ruprecht Nr. 45 in kleinen Häppchen


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Wo sind die Profs?

Studierende machen gegen Sparkurs der Bildungspolitik mobil

Langsam wird es ernst. Am 11. Dezember wird im Ländle der Vorhaushalt verabschiedet, der tiefgreifende Einschnitte in die Bildungsetats der Universitäten, die Einführung von Bildungsgutscheinen und die Erhebung einer direkt an das Land gehenden Verwaltungsgebühr von 100,- DM je Semester vorsieht. Betrachtet man die Diskussionen über weitere Einsparmaßnahmen, ist es nicht verwunderlich, daß die Zahl der protestierenden Studierenden steigt, wie auch die Demonstration am vergangenen Mittwoch zeigte.

Waren die ersten Demonstrationen und Veranstaltungen des "Zahltag-Bündnisses" gegen die angekündigten Sparmaßnahmen des Landes noch eher schwach besucht, so gelang es am letzten Mittwoch, mehr Studierende zum Protest zu bewegen, als sonst an einer durchschnittlichen Uniwahl teilnehmen. Mehrere Tausend Studierende folgten dem Aufruf "Zahlen oder Protestieren" und entschieden sich für das Demonstrieren. Es wurde die größte Demonstration seit sieben Jahren. Am Bunsenplatz fand eine Kundgebung statt, bei der kritisiert wurde, daß durch Studiengebühren soziale Selektion entstehe und der Staat sich zunehmend aus der Verantwortung, Bildung als gesellschaftliche Aufgabe zu verstehen, zurückziehe. Der Slogan "Bildung für alle" war einer der beliebtesten. Desweiteren riefen die Rednerinnen und Redner zum Boykott der geplanten Einschreibegebühr auf und schlugen verschiedene Möglichkeiten dazu vor.

Ein weiterer Slogan, der die Masse anheizte: "Wo sind die Profs?!" Auf der Kundgebung hatte ein Berliner Studierendenvertreter die Bedeutung einer Zusammenarbeit aller an der Universität Tätigen betont - bei der Demonstration aber machten sich Mitglieder des Mittelbaus und Professoren jedoch noch ziemlich rar.

Nach der Kundgebung entwickelte der Demonstrationszug eine bemerkenswerte Eigendynamik, die nach der Ankunft am Universitätsplatz sogar zur vorübergehenden Besetzung der Neuen Uni führte. Nach etwa einer Stunde strömten die Demonstranten gar ins Rektorat. Hausherr Peter Ulmer selbst sah sich genötigt, mit den Studierenden zu sprechen, allerdings ging er auf die Argumente der Protestler nicht ein und verteidigte die Einschreibgebühren.

Die Einsicht, daß es um weit mehr geht als "nur" um das eigene Geld, greift zusehends um sich. Denn die Sparpolitik in Baden-Württemberg dürfte anderen Bundesländern im Falle eines Erfolges als Modell dienen und zur Nachahmung anregen. Die Pläne aus Stuttgart als sozialverträglich oder gar als Verbesserung der Lehre anzupreisen, ist nicht nachvollziehbar. Besonders das Fehlen von Sozialkomponenten wird von den Kritikern bemängelt. Das Einführen von Bildungsgutscheinen im "Wert" von 1000,- DM erscheint vielen Studierenden als Einführung von Studiengebühren. Zwar werden diese Gutscheine bis zum 13. Semester gratis vergeben, aber durch das so eingeführte System ist es der Regierung ohne weiteres möglich, die Semestergrenze herunterzusetzen, so daß allgemeine Studiengebühren schnell eingeführt sind. Die "Sozialkomponente" bei der Einführung der Bildungsgutscheine besteht darin, daß BAföG-Empfängern das Geld erlassen wird. BAföG aber wird ohnehin nur noch bis zum 9. Hochschulsemester gezahlt. Zudem ist der Anteil der BAföG-Empfänger in den letzten Jahren stetig gesunken.

Hinzu kommt, daß Studenten seit Oktober rentenversicherungspflichtig sind. Das macht den Studenten auch für den Arbeitgeber teurer und damit unattraktiver. Und das betrifft vor allem die Universitäten, die Studenten als wissenschaftliche Hilfskräfte z.B. zum Leiten von Übungsgruppen einsetzen.

Gerade dieser letzte Punkt macht deutlich, daß die gesamte Universität durch die Sparmaßnahmen in Bedrängnis gerät: Wissenschaftliche Hilfskräfte, wichtiger Bestandteil der universitären Ausbildung, werden teurer. Es ist klar, daß hier der erste Ansatzpunkt für Einsparungen sein wird. Insgesamt sollen die Universitäten Baden-Württembergs 280 Mio. DM sparen. Diese Vorgabe wäre z.B. erreicht, wenn man die Universität Heidelberg schließen und die Universität Konstanz auf ¼ zusammenschrumpfen ließe. Alleine in Heidelberg sollen 22 Mio. DM eingespart werden. Folgen sind gravierende Einsparungen bei der Anschaffung wichtiger Lehrbücher und HiWi-Mitteln, z.B. kann die Fakultät für Physik und Astronomie dann nur noch halb so viele HiWi-Kräfte wie zur Zeit finanzieren, Übungsgruppen mit 40 und mehr Teilnehmern wären dann an der Tagesordnung, wobei schon vorausgesetzt ist, daß die Tutoren doppelt so viel wie vorher zum selben Lohn korrigieren. So ist es kein Wunder, daß auch Professoren zu der Überzeugung gelangen, daß sich die Sparvorgaben der Regierung nicht in die Realität umsetzen lassen. Es scheint sich abzuzeichnen, daß dies dazu führen könnte, daß Studenten und Dozenten sich gemeinsam gegen die Einsparungen zur Wehr setzen. Einige vielversprechende Ansätze für eine derartige Kooperation gibt es schon. So wurden z.B. in der Psychologie gemeinsam mit dem Dekanat alle Studierenden dieses Faches angeschrieben und auf die Situation aufmerksam gemacht, in der Geographie gab es eine Vollversammlung, an der auch Dozenten teilnahmen (studentische Vollversammlungen fanden ohnehin in einigen Fachbereichen statt) und die FSK plant eine Informationsveranstaltung für Dozenten. Denn auch für diese erweist sich das Sparpaket als nachteilig. So sollen in zwei Fünfjahresplänen 10% der Professorenstellen eingespart und insgesamt ein Äquivalent von 50 Ordinarien gestrichen werden. Dies würde bedeuten, freiwerdende Stellen nicht neu zu besetzen, was gerade für kleinere Institute und Fakultäten das Aus bedeuten könnte. Es erscheint also offensichtlich, daß nicht nur in der Lehre, sondern auch in der Forschung immense Qualitätsverluste zu befürchten sind.

Daß die Stuttgarter Sparpolitik auch bundesweit ein wichtiges Thema ist, zeigt sich unter anderem daran, daß das ZDF am 5.12. um 22.15 Uhr ein ZDF-Spezial zu diesem Thema mit Trotha als Gast ausstrahlt. Auch Vertreter der FSK sind hierzu eingeladen worden, allerdings werden diese wahrscheinlich nur im Publikum sitzen und Fragen stellen können, denn Trotha wird sich wohl kaum wieder auf eine Fernsehdiskussion mit Studenten zu diesem Thema einlassen...

Es stellt sich jetzt natürlich die Frage, was wir als Studenten gegen die Erhebung der Verwaltungsgebühr tun können. Dazu wurden von der FSK und vom "Zahltag" einige Möglichkeiten in Betracht gezogen. Es läuft bereits eine Unterschriftenaktion, außerdem eine bundesweite Briefaktion an Minister Trotha. Am 7. Dezember gibt es eine Demonstration der baden-württembergischen Universitäten in Stuttgart. Zudem wird geprüft, ob eine Klage gegen die Einführung von Studiengebühren aufgrund der Ungerechtigkeit bei verschieden langen Regelstudienzeiten Aussicht auf Erfolg hat. Allerdings stellt sich die Frage, wie man eine derartige Klage finanzieren kann.

Von der Fachschaft MathPhys kommt die Idee, die Überweisungen selbst zum Ausdruck des Protests zu machen: So könnte man seinen Betrag nur zweckgebunden überweisen oder geringfügig zuviel einzahlen (dann wird zurückerstattet). Man könnte zu wenig überweisen, in kleinen Raten zahlen, persönlich an der Unikasse erscheinen oder die Überweisung falsch ausfüllen. Allerdings könnte ein solcherart erhöhter Verwaltungsaufwand der Uni dem Land erst recht einen Vorwand für die Erhebung von Verwaltungsgebühren liefern - ein Schuß, der nach hinten losginge!

Ein Modell, von dem sich die Organisatoren des Protests mehr versprechen, kommt aus England. Man eröffnet ein Boykottkonto, auf das die Studierenden die Verwaltungsgebühr einzahlen, statt sie an die Universität zu geben. Da das Konto zur Zahlung der Verwaltungsgebühr geführt wird, hat man mit keinen rechtlichen Konsequenzen zu rechnen. Die einzige Möglichkeit der Universität, gegen dieses Treiben anzugehen, wäre es, die Studenten, die auf das Treuhandkonto einzahlen, zu exmatrikulieren. Dies würde aber bei ausreichender Beteiligung nicht passieren, denn welche Universität kann es sich schon leisten, 20% oder mehr ihrer Studenten herauszuschmeißen, zumal diese ja die Bemessungsgrundlage für öffentliche Zuwendungen sind? Weitere Pluspunkte eines solchen Kontos sind die große Pressewirksamkeit und die Möglichkeit festzustellen, wieviele Studenten bereit sind, sich zu solidarisieren. Das Konzept für das Treuhandkonto muß allerdings bis zum Jahresende stehen, damit die rechtlichen Fragen abgeklärt werden können.

Nicht zuletzt deshalb werden noch Leute gesucht, die weitere Ideen einbringen und mithelfen. Wer Lust hat, meldet sich bei der FSK (542456) oder seiner Fachschaft oder kommt dienstags ab 19.00 Uhr bzw. freitags ab 15.00 Uhr in die Lauerstraße 1. (hpc, gan)


Noch eine, diesmal landesweite,

Demo

gegen Gebühren und Sparwahn:

Samstag, der 7. 12., 14 Uhr

in Stuttgart, Uni (Keplerstraße).

Treffpunkt für Bus- und Wochenend-Ticket-Benutzer aus Heidelberg: 11:45 Uhr, Hauptbahnhof


Seitenweise Diebstähle

Juristen lernen das Strafgesetz am praktischen Beispiel

"Da ist es aus mit dem guten Ruf der Juristen," erfahre ich in der Ausleihe, "vielleicht ist es ja nur einer, aber schaden tut es allen." "Es", das ist die Entwendung einzelner Seiten aus Werken in der Bibliothek. Die Täter: Studierende der Rechtswissenschaft. Die Opfer: Studierende der Rechtswissenschaft.

Ein Verbrechen am eigenen Leibe also, versteht man "die Juristen" als solidarisches Kollektiv. Doch um den Gemein- und Gerechtigkeitssinn unter angehenden Anwälten und Richterinnen scheint es nicht gut bestellt zu sein. Eher lautet die Devise: Ich beginne jetzt und um jeden Preis mit meiner Karriere! Ich will diese Seite haben, ganz allein für mich, damit ich auch ganz allein eine gute Hausarbeit abliefern kann! Natürlich handelt es sich bei den geklauten Seiten meistens um besonders wichtiges Material. Ist der betreffende Band nicht doppelt oder zumindest in der Universitätsbibliothek vorhanden, müssen die gelackmeierten Mitstudierenden einen Ausflug in eine andere Stadt einplanen. Oder sie schreiben eben ab. Aber das Thema "Hausarbeitsklau" ist ein anderes Kapitel.

Jeder im Seminar fühlt sich als Opfer. Einige empören sich, werden moralisch. Doch die meisten schauen betreten zur Seite: "Asoziale gibt es doch überall!" Täter ist oder kennt natürlich niemand. Deshalb weiß auch keiner, warum "die" das machen. Einer vermutet als Beweggrund Bequemlichkeit. Doch so ganz überzeugt scheint er davon selbst nicht zu sein. Vielleicht liegt es auch einfach daran, daß zum Scheinerwerb in Jura alle denselben Fall bearbeiten. Was wäre wohl, wenn 300 PhilosophiestudentInnen eine Hausarbeit zum selben Thema verfassen müßten?

Als Grund für die besondere Skrupellosigkeit seiner Kommilitonen nennt ein Jurastudent "den ausgeprägten Egoismus und das Karrieredenken der meisten." Heidelberg sei dabei als Hochburg der Jura studierenden "Rechtsanwaltstöchter und Ärztesöhne" besonders stark von berechnender Selbstsucht geprägt. Schließlich weisen die Professoren schon in den Einführungsvorlesungen darauf hin, daß "Sie ihren linken und rechten Nachbarn im Examen nicht mehr sehen werden." Klar, daß man da anfängt zu kämpfen. Mit allen Mitteln. Die Freiheit richtig radikaler Individualisten endet eben nicht da, wo das Recht auf Bildung der anderen beginnt. Und in der Bibliothek des juristischen Seminars fahren bei jedem noch so leisen Zerreißgeräusch ein Dutzend Köpfe herum, und der vermeintliche Täter, der vielleicht nur einen Notizzettel zu kleineren Lesezeichen verarbeiten wollte, wird mit bösen Blicken bestraft. (jb)


WWW ade

Homepages vor dem Aus

Die Freiheit auf den Rechnern der Universität ist bald vorbei: WWW-Seiten, die Studierende in Heidelberg betreiben, sollen künftig nur noch Informationen zur Person und zum eigenen Studium enthalten dürfen. Das jedenfalls kann sich der Rechtsderzernent der Uni Heidelberg, Klaus Schafheutle, vorstellen. Er ist damit beauftragt, Richtlinien für die Erstellung solcher persönlicher "Homepages" zu erstellen. Der Regierungsdirektor betont, daß dies seine persönliche Meinung ist und daß die endgültige Entscheidung beim Rektorat liegt. Seine Empfehlungen aber haben Gewicht. Im Rechenzentrum müssen die Mitarbeiter schon seit November mit Angaben zur Person und zu Beruflichem begnügen. Ob solche Einschränkungen auch für Studierende wütende Proteste und E-Mail-Bomben wie in anderen Unistädten zur Folgen haben werden, wird sich bald zeigen. (hn)


Ey!

Am Ende war das Wort, und das Wort war beim Studentenwerk. Dereinst vermietete ein sympathischer junger Student an malaysische Stipendiaten seine Wohnheimsbude, kehrte zurück, und sie-he da: Es ward ein großer Tumult, und es war ein großes Weh-klagen über den Schmutz in der Wohnung. Und wahrlich ich sage euch, es müssen metaphysische Kräfte am Werk gewesen sein. Denn mit Physik kann dieses Wachstum von Schimmel im Kühlschrank nicht erklärt werden. Erste Zweifel werden in unserem jungen Freund wach: sollte der Malaysier die Aufschrift aufgrund eines de-fekten Wörterbuches falsch verstanden haben? "Kühlschrank: Heizung, vor Gebrauch mit leicht verrottbarem Biomaterial aufzufüllen."

In seiner Verzweiflung wendet sich unser Freund ans Studentenwerk. Die sind um Antworten nicht verlegen: "Sehr geehrter Herr Würg (Name gerändelt), wie uns [...] mitgeteilt worden war, wurde Ihnen - wie allen anderen von der Ferienvermietung an malaysische Stipendiaten betroffenen Mietern - angeboten, das Appartement von einer Fachfirma reinigen zu lassen." Das erledigt er selber, was ihm das Studentenwerk mit 55,75 DM vergütet. Und dann der Hinweis, der mir endlich tiefgründig klar macht, warum ich schon wieder nicht weiß, wo mein Referat für nächste Woche liegt, bloß weil der Abwasch der letzten zwei Wochen im Zimmer verteilt ist und die Wäsche von Wochen den Fußboden so angenehm polstert: "Ein ausschließlich von Studenten bewohntes Appartement im Studentenwohnheim ist nicht mit einem gut geführten deutschen Hausfrauenhaushalt vergleichbar, die Vorstellungen von Ordnung und Sauberkeit sind sehr verschieden und hängen zum großen Teil davon ab, ob und wie stark die Studierenden bereits in ihren jeweiligen Elternhäusern an Reinigungsarbeiten beteiligt wurden, auch kulturelle Unterschiede spielen eine große Rolle." Was will uns das Studentenwerk damit sagen? 1. Herr Würg ist eine Hausfrau. 2. Malaysische Stipendiaten sind kulturell von uns verschieden, auch sind sie keine Hausfrauen.

Was mich und mein Referat betrifft, so werde ich jetzt gleich einen Brief an meine Eltern schreiben und mich erkundigen, warum sie mich so selten an Reinigungsarbeiten beteiligt haben. Und Dir Herr Würg, kann ich bei Deinen wahrhaft übertriebenen Hygieneansprüchen nur eines raten: Werde das, was das Studentenwerk Dir als eigentliche Bestimmung für Dein Leben offenbart hat: Hausfrau. (papa)


Zahlen des Monats

Teilnehmer der Demo am vergangenen Mittwoch

(nach verschiedenen Quelllen)


Meinung


ruprecht-Serie point & counterpoint

Mittelbauern zur Prüfung?

Seit der Novellierung des § 50 des Baden-Württembergischen Universitätsgesetzes dürfen auch Angehörige des Mittelbaus Prüfungen abnehmen, soweit diese nach langjähriger erfolgreicher Lehrtätigkeit vom Fakultätsrat die Befugnis dazu erhalten. Dies erhitzte viele Professoren-Gemüter; zwei Germanisten werfen ihre Argumente in die Debatte.

"Nein"
Prof. Dr. Dieter Borchmeyer

Germanistisches Seminar der Universität Heidelberg

Bei der Novellierung des § 50 handelt es sich nur um eine Kann-Bestimmung, und bei allen schriftlichen Prüfungsleistungen muß außerdem einer der beiden Gutachter Professor sein. Gleichwohl halte ich diese Novellierung nicht nur für gänzlich überflüssig, sondern für skandalös, für einen Ausdruck puren Populismus und Opportunismus. Der Skandal liegt darin, daß von den wissenschaftlichen Mitarbeitern, welche die Prüfungsbefugnis erhalten wollen, nicht etwa ein außerordentliches wissenschaftliches Niveau, sondern lediglich erfolgreiche Lehrtätigkeit verlangt wird. Mit anderen Worten: wer ein guter Pauker ist, soll auch Abschlußprüfungen abnehmen können.

