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 Feuilleton
13.05.2013

Das Rätsel der fünf Rosen

Wie wir in Kirchheim versuchten, dem Geheimnis der sagenumwobenen Freimaurer auf die Spur zu kommen und es uns doch nicht ganz gelang.

Das Symbol der Freifmaurer am Heidelberger Schloss. / Foto: Anna Vollmer.

Fragt man in seinem Umfeld, was es denn so mit den Freimaurern auf sich habe, ob sich jemand etwas darunter vorstellen könne, so fallen die Antworten sehr schwammig aus. Meist sind es Stichworte wie „Geheimbund“, „Illuminati“ oder auch „Dan Brown“, oft die Frage „Gibt es die noch? Gab es sie überhaupt?“ Es gab und gibt sie noch. Sogar in Heidelberg.

Woran also liegt es, dass niemand so richtig Bescheid zu wissen scheint? Am berühmten „Geheimnis“ der Freimaurer vielleicht, noch so ein vager Begriff, den niemand zu erklären vermag? Und worin genau besteht dieses Geheimnis? Um jeglichen Spekulationen ein Ende zu setzen, besuchen wir die älteste Heidelberger Loge „Ruprecht zu den fünf Rosen“.

Der Ort ist nicht sonderlich aufregend – eine überschaubare Wohnung in Kirchheim. Drumherum Einfamilienhäuser, wer nicht auf das Klingelschild schaut, läuft rasch vorbei. Auffallen, das wird auch im Laufe des Abends immer wieder betont, ist nicht unbedingt im Sinne der Freimaurer. Man möchte lieber gefunden werden.

Es ist Vortragsabend und um kurz vor acht ist die Loge schon gut besucht. Es herrscht eine familiäre Stimmung. Die Gäste, insbesondere, da es sich um junge Damen handelt, werden neugierig beäugt. Das verunsichert, man weiß nicht recht, wohin mit sich, doch zum Glück kommt bald ein netter Herr, sehr offen und hilfsbereit, zeigt, wo man sich setzen kann, Getränke gibt es auch.

Der Vortrag beginnt und spätestens jetzt ist das anfängliche Unwohlsein verflogen. Professor Hans-Hermann Höhmann, Sozialwissenschaftler und Freimaurerforscher, referiert über das Thema „Freimaurerei: Gemeinsame und getrennte Wege durch die Geschichte“. Höhmann ist weder unnahbar noch unheimlich, wie man sich einen Anhänger der Bruderschaft vielleicht nach Lektüre gewisser moderner Kriminalromane vorgestellt hatte, sondern ein sehr sympathischer älterer Herr, den man sich als Professor wünschen möchte, so frei und unterhaltsam berichtet er über die Geschichte der Freimaurer. Es fallen illustre Namen wie Mozart, Lessing, Goethe und jede Menge Zitate von Dichtern und Denkern. Die Hälfte der europäischen Kulturgeschichte scheint irgendwann mal irgendwas mit den Freimaurern zu tun gehabt oder sich zumindest mit ihnen beschäftigt zu haben.

Was also genau machen die Freimaurer und wie sind sie entstanden? Der Name „Freimaurer“ ist die Übersetzung des englischen Ursprungswortes „freemason“ und geht auf die Steinmetzgilden und ihre Bauhütten, sprich, Werkstätten, im Mittelalter zurück. Gilden waren schon immer Orte sozialer Zusammenkunft und boten somit auch Raum für Diskussionen. Bald begannen Außenstehende, die Gilden zu besuchen und die physischen Werkzeuge der Metze wurden zu metaphorischen Denkwerkzeugen. So lassen sich auch die Symbole der Freimaurer erklären: Das Winkelmaß steht für ein aufrichtiges Leben, der Zirkel ist Symbol von Gemeinschaft und menschlichen Beziehungen. Diese Entwicklung war der Beginn der „Gentlemen Masons“, die mit dem eigentlichen Beruf des Steinmetzes nichts mehr zu tun hatten und im Jahre 1717 die erste Großloge in Großbritannien gründeten.

Wie es zu diesem Wandel kam, und warum die Werkstätten der Steinmetze dessen Ursprung waren, darüber wird nach wie vor gerätselt. Ab diesen Anfängen, so macht Höhmann schnell klar, ist es schwierig von „der Freimaurerei“ zu sprechen, weil diese sich immer weiter auffächert und in verschiedene Richtungen verändert. Die drei Grundsäulen bleiben jedoch gleich: Freundschaft, Ethik und Rituale sind die Elemente, auf denen die Freimaurerei fußt. Welcher Aspekt den unterschiedlichen Logen oder auch nur einer Einzelperson am wichtigsten ist, variiert stark.

