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13.05.2013

Wenn zwei sich streiten

Ein Streik, wie er im Buche steht: Strapazierte Rechenschieber, unversöhnliche Tarifpartner und ein absehbares Ende

Die Gleise bleiben frei. / Foto: Michael Graupner

Die RNV und Verdi sind zwar zu einer Einigung gekommen, dennoch wurde am gestrigen Montag, 13. Mai, erneut zum Streik aufgerufen. Seit heute fahren in Heidelberg die Bahnen und Busse wieder.

Es gehört zu den Eigenarten der bisherigen Streiktage, dass dieser Streik für Unbeteiligte nur mittelbar wahrnehmbar ist. Während deutschlandweit derzeit die Beschäftigten in der Metall- und Elektroindustrie laut trillernd, schreiend und trommelnd durch die Städte ziehen, konnte man von den Beschäftigten der RNV fast keinen Ton vernehmen. So entstand in Heidelberg die merkwürdige Situation, dass an den großen Verkehrsschienenpunkten und Straßenbahnhaltestellen eine fast schon gespenstische Stille herrschte. Nur vereinzelt konnten fluchende, auf die Uhr schauende Menschen beobachtet werden. Hingegen prägten hupende Auto- und wild gestikulierende Radfahrer das Stadtbild.

Am Montag kam es wieder zu solchen Szenen. Die RNV und Verdi konnten sich in den bislang sieben Verhandlungsrunden bis gestern nicht auf einen Tarifvertrag für die 1900 Beschäftigten einigen.

Im Kern geht es in den Verhandlungen darum, wie die Erhöhung der Löhne ausfallen soll. Verdi verlangt eine Lohnerhöhung um sieben Prozent, jedoch mindestens 200 Euro für jeden. Für die RNV natürlich eine deutlich überzogene Forderung. So beginnt das übliche Katz-und-Maus-Spiel, das Tarifverhandlungen ausmacht.
Sabine Schlorke, Verhandlungsführerin von Verdi, will allen voran „die teils sehr hohen Lohnunterschiede zwischen den Arbeitnehmern in der Privatbranche und dem Öffentlichen Dienst“ angleichen. „Ein Busfahrer in einem privaten Busbetrieb verdient zwischenzeitlich 200 Euro brutto im Monat  mehr als bei der RNV“, so die Gewerkschafterin gegenüber dem ruprecht. Ein Bus- oder Straßenbahnfahrer in Karlsruhe oder Stuttgart bekomme sogar 400 Euro mehr. Gerade die Berufseinsteiger bei der RNV seien mit einem Brutto-Lohn von 2029 Euro unterbezahlt: „Mit diesem Verdienst kann man sich nichts leisten, keine Familie gründen, geschweige denn, diese ernähren.“ Bislang sei das Angebot der Arbeitgeber seit der zweiten Verhandlungsrunde bei 2,75 Prozent Lohnerhöhung verharrt, das sei für Verdi „keine Verhandlungsgrundlage“.

Das sieht Moritz Feier von der Unternehmenskommunikation der RNV jedoch anders. Verdi verhandle nicht, sondern beharre nach wie vor auf der Eingangsforderung. „Wir haben uns in jeder Verhandlungsrunde einen Schritt auf Verdi zubewegt und unser Angebot immer weiter verbessert.“ So besitzen noch etwa 1300 Beschäftigte Verträge aus den Vorgängerunternehmen der RNV, den kommunalen Verkehrsbetrieben von Ludwigshafen, Mannheim und Heidelberg, die 2004 vereinigt wurden. Diese Mitarbeiter erhalten zusätzlich zu ihrem RNV-Gehalt sogenannte Besitzstandszahlungen. Im Fahrdienst liegen diese Zahlungen im Durchschnitt bei 819 Euro pro Monat. Somit verdienen aus den Altunternehmen überlassene Fahrer im Durchschnitt inklusive aller Zuschläge etwa 3250 Euro monatlich. Die RNV wolle jedoch gerade die Besitzstände von der üblichen Tariferhöhung außenvorlassen, um die „Schere“ zwischen neuen und „alten“ Beschäftigten nicht weiter auseinandergehen zu lassen. Demnach fallen die Erhöhungen laut Kerber wesentlich deutlicher aus: „Ein vor einem Jahr eingestellter RNV-Fahrer erhält tatsächlich jeden Monat 3,94 Prozent mehr Entgelt und auch Sonderzahlungen und Leistungsentgelt würden entsprechend steigen“, so Kerber. Das verschweige Verdi allen Beteiligten „konsequent“.

Und so hat auch dieser Tarifkonflikt inzwischen sein absehbares Ende genommen. Am Freitag und am gestrigen Montag sprachen RNV und Verdi wieder miteinander. Moritz Feier kündigte schon einmal die Konsequenzen einer möglichen Einigung an. Die dann entstehenden höheren Personalkosten müssen selbstverständlich durch die Kunden getragen werden.

von Michael Graupner
   

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