Das ist ein elementarer Verstoß gegen den Geist der Universität, d.h. gegen die Einheit von Forschung und Lehre. Bei den wissenschaftlichen Mitarbeitern, für welche die Prüfungsbefugnis in Frage kommt, handelt es sich ausschließlich um die Akademischen Räte, denn wissenschaftliche Assistenten können nie "langjährige" erfolgreiche Lehrtätigkeit vorweisen, da sie sich entweder nach sechs Jahren habilitieren oder leider der Universität 'Ade' sagen müssen. Die Akademischen Räte aber sind unkündbare Beamte, zu deren Aufgabe gerade nicht die Forschung, sondern die Lehre im Grundstudium gehört. Daher ist auch ihre Lehrbelastung größer als die der Assistenten, die sich ja habilitieren, also forschen müssen.

Daß die Akademischen Räte Dauerstellen innehaben, ist allein dadurch gerechtfertigt, daß die Kontinuität der Lehre im Grundstudium gesichert werden soll. Das Hauptstudium, gar Abschlußprüfungen gehören nicht zu den beamtenrechtlich fixierten Dienstaufgaben der Akademischen Räte, ja neuerdings wird von seiten des Ministeriums energisch darauf gedrungen, daß die Akademischen Räte diese ihre spezifischen - das heißt auf das Grundstudium bezogenen - Dienstaufgaben auch wirklich wahrnehmen.

Die neuen restriktiven Weisungen bezüglich der dienstlichen Stellung der Akademischen Räte stehen in groteskem Widerspruch zu der Novellierung des § 50 des Universitätsgesetzes. Gerade diese neuen Bestimmungen machen deutlich, daß es nicht zu den Dienstaufgaben der Akademischen Räte gehört, jene Qualifikationen zu erwerben, welche Voraussetzung der Prüfungsbefugnis sind. Überdies: wie und von wem soll die "erfolgreiche Lehrtätigkeit" nach objektiven Maßstäben festgestellt werden?

Mit all diesen Problemen läßt der unbedachte §50 des Universitätsgesetzes die Fakultäten allein. Am Germanistischen Seminar gibt es übrigens zwei habilitierte Akademische Räte. Doch die Forschungsleistung dieser beiden habilitierten Räte ist gewissermaßen ihre Privatsache, von ihnen wird aufgrund ihrer Dienststellung erwartet, daß sie ihre Lehre im Hauptstudium und ihre Prüfungstätigkeit neben ihren 'eigentlichen' Aufgaben ableisten. Das ist gewiß eine unbillige Härte. Habilitierte Akademische Räte dürfen von ihrer beamtenrechtlichen Stellung her das nicht, was Professoren müssen! Wenn die habilitierten Akademischen Räte vom Beamtenrecht so behandelt werden, ist es absurd, daß nicht habilitierte Räte, die durch eigene Forschungsleistung nicht ausgewiesen zu sein brauchen, bloß weil sie gute Lehrer sind, zur Abschlußprüfung zugelassen werden. Erhalten sie die Prüfungsbefugnis, müssen sie auch stärker im Hauptstudium eingesetzt werden, entfremden sich dadurch aber ihren eigentlichen, grundstudiumsbezogenen Aufgaben, deren Wahrnehmung einzig und allein ihre Dauerstellung legitimiert.

Was soll also der Unsinn dieser Novellierung des § 50? Er steht im Zusammenhang mit der von den Bildungspolitikern unseres Landes immer aggressiver verfochtenen Tendenz, die Universität in eine Mischung aus Behörde und Klippschule zu verwandeln, sie aus einer Forschungseinrichtung in eine reine Lehranstalt, ja einen Paukbetrieb zu verwandeln. Das Ansehen Deutschlands als Kulturnation ist in der Welt längst nicht mehr allzu hoch. Es wird auch nicht mehr lange dauern, bis die deutsche Universität ihr Renommee international gänzlich verliert, wenn der Verschulungstendenz nicht energisch ein Riegel vorgeschoben wird. Meine Kollegen im Direktorium des Germanistischen Seminars und ich selber werden mit aller Energie gegen die Entwertung der Universitätsprüfungen kämpfen, wie sie durch die Novellierung des § 50 vorbereitet wird, welche es möglich macht, daß Studenten die Universität als Akademiker verlassen, ohne je bei einem Professor studiert zu haben.

Wer eine wissenschaftliche Abschlußarbeit betreut und Studenten zur Prüfung führt, muß gleichermaßen durch Forschung und Lehre ausgewiesen sein und nicht allein durch didaktisches Geschick. Für diesen Standpunkt werde ich jederzeit ohne Rücksicht auf bildungspolitische Opportunität eintreten!

"Ja"
Prof. Dr. Dietrich Harth

Germanistisches Seminar der Universität Heidelberg

Wissenschaftlichen Mitarbeitern, heißt es im Universitätsgesetz, "kann nach langjähriger erfolgreicher Lehrtätigkeit" die Prüfungsbefugnis übertragen werden. Betroffen sind die sogenannten Hochschulprüfungen, d.h. Magister- und Diplomabschlüsse. Die ständige Arbeitsgruppe des Ministeriums für Wissenschaft und Forschung und der Landesrektorenkonferenz hat im September 1995 empfohlen, die Kann-Bestimmung auf Staatsexamina auszudehnen.

Der Sachverhalt ist klar und auch durch rechtliche Auslegungsakrobatik nicht zu verschleiern. Auch was unter "langjähriger erfolgreicher Lehrtätigkeit" zu verstehen ist, dürfte nach einfachen common-sense-Maßstäben zu entscheiden sein. Die fünf Akademischen Räte bzw. Oberräte, die bereits im Frühjahr 1995 die Erteilung der Prüfungsbefugnis beim Fakultätsrat der Neuphilologischen Fakultät beantragt haben, sind samt und sonders fünfzehn und mehr Jahre in der Lehre tätig. Daß sie "erfolgreich" waren und sind, liegt auf der Hand, da die Antragsteller selbständige Lehrveranstaltungen auf allen Stufen anbieten: Übungen, Pro- und Hauptseminare, z.T. auch Vorlesungen. Sie gestalten den Lehrplan eines Instituts mit ebenso großem Engagement wie alle anderen Dozenten. Einer der Antragsteller hat den Landeslehrpreis erhalten; alle haben langjährige Examenserfahrungen - sei es als Prüfer oder als Beisitzer - und werden für die Vorkorrekturen von schriftlichen Prüfungsteilen (Klausuren, Magister- und Diplomarbeiten) in Anspruch genommen. Wenn das, alles zusammengenommen, kein Erfolgskriterium ist, möchte man gern wissen, woran "Erfolg" dann zu messen ist.

In dem einen oder anderen Fall läuft die Erteilung der Prüfungsbefugnis lediglich darauf hinaus, einen de-facto-Zustand zu legalisieren. Obwohl die Dinge so liegen, lehnt eine Gruppe von Professoren die Anträge vehement ab. Sie tut das mit dem Hinweis auf die Habilitation als notwendige Voraussetzung des Prüferstatus. Ein höchst sonderbares Argument.

Denn erstens und Gott sei Dank gibt es auch noch andere Formen der Qualifizierung, wofür beispielsweise die Tatsache spricht, daß mancher Ordinarius ohne Habilitation diese höchste Stufe der Universitätskarriere und zugleich damit den Prüferstatus erreicht hat.

Zweitens schaltet die Habilitation automatisch den freien Willen aus: wer die venia legendi hat, hat auch das officium examinandi. Und damit ist - drittens - das Prüfungsrecht kein Kriterium, an dem sich die Qualifikation - sei es eines Individuums, sei es der deutschen Universität - messen ließe.

Überhaupt: Wer prüft eigentlich so gern, daß er glaubt, dieses Recht wie ein unteilbares Privileg verteidigen zu müssen? Aber darum ginge es doch gar nicht, könnte die andere Seite einwenden, die "Maßstäbe" müßten aufrechterhalten werden. Würde wirklich so argumentiert, so müßte man daraus den Schluß ziehen, daß da Mißtrauen und zudem die wahrhaft abgeschmackte Meinung herrschten, Qualität sei eine Frage des Abfragens.

Doch in Wirklichkeit liegen ja die Dinge ganz anders. Alle Prüfungsverpflichteten - ob am unteren oder oberen Ende der Examensstatistik - klagen über die lästige Pflicht. "Es kann daher", ich zitiere einen Kollegen, "gar nicht genug Prüfer geben!"

(red."point/counterpoint": hn, papa)


ruprecht-Interview mit Ulrich Kienzle und Bodo Hauser

"Wir mögen uns wirklich nicht."

Gut, dicke Freunde sind sie nicht. Aber wenn sie dies beweisen wol-len und "Hauser und Kienzle" spielen - eines ihrer Lieblingsspiele - , dann ist alles wohl inszeniert, selbst vor dem kleinsten Publikum wie wir es waren. Da sitzt jedes Wort, und auch das - im Gegensatz zu den Fernsehdialogen - spontan und natürlich klingende gegenseitige Beschimpfen ist gut einstudiert. Doch ab und zu passiert es doch, daß ein "Du" über die Lippen rutscht, obwohl das Siezen zum Hauser-und-Kienzle-Manifest gehört. Zum Schluß ist eines sicher: Die beiden haben ihren Heidenspaß daran, und dem Publikum gefällt's.
Bodo H. Hauser, 1946 in Krefeld geboren, studierte Rechts- und Staatswissenschaft. Seit 1973 ist er beim ZDF.


Ulrich Kienzle, 1936 in Neckargröningen geboren, studierte Politologie. Er begann 1963 beim SDR, war ARD-Korrespondent in Arabien und Afrika und Fernsehchefredakteur von Radio Bremen.

ruprecht: Jeden Dienstagabend stellt sich die Nation die gleiche Frage. Ich glaube, daß Sie nach der Sendung zusammen ein Bier trinken gehen, und sich freuen, daß Ihnen das Publikum das Spektakel abgekauft hat.

Kienzle: Die Frage ist schon häufig beantwortet worden: Dies geschieht nicht, weil ich Hauser so wenig ausstehen kann, daß ich mit ihm wirklich kein Bier trinke. - Und ich bin auch kein Biertrinker, das ist schon mal ein großer Unterschied.

ruprecht: Es darf auch ein Wein sein...

Hauser: Nein, Sie müssen sehen, wir sind so viel zusammen durch den Beruf, daß der Bedarf wirklich gedeckt ist, auch noch in der Freizeit zusammen sein zu wollen. Wir sehen uns ja öfters, als wir unsere Ehefrauen sehen. Es kommt immer die Frage, ob wir uns wirklich nicht mögen, und das ist so. Wir sind soweit Profis, daß wir zusammen arbeiten.

Kienzle: Uns hält wirklich nur der Erfolg zusammen.

ruprecht: Sie haben innerhalb von zwei Jahren zwei "offizielle Meinungsführer" - einer davon als "Marktführer" betitelt - geschrieben. Halten Sie die Deutschen für ein solches Volk von Opportunisten, daß sie einen Meinungsführer brauchen?

Kienzle: Aber selbstverständlich! Nicht nur Opportunisten, aber es gibt viele meinungslose Leute. Und die können sich hier für 39,80 DM eine Meinung kaufen. Ich finde das ein fabelhaftes Angebot.

ruprecht: Und Sie sehen sich als Führer, der dem Volk sagt, wo es lang geht?

Hauser: Wir bieten Meinungen an. Da sind ja zwei Meinungen drin.

Kienzle: Es gibt Restaurantführer, Reiseführer... Warum soll es nicht Meinungsführer geben?

Hauser: Und dies ist ein Wirtschaftsbuch für die ganze Familie. Die ersten zwei Drittel sind für den Vater, weil da die Wirtschaftssachen drin stehen, für die Ehefrau sind die Kapitel über Hillu, Prince Charles und Don Camilla, und für die Kinder sind die Cartoons. Ich weiß überhaupt nicht, wie man umfassender anbieten kann.

ruprecht: Aber die Frau darf auch den Wirtschaftsteil lesen und der Mann die Kapitel über Hillu?

Hauser: Ja, auch.

ruprecht: Denken Sie, daß die Medien mehr Einfluß haben als Politiker?

Hauser: Nein. So allgemein kann man das nicht sagen. Wenn Sie eine ganz konkrete Schweinerei aufdecken, wenn Sie sagen: 'Der hat das gemacht!', dann haben Sie natürlich in dem Sinne Einfluß, weil das Folgen hat. Das ist aber nicht der Einfluß der Medien, sondern das ist einfach das Hochziehen eines Mißstandes, der dann ja abgestellt wird. Ich bin der Auffassung, daß wir weniger Einfluß haben, als immer behauptet wird, besonders von den Linken.

Kienzle: (fällt ihm ins Wort) Hauser, Sie reden totalen Quatsch! Wir können es halt nicht messen. In Einzelfällen gibt es Reaktionen, da kann es schon mal vorkommen, daß jemand ins Schleudern gerät durch einen Bericht. Das werden wir ja jetzt sehen mit der rheinland-pfälzischen Umweltministerin: Was da passiert, dadurch, daß unter ihrer Regie Schweinereien passieren und die Kontrolle nicht funktioniert hat. Die Politiker überschätzen häufig - Gott sei Dank - unseren Einfluß. Wo Fernsehen wirklich Einfluß hat, ist im Imageprägen von Leuten.

ruprecht: Oder in der Meinungsbildung...

Hauser: Ja, da müssen Sie aber im Mainstream liegen, d.h., das muß in vielen Medien transportiert werden. Wenn über ein halbes, dreiviertel Jahr immer wieder und immer gleich gesagt wird: 'Der Politiker X ist der Falsche!', dann können Sie vielleicht etwas bewirken. Aber manchmal kommen Sie zur Unzeit mit einem guten Stück. Das geht dann völlig unter. Wenn Sie das sechs Wochen später senden würden, ist plötzlich das Thema ganz oben.

ruprecht: Die Politiker fassen Sie meist nicht gerade mit Samthandschuhen an. Finden Sie den deutschen Journalismus allgemein vielleicht ein bißchen zu feige?

Hauser: Das kann man so nicht sagen. Ich bin ja lange in Bonn gewesen und habe das von der Nähe aus beobachtet. Dort muß man ja recherchieren, während man als Auslandskorrespondent - wie der Kienzle - im Fünf-Sterne-Hotel sitzt und das Elend beschreibt. - Es nützt manchmal nichts, so hart zu fragen, weil dann der andere verstockt. Wir haben das gesehen, wir waren ja in vielen Talkshows. Die beste ist die von dem Biolek, weil...

Kienzle: (redet dazwischen) ...weil er keine bösen Fragen stellt.

Hauser: (unbeirrt weiter) ...weil er den Leuten das Gefühl gibt, daß sie mit ihm in einer netten Plauderei sind. Und deswegen sagen die mehr, als wenn Sie davor sitzen und den wilden Mann spielen; dann verschließen die sich nämlich, und Sie kriegen nicht so viel heraus...

Kienzle: Aber die Schleimspur, die er bei Kohl gelegt hat, war einfach zu lang.

Hauser: Wenn er dasselbe mit Lafontaine gemacht hätte, hättest Du(!) es gut gefunden.

Kienzle: Nein, Schleimspuren finde ich immer schrecklich.

Hauser: Das ist halt Bioleks Art. Er hat auch bei uns Schleimspuren gelegt, weil es seine Masche ist. Er war nicht anders als immer, nur fällt es bei Kohl mehr auf, weil der Kohl so ein Typ ist, der ihn dann todquatscht.

Kienzle: Nein, es gibt noch einen anderen Punkt: Politiker sind inzwischen so gewieft, die antworten auf Fragen prinzipiell nicht. Die sagen das, was sie wollen, und im Zweifelsfall versuchen sie dann, den Fragenden in ein schlechtes Licht zu setzen, daß er etwas Unanständiges macht, wenn er korrekte, richtige Fragen stellt. Die haben dazugelernt. Vor zwanzig Jahren, als Klaus Castorff noch "Kreuzfeuer" gemacht hat, da ist der Strauß schon mal ausgeflippt. Das war eine der schönsten Sendungen, als der Strauß wirklich durchgedreht ist und die angebrüllt hat. Sowas passiert heute nicht mehr, weil der Politiker, wenn er so reagiert, schlecht aussieht. Das haben die alle kapiert, und deshalb erzählen die, was sie wollen - Kohl sowieso, aber auch Lafontaine - und gehen zum Gegenangriff über. Der Lafontaine hat z. B. an dem Abend der Wahl damals, als die anfingen, kritisch zu fragen, gesagt: 'Hat schon Karneval begonnen?'. Und dann waren die so erschrocken, daß sie sich nicht mehr trauten, weiter Fragen in diese Richtung zu stellen.

ruprecht: Müssen - oder können - Politiker moralische Vorbilder sein?

Kienzle: Es gibt schon ein paar. Z. Zt. würde ich keinen von denen in Bonn als moralisches Vorbild sehen.

ruprecht: Aber Sie sagten, es gibt jemanden...

Kienzle: Ja, in der Vergangenheit. Ich muß ja nicht den Willy nennen, aber es gab eine Menge von moralischen Vorbildern.

Hauser: (dazwischen) Ein moralisches Vorbild war der Willy gerade nicht... (lacht).

Kienzle: Der sieht das immer im erotischen Bereich. Das hat ja nun mit politischer Moral nichts zu tun.

ruprecht: Wer war oder ist Ihrer Meinung nach ein moralisches Vorbild, Herr Hauser?

Hauser: Das ist mehr so eine allgemeine Frage. Ich habe überhaupt kein Vorbild: Ich war über zehn Jahre in Bonn, ich habe die alle von Nahem erlebt; da bleibt nichts mehr an Vorbild.

Kienzle: Also, die Typen Ende der Fünfziger, Anfang der Sechziger: Gebhard Müller z. B., ein Schwarzer, der war ein integrer Mann.

Hauser: Gut, integer ist ja was anderes als ein Vorbild.

Kienzle: Ja, aber das sind natürlich Vorbilder: Der Mann hat im Gefängnis gewohnt, der hat keine Staatsgelder verschleudert, der hat nicht angegeben, der hat sich mit einem alten Auto zum Dienst fahren lassen. Das war ein Mann, der bescheiden war, und insofern auch ein Vorbild.

Hauser: Das ist eine ganz andere Sache.

Kienzle: Aber sowas gibt es heute nicht mehr. Und wenn Sie fahrradfahren, dann tun Sie das, um ins Fernsehen zu kommen, um bei den Journalisten einen "Schlag" zu kriegen.

ruprecht: Ich denke, es gibt auch die Leute, die einfach aus Überzeugung mit dem Rad fahren.

