Nachrichten

08.02.2012

Master nur für jeden Dritten

Zweifel, Papierkram und Unklarheiten

Womöglich kann künftig nur jeder dritte Bachelorabsolvent weiterstudieren. / Foto: Annika Kasties und Simone Mölbert

Der Weg zum Master ist nicht nur steinig, sondern auch eng. Nur jeder dritte schafft ihn. Trotzdem wollen mehr als die Hälfte aller Bachelorstudenten ihn gehen. Doch sie ihr Ziel erreichen ist mehr als unsicher und der Weg dorthin für viele nervenaufreibend.

„Ich möchte im Anschluss an meinen Bachelor mit einem Master beginnen“, sagt Frederike, 22 Jahre, Geographiestudentin. „Was mich und viele Kommilitonen momentan beschäftigt, ist die Frage: Reicht mein NC für einen Master-Platz aus?“ Da noch Prüfungen ausstehen, sei es momentan schwer einzuschätzen, ob die bisherigen Noten ausreichen werden. „Für viele Jobs werden immer höhere Qualifikationen vorausgesetzt, weshalb meiner Meinung nach alle, die sich weiterbilden wollen, auch die Chance dazu haben sollten“, fügt sie hinzu. 

Vielen geht es ähnlich. Die Unsicherheit, ob der gewünschte Platz zu kriegen ist, ob die Noten ausreichen, oder welche anderen Kriterien bei der Studienplatzvergabe noch eine Rolle spielen, raubt zahlreichen Studenten den Schlaf. Denn für mehr als die Hälfte der Bachelorstudenten ist, laut einer Umfrage des Hochschul-Informations-Systems (HIS), klar: Der Bachelor reicht ihnen nicht.

Dabei sollte der Bachelor mit Einführung der gestuften Studienabschlüsse zum Regelabschluss werden. Jedoch trauen, wie Frederike, viele Studenten ihren Berufsaussichten nach dem Bachelor noch nicht so recht. Laut HIS ist genau das einer der Hauptbeweggründe für die Entscheidung zum Masterstudium. 

Auch dem Deutschen Hochschulverband (DHV) zufolge ist die Angst vor zu wenigen Masterplätzen berechtigt. Auf lange Sicht stehe nach DHV-Angaben nur jedem dritten Bachelorabsolventen auch ein Masterstudienplatz zur Verfügung. Zu wenig, wenn mehr als die Hälfte der Studenten den zweiten Hochschulabschluss anstreben. 

Trotzdem kein Grund zur Sorge? Glaubt man der Bundesbildungsministerin Annette Schavan, gibt es mehr als genug Masterstudienplätze in Deutschland - nur nicht immer an der Wunsch­universität. Allerdings sind laut HIS-Umfragen nur gut ein Viertel der Studenten dazu bereit, für den Master die Uni zu wechseln.

Zu diesem Viertel zählt Eva. Die Politikstudentin ist für ihren Master von Konstanz nach Heidelberg gezogen. Auch ihr war „von Anfang an klar, dass man mit einem Bachelor in Geisteswissenschaften nicht so weit kommt. Ich wollte aber eine neue Stadt und eine neue Uni kennenlernen.“ Gründe genug für die 24-Jährige ihr bereits bekanntes Umfeld und einen gut bezahlten Hiwi-Job aufzugeben. „Ich glaube, dass das nicht viele Studenten wollen. An der eigenen Uni hat man Freunde, man kennt die Professoren und es ist leichter, für den Master übernommen zu werden.“

Die Befürchtung vieler Studenten, keinen Platz zu bekommen, kennt auch sie nur zu gut: „Ich hatte schon Angst, für den Politik-Master nicht zugelassen zu werden, da es ja nur mein Nebenfach war. Deswegen habe ich mich an mehreren Unis gleichzeitig beworben.“

Laut Eva haben alle Studenten in ihrem Studiengang einen Notendurchschnitt von 2,0 oder besser. Gerade bei Bachelorabsolventen mit schlechterem Notendurchschnitt, könne sie sich vorstellen, dass es schwer wird, einen Platz zu bekommen.  „In Geschichte waren wir damals 120 Leute im Studiengang und es gab nur zehn Masterplätze. Daher ist es wichtig, sich von anderen Bewerbern abzusetzen“, rät die Politikstudentin. Ein besonderes Profil, Hiwi-Stellen, Praktika und Auslandsaufenthalte könnten neben guten Noten helfen, die Chancen zu verbessern.

In den meisten Studiengängen an der Universität Heidelberg benötigen Studenten einen Durchschnitt von 2,5 oder besser, um für einen Masterstudiengang zugelassen zu werden. In vielen Fächern und auch an mehreren anderen Universitäten kommen eine Menge weiterer nötiger Qualifikationen wie Sprachkenntnisse und Praktika hinzu. Eine Menge Papierkram, der auch Eva bei der Bewerbung überrascht hatte. Viele Bewerber sind sich oft bis zum Ende nicht sicher sind, wie ihre Chancen stehen. Sind alle Hürden überwunden und der Masterplatz tatsächlich in der Tasche, heißt es aufatmen und zurücklehnen. Oder doch nicht? 

Anne, Masterstudentin im Fach Übersetzungswissenschaft am SÜD in Heidelberg, weiß da anderes zu berichten: „Eine meiner Fremdsprachen ist Portugiesisch. Nach der Einführung des neuen Master im vergangenen Wintersemester wurde Portugiesisch ‚unterbrochen‘. Diese Sprache kann man also nicht mehr belegen, außer im Fach Dolmetschen. Für künftige Masterstudenten gibt es also im kommenden Semester offiziell kein Portugiesisch-Angebot mehr.“ Zwar können alle vor dem Wintersemester 2011/12 Immatrikulierten ihre Pflichtkurse noch absolvieren und haben gegenüber der Uni darauf einen Rechtsanspruch, aber ganz zufrieden ist  Anne damit nicht. „Es ist schon ärgerlich, dass die Sprache in Zukunft einfach unter den Tisch fällt“, sagt sie. 

Sollte der Master auch in Zukunft nicht an Beliebtheit verlieren, wird sich wohl spätestens mit den steigenden Studentenzahlen der letzten Semester zeigen, ob die Erwartungen des Deutschen Hochschulverbands tatsächlich eintreten werden.

von Alexandra Jurecko
   

ruprecht anrufen