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 StudiLeben
06.07.2010

Zwischen Windeln und BĂĽchern

Studium und Familie sind nicht leicht zu vereinbaren

In Deutschland haben rund fünf Prozent aller Studenten ein oder mehrere Kinder. Wir trafen zwei Mütter, die Studium und Kind eindrucksvoll miteinander verbinden. Sie erzählen von ihrem Alltag zwischen Familie und Universität.

In Deutschland haben rund fünf Prozent aller Studenten ein oder mehrere Kinder. Wir trafen zwei Mütter, die Studium und Kind eindrucksvoll miteinander verbinden. Sie erzählen von ihrem Alltag zwischen Familie und Universität.

Heute mittag sind die Bänke vor dem Marstall restlos besetzt. Die Hitze treibt die Studenten in den Schatten unter Bäume und Sonnenschirme. Die Gesprächsthemen kreisen um die anstehenden Klausuren, die nächsten Parties oder die Fußball-WM. Auch Eva* und Martina* denken an ihr Studium, an Klausuren und Hausarbeiten.

Sie trinken gemeinsam Kaffee. Evas Blick schweift immer wieder über die Menge. „Emma*, bleibst du bitte hier“, ruft sie ihrer zweieinhalbjährigen Tochter zu. Während Emma auf Entdeckungsreise zwischen Bänken und Tischen geht, schläft Leonie*, Martinas Tochter, friedlich im Kinderwagen.

Eva studiert Kunstgeschichte auf Magister. In ihrem ersten Semester wurde sie schwanger: „Gewollt!“, betont sie. Dass es direkt klappt, damit hätte sie nicht gerechnet: „Mir wurde gesagt, dass es dauern könnte.“ Bis zum Ende des zweiten Semesters ging sie weiter zur Uni, machte während der Schwangerschaft ihr Latinum. Nach Emmas Geburt im Oktober 2007 beantragte sie zwei Urlaubssemester. Seit Wintersemester 2008/2009 ist die heute 30-Jährige wieder ordentliche Studentin.

Martina ist 28 Jahre alt, sie studiert Grundschullehramt an der Pädagogischen Hochschule (PH). Als sie sich für ein Studium entschied, war Leonie bereits auf der Welt. Leonie wird von der Elterninitiative „Wullewatsch“ an der PH betreut. Dort können PH-Studenten ihre Kinder während der Veranstaltungen beaufsichtigen lassen und sie danach wieder abholen.

Das Angebot passt sich dem Stundenplan der Mütter und Väter an. Maximal sechs Stunden am Tag, kann Leonie dort bleiben. Doch – und das unterscheidet die Elterninitiative von anderen Kindertagesstätten – das Betreuungsangebot deckt die Zeit von 8 Uhr bis 20 Uhr ab. Die Flexibilität von „Wullewatsch“ weiß Martina sehr zu schätzen. Sie sieht großen Bedarf an Betreuungsangeboten für unter Dreijährige in Heidelberg.

Diesen Bedarf hat auch Agnes Speck, Geschäftsführerin des Gleichstellungsbüros der Universität Heidelberg, erkannt. Trotzdem betont sie: „Es gibt Wartelisten, aber wir bekommen alle Kinder unter.“ Sie ist der Meinung, dass das Studium eine gute Zeit ist, Kinder zu bekommen.

Auch Eva und Martina glauben, dass es Studentinnen etwas einfacher haben als berufstätige Mütter. „Aber,“ erklärt Eva „ich habe es auch nicht annährend so schwer wie eine Alleinerziehende, die studiert.“ Denn sowohl Eva als auch Martina sind verheiratet. Ihre Männer sind berufstätig und verdienen den Lebensunterhalt. Insgesamt haben in Deutschland fünf Prozent der Studenten ein Kind, die meisten davon sind verpartnert oder verheiratet. Nur sieben Prozent gelten als alleinerziehend.

Evas Tochter Emma geht zweimal die Woche zur Tagesmutter, weil die Betreuungszeiten in den Kindertagesstätten am Nachmittag zu früh enden. Den Hiwi-Job in der Institutsbibliothek braucht Eva nicht aus finanziellen Gründen: „Ich arbeite, weil es mehr Spaß macht, das selbst verdiente Geld auszugeben und weil es schön ist, noch etwas anderes mitzubekommen.“

Falls Emma einmal krank ist und Eva keinen Ersatz findet, hilft ihre Chefin dabei. Auch die Professoren und Dozenten seien in der Regel sehr rücksichtsvoll und kooperativ, zum Beispiel was Abgabefristen angehe. „Mit Kind brauchst du für alles doppelt so lange, weil du nur abends ein paar Stunden arbeiten kannst“, erklärt Martina.

Die Vereinbarung von Studium und Familie stelle Studierende immer wieder vor neue Herausforderungen, erklärt Antje Gramlich, Mitarbeiterin im Gleichstellungsbüro. Doch die Mütter entwickelten ein straffes Zeitmanagement, mit dem sie sich meist besser organisierten als Studenten ohne Kind.

Jedes Semester bietet das Gleichstellungsbüro neben Beratungsgesprächen auch einen Zeitmanagement-Workshop für Eltern an. Auf der Homepage findet man außerdem viele Tipps zum Studium mit Kind. Auch das Studentenwerk unterstützt studierende Eltern, es vermittelt Betreuungsplätze und Wohnungen.

Doch der Wohnraum in Heidelberg ist knapp und wenn der Partner wie bei Eva und Martina berufstätig ist, hat man darauf keinen Anspruch. Mit Kind ist man von den Studiengebühren befreit. Verdient der Partner, bleiben weitere finanzielle staatliche Vorteile, abgesehen vom Kindergeld, aus.

Als ein Problem würden Eva und Martina das Studium mit Kind aber nicht bezeichnen. Für die Zukunft wünschen sich beide Frauen mehr Kinder, wenn sie im Studium mit dem Gröbsten durch sind und danach: „Ich könnte mir vorstellen an der Uni zu bleiben um zu promovieren“, meint Eva.


*Alle Namen wurden auf Wunsch der Eltern geändert.

von Julia Held
   

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