Hauser: Die habe ich auch kennengelernt. Das sind die Schlimmsten, die nur mit dem Rad fahren. Mit dem Rad hat das nichts zu tun. Ich habe die Grünen erlebt, die im Bundestag geschimpft haben: 'Diese Abgase!' Und die fuhren die ältesten Karren; wenn die vom Bundestag losfuhren, haben die mehr die Umwelt verpestet als alle anderen. Das können Sie von den Äußerlichkeiten überhaupt nicht abhängig machen.

Kienzle: Die haben die Politik schon versaut. Das gab es früher ja nicht, diese Inszenierungen wie Pressekonferenzen und, und, und. Da hat man mal mit jemandem ein Interview gemacht, und das wurde dann gesendet. Aber inzwischen haben die begriffen, wie man Medien beherrschen lernt, und wie man das inszeniert, denn alle wollen eine Story haben. Das ist natürlich inszeniert, und das Inszenierte ist auch das Künstliche und Unehrliche.

ruprecht: In Ihrem neuen Buch schreiben Sie beide u.a. sehr kritisch über die Entwicklung im Bildungswesen. Ist die deutsche Uni noch zu retten, und wenn ja, wie?

Hauser: Das ist ein schwierige Situation. Ich finde es schon wesentlich, wenn kaum noch ausländische Studenten hier studieren wollen. Aus Amerika z. B. ist der Zustrom enorm zurückgegangen.

ruprecht: Das wird immer behauptet. Aber als ich einmal beim DAAD nachfragte, sagte man mir, das stimme überhaupt nicht...

Hauser: Ja, die ganzen Institutionen tun immer noch so! Ich hatte ein Hintergrundgespräch darüber; es ist enorm zurückgegangen, und es ist ganz deutlich, daß die Deutschen zwar alle in Amerika studieren wollen, aber von Amerika fast nichts mehr rüberkommt.

Kienzle: Ich finde es erstaunlich, daß die Studenten sich das alles gefallen lassen und brav in die Uni trotten. Das war früher anders.

ruprecht: Gerade war in Heidelberg eine große Demo...

Kienzle: Ja, da fängt vielleicht etwas an, wie in Frankreich vor einem Jahr. So funktioniert Demokratie nun mal: Wenn Sie sich nicht wehren, dann wird auch nichts passieren, dann nimmt man Sie nicht wahr. Und solange Sie keine Klientel sind in der Politik und bei den Wahlen - oder durch andere Art und Weise, nämlich durch Auf-den-Wecker-Gehen durch Demos - solange wird das Problem von den Politikern vor sich hergeschoben.

ruprecht: Ist die heutige Studierendengeneration zu artig, zu feige, zu angepaßt?

Kienzle: Sie sind sicher professionell, wenn sie einen Job haben, aber diese Wut, die damals bei den 68ern da war...

Hauser: ...der ist ein alter 68er; das ist ja die erfolgloseste Revolution, die je auf deutschem Boden stattgefunden hat.

Kienzle: Aber selbst Waigel konnte sich scheiden lassen...

Hauser: Das hat mit 68 nichts zu tun.

Kienzle: Aber sehr viel! Wenn eine Generation sich alles gefallen läßt, hat sie das verdient, was sie z. Zt. erlebt.

Hauser: Aber dadurch würde die Unisituation auch nicht besser.

Kienzle: Ich denke schon.

ruprecht: Sehen Sie denn einen Weg, wie man in dieser Lage Abhilfe schaffen kann?

Hauser: Ich glaube, der Fehler hat darin gelegen, daß gesagt worden ist: Jeder muß studieren. Johannes Rau hat vor 15 Jahren mal gesagt, er fände es ganz toll, wenn der Taxifahrer ein abgeschlossenes Studium hätte. Das haben wir heute; ob der sich das so vorgestellt hat, weiß ich nicht Und ob der Taxifahrer jetzt glücklicher ist mit abgeschlossenem Studium, weiß ich auch nicht. Das ist der Denkfehler. Das ist langfristig angelegt, und jetzt kommt das Ergebnis.

ruprecht: Halten Sie z.B. Studiengebühren für ein wirksames Mittel?

Hauser: Ich glaube, daß wir da gar nicht mehr drum herum kommen...

Kienzle: Ich finde, das ist völliger Quatsch. Das führt wieder zur Spaltung, und dann werden Herren wie Hauser studieren können und die anderen nicht. Und das finde ich unfair.

Hauser: Das ist ein Ammenmärchen. Es werden dann ja die, die Leistung bringen, unterstützt, wie das in Amerika auch ist. Ich glaube, daß wir in fünf Jahren Studiengebühren haben werden.

Kienzle: Ich halte es für eine Katastrophe, daß in die Zukunft überhaupt nichts mehr investiert wird. Die deutschen Universitäten leiden nicht nur an Geldmangel , es mangelt auch an der Förderung von Begabten; ich wäre sehr dafür. Elite ist nichts Schlechtes, Elite, die offen ist. Schlimm ist Elite, wenn wir sie so verstehen, wie der Adolf es gesagt hat, nämlich 'hart wie Kruppstahl'. Aber eine Elite zu fördern, von Leuten die Fähigkeiten besitzen, die gefördert werden müssen, das finde ich in Ordnung. Und da gibt es vielleicht auch bei den Linken eine verquere Ideologie - bei manchen Linken sowie bei manchen Rechten, die Holz vor dem Kopf haben - zu sagen, das ist ein Begriff, den man nicht akzeptieren kann.

ruprecht: Ein Patentrezept haben Sie also leider auch nicht...

Hauser: Wenn wir das hätten, dann wären wir Politiker.

Kienzle: Dazu haben wir wirklich Politiker; oder auch Professoren.

ruprecht: Da kommen wir zu einem anderen Thema: Sie haben zwei Bücher mit Beiträgen zu den verschiedensten Bereichen geschrieben. Sie haben Ahnung von allem und jedem?

Hauser: Nein, das stimmt nicht.

ruprecht: Sie tun also nur so?

Hauser: Nein, das sind ja die Themen, mit denen wir täglich zu tun haben, die in unserer Sendung sind, die wir moderieren müssen. Im Grunde ist das fast unser Zettelkasten.

ruprecht: Also eine Niederschrift der Sendungen?

Kienzle/Hauser: Nein!

Kienzle: Nein. Das sind ja keine Sachbeiträge, es sind ironisch zugespitzte Schwachpunkte. Wenn Sie z.B. die Geschichte über Waigel lesen: Da ist viel Wahrheit dran. Aber ich würde nicht sagen, daß das ein Sachartikel ist. Es ist eine schöne Glosse, um eine Entwicklung bei uns auf den Punkt zu bringen.

(Interview: jh/gz)


Meinung: Steinzeitfossil "Deutsche Uni"

von Matthias Breitinger

Es ist soweit: das große Abkassieren beginnt. Ab dem nächsten Semester, so wird es der Landtag beschließen, müssen alle Studierenden Baden-Württembergs 100 DM zusätzlich zahlen, und "Langzeitstudierende" ab dem 14. Semester 1000 DM pro Semester. Dennoch kürzt der Staat weiterhin bei den Universitäten. Die Folge: die Unis veralten. Keine neuen Geräte, keine neuen Bücher, keine neuen Dozenten... Und wir alle leiden darunter. Obwohl wir demnächst mehr bezahlen müssen, bekommen wir weniger als bisher.

Die Universitäten sind längst veraltet, doch das System wird unverändert am Leben erhalten. Der Lehrveranstaltungstyp "Vorlesung" beispielsweise stammt aus einer Zeit, in der sich noch nicht jeder ein Buch leisten konnte. Heute jedoch bringt es in vielen Fällen mehr, eine bestimmte Vorlesung nicht zu besuchen, da der Stoff in einem Lehrbuch verständlicher erklärt wird. Besser wäre eine Mischung aus Vorlesung und Seminar, in der der Dozent teilweise referiert, aber auch Diskussionen stattfinden.

Seit langem wird der fehlende Praxisbezug bemängelt. Viele Professoren haben immer noch nicht eingesehen, daß nur eine geringe Zahl ihrer Studierenden später eine akademische Laufbahn einschlagen will. Das gilt natürlich in besonderem Maße für die Lehramtsstudierenden, die nicht verstehen können, warum sie den beispielsweise den "Beowulf" im altenglischen Original lesen können müssen, ihnen aber niemand zeigt, wie man Schülern die englische Aussprache beibringt. Auch in der Privatwirtschaft begegnet man Hochschulabsolventen eher skeptisch: viele Firmen hätten lieber Leute mit praktischer Erfahrung statt Fachtheoretiker.

Eines der größten Mankos ist die Bewertung der Professoren. Es gibt in Deutschland tatsächlich Profs, die stolz darauf sind, wie wenig sie unterrichten! Professoren werden allein nach ihrer Forschung und ihren Veröffentlichungen bewertet; ob sie ihr Wissen und den essentiellen Lehrstoff auch an ihre "Schäflein" weitergeben können, spielt keine Rolle. Wohlgemerkt: ich bin nicht grundsätzlich gegen Studiengebühren für "hohe Semester". Es mag in vielen Fächern und in vielen Einzelfällen sehr wohl möglich sein, ein Studium in zehn bis zwölf Semestern abzuschließen. Doch muß jeder Einzelfall abgewogen werden; es muß festgestellt werden, welche Gründe für das lange Studium vorliegen. Und es muß berücksichtigt werden, daß das Studium in manchen Fächern eben länger dauert, als die "Regelstudienzeit" vorgaukelt.

Wichtig ist vor allem die Frage, was mit dem Geld gemacht wird. Wenn die technische Ausstattung verbessert wird (schaut Euch nur mal den karg ausgestatteten Computerraum in der UB für die vielen Altstadt-Studis an!), wenn mehr Dozenten eingestellt werden, und wenn auch weiterhin neue Veröffentlichungen und Zeitschriften angeschafft werden, hat man die Studiengebühren richtig verwendet. Wenn aber der Anteil des Staates an den Uni-Kosten in dem Maße gesenkt wird wie die Unis Studiengebühren erhalten, dann bleibt alles beim alten und so schlecht wie jetzt.


Hochschule


Wolle mer se neilasse?

Auswahl von Studierenden durch die Universität vorgesehen

Eine Änderung des Hochschulzulassungsgesetzes für Baden-Württemberg sieht vor, daß die Universität künftig 40% ihrer Studierenden in lokal zulassungsbeschränkten Fächern selbst auswählen darf. In einem von der Hochschule durchzuführenden "Eignungsfeststellungsverfahren" sollen die Bewerber auf "Eignung und Motivation" für den gewählten Studiengang und den angestrebten Beruf hin getestet werden.

Bei den Vertretern der betroffenen Fakultäten stieß die Gesetzesänderung auf große Zustimmung, wie bei einer ersten Besprechung mit dem Rektorat am 24. Oktober deutlich wurde. Die Institutsleiter erhoffen sich von einer durch die Universität gesteuerten Auswahl eine bessere Studierfähigkeit und bessere Leistungen in Examina. Gleichzeitig würde bei den Studierenden ein stärkeres Zugehörigkeitsgefühl zur Institution geweckt und den Professoren eine ganz andere Verantwortung für "ihre" Studierenden auferlegt, wie Beispiele von Hochschulen in den USA oder England zeigen.

Der Befürwortung der Neuregelung einerseits stehen jedoch Kapazitätsprobleme gegenüber, denn Testverfahren, Auswahlgespräche, Klausuren oder Eignungsprüfungen erfordern einen zusätzlichen Arbeits- bzw. Personalaufwand bei fortwährend knappen Geldern und Stellen. Diesen Problemen sieht sich besonders Dekan Professor Schmidt von der Philosophisch-Historischen Fakultät gegenüber, zumal in seiner Fakultät Regelungen für sehr unterschiedliche Fächer zu treffen seien. Eine "Minimallösung" wäre relativ problemlos durchzuführen: Sie beinhaltet, daß die Studienbewerber gemäß den gesetzlichen Richtlinien nach Abiturnoten in bestimmten Kernfächern (laut Gesetz: Deutsch, Mathematik und eine Fremdsprache) und den das Studienfach betreffenden Fächern (wie Geschichte und Sozial- bzw. Gemeinschaftskunde) ausgewählt würden. Die alternative "Maximallösung" ist aufwendiger. Sie umfaßt eine erste Auswahl von Studienbewerbern nach den genannten Noten, wobei der NC bei 1,2 oder höchstens 1,5 anzusetzen wäre. Weitere Studienplätze würden dann nach zweistündigen Tests mit Fachfragen und Fragen zur allgemeinen Bildung vergeben werden, die von Angestellten des universitären Mittelbaus korrigiert werden könnten. Die letzten 20 - 50 Plätze seien nach persönlichen Auswahlgesprächen durch die Professoren zu vergeben, bei denen eine schriftliche Studienbegründung vorliegen sollte.

Für das Fach Biologie, so sind sich die Fakultätsräte einig, sollen neben den Abiturnoten in den Kernfächern Eingangsgespräche über die Aufnahme von Studienbewerbern entscheiden, berichtet Professor Bujard vom Zentrum für Molekulare Biologie Heidelberg. Die Gespräche sollen sich an den Auswahlgesprächen der Studienstiftung orientieren, pro Kandidat eine Dreiviertelstunde dauern und von zwei bis drei Professoren durchgeführt werden. Trotz der Zusatzbelastung, die dies mit sich bringt, seien die Biologen fest entschlossen, die gegebene Auswahlmöglichkeit zu nutzen. Im Institut für Übersetzen und Dolmetschen werden in den Fächern Englisch und Französisch bereits Aufnahmeprüfungen durchgeführt. In anderen Sprachen stehen Propädeutika am Studienanfang, die dem Spracherwerb dienen und mit Tests abschließen. Professor Greiner fordert Testverfahren statt NC, denn er hält Abiturnoten gerade in den Fremdsprachen nicht für aussagekräftig. Die Lehrpläne der Bundesländer seien unterschiedlich, und die Schulnoten enthielten keine Angaben über eventuelle Auslandsaufenthalte.

Noch liegt es an der Hochschule, die genauen Auswahlkriterien durch Satzung festzulegen. Doch das Gespräch im Oktober lieferte erste Ansätze. Rektor Ulmer beklagt den prozentual geringen Zugriff der Universität auf die Auswahl der Studierenden, auch besteht weiterhin keine Auswahlmöglichkeit in den überfüllten, aber nicht beschränkten Fächern und den ZVS-Fächern. Er wünscht sich auf Dauer eine Ausweitung des besonderen Auswahlverfahrens.

Vorerst gilt: Bis zum Wintersemester 97/98 werden die Studienbewerber in den NC-Fächern wie u.a. Biologie und Psychologie, Politische Wissenschaften und Kunstgeschichte nach wie vor nach NC und Wartezeit ausgewählt, und danach wird dies immerhin für 60% der Bewerber auch weiterhin der Fall bleiben. (cw)


Ohne Tabus

"Strukturkommission" eingesetzt

Der Mangel muß strukturiert werden: Kürzungen um die 26 Millionen DM kommen auf die Universität zu - bis jetzt. Ca. 75% des Unihaushalts sind jedoch als Personal-, Heiz-, Miet- oder Wartungskosten fest gebunden. Das heißt bei einem Etat von ca. 275 Millonen DM, daß die verbleibenden flexiblen Mittel um 20% bis 50% gekürzt werden. Wie ein Institut funktionieren soll, dessen Hiwimittel um bis zu 50% gekürzt sind, weiß aber niemand.

Und in Zukunft soll es bei diesem kargen Etat bleiben: die Universitäten sollen 10% ihrer Stellen abbauen. Um Vorschläge zur landesweiten Umstrukturierung und Konzentration von Studiengängen erarbeiten zu lassen, setzte die Landesregierung Anfang November eine "Hochschulstrukturkommission"ein. Ihre Mitglieder kommen mehrheitlich aus Wirtschaft und Wissenschaftsmanagement. Es geht, so der Sprecher der Kommission, nicht nur darum, zu kürzen, sondern zu überprüfen, "ob der Tanker nicht an der einen oder anderen Stelle Ballast an Bord hat, der abgeworfen werden muß." Überprüft werden v.a. Fächer mit geringer Nachfrage oder hoher Schwundquote; geprüft wird auch, ob man Fachbereiche nicht an einer Uni konzentrieren kann - z.B. in "Orchideenfächern" oder bei benachbarten Universitäten wie Mannheim und Heidelberg.

Um diese Veränderungen nicht ganz ohne eigene Impulse schlucken zu müssen, ist nun in Heidelberg eine Strukturkommission aus 21 Mitgliedern gebildet worden. Sie besteht aus den 5 Rektoratsmitgliedern, 10 ProfessorInnen, 2 Studierenden, 2 Angehörigen des Mittelbaus und 2 sonstigen Beschäftigten. In Verhandlungen mit den Fakultäten sollen Kürzungspotentiale aufgezeigt werden. Dabei will man das Forschungsprofil, die Situation des Faches (uniintern und landesweit), die Zahl der Professuren und statistische Angaben zu Studienzeiten, Abschlüssen, etc. berücksichtigen. Kürzungspotentiale gibt es v.a. in Fächern, die über eine große Zahl an Stellen verfügen. Doch die Stellen werden nicht alle in den nächsten Jahren frei, die "Umstrukturierungen" müssen daher über einen längeren Zeitraum vollzogen werden: die Fakultäten werden für die nächsten 10 Jahre zwei 5-Jahrespläne erarbeiten müssen. Auf einige Fächer kommen mehr, auf andere weniger Kürzungen zu: denn in Fächern, die nur eine Professur haben, entspricht eine Kürzung dieser Stelle der Streichung des Faches - doch auch das wird vorkommen. (khp)


Vive le prof!

An der Uni Montpellier ist alles anders

Heidelbergs französische Partneruniversität Montpellier gilt zu Recht als lebendige Studentenstadt mit südländischem Flair, liegt nur eine Viertelstunde vom Mittelmeer entfernt und hat auch kulturell einiges zu bieten. Wer allerdings dort studiert und deutsche Uni-Verhältnisse gewöhnt ist, der wundert sich erst einmal gewaltig.

"Den nächsten Satz brauchen Sie nicht mitzuschreiben", sagt der Professor. Sofort senken sich alle Köpfe im Hörsaal, und brav notieren die Studis in Schönschrift: "Den... nächsten...Satz...brauchen...Sie...."

