakultät A/O gibt es vorläufig wieder freie Anmeldezeiten. (gan)


Ey

Glosse

Joints sind out, und das Wort out ist zwar noch in, aber dafür ist in schon lange out. Anstelle von in ist jetzt hip in, pardon: hip. Out sind überhaupt nicht nur Joints, sondern all die guten, alten Partyrequisiten, die da heißen: Bier, Hasch und Sex. Die hippen Menschen von heute gehen mit Freund oder Freundin auf die Party, schlucken bunte Pillen und trinken Cocktails mit Monsternamen wie "Blue Lagoon Sunset Eternal Experience" oder so. Wer mit der Tüte im Mund frech krähend ein Bier verlangt, ist stante pede als Spaßbremse verschrien. Daß Spaßbremse sein überhaupt noch out ist, muß jedoch nachdenklich machen, denn fleißige Etikettierer haben schließlich die 80er zum Fun-Jahrzehnt erkoren, die 90er dagegen sollen das Gütesiegel von Karriere, Lebensplanung, Zielstrebigkeit tragen. Wer sich in diesem Hip-Jahrzehnt den Kick geben möchte, kauft Aktien. Der Kurs wird dann per Privatkampagne hochgetrieben, indem etwa der stolze Coca Cola-Anleger in der Clique verlautbart: "Was, Du trinkst kein Coke?! Nur Verlierer trinken Pepsi!" Zu den übrigen Möglichkeiten, auch in den an sich spaßbremsigen 90ern eine Art Frohsinn zu empfinden, gehört unter anderem die aktive Teilnahme am Phänomen des "Kults". Es ist absolut hip, etwas kultig zu finden, was eigentlich vollkommen bescheuert und noch nicht einmal in Ansätzen lustig ist. TV Today kommentierte neulich den Film "Angriff der Killertomaten" mit den Worten: "Öde Handlung, doofe Effekte, absoluter Schwachsinn. Dieser Film ist einfach Kult!" Wer sich angesichts solch logischer Salti echauffiert, hat sich als Spaßbremse geoutet und wird nie Einlaß etwa in den kultigen Zirkel derer finden, die sich jeden Samstag abend alte "Lindenstraßen"-Folgen auf Video ansehen und dabei kichern, wie herrlich naiv man doch damals gewesen sei, diesen Unsinn wirklich einzuschalten. Es ist ein bißchen traurig, von derlei Vergnügungen ausgeschlossen zu sein. Doch die Armen, denen solches Los beschieden ist, haben bestimmt früher auch mit Geha-Füllern anstatt mit Pelikan-Schreibgerät gemalt und wissen von daher schon was es heißt, ein Leben als Outcast zu führen. In bleibt halt in, auch wenn es heute hip heißt. (kw)


Zahlen des Monats

Zustimmung

Umfrageergebnis zur Akzeptanz der studentischen Proteste in der Bevölkerung

Voll berechtigt 31,0 %
Eher 41,2 %
Eher nicht 16,1%
Überhaupt nicht 5,9 %
Keine Angabe 5,8 %

Quelle: Forschungsgruppe Wahlen Mannheim


Das gibt es noch

in diesem ruprecht

Gedreht

hat Sönke Wortmann in Hamburg. Im Interview plaudert Wortmann über Fußball, seinen neuen Film und Monica Lewinsky.

Gedacht

wurde der Opfer des NS-Regimes bei einer Veranstaltung des Philo-sophischen Seminars mit Vorträgen und einer Podiumsdiskussion.

Gepiekt

hat sich der eine oder andere Besucher im Botanischen Garten. Physisch völlig ungefährlich hingegen unser Bericht auf

Gesucht

wird ein Knochenmarkspender. Das TonArt-Orchester wird aktiv.

Geschwister

sehnen sich nach Liebe und Kultur. In der Provinz leider vergebens. Zu Tschechovs "Drei Schwestern".

Gefischt

hat unser Mann im Netz. Aus den Tiefen des WWW zieht er Amüsantes und Erfrischendes. links zum Schmunzeln in unserer neuen Kolumne auf

Gepierct

ist heute jeder, aber wer hat schon ein Rubbel-Tattoo? Neues aus den seelischen Untiefen sexbessener Redakteure auf der letzten Seite.


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