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 Heidelberg
23.05.2012

Lux-Harmonie ringt um Existenz

Betreiber und BĂŒrgerinitiative wollen Kino in der Altstadt erhalten

Die Zukunft des letzten Mainstream-Kinos in Heidelberg bleibt ungewiss. / Foto: Katharina Kolvenbach

Der Mietvertrag lĂ€uft aus, die Besucher bleiben weg. Ideen und gute Argumente sind nötig, um das einzige Mainstream-Kino in Heidelberg vielleicht doch noch zu erhalten.  Aber rote Zahlen sind kein gutes Argument und die Stadt sucht bereits einen neuen Standort.

Von „Kinomord“ ist in der musikalischen Einstimmung auf den Abend die Rede, als die Betreibergesellschaft des Lux-Harmonie-Kinos und die Initiative Lebenswerte Altstadt (ILA) zu einem Diskussionsabend eingeladen hatten. Sie sind gekommen, um Ideen zu sammeln  und vorzustellen, wie der „Kulturstandort Theaterplatz“ gerettet werden könnte. ILA und die Betreiber sind sich einig: Das Kino muss bleiben. „Wir können uns keine Altstadt ohne dieses Kino vorstellen“, sagt MitgeschĂ€ftsfĂŒhrer Karlheinz Belz. 

Da der Mietvertrag im Wormser Hof zum 31. Dezember auslĂ€uft, mĂŒssen nun Ideen und gute Argumente her, damit das Kino ĂŒber dieses Datum hinaus bleiben kann. In der Altstadt fehle es an öffentlichen PlĂ€tzen, stimmen die Diskussionsteilnehmer ĂŒberein. Kaum eine Ecke in der Altstadt lĂ€dt zum Sitzen oder Verweilen ein. Den Großteil des Raumes nehmen CafĂ©s, Restaurants oder GeschĂ€fte ein. Orte ohne Konsumzwang sind rar.

 Diesem Schwerpunkt auf Kommerz und Konsum, statt auf Kultur, will die BĂŒrgerinitiative mit einem „Kino-Plus-Konzept“ begegnen: Filme mit Lesungen, einem Bistro oder einem öffentlichen BĂŒrgertreff mit Sitzgelegenheiten ohne Konsumzwang kombiniert, wĂŒrde die AttraktivitĂ€t des Lux-Harmonie erhöhen. So könnten das Kino und der neu gestalteten Theaterplatz nebenan zu einer „Kulturinsel der Altstadt“ werden, sagt ILA-Mitglied und GemeinderĂ€tin Hilde Stolz (Bunte GrĂŒne). Die 11?000 Bewohner der Altstadt brauchen mehr öffentlichen Raum und weiniger Konsum und vor allem kein zusĂ€tzliches Einkaufszentrum, wie es fĂŒr die Zukunft geplant ist. Auch da ist man sich mit den Kinobetreibern einig.

Doch das beste Argument, um das Kino weiterhin zu erhalten, ist ein guter Umsatz. „Nach der Wiedereröffnung sind die geplanten und erhofften Besucherzahlen leider ausgeblieben“, erklĂ€rt Belz. Nach nur knapp sechs Wochen ohne Spielbetrieb verlĂ€uft der Wiederanlauf  seit Februar schleppend, die nötigen 200?000 verkauften Kinokarten pro Jahr seien bisher nicht annĂ€hernd erreicht. Belz glaubt, dass die Zuschauer wĂ€hrend der Spielpause „andere Laufwege“ gefunden hĂ€tten und in die Kinos nach Mannheim oder Walldorf abgewandert seien. Da die Wiedereröffnung des Lux-Harmonie in den Semesterferien lag, hĂ€tten auch viele Studierenden das nicht mitbekommen. Auch könne das Lux-Harmonie technisch nicht mit der Konkurrenz mithalten, schließt Belz. Wirtschaftlicher Erfolg sei aber unerlĂ€sslich, um die Stadt davon zu ĂŒberzeugen, auf das geplante Einkaufszentrum im Wormser Hof zu verzichten, unterstreicht GemeinderĂ€tin Hilde Stolz (Bunte Linke). Um zusĂ€tzlich politischen Druck durch eine BĂŒrgerbeteiligung in der Frage ausĂŒben zu können, seien außerdem mindestens 1000 Unterschriften nötig. Die BĂŒrgerinitiative ist fleißig am Sammeln.