So ungefähr läuft eine Vorlesung an der französischen Uni ab. Monsieur Le Professeur redet eine Stunde lang, ohne Luft zu holen, und die Studierenden schreiben jedes Räuspern von ihm mit. Um mit dem Tempo des unaufhörlich artikulierenden Profs mitzukommen, ersetzen die Studis viele Wörter durch Symbole, so daß der Mitschrieb einer Vorlesung oft einer ägyptischen Grabinschrift ähnelt. Damit das alles auch schön ordentlich aussieht, ist jeder Franzose und jede Französin ausgerüstet mit Lineal, Tipp-Ex und Buntstiften, damit wird alles unterstrichen und die Überschriften werden in verschiedenen Farben gemalt. Da kommen einem sadistische Gedanken: Was würde wohl passieren, wenn man einem französischen Studenten während der Vorlesung sein Schreibzeug wegnehmen würde? Wahrscheinlich würde er bald kreidebleich und zitternd flehen, man möge es ihm zurückgeben, wie ein Junkie, dem man seine Spritze weggenommen hat. Denn nur ein Student, der mitschreibt, ist ein guter Student. Als ich mich in der Vorlesung mal ein Viertelstunde zurücklehne und dem Prof zuhöre, wird eine Französin, wie sie mir später erzählt, sofort von ihrer Nachbarin gefragt, warum der da vorne denn nicht mitschreibt.

Die Professoren (ihre Kolleginnen heißen nicht etwa Professeuse, sondern ebenfalls Le Professeur) müssen sich hier nicht mit dem gemeinen Studentenvolk durch den Ausgang quetschen, sie betreten das Podium wie Schauspieler im Theater durch einen gesonderten Eingang, über dem wie an vielen Ecken unmißverständlich Durchgang für Studenten verboten steht - Vive le Prof.

Aber nicht nur damit kann man hier auffallen: Es herrscht die ganze Zeit Totenstille im Hörsaal. Als Ralf, Erasmus-Studi aus Bremen einen Satz des Professors nicht ganz verstanden hat und laut nachfragt, fahren alle Franzosen blitzartig verblüfft herum, unterdrücken nur mühsam ihr Lachen und schauen den Fremden an, als hätte der etwas Schweinisches gesagt - während der Prof geduldig den Satz wiederholt. Nein, nein, einfach so eine Frage stellen, das geht nicht, selbst den Arm hebt man hier nicht. Wer etwas wissen will, der schreibt seine Frage auf einen Zettel und reicht ihn nach vorne, damit der Prof ihn vorliest. Einmal, wurde mir erzählt, stand auf dem Zettel, den der Prof nichtsahnend vorlas, "Hätten Sie Lust, heute mit mir ins Kino zu gehen?", worauf der Professor und eine Studentin schlagartig erröteten.

Als ich zum ersten Mal die "Bibliothèque Universitaire" betrete, verstehe ich die Mitschreibewut meiner französischen Kommilitonen ein bißchen: Einen Lesesaal zum Zugreifen gibt es nicht. Um hier ein Buch oder eine Fachzeitschrift zu bekommen, muß man jedesmal pro Buch einen Zettel ausfüllen, an einem Schalter Schlange stehen, und nach einer ungewissen Warterei wird dann das gewünschte Druckerzeugnis mit einem kleinen Aufzug zum Schalter befördert, wo man dann mit Namen aufgerufen werden. Erinnert irgendwie an die Heidelberger UB. Im Eröffnungsjahr 1905, wohlgemerkt.

Zumindest als Jurist ist man ja an deutschen Unis unendliche Freiheiten gewohnt: Man geht hin, man macht Scheine, oder man läßt es. In Frankreich ist das anders: Nicht die Semester werden gezählt, sondern Studienjahre. Wer das erste geschafft hat, kommt ins zweite und so weiter. Wer am Schluß die Prüfungen nicht besteht, muß das ganze Jahr mit demselben Programm nochmal machen, er bleibt sitzen. In den sogenannten "travaux dirigés", Lehrveranstaltungen mit Anwesenheitskontrolle, haben die Assistenten von jedem Studi eine Art Stasi-Akte mit Foto. In jeder Stunde werden die Hausaufgaben kontrolliert, wer gerade nicht damit rechnet, wird drangenommen. Am Ende des Jahres gibt es Noten, wobei auch die mündliche Mitarbeit zählt. Es hätte mich nicht gewundert, wenn ich da wegen Schwätzens mit dem Nachbarn eine Strafarbeit oder den Rohrstock abbekommen hätte.

Und das ist auch der Grund, warum in dieser schönen Stadt das pulsierende Nachtleben überwiegend in der Hand von Studis aus England, Deutschland, Schweden etc. ist und man auf manchen Partys die Franzosen mit der Lupe suchen muß: Sie sitzen zu Hause und büffeln, um in der Uni nicht aus der Bahn geworfen zu werden. Da soll niemand die Franzosen darum beneiden, daß sie bereits nach 12 Jahren Abi machen - faktisch drücken sie viel länger die Schulbank als wir. Denn auch wo "Université" draufsteht, ist in Wirklichkeit Schule drin. (ah)


Verweigerer

Widerstand gegen die neuen Gebühren

"Wir zahlen nicht" schallte es am vergangenen Mittwoch aus den Kehlen zahlloser Studierender bei der Demo gegen die Einführung der "Studiengebühren". Genau das waren auch die Worte der Mitglieder zweier Sprachlaborkurse Anfang dieses Semesters.

In einem Brief erklärten sie, daß sie die 100 DM,- Kursgebühren, die seit diesem Semester bestehen, nicht berappen werden. Entscheidend für einen Erlaß dieses Entgeldes ist die jeweilige Prüfungsordnung. Sollten dort umfangreiche Kenntnisse der entsprechenden Fremdsprache gefordert sein, bleibt der Kurs kostenlos. Allerdings ist aus den Prüfungsordnungen nicht genau zu erkennen, wann dies der Fall ist. Auch gäbe es keine Liste, die als Grundlage zur Erhebung der Gebühren zu Rate gezogen werden könne. Somit bleibe es eine Ermessensfrage, wer letztlich zahlen müsse. Da als Anwort auf ihren Brief ihrer Kursleiterin mit einer Abmahnung gedroht wurde, besorgten sie sich von ihren Fachstudienberatern eine Bestätigung , daß entsprechende Sprachkenntnisse für sie unerläßlich seien. Somit konnten sie nun "Gebührenentfall" in die Liste eintragen .

Es dauerte allerdings keine Woche bis der Leiter des Zentralen Sprachlabors erklärte, daß trotz der Bestätigungen alle bis auf zwei oder drei Ausnahmen zahlen müßten und daß die Studierenden durch ihre Zahlungsverweigerung zum einen ihren Sprachkursplatz und zum anderen auch den Arbeitsplatz ihrer engagierten Lehrerin gefährdeten. Auch er bedauere die neue Verordnung und hätte lange dagegen angekämpft, aber jetzt könne er gegen die Anweisung, die auf Initiative Ulmers zustande kam, nichts mehr ausrichten. Bleibt als Konsequenz für die Studierenden vorerst : "Wir müssen doch zahlen". Aber so leicht wollen sie sich nicht geschlagen geben und denken über weitere Schritte nach. Vielleicht wollen sie sogar gegen den Verwaltungsrat klagen.

Diese plötzliche Einführung der Gebühren ist ein Paradebeispiel dafür, wie zur Zeit auf dem Rücken der Studierenden Sparpolitik betrieben wird. Die Studis werden geradezu in eine Zwickmühle getrieben. Entweder sie zahlen oder einigen ihrer LehrerInnen wird gekündigt. Und so baut man auf die Solidarität mit denen, die nun wirklich nichts für die neue Regelung können. Darüber hinaus zeugt es nicht gerade vom Organisationstalent, daß unklar ist, wer überhaupt zahlen muß. Sollte es jedoch mit Vorsatz so schwammig geregelt sein, damit möglichst viele Studierende in die Tasche greifen müssen, ist dies zwar geschickt, aber unlauter. (te)


... noch ganz fix

Meldungen

Klare Rechnung

Endlich Aufatmen im Frauenbüro: Das Gezänk und die Rechnerei um den Frauenförderplan hat ein Ende. Mit einem Etat von runden 0 DM ist er jetzt im Haushaltsentwurf des Verwaltungsrates aufgeführt. Der Plan, der im Mai dieses Jahres endlich verabschiedet wurde, sah vor allem die Förderung junger Habilitandinnen durch die Einrichtung eines Stellenpools vor. Ob 12 oder 15, lange wurde um die Anzahl der Stellen gerungen, bis man sich schließlich geeinigt hatte. Jetzt hat auch das Rektorat keine Probleme mehr, mit diesen haushaltswirksamen Zahlen zu rechnen: 0 durch 12, klare Sache.

Mehr Geld

Auf seiner nächsten Sitzung am 5. Dezember wird der Verwaltungsrat des Studentenwerkes wohl eine Erhöhung des Semesterbeitrages um 10 auf insgesamt 79 Mark ab Wintersemester 97/98 beschließen. Die Erhöhung wird nötig, weil das Land die Zuschüsse für die Mensen kürzt. Zudem fallen die Subventionen für das Haus der Studierenden, das Hans-Engelhorn-Haus, die Psychologische Beratungsstelle, das Tutorenprogramm und die Zimmervermittlung wohl ganz weg.
Weil die reduzierten Mensazuschüsse nicht allein mit dieser Beitragserhöhung abgedeckt werden können, werden zusätzlich die Essenbons 20 Pfennig teuer - schon ab dem 1. 1. 1997. Das Geld ganz über eine Erhöhung des Essenspreises eintreiben will man nicht, weil man in diesem Fall einen zu starken Einbruch bei der Nachfrage nach Mensa-Köstlichkeiten befürchtet - und damit gäbe es noch weniger der pro Essen gezahlten Landeszuschüsse.

Preis der Freunde

Den diesjährigen Preis des Vereins der Freunde der Universität für das beste studentische Projekt - dotiert mit 5000 Mark - teilen sich die studentische Telefonseelsorge "Nightline" und das "Sozialhandbuch" der Fachschaftskonferenz.

Castor & Theater

Falls es schon vergessen ist: Auch durch Heidelberg rollt ein Castor-Transport nach dem anderen. Wem daß nicht gefällt, der kann die örtliche Widerstandsgruppe mit dem Besuch einer Soli-Disco und eines Mitternachtstheaters am 7.12. im AZ besuchen.


Heidelberg


Jung und Grün

30 HeidelbergerInnen politisieren alternativ

Um sich über die üblichen Flugblattaktionen und Podiumsdiskussionen hinaus in die Politik einzumischen, bildete sich Anfang November dieses Jahres eine Gruppe von ca. 30 jungen HeidelbergerInnen.

Die "Jungen bei den Grünen", wie sie sich vorläufig nennen, sind aus dem Arbeitskreis von Bündnis 90/ Grüne "Recht und Demokratie" hervorgegangen, den es schon länger in Heidelberg gibt. Der harte Kern der Gruppe, deren Mitglieder unterschiedlich vertraut mit der politischen Arbeit sind, bringt also schon einige Erfahrung auf diesem Gebiet mit.

Die "Jungen bei den Grünen" sind offiziell kein Arbeitskreis von Bündnis 90/ Grüne, können sich aber auf deren Unterstützung verlassen. In ihrer ersten Sitzung haben sie ihre zukünftige Arbeit unter das Thema "Europa" gestellt, da sie durch gute Kontakte zu Grünen-Politikern, wie dem Europasprecher der Landtagsfraktion, Dietrich Hildebrandt, und der Sprecherin im Bundestag für Internationales, Angelika Köster-Lossack, ihre Resultate in die öffentliche Debatte einbringen können.

Der weitgesteckte Rahmen "Europa" läßt die Beschäftigung mit vielerlei Ressorts offen. So werden sie sich zunächst durch Referate über Themen wie Währungsunion, Finanzen, Inneres, Sicherheit und Justiz kundig machen, um sich über ihre Einflußmöglichkeiten klar zu werden und thematische Ansatzpunkte herauszuarbeiten. Die "Jungen bei den Grünen" definieren sich nicht über die Hochschulpolitik, sind aber für diesbezügliche Fragen offen und zur Unterstützung von Aktionen der Hochschulgruppen wie der FSK oder dem Bündnis Zahltag bereit. (te/kh)

Kontakt: Rainer Keil, 60197 oder Peter Siller, 16058
Treffen: alle 14 Tage mittwochs, 20.00 Uhr im Essighaus/1.Stock; nächstes Treffen am 4.12.


Make Money fast!

Kettenbriefe jetzt auch im Internet

Das Internet wird von immer mehr Leuten als neues Medium erkannt und in den verschiedensten Gebieten eingesetzt. Jetzt gibt es auch die elektronische Form eines alten Systems - Kettenbriefe!

Wohl allen Teilnehmern von Newsgroups oder Mailinglisten dürfte in letzter Zeit aufgefallen sein, daß Meldungen mit dem Betreff MAKE MONEY FAST oder ähnlichem den Posteingang erheblich vollzumüllen beginnen. Der Wortlaut variiert, aber die dargelegte Grundidee ist immer dieselbe: Man erhält eine Liste mit einigen Adressen, an die man einen gewissen (kleinen) Geldbetrag schicken soll. Dann setzt man seinen Namen an das Ende der Liste, löscht dafür den ersten und schickt seinerseits diese Mail an mindestens 200 Newsgroups. Alle Versender versichern, daß man auf diese Art und Weise innerhalb weniger Wochen 20000$ oder mehr erhalte. Daß dies nur den Initiatoren zugute kommt und schon nach wenigen Stationen zum Stillstand kommt, dürfte klar sein. Denn es können nicht alle gewinnen, das Geld kommt schließlich nicht aus dem Nichts!! Das System KANN nicht auf Dauer funktionieren, denn wenn 200 Leute an 200 Leute schreiben, die wieder an 200 Leute schreiben usw., dann würde bald jeder erreicht sein. Und wer bezahlt dann die große Anzahl der Leute, die unten in der Pyramide stehen und die brav an Leute gezahlt haben, die entzückt ob der Gutgläubigkeit an der Spitze der Pyramide stehen? Wer auf solche Mails hereinfällt, hat nicht nur selbst Schuld, sondern macht sich darüberhinaus auch noch strafbar, denn in Deutschland und in vielen anderen europäischen Ländern ist dieses Kettenbriefsystem verboten.

Doch auch wenn es bei den Mails, die kursieren, keine großen Beträge sind, die man investiert und deshalb der Gedanke aufkommen mag, daß man im Falle eines Mißerfolgs nicht viel verliert, sollte man zumindest bedenken, daß solche elektronischen Kettenbriefe das Internet im wahrsten Sinne verstopfen.

Wie kann man sich gegen diese Mails wehren? Da Zensur und Internet nicht zusammenpassen, sollte man gar nicht erst daran zu denken wagen, Newsgroups auf derartige Inhalte hin überwachen zu lassen. Man könnte sicherlich versuchen, den Versender mit Mails zu überhäufen, aber so beeinträchtigt man den Datenfluß. Gute Mail-Programme besitzen Filter, mit denen man solche Mails schon mehr oder weniger zuverlässig aussortieren kann. Aber auch ohne diese technische Lösung kann man diese Mails ungelesen dorthin befördern, wohin Müll gehört - in den Papierkorb. Das dauert nicht lange und so besteht zumindest die Hoffnung, daß die Initiatoren irgendwann merken, daß hier kein Geld zu machen ist! (hpc)


Sylvester auf der Straße

Wird das Autonome Zentrum bald geräumt?

Das Autonome Zentrum ist seit fünf Jahren ein Treffpunkt und Veranstaltungszentrum der linken Kultur Heidelbergs. Außer Konzerten und anderen kulturellen Veranstaltungen ist es auch bekannt für die Möglichkeit der kostenlosen Fahrradreparatur und füreine "Volxküche" zum Selbstkostenpreis, die auch Obdachlosen und anderen sozialen Randgruppen zur Verfügung steht.

Mit solchen Aktivitäten übernehmen die Mitglieder des Zentrums ehrenamtlich Sozialarbeit, die andernfalls teuer von der Stadt finanziert werden müßte. All das hat sich bewährt - im AZ kommen politische und kulturelle Gruppen zusammen, für die es in Heidelberg sonst keinen Platz gibt.

Mitte des Jahres hat die Stadt Heidelberg dem AZ gekündigt. Am Neujahrstag soll das Gebäude geräumt sein. Dies geschieht im Rahmen einer Umstrukturierung des Stadtteils Bergheim, die das Viertel durch sozialen Wohnungsbau und eine Einkaufsstraße attraktiver machen soll. Die Stadt, die dem AZ Mietfreiheit gewährt hatte, hielt sich die Möglichkeit zur kurzfristigen Kündigung offen.

Im Sommer wurde den Autonomen durch die Stadt eine Alternative angeboten; ein Gebäude in Wieblingen war im Gespräch. Doch obwohl sogar schon ein Ortstermin stattfand, wurde das Angebot von der Stadt zurückgezogen. Statt dessen schlug das Rathaus als Übergangslösung drei Büroräume im Pfaffengrund vor, in denen aber nach Meinung eines AZ-Vertreters die Weiterführung der Arbeit in dem bisherigen Rahmen nicht möglich sei.

Da die Mitarbeiter des AZ durch diesen Ablauf der Verhandlungen das Gefühl haben, hingehalten zu werden, versuchen sie nun mit verstärkter Öffentlichkeitsarbeit, Aufmerksamkeit auf ihr Raumproblem zu lenken und so Druck auf die Stadtvertreter auszuüben. Die Mittel dazu sind bisher hauptsächlich eine Plakataktion mit den Statements linker Prominenter und eine Demonstration, die am 14. Dezember am Hauptbahnhof stattfinden wird. Die Möglichkeit, gegen die Kündigung zu klagen, hielten die Vertreter des AZ für wenig sinnvoll, da dies wohl nur einen Aufschub von einigen Monaten bedeuten würde. In erster Linie hofft man auf die Kompromißbereitschaft der Stadt.

Ein solcher Kompromiß müßte nach Meinung der Autonomen einen adäquaten Ersatz beinhalten, also Gruppenräume, einen Saal für kulturelle Veranstaltungen und Platz für eine Werkstatt - am besten in Fahrradnähe, die die einfache Erreichbarkeit des Zentrums gewährleisten soll.

Die Stadt ist gesprächsbereit: So äußerten sich bei einem Treffen mehrere Stadträte für einen Erhalt der Einrichtung. Dem ruprecht gegenüber wollte sich das Büro der Oberbürgermeisterin nicht festlegen, zeigte sich aber aufgrund von "AZ bleibt"-Schmierereien besorgt, daß die Diskussion an Sachlichkeit verlieren könnte.

Das Echo auf die Aktionen der Autonomen bleibt unterdessen nicht aus. Die Ethnologen riefen sogar zur Urabstimmung und erzielten bei vergleichsweise hoher Wahlbeteiligung ein nahezu 100prozentiges Ergebnis für die Beibehaltung des AZ.