Natürlich klingt das nun alles sehr abstrakt und es bleibt die Frage: Was passiert in den Logen? Es wird diskutiert über allerlei Themen, die Meinungsvielfalt steht im Vordergrund. Die Freimauer verschreiben sich den Idealen der Aufklärung, doch propagieren wollen sie diese nicht. Jeder hat seine eigene persönliche Auffassung einer Sache, als Sprachrohr gemeinsam aufzutreten würde diesen Grundsatz verletzen. Schon im persönlichen Gespräch nach dem Vortrag wird das Ausmaß dieser Philosophie klar – auf ein und dieselbe Frage erhält man drei Antworten. Warum genau gibt es so wenige gemischte Logen und warum haben sich die Brüder der Fünf Rosen für eine Männerloge entschieden? Der Erste erklärt es mit der Tradition, der Zweite glaubt, dass in einer gemischten Runde nie vollkommene Offenheit herrschen kann, der Dritte sagt, die „Körperlichkeit“ der Rituale sei für gemischte Logen ungeeignet. Unbedingt möchte man nun natürlich wissen: Was macht man denn da, bei diesen Ritualen? Richtig klar wird das nicht. So wie man überhaupt öfter das Gefühl hat, von allem eine vage Idee bekommen, aber nichts völlig verstanden zu haben.

Liegt darin das Geheimnis? Und kommt es von den Freimaurern oder wird es von Außenstehenden an sie herangetragen? Es stimmt wohl beides. Bis zum Schluss möchte keiner verraten, wofür die Fünf im Namen „Ruprecht zu den fünf Rosen“ steht. Benannt ist die Loge nach dem Bauherrn des Ruprecht-Baus am Heidelberger Schloss, der dabei zwei kleine Kinder verlor; Rosen sind das Symbol der brüderlichen Liebe. Schön und gut, doch nochmal nachbohren: die Fünf? „Das sagen wir nicht.“ Sie kultivieren es also auch, ihr Geheimnis und dies trägt, erklärt Höhmann, zur „Verzauberung“ bei. Auf der anderen Seite sind da Dan Brown und andere, die aus den Freimaurern einen Geheimbund machen – nicht immer in deren Sinne. Dass man hier angeblich Wein aus Totenschädeln trinke, das wecke natürlich Interesse, doch nicht unbedingt bei den richtigen Leuten. Trotzdem sind auch bei diesem Thema die Meinungen geteilt. Einige verärgert diese Art von Werbung, andere nennen Browns Romane den „dritten großen PR-Gag in der Geschichte der Freimaurerei“ – nach dem Beitritt Friedrichs des Großen und der Zauberflöte von Mozart.

Es gibt eine ganze Menge Kontroversen und Rätsel, die ein einziger Abend Einblick nicht zu lösen vermag. Wie nähert man sich am besten dem Phänomen Freimaurerei? Und haben ihre Mitglieder es selbst vollkommen durchschaut? Man lerne immer dazu, auch über sich selbst. Darüber sind sich ausnahmsweise mal alle einig. Was die Philosophie der Maurer angeht, da hilft nur eins: „Lesen, Lesen, Lesen“, ruft Höhmann und schickt einem gleich sein halbes Buch.

Letzte Frage: Wie wird man eigentlich Freimaurer? Gesucht wird ein „freier Mann von gutem Ruf“. Viel konkreter wird es nicht. Jeder kann vorbeischauen und am Ende entscheiden die Brüder, wer aufgenommen wird. Entscheidend ist hierbei natürlich nicht Meinungskonformität, Religion oder politische Ausrichtung. Der neue Bruder solle sich in die Harmonie der Gruppe fügen, das sei das Wichtigste.

Während der Diskussionsrunde wird Facebook erwähnt, auch ein soziales Netzwerk, nur digital. Sind die Freimaurer noch zeitgemäß? Braucht man sie? Natürlich kann man all das in Frage stellen. Man kann die Freimaurer mögen, oder nicht, für veraltet halten und auch unwichtig, obwohl deren Mitglieder dies sicher bestreiten würden. Doch vielleicht sollte man die Frage anders stellen: Wie bewahrt man den Mythos des Geheimnisvollen in Zeiten von Facebook? Den Freimaurern gelingt das erstaunlich gut. So bleibt auch über 200 Jahre später das Zitat des deutschen Philosophen Fichte aktuell: „Das größte Geheimnis der Freimaurer ist, dass sie keins haben; so kann man mit Recht sagen: das offenbarste und dennoch geheimste Geheimnis der Freimaurer ist, dass sie sind und fortdauern.“

von Anna Vollmer
   

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