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15.12.2009

Auf zwei Rädern für AIDS-Waisen

Der Heidelberger Student Immanuel Schulz im ruprecht-Interview

Immanuel Schulz radelte fünf Monate lang für ein AIDS-Waisen-Projekt durch Afrika. Wenn er keine Festivals für Fotografie organisiert oder für das Malaika-Projekt unterwegs ist, studiert er Soziologie, Philosophie und Psychologie in Heidelberg.

Im Oktober hatte Immanuel Schulz das vierte Wunderwelten-Festival für Fotografie und Naturschutz veranstaltet. Wenige Wochen zuvor radelte er fünf Monate lang für ein AIDS-Waisen Projekt durch Afrika. Wenn er keine Festivals organisiert oder für ein Waisenhaus unterwegs ist, studiert er Soziologie, Philosophie und Psychologie in Heidelberg.


ruprecht: Was hat dich zu deinem „Fahrrad- Abenteuer Afrika“ bewegt?

Immanuel Schulz: Durch die Festivals habe ich viele Freunde kennen gelernt. Einer davon setzt sich für das Hilfsprojekt Malaika ein. Das AIDS-Waisenhaus wurde vor eineinhalb Jahren eröffnet, da kamen die ersten Kinder in das Heim. Für dieses Projekt wollte ich mich einsetzen. Die Idee war, dass wir dem Ganzen einen Push geben, weil erst die minimalen Grundvoraussetzungen gegeben waren. Wir wollten dem Heim eine Wachstumschance und die Möglichkeit einer langfristigen Finanzierung geben. So kamen wir auf die Idee etwas Spektakuläres wie diese Fundraising „Fahrradtour“ von Kapstadt nach Kenia zu machen.

Wie seid ihr das Projekt angegangen?

Die erste Frage war, können wir uns das leisten? Eigentlich nicht. Deshalb haben wir gesagt, wir brauchen Sponsoren für die Ausrüstung und für Hilfsgelder. Irgendwann haben wir erreicht, für jeden gefahrenen Kilometer einen Euro von einem Berliner Reiseunternehmen zu bekommen. Nachdem wir dann noch Fahrräder und Ausrüstung bekommen haben, war klar, dass wir das Projekt wirklich durchziehen. Zunächst einmal gab es eine „Vor-Tour“ in Deutschland, um Geld zu sammeln. Wir waren in Rathäusern, oft auch an Schulen, haben öffentliche Vorträge gehalten und Benefiz-Partys veranstaltet. Der wirklich spannende Teil der Reise erfolgte allerdings erst in Afrika. Wir sind durch viele Länder gefahren, aber gleichzeitig sind wir mit offenen Augen durchs Land geradelt und haben geschaut, wie es vor Ort mit der HIV-Situation aussieht. Und nun folgen öffentliche Vorträge in ganz Deutschland.

Was hat dich in Afrika erwartet?

Wir sind genau am 1. April losgefahren. Als wir auf dem Weg zum Münchener Flughafen waren, hat es geschneit, in Afrika hatten wir schon am zweiten Tag 41 Grad. Wir waren mit schwer bepackten Fahrrädern unterwegs: Mit dem extra Wasser waren es 72 Kilogramm.
In jedem neuen Land mussten wir uns erstmal wieder zurecht finden, das heißt, das Geld, die Währung, aber auch die Kultur und die Menschen. Als wir von Kapstadt aus losfuhren befanden wir uns noch in einem Afrika mit Supermärkten und Teerstraßen. Dann in Botswana, Sambia und Malawi kamen wir plötzlich in das richtige Afrika mit vielen Lehmhütten an den Straßenseiten und kleinen Märkten. Dort haben wir angefangen in sogenannten „Mamas“ zu essen. Das sind Stände, an denen es hauptsächlich Reis und Gemüse gibt. Jeden Tag mussten wir aufs Neue schauen, wo wir in der Nacht unterkommen. Am Anfang haben wir unter Straßenbrücken oder im Gebüsch übernachtet.
Als die Gegenden dann besiedelter wurden, haben wir uns in lokalen Gasthäusern niedergelassen. Pro Person hat das umgerechnet etwa zwei Euro gekostet.

Gab es ein besonders spannendes Erlebnis auf deiner Tour?

Das Spannendste ist jedes Mal das Neuentdecken, sich zurechtfinden und die Interaktion mit den Menschen. Wir waren langsam unterwegs, sind also immer von Ort zu Ort gezogen und haben somit Afrika sehr intensiv kennen gelernt. Wir haben uns nie in den typischen Touristenecken aufgehalten. Auf jedem Markt haben wir versucht, eine neue Frucht zu entdecken und zu essen.
Natürlich ist auch der Moment spannend, wenn man einen Löwen oder Elefanten sieht. Wir waren gerade im Norden Botswanas unterwegs, als wir die ersten riesigen Elefantenhaufen auf der Straße entdeckt haben und plötzlich stand 15 Meter vor uns ein Elefant! Zuerst sieht man ihn gar nicht, obwohl er so riesig ist. Der steht die ganze Zeit über nahe der Straße, aber erst wenn es neben dir im Gebüsch raschelt, bemerkst du ihn.

Wie seid ihr vor Ort mit der HIV-Problematik umgegangen?

Wir waren in den davon am stärksten betroffenen Ländern. Dort wollten wir individuell erfahren, was die Menschen dazu zu sagen haben. Wir haben deshalb Waisenhäuser besucht und haben Experten getroffen. Meistens sind wir zu den deutschen Botschaften gegangen, wo es jedes Mal einen großen Presseempfang gab und wir die Kontakte zu den Experten herstellen konnten.

Wie macht ihr in Deutschland auf die prekäre Situation der AIDS-Waisen in Afrika aufmerksam?


Vor Ort hatten wir keine große Hoffnung, dass etwas nach Deutschland vermittelt werden würde. Erst jetzt findet der Übertragungsteil statt. Dieser erfolgt durch persönliche Erzählungen und Geschichten. Einerseits sammeln wir immer noch Geld für das Waisenhaus, andererseits sprechen wir verstärkt in Schulen dieses Problem an. Außerdem gibt es öffentliche Vorträge zu diesem Thema. Von meinem Wunderwelten-Vortrag gehen 900 Euro an das Malaika-Projekt. Bei jedem Festival sammeln wir dafür.

Dein Ziel ist es, das Wunderwelten-Festival zu etablieren. Hast du dafür eine besondere Strategie?

Die Hauptsache sind die Besucher. Von ihnen brauche ich ein Feedback, ihnen muss es gefallen. Wenn ich das Gefühl habe, ich bringe etwas auf den Markt, das den Menschen nicht gefällt, brauche ich auch keine Motivation dafür zu haben. Wie aber überall ist das größte Problem die Finanzierung. Dabei zähle ich vor allem auf die Stadt. Sie hat großes Interesse gezeigt, auch weiterhin mit mir zusammenzuarbeiten. Was wir jetzt noch brauchen, sind größere Sponsoren, die sagen, dass ihnen der Ansatz gefällt. Die Strategie ist, dass ich mit dem, was ich bisher erreicht habe, an verschiedene Menschen, Firmen, Gemeinschaften und Gruppen herantrete und sage: „Hey, habt ihr nicht Lust, das zu unterstützen?“

Vielen Dank für dieses Gespräch.

von Verena La Mela
   

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