Bleibt zu hoffen, daß sich Rathaus und Autonome doch noch auf eine günstige Lösung in beiderseitigem Interesse einigen können: Sonst steht ein wichtiger Teil der kulturellen und politischen Szene Heidelbergs auf der Straße. (gan/cab)


Der überall zu Hause war

Hermann von Helmholtz (1821-1894) in Heidelberg

Er war einer der Wegbereiter der Physik und der Physiologie. Doch berührten seine Forschungen auch die Ästhetik und Philosophie. Zu den wichtigsten Schaffensperioden zählt seine Zeit als Ordinarius an der Heidelberger Universität.

Einer der genialsten Naturwissenschaftler des neunzehnten Jahrhunderts: So sahen Hermann von Helmholtz schon seine Zeitgenossen. Die wilhelminische Geschichtsschreibung erhob ihn salbungsvoll zum "Reichskanzler der Physik" - vor allem wegen seiner Tätigkeit als Leiter der von ihm angeregten Physikalisch-Technischen Reichsanstalt in Berlin. Doch befaßte sich der Wissenschaftler im Laufe seines Lebens mit einem sehr viel breiteren Forschungsspektrum.

Tatsächlich ist es fast unmöglich, die ganze Spannweite seiner Forschungsergebnisse zu erfassen. Seine Neigungen hatten ihn ursprünglich zum Studium der Physik hingezogen, doch dieser Wissenschaftszweig war damals noch kaum erschlossen und wurde als brotlose Kunst angesehen. So machte er sich zunächst - nach einer medizinisch orientierten Ausbildung - als Physiologe einen Namen. Die Arbeit "Ueber die Erhaltung der Kraft" hatte ihm 1847 zum Durchbruch verholfen, und vor seiner Berufung nach Heidelberg im Jahr 1858 war er an den Universitäten von Berlin, Königsberg und Bonn tätig.

In der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts führte die Etablierung der empirischen Wissenschaftsmethodik als Folge der Aufklärung zu einem Bedeutungszuwachs der Naturwissenschaften innerhalb der Universitäten. Das Großherzogtum Baden, zu dem Heidelberg damals gehörte, investierte dementsprechend zur Jahrhundertmitte in den Ausbau der Naturwissenschaften. So wurden nicht nur fast alle außerordentlichen Gelder für den Bau von neuen Labors und Instituten verwendet, sondern auch bei der Personalauswahl wurden Zeichen gesetzt: In die Zeit der Berufung von Helmholtz fallen auch die des Chemikers Bunsen und des Physikers Kirchhoff.

Das große Interesse an der Naturwissenschaft erklärt das für damalige Verhältnisse exorbitante Jahresgehalt von 3600 fl., das Helmholtz neben einem Institutsneubau zugesagt worden war. Die Professoren der Philosophischen Fakultät konnten zur gleichen Zeit nur mit Zuwendungen von etwa 1500 fl. rechnen - dieses Verhältnis der Gelderzuteilung hat bei der Drittmittelvergabe bis heute Tradition.

Durch seine privilegierte Stellung hatte Hermann von Helmholtz ideale Forschungsmöglichkeiten: die Heidelberger Zeit war eine seiner produktivsten Schaffensperioden. Er erzielte große Erfolge in der Grundlagenforschung der Sinneswahrnehmung, vor allem in den Bereichen der Akustik und Optik, aber auch in der Geometrie und in der Hydrodynamik, wo ihn besonders Reibungsphänomene in Flüssigkeiten interessierten. Dabei wandte er auch den Energieerhaltungssatz von 1847 wieder an.

Die Integration von Erkenntnissen verschiedener Wissenschaften war ein wichtiger Teil der Methodik von Helmholtz. Bei seinen Studien verfolgte er oft wissenschaftliche Probleme, die an der Grenze von zwei oder mehr Wissenschaften standen, und wandte die Methoden oder Techniken der einen Wissenschaft an, um die Probleme der anderen zu behandeln. Dabei verschloß er sich auch der Verbindung von Philosophie und Naturwissenschaft nicht, sondern versuchte, naturwissenschaftliche Erkenntnisse in der Philosophie anzuwenden.

Eines der letzten Projekte von Helmholtz in Heidelberg, das schon seine endgültige Orientierung hin zur Physik erkennen läßt, veranlaßt den Freund und Elektrophysiologen, Emil Du Bois-Reymond 1870 so auch zu der Äußerung: "Deine [...] neuere Veröffentlichung über die Theorie der Elektrizität geht leider über meinen Horizont. Es würde mich monatelange Arbeit kosten, die Sache zu bewältigen. Es ist nur Dir gegeben, überall zu Hause zu sein [...]".

So erfolgreich und anerkannt Helmholtz in der Forschung war, so unglücklich war er in der Lehre. In Heidelberg überließ er den Großteil der Lehraufgaben seinen Assistenten, und in den ersten Monaten seiner Tätigkeit empfand er den starken Zustrom an Laboranten in erster Linie als Belastung. Über seine späteren Vorlesungen in Berlin urteilte Max Planck: "Wir hatten das Gefühl, daß er sich mindestens ebenso langweilte wie wir."

Mit dem Ende der 1860er Jahre schwand bei Hermann von Helmholtz das Interesse an der Physiologie. Einer der Gründe mag die schließlich erfolgte Durchsetzung des Kausalitätsprinzips in diesem Wissenschaftsgebiet sein, die Helmholtz als Kantianer ein vordringliches Anliegen gewesen war. Heidelberg verlor damit für den nunmehr eher physikalisch orientierten Akademiker an Attraktivität. 1871 wechselte er nach Berlin, wo er bis zu seinem Tode blieb. (gan)


ruprecht-Serie "Heidelberger Profile"

Kino fürs Fernsehen

Kabel, Licht und Film: Gert Steinheimer

Gert Steinheimer ist Drehbuchautor und Regisseur. Er dreht schwarze Komödien, die sich von der Durchschnittskost im Fernsehen durch ausgefeilte Storys mit viel Humor und eine eher an das Kino erinnernde Machart abheben. Ausgezeichnet wurde er mit dem europäischen Drehbuchpreis in Silber beim Festival du film in Monte Carlo (1988, "Zweikampf”) und mit dem Adolf Grimme-Preis für Drehbuch und Regie (1989, "Atlantis darf nicht untergehen”).

Eigentlich wollte der heute 52jährige nie Regisseur werden. Mit 14 war er gerade von der Schule geflogen, als er Science-Fiction-Hörspiele schrieb, die er über ein Mikrophon und eine eigens geschaffene Leitung zu seiner Cousine ein Stockwerk tiefer übertrug: "Meine Mutter hat mich da sitzen sehen, hat die Kabel gesehen und gedacht: Der Bub muß Elektriker werden." Noch während der Lehre entdeckte er seinen Hang zum Schreiben. Schließlich landete er beim Theater. Zunächst als Statist, dann als Beleuchter, worin er sein Meisterdiplom erwarb. Nebenher schrieb er Stücke, die auch einen Verlag fanden und in einigen Städten zur Aufführung kamen. Das genügte ihm nicht, er wechselte die Perspektive und wurde Regieassistent, um die Erfahrungen aus der praktischen Arbeit für seine Autorentätigkeit nutzbar zu machen. Da er von Theaterstücken nicht leben konnte, begann er mit dem Schreiben von Hörspielen. Eher zufällig kam er dann zum ZDF: "Ich besuchte einen Freund, der Grafiker war. Ein Redakteur sagte, er brauche jede Woche eine kleine Satire. Mein Freund sagte, das schaffe er nicht. 'Aber der da, der ist vom Theater, der kann das'. So kam ich zum Fernsehen." Zwischen 1980 und 1985 drehte er dann über 150 Kurzfilme bis zu 30 Minuten Länge.

"Irgendwann dachte ich mir, das kann's nicht sein, und habe dann einen abendfüllenden Stoff geschrieben." Der Südwestfunk nahm das Drehbuch an, Steinheimer drehte "Zweikampf". Der Film wurde ein Erfolg, auch bei den Filmfestspielen in Hof. Seither hat Steinheimer kein Drehbuch mehr abgegeben. Allerdings, wie er betont, nicht aus Angst vor einer schlechten Verfilmung. Die Regie sei eigentlich immer selbstverständlich ihm selbst zugefallen, als eine Art Folgeerscheinung. Er sieht sich jedoch nicht als Autorenfilmer wie Wenders oder Herzog. "Ich verändere mein Wesen, wenn ich die Metamorphose durchmache vom Autor zum Regisseur. Sobald ich die Regie übernehme, ist das Drehbuch für mich ein Fremdkörper, in dem eine Menge Quatsch drin steht. Auch wenn's von mir ist!" Dabei schreckt er auch nicht davor zurück, Drehbücher anderer Autoren, die er gelegentlich verfilmt, umzuschreiben oder gar neu zu schreiben. Der Publikumsliebling "Schwarz greift ein" mit Klaus Wennemann wurde von ihm beispielsweise mit einem komplett neuen Pilotfilm versehen. Der Erfolg gibt ihm Recht: seine Produktionen erreichen ohne weiteres 10 Millionen Zuschauer. Trotz dieser Erfolge ist einer seiner großen Wünsche nie wahr geworden: Der Sprung ins Kino. Die Ambition ist nicht zufällig: Seine Filme sind von der Machart her Kinofilme; weniger Nahaufnahmen, mehr Atmosphäre als im Fernsehen üblich. "Ich mache eigentlich nur Kinofilme, Kinofilme für's Fernsehen (lacht). Fernsehdramaturgie, das sind große Köpfe, hell ausgeleuchtet: langweilige Bilder." Bereits drei Filme hat er bei der Filmförderung eingereicht. "Mein erster Film wurde abgelehnt mit der Begründung: 'Wer will schon den Zweikampf zweier alter Herren sehen?'." Doch nach dem Erfolg von "Zweikampf " bemerkte Steinheimer, daß er über das Fernsehen erheblich mehr Zuschauer erreichen kann: "Ich trat über das Fernsehen vor ein Millionenpublikum in Konkurrenz zu anderen um 20.15 Uhr, wo ich mich behaupten mußte. Das hat mir gefallen, danach hat mich das Kino nicht mehr so interessiert. Jetzt, denke ich mir, ist es an der Zeit, einen neuen Versuch zu starten."

Seine Herkunft vom Theater läßt sich seinen Filmen noch heute anmerken. Er hat im Vergleich zu den meisten anderen Regisseuren auffällig wenig Schnitte in seinen Filmen. "Es geht mir um eine psychologische Spannung zwischen den Schauspielern. Ich riskiere lange Einstellungen, um die Zuschauer in den Sog zu ziehen." Dabei betont er, daß er wert legt auf eine gute Story: "Wenn die Geschichte gut ist, kann ich gerne auf einen Star verzichten. Die Geschichte ist der Star." Seit Steinheimer in Heidelberg wohnt, nimmt diese Umgebung Einfluß auf seine Geschichten. Einer seiner nächsten Filme spielt zentral in einer Wohnung in der Plöck. Er fühle sich hier wohl, auch sei Heidelberg für seine Schreibarbeit ein guter Ort. Er mag die studentische Atmosphäre, Maler, Künstler und den liberalen Charakter: "Eine Stadt, nicht allzu groß, aber eben kein Dorf."

Was den Quotenzwang angeht, so ist er unbesorgt. Kann er auch sein. Dennoch wehrt er sich gegen die allgemeine Tendenz, Quoten führten zu anspruchslosen Produktionen: "Ich bin nicht der Meinung, daß der Zuschauer nur gewonnen werden kann durch platte, triviale Filme. Ich glaube an den Zuschauer. Er kann bei anspruchsvollen Filmen vielleicht nicht alles analysieren, aber er kann es spüren. Anspruchsvolle Filme haben gute Chancen." Diese Perspektive hat er auch für die Zukunft des deutschen Kinos: "Zunächst mal finde ich es toll, daß die deutschen Filme überhaupt wieder gesehen werden. Noch vor wenigen Jahren blieben die Kinos leer, da liefen sogar noch die Stühle mit raus. Jetzt wird es Zeit, daß neben den Boulevardkomödchen unterhaltsame, anspruchsvolle Filme in die Kinos kommen."

Auf die Frage nach seinem Humor erzählt Steinheimer, daß er eigentlich ernste Geschichten erzählen will. Grelle, absurde Geschichten ins Alltägliche geholt, man lacht nicht selten über sich selbst. Kein Klamauk, das mag er nicht. Er schätzt Loriot, für Hallervorden hat er nicht viel übrig. Und der schwarze Humor? "Ich wußte nie, daß ich schwarzen Humor mache, das wurde mir dann von der Redaktion gesagt (lacht). Ich zeige dem Zuschauer, daß er selbst leicht zum Mörder werden kann, aus ganz alltäglichen Gründen."

Nebenbei ist er immer wieder als Dozent für Drehbuchschreiben an der Filmakademie in Ludwigsburg tätig. Eines will er auf jeden Fall vermitteln: "Man muß seine Figuren lieben. Alle. Auch die Mörder. Gerade die! Figuren dürfen nicht lächerlich gemacht werden, sie müssen erklärbar sein."

Zuletzt drehte Gert Steinheimer ein fremdes Drehbuch. "Bis dann" heißt der Film, für den er im Moment im Schneideraum in Mainz sitzt, eine Liebesgeschichte zwischen einem alten Mann und einem jungen Mädchen mit Martin Benrath in der Hauptrolle. (papa/cab)


Bei Anruf Rikscha

Neuer Transport-Service in Heidelberg

Mal eben Urlaub machen - das wär's doch jetzt. Weg vom deutschen Herbstgrau, die Uni für ein paar Tage vergessen. Leichter gesagt als getan, zumal Reise und Geld immer eine unzertrennbare Symbiose eingehen. Was tun?

Man begebe sich zum Telefon und wähle Heidelberg 83 90 01 oder 71 29 54, und es meldet sich Wolfgang Pierro beziehungsweise Ingo Fath. Und genau diese beiden können Abhilfe leisten, denn diese Herren betreiben seit diesem Jahr einen Rikscha-Service und lassen dadurch Heidelberg in einem ganz anderen fernöstlichen Licht erscheinen. Ein Hauch von asiatischem Ambiente weht durch Heidelbergs Gassen. Grund für dieses "Feeling" sind die exotischen bunt bemalten Gefährte, genannt Rikscha. Die Entstehung dieses Dreirads ist nicht mehr so ganz nachvollziehbar, anscheinend soll es im Jahre 1869 von einem gewissen Izumi Yosuke erfunden worden sein. Sicher ist lediglich, daß sich Rikscha von "jin-riki-sha" herleitet, was soviel wie "Mensch-Kraft-Fahrzeug" bedeutet. Ursprünglich handelte es sich um zweirädrige Karren, wie man sie heute noch beispielsweise in Kalkutta sieht, die von einem Menschen gezogen werden. Heutzutage sind die Rikschas überwiegend dreirädrig, der Fahrer sitzt entweder hinter oder vor den Fahrgästen. Darüber hinaus gibt es auch motorbetriebene Rikschas.

Daß alternative Fortbewegungsmittel mehr und mehr im Kommen sind, beweist unter anderem die Tatsache, daß mittlerweile auch schon in Deutschland Rikschas hergestellt werden. Ein solches Gefährt - Made in Germany - kostet um die 10 000 DM, verglichen mit asiatischen Modellen viel Geld. Deren Kosten liegen bei 300 bis 500 Mark, zuzüglich Überführungskosten, die den Kaufpreis meist übersteigen. Kein billiger Spaß also.

Wolfgang besitzt zwei Rikschas, eine indische und eine vietnamesische, Ingo kann eine indonesische Rikscha sein Eigen nennen. Was liegt also näher, als die Rikschas nicht nur im privaten Bereich einzusetzen. Als dann vor einigen Monaten der "Kutschen - Expreß" in der Hauptstraße eingestellt wurde, sahen Ingo und Wolfgang eine Marktlücke, um ihr Steckenpferd in Bares umzusetzen und "gerade in Heidelberg einen schönen Beitrag zur ökologischen Mobilität zu liefern" , so Ingo. Bisher im Angebot sind Stadtrundfahrten, Einkaufsfahrten und auch Transportdienste. Jedoch liegt noch keine Konzession für die Hauptstraße vor, aber man wird sich weiterhin bemühen, "wo ja die Kutsche viel schneller fuhr als wir", meint Wolfgang. Der Amtsschimmel muß also noch überzeugt werden, da selbst Beate Weber das Angebot einer Freifahrt dankend ablehnte, mit der Begründung, sie wolle keine anderen Menschen für sich arbeiten lassen. Diese Ausrede schien Wolfgang etwas fadenscheinig. Aber genau da liegt der Hase im Pfeffer: "Das ist genau das, was in den deutschen Köpfen drin ist. Das Image der Rikscha ist immer noch verbunden mit kolonialer Ausbeutung.", so Ingo. Wolfgang kann da nur zustimmen, er zieht überhaupt keine Trennungslinie zwischen Dienstleistungen, "schließlich wird ja beispielsweise Teppichboden auch von Menschenhand verlegt. Außerdem zwingt uns niemand, dies zu tun, niemand braucht also ein schlechtes Gewissen zu haben."

Ganz einfach ist es aber dennoch nicht mit den rund 90 Kilogramm schweren Fahrzeugen umzugehen . Man müßte schon Herkuleskräfte aufbringen, um das Schloß mittels einer Rikscha zu besichtigen. Die alte Brücke ist gerade so zu schaffen. Auch die Akzeptanz der Autofahrer und sonstigen Verkehrsteilnehmer sei groß, und das in Heidelberg (die Radfahrer wissen, was ich meine). Noch nicht ein motorisierter Verkehrsteilnehmer habe sich aufgeregt oder auch nur gehupt. Und die Passanten nehmen die exotischen Gefährte entweder mit einem Grinsen auf oder bekommen den Mund nicht mehr zu vor Staunen. Ingo faßt zusammen: "Wir erzielen eine positive Wirkung, die Leute schmunzeln, haben aber keinen Gedanken an Groll".

Die zwei Chauffeure blicken also positiv in die Zukunft, freuen sich schon auf den nächsten Sommer und hoffen auf viele Aufträge. Man denkt auch darüber nach, bei einer Expansion eventuell Studierenden eine Möglichkeit zu bieten, als Rikschafahrer ihr Sparkässchen aufzufüllen. '''S wird auch notwendig sein. (jh)


Gentechnik im Feld

Erstes US-Labor Deutschlands in Heidelberg

Seit Ende Oktober steht es fest: Mit der Unterzeichnung eines 100-Millionen-DM-Vertrages zwischen der BASF AG Ludwigshafen und Lynx Therapeutics Inc. Kalifornien kommt das erste Mal eine amerikanische Gentechnikfirma nach Deutschland. Mit dieser Trendumkehr will die BASF auch ein Zeichen setzen, daß Deutschland trotz aller Diskussion attraktiv für Zukunftstechnologie bleibt.