Derweil untersucht die Stadt andere mögliche Standorte fĂŒr ein neues Kino. Neben der umstrittenen Friedrich-Ebert-Anlage oder der Bahnstadt  ist auch der große Parkplatz zwischen Bahnhof und Opernzelt im GesprĂ€ch. Es sei zunĂ€chst der Entscheidung des Immobilienbesitzers ĂŒberlassen, an wen er das GebĂ€ude Ende des Jahres verĂ€ußere, hieß es von Seiten der Stadt. Wegen Denkmalschutzauflagen und einer Funktionsfestlegung des Standortes sei es keinesfalls sicher, dass dem Kino ein Textilkaufhaus folge, sagte Diana Scharl von der Stadtverwaltung dem ruprecht.

Gemeinderat Christoph Rothfuß (GrĂŒne) sieht auch das Kino selbst in der Pflicht: „Das Programm muss erweitert werden“ forderte er. „In Mannheim gibt es ein Kino, das sonntags den Tatort live ĂŒbertrĂ€gt. Der Eintritt ist umsonst und das Kino verdient an Popcorn und GetrĂ€nken.“ 

Die Betreiber waren dankbar fĂŒr die vielen VorschlĂ€ge der Diskussionsteilnehmer, merkten aber auch an, dass die kleine Belegschaft zurzeit schon allein mit den routinemĂ€ĂŸigen AblĂ€ufen voll ausgelastet sei. Viele KapazitĂ€ten, um Tatortabende oder Harry-Potter-NĂ€chte umzusetzen, bleiben da nicht. Es fehlt an Geld, Personal und Technik.
Und so bleibt auch den Mitarbeiten wenig Spielraum, die Situation zu verbessern. Die Zeit drÀngt und jeder Besucher zÀhlt.


Nicht noch ein Einkaufszentrum!

Ein Kommentar von Benjamin Weineck

Mehr öffentlich nutzbaren Raum ohne Konsumzwang? Gute Ideen fĂŒr einen optimalen Standort. Die Altstadt ist vom Einzelhandel dominiert. Da tut mehr öffentliche FreiflĂ€che oder ein kulturelles Angebot not. Aus ökonomischer Sicht, aus der Sicht der Politik, ist ein Textilkaufhaus lukrativer. Die hohen MietertrĂ€ge am Standort könnten voll abgeschöpft werden, wenn man kein krĂ€nkelndes Kino am finanziellen Tropf hĂ€lt. Und doch sind die Kinobetreiber und die BĂŒrgerinitiativen nicht ganz machtlos. Denn wenn die Altstadt eines nicht braucht, dann ist das gewiss ein weiteres Einkaufszentrum. Darin kommen nicht nur die Anwohner und Kinofans, sondern auch die kleineren EinzelhĂ€ndler ĂŒberein. Hier ergeben sich Möglichkeiten einer grĂ¶ĂŸeren Allianz, um politisch Druck aufzubauen und das Kino eventuell mit Mitteln aus der Kommune zu erhalten. Das ist keine Sozialutopie; Kinos, die von Kommunen getragen werden, sind weit verbreitet. Es wĂ€re ein starkes politisches Zeichen, dem Lux-Harmonie auch nach Ende des Jahres eine Zukunft zu sichern. Ein Zeichen gegen die kommerzielle und konsumorientierte Vereinnahmung der Altstadt. Doch es bleibt zu befĂŒrchten, dass man auch an dieser Stelle eher den Markt ĂŒber den Standort entscheiden lĂ€sst.

von Benjamin Weineck
   

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