Dies ist ein Archiv der ruprecht-Webseiten, wie sie bis zum 12.10.2013 bestanden. Die aktuelle Seite findet sich auf https://www.ruprecht.de

ruprecht-Logo Banner
ruprecht/Schlagloch-doppelkeks-Jubiläum
Am 13.10. feiern wir 25 Jahre ruprecht/Schlagloch und 10 Jahre doppelkeks [...mehr]
ruprecht auf Facebook
Der aktuelle ruprecht
ruprecht vor 10 Jahren
Andere Studizeitungen
ruprechts Liste von Studierendenzeitungen im deutschsprachigen Raum
ruprecht-RSS
ruprecht-Nachrichten per RSS-Feed
 Movies
29.06.2009

Home

3 von 4 Rupis - Überzeugendes Debüt

Was hier als Komödie beginnt, schlittert unerbittlich in die Katastrophe: Ursula Meier erzählt in ihrem ersten Langfilm mit kargen, kraftvollen Bildern von einer modernen Vertreibung aus dem Paradies.

Kurz vor den Sommerferien kommen die Teermaschinen, dann Bautrupps, die Leitplanken montieren und weiße Spurmarkierungen aufmalen. Dann die ersten Autos der Pendler. Und mit dem Beginn der Ferien endlose Blechlawinen, die in der Gluthitze im Stau steckenbleiben. Damit ist es endgültig vorbei mit der Ruhe für die fünfköpfige Familie, die das alte Haus am Rand der Autobahn bewohnt. Ein ewiges Provisorium, das zum Zuhause geworden ist.

Die Autobahn, die zehn Jahre lang auf ihre Eröffnung gewartet hat – womöglich wegen politischer Rangeleien, so genau erfährt man das nicht – ist nicht länger Spielplatz, Vorgarten, Rollschuhbahn und Terrasse für Julien, Marion, Judith und ihre Eltern, sondern entpuppt sich als Eindringling mit ungeahnter Zerstörungskraft, der nun ohne Unterlass an den Nerven der Familie zerrt.

Mit kargen, eindrucksvollen Bildern schildert Regisseurin Ursula Meier in ihrem ersten Langfilm, wie die Familie sich vor dem Unausweichlichen zu verschließen versucht und dabei in den Abgrund taumelt.

Grotesk und surreal sind die Reaktionen ihrer Helden, die im Grunde wissen, dass sie ihr Haus verlassen müssen, und sich statt dessen noch enger daran binden: Während der Vater eilig die Wände mit Glaswolle zu dämmen versucht, verlegt die Mutter die Schlafzimmer in die der Straße abgewandte Hälfte des Hauses. Marion zählt mit wissenschaflichem Eifer Fahrzeuge, sammelt Feinstaub von den Gräsern entlang der Autobahn, und erwartet eher gespannt als ängstlich die von ihr prophezeiten gesundheitlichen Folgen von Lärm und Abgasen.

„Home“ ist eine Metapher für die Gefangenschaft der Psyche, für ein alles übertönendes Bedürfnis nach Befreiung, das selbst das große, einzige Hindernis auf dem Weg in die Freiheit ist. Alle Schutzschilde vor Lärm, Abgasen und den Blicken der Vorbeifahrenden, die vor allem Marion und die Eltern aufbauen, beschneiden letztlich nur die Lebensfähigkeit der Familie. Am Ende sind Fenster und Türen des Hauses vermauert, die Familie in Hilflosigkeit erstarrt.

von Helga Rietz
   

Archiv Klecks und Klang 2024 | 2023 | 2022 | 2021 | 2020 | 2019 | 2018 | 2017 | 2016 | 2015 | 2014 | 2013 | 2012 | 2011 | 2010 | 2009 | 2008 | 2007 | 2006 | 2005 | 2004