Auf Heidelberg als Standort fiel die Wahl nicht nur, weil sich die Zentrale Forschung Toxikologie der Mutter BASF in der Nähe befindet. Heidelberg gilt als eines der weltweit führenden Forschungszentren auf dem Gebiet der Biowissenschaften. Im Science Citation Index, einer Rangliste der Zitierungen von Veröffentlichungen in wissenschaftlichen Magazinen, liegt Heidelberg durch das Europäische Molekularbiologische Labor (Platz 4), das Deutsche Krebsforschungszentrum (Platz 11) und die Universitätsinstitute (Platz 23) mit vorne. Die BASF erhofft sich hier unkomplizierte Zusammenarbeit von Wissenschaftlern.

Durch das Joint Venture entsteht eine komplett neue Firma, die BASF-Lynx-Bioscience AG, in die Lynx seine neue DNA-Sequenzierungstechnik, das Massively Parallel Signature Sequencing, und die BASF das technische Know-How einbringt. Zunächst werden 50 Mitarbeiter eingestellt, die Hälfte davon Wissenschaftler. Zudem wird die Firma nach amerikanischem Vorbild mit einem wissenschaftlichen Beirat versehen, in dem auch Heidelberger Wissenschaftler zu finden sein werden. Sitz der Firma, die zunächst nur Auftragsforschung leistet, wird der Technologiepark "Forschung und Entwicklung" Im Neuenheimer Feld 517-519 sein, das sich nördlich dem Uni-Gelände anschliesst, und in dem sich seit 1985 schon 14 Hightech-Betriebe der Biologie-, Medizin und Umweltforschung angesiedelt haben.

Die Forschungsarbeit in den gentechnischen Labors der höchsten Sicherheitsstufe wird sich zunächst auf drei Schwerpunkte konzentrieren. Durch die Entwicklung von Testsystemen zur Erkennung unerwünschter Nebenwirkungen von Chemikalien kann die weitere Entwicklung solcher Verbindungen frühzeitig aufgegeben werden. Das Aufspüren pharmakologisch interessanter molekularer Ziellstrukturen der menschlichen Zelle könnte die Entstehung und den Verlauf von Krankheiten auf molekularer Ebene mit einer bislang nicht möglichen Genauigkeit analysieren. Dritter Schwerpunkt bildet die Entwicklung von Mikroorganismen zur Massenproduktion von Feinchemikalien, z.B. Vitaminen. Bei entsprechendem Wachstum wird die Firma durch eine Produktionsabteilung erweitert, die vielleicht im Technologiepark "Produktion" auf dem Gelände der ehemaligen Heidelberger Schlachthöfe in der Nähe von ABB angesiedelt wird. (jm)


Kultur


ruprecht on the record

Musiktips

Paco De Lucia, Al Di Meola & John McLaughlin: The guitar trio

Auf dem Cover wird vollmündig The Guitar Trio angepriesen. Schon fühlt man sich an die drei Tenöre erinnert, und erwartet eher einen hochpreisigen Ausverkauf von Kultur denn ein ungewöhnliches musikalisches Ereignis. Doch genau darum handelt es sich bei dieser CD: 15 Jahre nach der legendären Friday Night in San Francisco haben drei der weltweit bekanntesten Gitarristen wieder im Studio und auf der Bühne zusammengefunden. Das Ergebnis ist nicht nur etwas für Jazzfreunde: Die drei spielen ihre eigens für diese Aufnahmen geschaffenen Kompositionen so, als wären sie eine Person. Sensationell, wie die drei Begleit- und Solostimme wechseln und zusammenkommen. Im Vergleich zu Friday Night wurde wesentlich weniger wert auf virtuose Gitarrenläufe gelegt. Sparsam war man im Umgang mit allem, was nicht als Gitarre bezeichnet werden kann. Diese wiederum wird durchaus auch als Rhythmusinstrument benutzt. Ansonsten ganz selten sparsame, ausgezeichnete Percussion. Darüberhinaus ist die CD vorzüglich aufgenommen. Dafür zeichnet das Real World Studio verantwortlich, bestens bekannt durch dessen Betreiber Peter Gabriel. Alles in allem sicher eines der Highlights der Neuveröffentlichungen im Jazzbereich dieses Jahr, das Maßstäbe setzt in Interpretation und Klang. (papa)

Musik für Laute: Konrad Ragossnig; DGG-ARCHIV-Produktion

Nachdem die Laute im 13. Jahrhundert aus der über die iberische Halbinsel importierten arabischen Ud entstanden war, entwickelte sie sich im 16. und frühen 17. Jahrhundert zu einem sehr weitverbreiteten und beliebten Instrument. Doch erst zu einem Zeitpunkt, als die zeitgenössischen Kompositionen des 20 Jahrhunderts dem Hörer immer höhere Anforderungen abverlangten, begann man im Rahmen des aufkommenden Interesses für "alte Musik", wieder auch die klassische Lautenmusik zu studieren und aufzuführen. Konrad Ragossnig gilt als einer der bedeutendsten Lauten-Virtuosen, die das Interesse für diese Epoche der europäischen Musikgeschichte wiedererweckten.

Die nun schon 20 Jahre alten Aufnahmen, die unter dem Titel "Musik für Laute" wiederveröffentlicht wurden, stellen Lautenmusik aus dem 16.und frühen 17. Jahrhundert, der Blütezeit der Lautenmusik, vor. Nach den Herkunftsländern geordnet, entfächert Ragossnig hier ein breites Spektrum der europäischen Musikkultur, die dabei durch seine lebendigen Interpretationen in ihrer Vielfältigkeit wiederauflebt. Dabei gelingt es ihm, seiner achtchörigen Renaissance-Laute mal weiche und zarte, mal trockene, harte Töne (die an die arabische Ud erinnern) zu entlocken. (fw)

Christian Bruhn: Soundtrack "Captain Future”; Originalmusik zur TV-Serie

Fast vergessen, als so um 1980 herum zur japanischen Zeichentrickserie eine LP herauskam, die uns die Mama unter den Weihnachtstisch legte. Einige wenige dürfen sich glücklich schätzen, dieses Vinyl- Exemplar bis heute aufgehoben zu haben. Die anderen können jetzt aber auch wieder glücklich werden, denn die Firma Colosseum hat den Soundtrack zur Kultserie Captain Future inzwischen auf CDs gepreßt, die im gut sortierten Fachhandel rund 30 DM unter der Rubrik Soundtracks zu finden sind. Wer ein Hörspiel erwartet, wird entäuscht, stattdessen 18 Titel feinster Instrumentalmusik, die verschiedener nicht sein könnten: Von klassischen Pop-Ohrwürmern wie dem Titelstück, welches zugleich die Anfangsmelodie der TV-Serie ist, über Swingstücke wie "Ken", bis hin zu urzeitlichen Trance -Sounds ("Eingeborene", "Neue Erfahrungen im Cyber-Space"). Dazwischen immer wieder mal was Melancholisches, beinahe Esoterisches, wie "Joan" und "Ein Trauriger Fall", nicht zu vergessen das harmonisch-mollig-wollige "Fremde schöne Landschaft", welches uns auf Wolken tanzen läßt. Hin und wieder ist im Hintergrund die Stimme von Erika Bruhn in Form von Huhuhu zu Höhren. Alle Stücke sind in der Serie schon mal eingesetzt worden, obwohl es kaum vorstellbar ist, daß es so viele waren. (mj)


ruprecht reads comics

Heft-Rezensionen

Comics für Erwachsene

Francine liebt Freddie, Katchoo liebt Francine, David liebt Katchoo und dazu kommt noch ein Haufen Gewalt, Sex und Tote und schon hat man die Zusammensetzung der besten "serialized story", dies besagt wenigstens der Eisner Award, der Oscar unter den Comics. Aber mit einer solchen Zusammenfassung tut man "Strangers in Paradise", liebevoll von seinen Fans "SIP" genannt, keinen Gefallen, denn die Geschichte zweier Frauen beinhaltet mehr als die übliche Dreieck-Konfiguration. Betrachten wir erst einmal Katchoo näher: während Francine ihren Abschluß in der High School macht, fliegt Katchoo von der Schule und die beiden Freundinnen sehen sich für Jahren nicht mehr. SIP setzt nun in der Handlung ein, als die beiden wieder zusammenziehen und gemeinsam wohnen, jedoch ist ihrem gemütlichen Zusammensein rasch ein Ende gesetzt, als erst Francines Freund Schluß mit ihr macht and dann Schatten aus Katchoos dunkler Vergangenheit auftauchen. Sie landete nämlich nach ihrem Rausschmiß aus der Schule auf der Straße und wurde zur obdachlosen Alkoholikerin. Ein Callgirl fand sie in einer jämmerlichen Verfassung und päppelte sie auf, bis Katchoo fähig war, ihrer neugewonnenen Freundin aus Dankbarkeit zur Hand zu gehen. Nachdem die beiden dann noch knapp eine Million Dollar von ihrer Auftraggeberin klauen, kann das Drama beginnen! Aber mehr sollte man nicht wissen über SIP, denn einer der Reize besteht darin, daß man niemals die Story voraussagen kann.

Über den Autor muß man erst einmal eins klarstellen: der Autor ist ein Mann, trotz der überwiegend weiblichen Charaktere und Themen! Terry Moore hat mit seiner anfangs noch unbekannten Comicserie genau den Nerv der Zeit getroffen. Was sich dann über Mund-zu-Mund-Propaganda verbreitete, wurde zu einem der erfolgreichsten Comics der letzten Jahre und hat sich jetzt zum Verkaufsschlager entwickelt, ein ernomer Erfolg für einen Comiczeichner und Texter, der seine erste Comicserie zeichnet und das zuerst in einer Auflage, die die großen Verlage "special limited edition" nennen. Aber Moore gehört nun auch zu den "großen Drei",seitdem Jim Lee, Präsident von Image,ihn für seinen eigenen Verlag "Homage" holte. Moore ergriff die Gelegenheit sofort am Schopf und publiziert seine Comics nicht mehr selber. So hat er mehr Zeit zum Zeichnen und nebenbei coloriert für ihn das Team um Steve Oliff, der auch Akira coloriert. In Deutschland ist man noch nicht soweit: Beim Verlag Thomas Tilsner wird die zweite Serie im Moment als gebundene Alben zusammengefaßt; der erste Band umfaßt die drei Hefte der ersten Miniserie von SIP, die weiteren Bände beinhalten die Hefte der zweiten Serie, wobei der vierte Anfang des Jahres zu bewundern sein wird. Ein Muß für jeden, der an anspruchsvolle Literatur gewöhnt ist und sich nicht mit seichten Funnies à la Mickey Mouse die Zeit sinnlos vergeuden möchte. (jr)

M. Fecchi: Odysseus
"Der Schautz von Troja & Polyphen

Nach dem vorläufigen Ende von "Fix und Foxi" hat sich deren langjähriger Chefzeichner Massimo Fecchi selbstständig gemacht und im Pabelverlag eine eigene Serie veröffentlicht. Nach erstmaligem durchlesen erscheint mir das Album den Spagat zu versuchen, den Charme von "Asterix" und den Witz von "Clever & Smart" zu vereinen. Dieses Crossover gelingt jedoch nur Teilweise: Götterbote Hermes (als Kind, in Knax-Heft-Stil) erzählt uns von Homer und dessen Odyssee, für die jener 20 Jahre zum Schreiben braucht. Auf dem Weg zum Verleger werden die Tonnen von Papier von einem Windchen weggeweht und unser armer Homer kommt mit einer Handvoll Seiten an , die als Taschenbuchausgabe auf dem Markt erscheinen. Die verlorenen Seiten werden uns nach dieser Vorgeschichte von Hermes erzählt. Im Fastfoodtempo erobert Odysseus Troja und nimmt jedes Mittel in Kauf, nicht nachhause zu seiner Frau Penelope zu gelangen. Grund ist, daß Odysseus von der Figur her Tiffi aus der Sesamstraße gleicht und Penelope Samson. Dafür treffen er und seine Mannschaft auf den Kurzsichtigen Polyphem. Doch anstatt ihm das Auge rauszuhauen, bekommt der Zyklop eine Brille verpaßt und nimmt daraufhin erfolgreich an einem Schönheitswettbewerb teil.

Zwar wirkt die Story nicht ermüdent, aber dagewesen sind die Witze schon. (mj)


ruprecht goes to the movies

Filmtips - und vor allem Meinungen

(in Klammern die Anzahl der ruprechte)

ruprechts Notenskala:
- nicht empfehlenswert
* mäßig
** ordentlich
*** empfehlenswert
**** begeisternd

Willkommen im Tollhaus(3)

Wenn man wie Dawn Wiener häßliches Entlein, dazu Außenseiter ist und erste präpubertäre Krisen bestehen muß, dann kann man seine Welt schon hassen. Die 11jährige würde am liebsten ihre kleine intrigante Schwester mit dem Hammer erschlagen, mit ihrem einzigen Freund Ralfie den "special people club" gründen, und den Kumpel ihres großen Bruders verführen, der allerdings schon ein Jahrzehnt mehr auf dem Buckel und ganz andere Interressen hat. Dawns eigentliches Problem ist, daß sie keiner liebt. In der Schule wird sie gehänselt, zuhause werden ihre Geschwister ihr vorgezogen. Als ihr Schwarm nach N.Y. zieht, bricht für sie das Chaos aus, und so manche tragisch-komische Situation, in der man das Mädel in den Arm nehmen möchte, verführt zum Lachen.

She's the one (2)

Nach dem Erfolg von "Kleine Sünden unter Brüdern" bekam Edward Burns eine Menge Geld für eine weitere Produktion. Zwei ungleiche Brüder auf der Suche nach der wahren Liebe, der eine in den Augen der Familie ein Verlierer, der andere geschätzter Wall-Street-Broker. Dieser hat ein "zyklisches Tief"bei seiner Frau, dafür kommt er umso besser bei der Ex-Verlobten seines Bruders. Diese wiederrum findet Sex mit einem Rentner spannender. Der erfolglose Bruder fährt eine Kundin zu einer Hochzeit, und heiratet dort selbst. Alle Beziehungen kollidieren miteinander, am Ende hat nicht einmal die des Vaters Bestand.
Perfekter als das Erstlingswerk, aber weniger spritzig.

Dragonheart (2)

Er frißt weder Jungfrauen, noch grillt er unschuldige Bauern, um danach Ihr Vieh zu vertilgen und verbündet sich zu allem Übel noch mit einem abgetakelten Ritter. Er paßt also so garnicht in die Welt der skrupellosen Drachen, Draco, unser Märchenheld. Mit der Stimme Sean Connerys überzeugt er als alter Drache, der an das Gute im Menschen glaubt und daran kläglich zugrunde geht, Mario Adorf, der in der deutschen Fassung seine Stimme Dracoverlieh, kann dagegen gar nicht überzeugen: Drachen haben nämlich gewöhnlich rauhe tiefe Stimmen vom vielen Rauchen. ILM zeigt mal wieder was ihre SGIs können und haben nach den Dinos jetzt einen mittelalterlichen Drachen kreiert, der nahtlos in die Landschaft eingepaßt wurde.
Im Gegensatz dazu steht Dennis Quaid, der ganz im alten Arthurstil durch das Land reitet, senile Drachen ihren Sternzeichen näherbringt und unfähigen Bauern die Grundregeln einer Rebellion beibringt. Dasschauspielerische Duell gegen "Draco" verliert er jedenfalls. Wenn der Film auch nicht mit Werken wie "Das Einhorn" von Ridly Scott vergleichbar ist, ist der Fantasy-Fan mit diesem netten Märchen gut bedient.

Fargo (3)

Die gute Miss Marple: vom Rheuma geplagt jagte sie die Betrüger, für die Ergreifung gemeiner Mörder vernachlässigte sie den geliebten Dorfklatsch, und selbst die Nichtenschar mußte der Gerechtigkeit zuliebe manchesmal hintanstehen. Eine Figur, so dicht und voller Wärme wie ein handgestrickter Pullover, ohne die Agatha Christies Krimis deutschen Freitagabendserien ähneln würden.
Genauso feingestrickt sind die Morde von Fargo: Mitten im verschneiten Minnesota hat ein braver Ehemann die Lösung seiner Geldprobleme gefunden. Er läßt von zwei zwielichtigen Typen seine Frau entführen, um so an das Geld seines geizigen Schwiegervaters zu kommen. Als bei der Entführung drei Augenzeugen umgebracht werden, wird die Sache kompliziert: die Nachforschungen der hochschwangeren Polizistin Marge setzen Anstifter und Entführende unter Druck. Die Gewaltspirale schraubt sich immer höher, und als die Überlebenden endlich von Marge aufgespürt werden, überblickt nur noch der Zuschauer den Ablauf der Dinge.
Angeblich eine wahre Geschichte, heißt es im Vorspann. Ein unwichtiges Detail, denn wenn es nicht stimmt, ist die Story außergewöhnlich lebensecht inszeniert. Was den Film sehenswert macht, ist der tiefgründige, stille Humor, mit der er seine Figuren zeichnet, wie in der Szene, in der Marge aus dem Bett geklingelt wird und sie auch dann noch ihren Mann zum liegenbleiben überreden will, als der schon fast für sie in der Küche Frühstück macht. So wird der Film, auch wenn fast alle Beteiligten umkommen, doch nicht zum Gewaltstreifen. Eine Geschichte wie ein warmer Pullover - genau das richtige für den Winter.


Ein Phantom aus dem Ozean der Geschichte

Lothar-Günther Buchheim über Krieg, Pathos und den Nachdruck von "Jäger im Weltmeer"

Lothar-Günther Buchheim wurde mit seinen Romanen "Das Boot" und "Die Festung" weltweit bekannt. Sie berichten über den U-Boot-Krieg, den Buchheim als Kriegsmaler miterlebte. Außer seinen Arbeiten als Journalist und Autor ist Buchheim Maler und Kunstsammler: Ein Museumsneubau für seine einzigartige Sammlung expressionistischer Kunst wird in den nächsten Jahren in seinem Wohnort Feldafing am Starnberger See errichtet. ruprecht besuchte ihn dort, um über sein neueste Veröffentlichung "Jäger im Weltmeer", einen Nachdruck von 1943, zu sprechen.

ruprecht: Herr Buchheim, warum wird "Jäger im Weltmeer" heute wiederveröffentlicht - über fünfzig Jahre, nachdem es geschrieben wurde?

