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 Heidelberg
03.02.2013

Ein Kurs zum Wundern

Wo Gläser, Stifte und Tische keine Bedeutung haben

Michael von Carnap neben seiner Kurseinladung. / Foto: Lea Seitz

Bunte DIN A4-Blätter, überall in Heidelberg verstreut, laden zu „Ein Kurs in Wundern“ ein. Was hat es damit auf sich?

Die Person, die dahinter steckt, ist Michael von Carnap. „Für mich“, sagt er, „sind die Gedanken des Kurses mehr wert als alles Geld der Welt“. Eben diesen Kurs, der in den USA entstand und auf dem Christentum beruht, leitet er in Heidelberg. Er selbst hat jedoch keinen Bezug zur Religion. Einmal im Monat trifft sich die Gruppe, die aus circa zehn Leuten im Alter von 20 bis 60 Jahren besteht. Im Winter finden die Treffen bei ihm zu Hause statt, im Sommer im Freien.

Dort führt man gemeinsam Übungen aus dem Kursbuch durch. 365 gibt es davon, für jeden Tag eine. Sie beschäftigen sich mit der Art zu denken. Die erste besteht zum Beispiel darin, die Bedeutung der Dinge, die man vor sich sieht, zu negieren: „Dieses Glas hat keine Bedeutung. Dieser Stift hat keine Bedeutung. Dieser Tisch hat keine Bedeutung.“

Laut Kurs existieren keine körperlichen Grenzen, sondern allein Gedanken. Diese sind damit beschäftigt, ununterbrochen zu bewerten und einzuordnen. Dadurch machen sie Dinge sichtbar und der Mensch bekommt Sicherheit. Allerdings kann er gar nicht (richtig) urteilen, da er nichts weiß. Der Kurs versucht den umgekehrten Weg zu gehen – eben keine Beurteilung zu treffen – und alles unsichtbar zu machen. Wirklich ist nur die Quelle, das heißt der Geist, der keine Formen hervorbringt. Besonderheiten, die ein Individuum ausmachen, halten keiner Überprüfung stand, so sind Geburtsort und Lebensgeschichte vielleicht auf einem Zettel nachlesbar, jedoch nie greifbar, sie sind „wilde Fantasien“. Es gibt weder Raum, noch Vergangenheit und Zukunft. Der Mensch ist immer zu spät, da er ständig darüber nachdenkt. Das Leben ist eine Fantasie, beispielsweise über Tod, Hochzeit oder Kinder. Deshalb ist auch Handeln völlig egal. Dennoch muss man in „dieser Welt“ Verantwortung übernehmen. Dort sind Schmerz, Folter, Leid real. Aus Kurssicht gibt es keinerlei Verantwortung, da der Mensch sich nicht selbst geschaffen hat.

Aber macht man es sich damit nicht etwas zu einfach? Und was ist mit dem Leid, das der Mensch selbst hervorgerufen hat? Und ja, Menschen fällen durchaus schnell Urteile, manchmal zu schnell, ohne sich dessen bewusst zu sein. Kann das allerdings nicht manchmal sogar überlebensnotwendig sein? Gleichheit ist erstrebenswert, gut. Aber keine „Identität“ mehr, nichts, was den einen Menschen von einem anderen unterscheidet.

Kann das wünschenswert sein? Und gar keine Dinge mehr als „schön“ beurteilen zu können? Diese Fragen bleiben nach der ersten Begegnung mit Michael von Carnap und „Ein Kurs in Wundern“ unbeantwortet.

von Lea Seitz
   

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