Buchheim: Es hat in letzter Zeit immer wieder Anpöbeleien gegeben, bei denen behauptet wurde, ich hätte mit "Jäger im Weltmeer" ein Nazi-Buch verfaßt und darin übelste Propaganda für den Endsieg betrieben. Verschiedene Leute haben versucht, mich so mit Scheiße zu bewerfen und üble Nachrede zu praktizieren. Aus Hamburg kam eine Reihe von Frechheiten von einem Journalisten, Wegener. An der Uni Duisburg mobilisierte ein Professor sogar ein Komitee, um meinen Ehrendoktor aberkennen zu lassen. Ich konnte der Gerüchteküche nichts Handfestes entgegensetzen, denn die letzte Auflage von "Jäger im Weltmeer" ist 1943 in Leipzig bei einem Fliegerangriff verbrannt, und es existieren nur noch sehr wenige Exemplare: für die Öffentlichkeit war es also ein "Phantombuch". Kein Mensch konnte nachprüfen, ob da wirklich Naziparolen drinstehen oder nicht.

Also habe ich beschlossen: zeigen wir's vor. Damit die Leute sehen können, daß es sich eben um keine Nazi-Propaganda handelt, sondern daß es ein widerständisches Buch ist. Kein Buch des Widerstands, ich war nicht im Widerstand. Aber ein Buch, daß man ohne Bedenken auch heute unverändert herausbringen kann.

ruprecht: Das Vorwort von Großadmiral Dönitz wurde weggelassen?

Buchheim: Dönitz war ein Totschläger, der Menschen skrupellos verheizt hat, um Kriegsziele zu erreichen. Daher ist sein Vorwort in dem Nachdruck weggelassen. Sonst gibt es keine Änderungen. Allerdings ist das Buch in ein Vorwort und Nachwort eingebettet. Dort wird dann auch auf die ausgelassene Dönitz-Seite verwiesen.

ruprecht: In Ihrem Vorwort zu "Jäger im Weltmeer" erwähnen Sie Stellen, von denen sie meinen, daß Sie sie heute anders schreiben würden. Was sind das für Sätze?

Buchheim: Welche könnten da gemeint sein ... mir fällt im Moment nichts ein, was mir an dem Buch mißfallen könnte. Natürlich ist es ein sehr pathetisches Buch. Ich meine das Pathos, daß ich beispielsweise aus Hölderlin und Claudius aufgenommen hatte: das hat uns beeindruckt, das war der Ton meiner Jugend. - Heute bin ich pathetisch für Gott sei Dank andere Sachen, aber zu den Ostermarschierern gehöre ich trotzdem nicht - das spräche gegen meine Lebenserfahrung.

ruprecht: Welche Art von Lebenserfahrung?

Buchheim: Es gibt die UNO, die wohl die Macht hätte, Krieg zu unterbinden - und trotzdem kann niemand verhindern, daß sich Hutu und Tutsi in Zentralafrika gegenseitig abschlachten. In jeder Generation schlagen sich die Menschen einmal tot. Ich war einmal dort, und die Bilder von diesen Ereignissen sind erschreckend. Aber es scheint, als verfalle die Natur immer wieder einem Kriegsrausch, und weil der stärker ist als jedes Gesetz, kann man diese Kriegsgelüste nicht unterdrücken.

ruprecht: Aber bei uns herrscht doch seit fünfzig Jahren Frieden?

Buchheim: Was heißt "bei uns"? Auch in Europa ist ja kein Frieden. Man kann das ehemalige Jugoslawien nicht aus Europa ausschließen, nur weil dort Krieg herrscht. Wer nicht wahrhaben will, daß Krieg ein Teil unserer Welt ist, weigert sich, das Ganze zu sehen.

Es ist deshalb wichtig, den Krieg in seiner Gänze zu beschreiben. Daß er nicht vollständig beschrieben wird, kann man daran erkennen, daß sich die Veteranen so sehr über "Das Boot" erregt haben. Weil das Bild vom Krieg in den Büchern überhaupt nicht zu ihrer blanken Prünne (etwa: zu ihrer weißen Weste - die Red.) gepaßt hat. Am lächerlichsten war, daß sie die Obszönitäten an den Pranger gestellt haben: als ob's das nicht gegeben hätte. Die alten Soldaten hatten wohl Angst, von den Damen nicht mehr an den Kaffeetisch gelassen zu werden.

ruprecht: Also ist "Jäger im Weltmeer" als ein Dokument seiner Zeit zu verstehen?

Buchheim: Dokumente sind etwas für Historiker. Die müssen sich an Dokumente halten, weil sie ja keine Zeitzeugen sind. Und werden so zu Lügnern: weil in Dokumenten nie die Wahrheit steht. Nehmen wir die Kriegstagebücher. Entweder wurden die sehr renommistisch verfaßt, oder lesen sich so unterkühlt wie die des Alten (der Kapitän des U-Boots, dessen Fahrt "Das Boot" beschreibt - die Red.). Aber in jedem Fall wird derjenige, der sich an solchen Dokumenten orientiert, auf die falsche Fährte gelockt.

ruprecht: Dann könnte Geschichte ja immer nur so lange geschrieben werden, wie es Zeitzeugen gibt.

Buchheim: Alles andere ist Schwindel! Denn Geschichtsbüchern fehlt etwas Wichtiges: Solange die Angst nicht mit ins Bild kommt, kann man nicht Geschichte schreiben. Wer die Angst vergißt, schreibt mehr Falsches als Wahres. Wie will man als Historiker wie Solschenizyn schreiben? Gute Historiker wissen das und konzentrieren sich darauf, Quellen zu sammeln, versuchen aber nicht, zu beschreiben, wie es früher war. Der Mensch kann nicht aus der Geschichte lernen: Der Teufel kommt immer wieder, aber mit anderem Gesicht.

ruprecht: Und trotzdem schreiben Sie weiter?

Buchheim: Weil das, was der Mensch macht, im Grunde Wahnsinn ist. Kürzlich erzählte mir mein Neffe, er sei über's Wochenende in Los Angeles gewesen. Nun frage ich Sie: war der wirklich dort? Hat der wirklich wahrgenommen, um die halbe Welt gereist zu sein? Das war bloß eine Spielerei, diese Art von Reisen bringt gar nichts. Um solche Sinnlosigkeiten dreht es sich in meinem nächsten Projekt genauso wie in meinem alten: im "Boot" war es der Wahnsinn, Menschen in einer Stahlzigarre durch den Ozean schippern zu lassen; das "Atomschiff" erzählt von einer Reise Anfang der 70er Jahre auf einem atomgetriebenen Schiff, ein Profilierungsobjekt der Bundesrepublik, ohne Rücksicht auf die Risiken. Das Atomschiff mit seinem heißen Ofen ist mit dem Boot und der Festung der letzte Teil einer Trilogie des menschlichen Irrtums.

ruprecht: Und gegen den schreiben sie an?

Buchheim: Nein, das wäre sinnlos. Jemand, der in einer Hühnerlegebatterie den Mist wegräumt, für den ist der Gedanke an einen Krieg doch eine Befreiung - obwohl Krieg nichts verbessern würde. Diese Art Irrtümer wird es immer geben.

ruprecht: Ein sehr pessimistischer Ausgangspunkt.

Buchheim: Ich würde es nicht Pessimismus nennen - eben eine andere Art, die Dinge zu sehen. Außerdem: Warum denken Sie so schlecht über Pessimismus? Es gibt Menschen, die wären ohne ihren Pessimismus sehr unglücklich (lacht).

ruprecht: Es fällt auf, wie wenig Sie ihren Romanfiguren gleichen: dort der Gammel im Boot, das Leben ein einziger Irrtum; und hier der Kunstsammler, Ausstellungsplaner, Schriftsteller Buchheim. Wie kommt es zu diesem Unterschied?

Buchheim: Gegenwelten wirkten schon immer faszinierend auf mich. Als Zehnjähriger habe ich die Demonstrationen der Roten erlebt: der Aufruhr auf den Straßen, das war unglaublich spannend. Oder die heutige Libertinage! Ein Bekannter erzählte von seiner USA-Reise, daß ihm dort im Kino, kaum daß das Licht gelöscht war, in den Hosenschlitz gegriffen worden ist. Der war davon überhaupt nicht begeistert! Aber ich erinnere mich auch an eine Episode meiner Schulzeit. Alle Schüler mußten in der Aula den Sermon eines Wanderpredigers über sich ergehen lassen, in dem Rückenmarksschwund als Folge von Onanie dargestellt wurde. Was ist da besser - die Libertinage oder der Psychoterror? Auch der Krieg wirkte als Gegenwelt auf mich. Zwar hat der Krieg meine Generation gebrochen, und die Nachrichten aus Bosnien und Burundi sind für mich schrecklich. Aber die Faszination bleibt. Das treibt einen an.

ruprecht: Also verfolgt Sie die Kriegserinnerung?

Buchheim: Nein, von Verfolgungsgefühlen ist keine Rede - der Krieg ist mehr eine Art Reservoir. Was mich deprimiert, ist weniger der Krieg und solche Dinge, sondern eher, was es auf der Welt für Schweine gibt.

(Interview: gan)


Propaganda?

Die "Jäger" im Kreuzfeuer

Sitzt man dem heute Achtundsiebzigjährigen gegenüber, wirkt Buchheim wie ein Energiebündel: Seine Unternehmungslust scheint unerschöpflich zu sein. Keiner, der sich von körperlichen Gebrechen bremsen läßt. Genausowenig wie von den vielen Stimmen, die seine Projekte immer wieder kritisieren.

In der "Festung" meinten seine Gegner Munition für neue Angriffe gefunden zu haben. Buchheim beschreibt darin, wie er sich in dem von Bombenangriffen verwüsteten Berlin um die Neuauflage des "Jäger im Weltmeer"-Bandes bemühte. Nicht nur aus schriftstellerischem Ehrgeiz, sondern weil das Buch auch zur Überlebenssicherung seines Verlages und des Verlegers beitragen sollte. Peter Suhrkamp war gerade von der Gestapo verhaftet worden.

Dieses Buch, dessen Auflagen bis auf wenige Exemplare im Krieg verloren ging, wurde im "Börsenblatt für den deutschen Buchhandel" als "Propagandafibel" bezeichnet und als Beweis für die angebliche nationalsozialistische Gesinnung des Kriegsberichterstatters Buchheim angeführt. Andere Publikationen zogen nach.

Herrenrasse ausgelassen

Jetzt ist der Nachdruck erschienen. Der originale Text- und Bildteil wird von einem Vorwort Buchheims und einem Nachwort eines vom Verlag gewählten Journalisten begleitet. Buchheim berichtet, welche Zwänge und welche Atmosphäre die Entstehung des Buches bis 1943 bedingten. Doch "Jäger im Weltmeer" spricht für sich selbst - wenn man berücksichtigt, daß ein Buch, daß 1943 gedruckt wurde, eine Zensur durchlaufen mußte, die nicht nur regimekritische Inhalte unterband, sondern die schon bei einem zu liberalen Ton die Drucklegung verweigerte. Trotzdem lesen sich die "Jäger" anders als Titel mit ähnlichem Erscheinungsdatum wie etwa "Kampf um Norwegen". Im Vordergrund steht nicht Kriegsbegeisterung nach dem Dönitz-Motto "Achtung-ran-versenken", sondern Bordalltag und die technische Routine. Der Wille des Autors, die Wirklichkeit zu beschreiben, also das, was auch den Reiz der neuen Bücher Buchheims ausmacht, ist bei der Schilderung eines Fliegerangriffs genauso zu spüren wie bei der Auswahl der Bilder. Viel Enge, bärtige, sehr junge Gesichter zwischen Stahlarmaturen, Körper in schmuddeligen Overalls; auch eine Dampferversenkung, einige Bilder unter der Überschrift "Freude über den Sieg" - aber von deutscher Herrenrasse ist hier nichts zu sehen.

Buchheim ist bestimmt niemand, über den man nicht streiten könnte - alles andere wäre ihm vermutlich selbst unangenehm. Der Nazi Buchheim existiert aber nicht.

L.-G. Buchheim, Jäger im Weltmeer. Mit einem Vorw. des Autors und einem Nachw. von Alexander Rost, Hamburg 1996, 135 S.

(gan)


Zu Artikel und Interview über Lothar-Günther Buchheim erreichte uns ein Leserbrief, den wir Euch der Länge wegen nur hier, im WWW, bereitstellen können.

Durch die Welt des Schönen

Klassiker der Kunstgeschichte halten, was sie versprechen

Ich hatte gehört, der DuMont-Verlag habe zehn Klassiker der Kunstgeschichte auf den Markt geworfen. Zu den Instinkten eines Jäger und Sammlers regrediert, hastete ich in den nächsten Buchladen. "Sie sind heute schon der dritte, der danach fragt. Wir haben schon nachbestellt" bekam ich zu hören. Eine Woche später hatte ich die zehn Taschenbuchbändchen endlich in der Hand. Was also hat es mit den zehn Klassikern auf sich ?

Der DuMont-Verlag feiert sein 40jähriges Bestehen und hat zu diesem Anlaß "Zehn Klassiker der Kunstgeschichte" zum fairen Preis von 98 Mark herausgegeben. Greifen wir doch einfach wahllos in den Schuber und ziehen ein Bändchen raus:

Erwin Panofsky

"Der Geisteswissenschaftler, der auf seine Art mit menschlichen Handlungen und Schöpfungen umgeht, muß sich auf einen geistigen Prozeß synthetischer und subjektiver Art Natur einlassen: Er hat im Geist die Handlungen nachzuvollziehen und die Schöpfungen nachzuschaffen. In der Tat treten die wirklichen Gegenstände der Geisteswissenschaften durch eben diese Verfahren ins Dasein." So definiert Erwin Panofsky in seinem Aufsatz "Kunstgeschichte als geisteswissenschaftliche Disziplin" sein Fach. Der Text wurde geradezu ein "Prolegomena zu einer jeden künftigen Kunstgeschichte".

Panofsky zeigt den Zirkel zwischen wissenschaftlichem Erklären und nachbildendem Verstehen, zwei Aspekte, die beide für das Fach unerläßlich sind. In Anlehnung an Leonardo da Vincis Ausspruch 'Zwei Schwächen, die sich gegeneinander lehnen, addieren sich zu einer Stärke', fordert er die gegenseitige Ergänzung der beiden Teilbereiche: die Hälfte eines Torbogens kann noch einmal aufrecht stehen - zwei halbe Torbögen vereinigt tragen das Dach einer Kathedrale. Ebenso müssen sich archäologische Forschung und ästhetisches Nachschaffen aneinander lehnen.

Was Panofsky in seiner Einleitung verspricht, hält er auch. Spannend führt er den Leser anhand des Begriffs Ikonographie (die er als Lehre der Bedeutung von Kunstwerken, in Abgrenzung zu deren Form definiert) in die Kunst der Renaissance ein. Ein anderer Artikel behandelt die Beurteilung Gotik in der italienischen Renaissance, ein weiterer Dürers Stellung zur Antike. Was zunächst vielleicht trocken klingt, entpuppt sich bald als ein lehrreicher Spaziergang durch die Kunstgeschichte.

Wenn Panofsky beispielsweise den Aufgabenbereich der Ikonographie anhand eines grüßenden Nachbars erläutert, hat man den Eindruck, Umberto Eco habe hier seinen Stil geformt und gelernt, semiotische Probleme anhand von Hundefutterreklame zu diskutieren.

Doch durch Panofskys Texte klingt bei aller Unterhaltsamkeit auch ein ernsthafter Appell durch: das Kulturerbe ist weiterzugeben, die Auseinandersetzung mit den Vorfahren und ihren Werken nicht zu scheuen, auch wenn dieses mit Arbeit verbunden ist, denn "unter geisteswissenschaftlichem Blickwinkel altern menschliche Zeugnisse nicht."

Rudolf Arnheim

Rudolf Arnheim, der bis 1933 Kulturredakteur der "Weltbühne" unter Carl von Ossietzky war, emigrierte 1939 zunächst nach England und schließlich in die USA, wo er in Harvard Kunstpsychologie lehrte. Aufgrund seines auch psychologischen Ansatzes befruchtete er vor allem die Teilgebiete der Kunstgeschichte, die sich mit dem Phänomen des Ästhetischen beschäftigen, beispielsweise die Semiotik. In Deutschland ist Rudolf Arnheim als Autor der Bücher "Kunst und Sehen" und "Anschauliches Denken" bekannt.

Der von den Herausgebern aufgenommene Text Arnheims trägt einen Titel, der einen zunächst die Stirn runzeln läßt: "Entropie und Kunst". Was soll Entropie, das Thema des zweiten Hauptsatzes der Thermodynamik, mit Kunst zu tun haben? Nun, dieser macht Aussagen über Ordnung und Unordnung in physikalischen Prozessen. Entropieänderung findet statt, wenn sich der Tee aus dem Teebeutel im Wasser verteilt. Entropie also das Maß für Ordnung - oder Chaos, je nachdem, ob man ein schwarz-weißes Schachbrettmuster chaotischer findet als eine graue Fläche oder umgekehrt. Daher heißt der Untertitel zu Arnheims Text auch "Versuch über Unordnung und Ordnung". Er untersucht das Zusammenspiel der beiden einander bedingenden Prinzipen, die ohne das jeweilige Gegenstück nicht denkbar sind. Damit versucht er ein Kriterium in den Aporien moderner Kunst zu etablieren, einen Orientierungspunkt im Labyrinth zeitgenössischer Ästhetik.

Die Edition

Ein kleiner Zusatzband stellt das Leben und Werk der zehn Kunsthistoriker kurz vor und leitet in die jeweiligen Texte ein. Besonders lobenswert sind die bibliographischen Hinweise, die nicht nur alle Fußnoten enthalten, sondern zusätzlich eine komplette Liste der Veröffentlichungen des jeweiligen Autors. Listen mit empfohlener weiterführender Literatur, zahlreiche Abbildungen, Zeittafeln und Namenregister zeigen, daß hier editorisch saubere Arbeit geleistet wurde. Die Auswahl der Texte mag etwas wilkürlich erscheinen, doch die "Zehn Klassiker" wollen ja vor allem Appetit auf mehr machen, und keine zusammenhängende Darstellung liefern. Die zehn Klassiker sind Spaziergänge durch die Welt des Schönen: unterhaltsam, spannend, lehrreich. (fw)

Zehn Klassiker der Kunstgeschichte, DuMont Verlag Köln, 98,- DM


"Revolutionäre Pflicht"

Wilhelm von Sternburgs Biographie über Carl von Ossietzky

Am 1. Juli 1932 ist der Verhandlungssaal des Charlottenburger Schöffengerichts zum Bersten voll. Freunde und Kollegen Ossietzkys drängen sich auf den Holzbänken, während Ossietzkys Verteidiger unzählige Zitate aus der Weltliteratur aufführt, die inhaltlich mit der These übereinstimmen, wegen der sich Ossietzky verantworten muß: "Soldaten sind Mörder" hieß es in einem von ihm herausgegebenen Artikel seines Kollegen Kurt Tucholskys. Im Schlußplädoyer ergreift Ossietzky selbst das Wort. Er stellt sich vorbehaltlos hinter den Artikel seines Kollegen und erklärt: "Jeder Frontsoldat würde einen solchen Vorwurf einstecken, höchstens Offiziere könnten sich beleidigt fühlen, die in den Krieg einen Ehrbegriff hineingebracht haben, der nicht in ihn hineingehört." Der Prozeß endet mit einem Triumph für Ossietzky: Er wird freigesprochen.

Doch Carl von Ossietzky bleibt Skeptiker: "...so gewiß der Freispruch juristisch berechtigt ist, so selbstverständlich finde ich ihn nicht. Unsere politische Justiz trägt nun einmal einen Lotteriecharakter", schreibt er wenige Tage später an Tucholsky. Dieser seltene Sieg kann sein Vertrauen in die deutsche Justiz nicht wieder herstellen.

Die neue Biographie Carl von Ossietzkys, die jetzt im Aufbau-Verlag erschienen ist, macht verständlich, wie schwer es Freidenker im wilhelminischen Kaiserreich und in der Weimarer Republik hatten. Dem Autor Wilhelm von Sternburg gelingt es, Ossietzky in seiner Zeit zu zeigen. Durch diese doppelseitige Darstellungsweise leistet sein Buch vielmehr als eine Biographie: Es vermittelt ein Bild der Gesellschaft und der politischen und geistigen Strömungen, gegen die Ossietzky sein Leben lang unermüdlich anschrieb.

In tausenden Artikeln rannte er gegen den Militarismus, Nationalismus und Stumpfsinn der Deutschen an und ließ sich dabei von keinem Rückschlag niederschmettern. Schon früh war er dabei kompromißlos - auch mit sich selbst. Er war bereit, für seine Überzeugungen den Kopf hinzuhalten. Schon vor 1914 hatte er im Organ der Demokraten und Pazifisten, der Zeitung "Das freie Volk", gegen die Kriegshetzerei Stellung bezogen. Im April 1914 kommentierte er die Ausweisung zweier Däninnen folgendermaßen: "Nur ein Volk, das in den Niederungen des Nationalismus watet, kann von einer Clique von Junkern und Großkapitalisten gegängelt werde."

Auch als er selbst zum Kriegsdienst eingezogen wird, läßt er nicht von seinen Überzeugungen ab. Als der Ausbilder den Rekruten beim Fahneneid zynisch entgegenbrüllt: "Freidenker, Atheisten, Sektierer, Gottlose - vortreten!" tritt Ossietzky ohne zu zögern aus der Reihe und genießt das verdutzte Gesicht des kaiserlichen Offiziers.

Als gemäßigter Pazifist geht er in den Krieg - als radikaler Pazifist kehrt er zurück, entsetzt über das Grauen des Krieges, voller Haß auf jene, die ihn verursacht haben. Er formte den Aktionsausschuß "Nie wieder Krieg", eine Gruppe des "Bündnisses der Kriegsteilnehmer". In der ereignisreichen Zeit der ersten Weimarer Jahre setzt er seine ganzen Hoffnungen in die neue Republik. Denn der revolutionäre Ursprung der Republik enthielt seiner Ansicht nach auch eine revolutionäre Verpflichtung. Als Herausgeber der kritischen Wochenzeitung "Die Weltbühne" verteidigt er daher die Weimarer Republik bis zuletzt.

Wenn von Sternburg schreibt, Ossietzky sei "in seinem Herzen ein Patriot" gewesen, so hat er wohl Recht. Als Herausgeber der Weltbühne drückt er immer wieder seine Entäuschung über die Deutschen aus, die einem Hitler in die Arme laufen. "Wie groß muß die geistige Verstumpfung eines Volkes sein, das in diesem albernen Poltron einen Führer sieht...?"

Und obwohl er sich besonders gegen Ende "Sozialist" nannte, blieb er doch immer ein klassischer Parteiloser, der ohne Rücksicht nehmen zu müssen seinen klaren, analytischen Blick in alle Richtungen wenden konnte. Die Rechten waren seine erklärten Feinde. Doch auch die Kommunisten waren nicht vor seiner Kritik sicher, ja selbst der Berliner Schickeria der goldenen Zwanziger hielt er gnadenlos den Spiegel vor.

D iese konsequente Unverbiegsamkeit behielt er unermüdlich bei, obwohl ihm klar war, wie hoch der Preis sein konnte. Am 20. Februar hielt er die berühmte Rede vor der Mitgliederversammlung des Schutzverbandes Deutscher Journalisten: "Wir wissen nicht, was im einzelnen geschieht. Aber das eine wollen wir uns gegenseitig in die Hände geloben, daß wir, ganz gleich wohin wir auch in den nächsten Tagen und Wochen verschlagen werden, in Gefängnisse, Zuchthäuser, Konzentrationslager oder in die Emigration, uns selber treu bleiben werden. Wir werden keine Konzessionen machen und werden überall dort, wo ein Geßlerhut aufgesteckt wird, in schweigender Verachtung vorübergehen." Eine Woche später waren alle Anwesenden von den Nazis verhaftet und verschleppt.

Ungebrochen durchleidet Ossietzky die Haft im Konzentrationslager. Während ihn die SA-Leute mißhandeln, liegt er stumm am Boden,"ohne Protest, ohne seinen Schmerz zu äußern", wie Zeitzeugen berichten. Im Mai 1936 wird er schließlich wegen einer akuten Lungentuberkulose in ein Polizeikrankenhaus verlegt. Im November wird ihm in Abwesenheit rückwirkend der Friedensnobelpreis des Jahres 1935 verliehen, eine Entscheidung, die weite Teile der deutschen Exilgemeinde mit Begeisterung aufnehmen. Hermann Göring versucht persönlich, Ossietzky dazu zu überreden, den Preis öffentlich abzulehnen. Er verspricht ihm die Entlassung binnen drei Tagen, eine Rente auf Lebenszeit, lockt ihn, brüllt. Doch Ossietzky bleibt hart. Auf einer improvisierten Pressekonfenrenz im Krankenhaus erklärt er den ausländischen Journalisten in Anwesenheit von Gestapo-Beamten, er sei Pazifist geblieben. Doch sein Gesundheitszustand verschlechtert sich zusehends.

Als er 1938 stirbt, wird eine öffentliche Beerdigung verboten. Bei der Beisetzung der Urne sind nur seine Frau, sein Arzt und dessen Frau, seine Mutter und drei Gestapo-Beamte anwesend.

Von Sternburgs Buch liest sich flüssig, spannend - und verliert doch nicht an Anspruch. Ein ausführlicher wissenschaftlicher Apparat macht die Darstellung nachvollziehbar. Auf der Grundlage der Oldenburger Werksausgabe Ossietzkys und unzähligen anderen Quellen zeichnet von Sternburg in seinem Buch nicht nur ein klares Bild eines deutschen Aufklärers. Es gelingt ihm vor allem, eine Gesellschaft zu zeigen, die uns in ihrem autoritären, nationalen und militaristischen Denken weit entfernt scheint, deren Spuren jedoch bis in die Gegenwart reichen. (fw)

Wilhelm von Sternburg: 'Es ist eine unheimliche Stimmung in Deutschland'. Carl von Ossietzky und seine Zeit, Aufbau-Verlag Berlin, 39,90DM


Reportage


Wo bleibt die Politik?

Bier, Bomben, Besinnung: Belfast ist anders

Man hatte sich das alles ein bißchen anders vorgestellt. Mehr Bomben zum Beispiel, mehr Drohungen, mehr IRA-Bekenner, irgendwie mehr action - und vor allem: mehr Politik.

Weit gefehlt. Belfast mausert sich, baut, bildet, lebt und säuft. Es ist das schöne, reiche Belfast, dort wo das Zentrum und die Universitäten sind. Hier ist alles grün. Überall elegante Parks, in denen Gärtner im Herbst mit nicht enden wollender Geduld die Blätter vom englischen Rasen entfernen. Die Backsteinhäuser im viktorianischen Stil, mit Erkern und Giebeln, sind sauber, hübsch, gepflegt. Die protestantischen Kirchen gleichen eher Palästen denn Kirchen; riesige Anlagen, die keinen Zweifel darüber lassen, daß die Bauten nicht nur für den Gottesdienst da sind, sondern auch um protestantische Präsenz, protestantischen Wohlstand und Überlegenheit zu demonstrieren.

Einziger Zeuge der bis heute brisanten politischen Lage ist das britische Militär. In schwergepanzerten Jeeps richten von der Dachluke Soldaten mit todernsten Gesichtern ihre Gewehre auf die Passanten. Doch sie werden ignoriert. Keiner dreht sich um, keiner verliert ein Wort darüber. Es ist wie mit den Bomben. Neulich ging nachts eine im Zentrum hoch. Niemand kam zu Schaden. Warum darüber reden?

Wenn die Nordiren auf Politik angesprochen werden, seufzen sie und meinen: "Ach ja, wenn es doch Frieden wäre." Das ist das politische Credo von Protestanten und Katholiken geworden. Mehr können oder wollen sie zur Politik meist nicht sagen. Ein nordirischer Jugendlicher - gefragt, ob er Nordirland gerne mit der Republik Irland vereint sehen würde - lacht und erklärt: "Ich will eine Bier-Republik!" Demonstrativ nimmt er seinen protestantischen Freund in den Arm. Wirklich wichtig ist der Alkohol. Er ist das A und das O. Auch und besonders an der Universität. Wer Erstsemester ist, muß mit seinen 18 Jahren erst mal ausführlich die neugewonnenen Freiheiten genießen, rauchen, kiffen, trinken; die Spange, die noch im Mund steckt, um das Gebiß zu regulieren, stört dabei ja nicht. Nichts ist den Studierenden ferner als Politik.

Als die Studierendenvertretung eine Podiumsdiskussion mit einem Mitglied Sinn Feins, dem sogenannten politischen Flügel der IRA, und einem Politiker der protestantischen und pro-britischen Unionisten veranstaltet hatte, war der Anklang gering. Die Fragen aus dem Publikum waren gemäßigt, niemand erhitzte sich. Alles verlief eintönig ruhig, und jeder der Politiker wurde am Schluß artig mit Beifall bedacht.

Doch es gibt noch ein anderes Belfast. Die tristen Viertel an der "peace-line". Die "peace-line", ein Stacheldraht und eine Mauer, trennt Katholiken von Protestanten und kann, wenn es hart auf hart kommt, Schlimmstes verhüten: daß kein Protestant ein Blutbad bei den Katholiken anrichtet und umgekehrt. Es gibt kaum Grün, die Kinder sind frech und verdreckt. An den Häuserwänden, vor denen sie spielen und die Leute nach einer Zigarette anpöbeln, prangen die haßerfüllten Graffitis: Schwarzvermummte Männer knieen mit ihren Waffen vor der Flagge - dem Zeichen der "Ulster Volunteers" oder einem IRA-Emblem; je nachdem ob protestantisch oder katholisch, Fäuste ballen sich. Hier sieht man verstärkt das britische Militär. Wieder mit todernsten Gesichtern patrouillieren die Soldaten, die Gewehre im Anschlag. An Fahnenstangen flattert die irische Flagge, die "Union Jack", die Flagge der protestantischen Orangemen...

Viele der kleinen, bescheidenen Reihenhäuser sind zugemauert und verlassen. Zu viel gelebte Politik für die Bewohner, zu viel Gewalt. An der Ecke steht in Lebensgröße eine marmorne Kreuzigungsgruppe. Jesus, leidend den Kopf gesenkt. Maria kniet davor und weint. Ja, so hatte man sich das eigentlich vorgestellt.

Mit beklommenem Gefühl verläßt man dieses andere Belfast. In fünf Minuten ist man im Zentrum mit mondänen Geschäften. In fünfzehn Minuten an dem großen Hafen, der einst der größte der Welt war und in dem die Titanic gebaut wurde. Angesichts des florierenden Handels wird einem klar, wieso selbst einige Katholiken in Nordirland die enge Verbindung zu England gutheißen. In den Pubs wird getrunken, am Tag und nachts bis Punkt zwölf. Das ist die Politik im anderen Belfast.

(hee)


Verschiedenes


Termine

Kino im Feld

05.12. Don Camillo und Peppone

12.12. Green Card

19.12. Überraschungsfilm

09.01. Erbarmungslos

16.01. Rashomon

23.01. Rosemaries Baby

30.01. Muriels Hochzeit

Demos

07.12. Demo in Stuttgart

Es werden Busse organisiert!

14.12. Und noch 'ne Demo

Um 13.00 Uhr am Hauptbahn- hof gegen die Schließung des Autonomen Zentrums.

Trommler gesucht

Wo sind die Samba-Trommler, die der versammelten Studentenschaft auf der Demonstration am Mittwoch so einzuheizen verstanden? Sie werden dringend gebeten, sich unter der Telefonnummer 542458 zu melden, damit sie auch auf der Demonstration in Stuttgart am 7.Dezember für die Große Gute Gerechte Sache trommeln können!


Hoppla!

Berichtigung

Leider ist uns ein schwerwiegender Fehler im Artikel "Endlich da: die Grausamkeiten" in Ausgabe Nr.44 unterlaufen. Die EDV-Kurse, die das Universitätsrechenzentrum anbietet, sind auch in Zukunft kostenlos.

Red.


Leserbrief

zu "Nicht jeder kann wegschauen"

auf S. 1 & S. 2

in ruprecht Nr. 44

Zu dem Artikel "Nicht jeder kann wegschauen" erhielten wir einige Rückmeldungen. Mehrfach hieß es, daß Behinderte für sich selber sprechen wollen: ein Behindertenbeauftragter ist eine Anlaufstelle bei Fragen der Studiengestaltung, bei baulichen Veränderungen und anderen Verwaltungsmaßnahmen. Für persönliche Probleme ist er nicht zuständig, und um ihre Interessen zu vertreten, schließen sich die Betroffenen selber zusammen.

Zu Behrens´ Aussage, daß in erster Linie die Behinderten auf die Nichtbehinderten zugehen müssen, äußerten Betroffene, daß gerade die Nichtbehinderten verstärkt auf die Behinderten zugehen sollten - gerade weil sie vielleicht genausoviele Hemmungen haben wie ihre behinderten Mitstudierenden, denn: Warum müssen Behinderte selbstbewußter sein als Nichtbehinderte?

Uns wurde erzählt, daß es offenbar Seminarräume im Triplex-Komplex in der Altstadt gibt, in denen chronisch Kranke mit schweren Allergien nicht arbeiten können - im Extremfall können Vergiftungserscheinungen bei ihnen auftreten.

Die Rollstuhlfahrerin Margarita, über die wir u. a. berichteten, fühlte sich - wegen mangelnder Rücksprache mit uns - durch einige Textpassagen verletzt. Wir möchten uns hierfür bei ihr entschuldigen. Sie hat zu dem Artikel folgenden Kommentar abgegeben:

Leider wurde der Text nicht mit mir abgesprochen, so daß sich eine Dramatik ergibt, die so nicht richtig ist und ich mich sehr verletzt fühle, weil ich als "Fall" dargestellt wurde und nicht als eine Person. Z.B. wird der getrennte Rollstuhl-Eingang zu meiner WG erwähnt, aber nicht, daß ich ansonsten sehr zufrieden mit meiner Wohnung bin. Überhaupt nicht gesagt habe ich, daß ich nicht ganz auf Fotos abgebildet werden will - im Gegenteil: Ich habe immer, wenn meine Prothesen für medizinische Zwecke fotografiert wurden, darauf Wert gelegt, ganz abgebildet zu werden. Ich möchte so auf Fotos abgebildet werden, wie ich bin, sonst müßte ich mich verleugnen. Auch dieses falsche Detail macht den Bericht sehr dramatisch. Ich möchte auch nicht wie ein Beispiel für Herrn Behrens' Auffassung, daß Behinderte prima klar kommen, dargestellt werden: Herr Behrens kann nicht sagen, wie Behinderte leben sollen. Er soll bauliche Maßnahmen organisieren. Was Behinderte wollen und wie sie sich fühlen, müssen die Behinderten selber sagen - das kann er nicht übernehmen. Ich denke vor allem, daß nicht nur die Behinderten auf die Nichtbehinderten zugehen müssen: auch die Nichtbehinderten müssen aktiv werden - z.B. wenn sie sehen, daß ein Blinder Hilfe braucht - da muß nicht erst der Blinde in der Cafeteria sagen, daß er Hilfe braucht. Es ist auch nicht so einfach, wie Herr Behrens sagt, daß alles prima klappt - es gibt oft noch Probleme, die noch nicht gelöst sind und die sich auch nicht so einfach lösen lassen, auch wenn man sie erkannt hat.

Margarita


Personals

von uns an uns oder Euch

Gundula! Du Pups!! - bw

Patrick! Gehen wir in die Küche oder in Dein Studio? - gz

Römer! Facciamo una serata italiana speciale? Non dimenticare le due gattine! - Die Heidelbergerin

Red.! Die Sitten! - hn

papa! Das hat er um 26.30 Uhr abgeschickt. - hn

bpe! Wow! Diese Jahr kommt wirklich der Weihnachtsmann! -gz

Diebe! Mein Rad gehört mir! -gan

Julius! Ich habe auch ein Telefon, wirklich. - Die Schwester der Mutter

Cranberries! Wir danken für die freundliche Unterstützung. - red.

ruprechtler! Gute Leute werden immer gebraucht. - Joachim Fest

Eva! Denk dran, sie ist nur blondiert. - Gabriel

gz! Habe ich etwa einen Teppich im Mund? - hpc


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ruprecht, die Heidelberger Student(inn)en Zeitung, erscheint drei Mal im Semester, jeweils Anfang Mai, Juni, und Juli, bzw. November, Dezember und Februar. Die Redaktion versteht ruprecht als unabhängiges Organ, das keiner Gruppierung oder Weltanschauung verpflichtet ist. MitarbeiterInnen und RedakteurInnen sind willkommen; die Redaktion trifft sich während des Semesters jeden Montag um 20 Uhr im Haus der Fachschaften in der Lauerstr. 1, 3. Stock. Für namentlich gekennzeichnete Artikel übernimmt der/die Autor(in) die Verantwortung.

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Red.-Schluß für Nr. 46: 29.1.1997

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