Studierende machen gegen Sparkurs der Bildungspolitik mobil
Langsam wird es ernst. Am 11. Dezember wird im Ländle
der Vorhaushalt verabschiedet, der tiefgreifende Einschnitte in
die Bildungsetats der Universitäten, die Einführung
von Bildungsgutscheinen und die Erhebung einer direkt an das Land
gehenden Verwaltungsgebühr von 100,- DM je Semester vorsieht.
Betrachtet man die Diskussionen über weitere Einsparmaßnahmen,
ist es nicht verwunderlich, daß die Zahl der protestierenden
Studierenden steigt, wie auch die Demonstration am vergangenen
Mittwoch zeigte.
Waren die ersten Demonstrationen und Veranstaltungen des "Zahltag-Bündnisses"
gegen die angekündigten Sparmaßnahmen des Landes noch
eher schwach besucht, so gelang es am letzten Mittwoch, mehr Studierende
zum Protest zu bewegen, als sonst an einer durchschnittlichen
Uniwahl teilnehmen. Mehrere Tausend Studierende folgten dem Aufruf
"Zahlen oder Protestieren" und entschieden sich für
das Demonstrieren. Es wurde die größte Demonstration
seit sieben Jahren. Am Bunsenplatz fand eine Kundgebung statt,
bei der kritisiert wurde, daß durch Studiengebühren
soziale Selektion entstehe und der Staat sich zunehmend aus der
Verantwortung, Bildung als gesellschaftliche Aufgabe zu verstehen,
zurückziehe. Der Slogan "Bildung für alle"
war einer der beliebtesten. Desweiteren riefen die Rednerinnen
und Redner zum Boykott der geplanten Einschreibegebühr auf
und schlugen verschiedene Möglichkeiten dazu vor.
Ein weiterer Slogan, der die Masse anheizte: "Wo sind die
Profs?!" Auf der Kundgebung hatte ein Berliner Studierendenvertreter
die Bedeutung einer Zusammenarbeit aller an der Universität
Tätigen betont - bei der Demonstration aber machten sich
Mitglieder des Mittelbaus und Professoren jedoch noch ziemlich
rar.
Nach der Kundgebung entwickelte der Demonstrationszug eine bemerkenswerte
Eigendynamik, die nach der Ankunft am Universitätsplatz sogar
zur vorübergehenden Besetzung der Neuen Uni führte.
Nach etwa einer Stunde strömten die Demonstranten gar ins
Rektorat. Hausherr Peter Ulmer selbst sah sich genötigt,
mit den Studierenden zu sprechen, allerdings ging er auf die Argumente
der Protestler nicht ein und verteidigte die Einschreibgebühren.
Die Einsicht, daß es um weit mehr geht als "nur"
um das eigene Geld, greift zusehends um sich. Denn die Sparpolitik
in Baden-Württemberg dürfte anderen Bundesländern
im Falle eines Erfolges als Modell dienen und zur Nachahmung anregen.
Die Pläne aus Stuttgart als sozialverträglich oder gar
als Verbesserung der Lehre anzupreisen, ist nicht nachvollziehbar.
Besonders das Fehlen von Sozialkomponenten wird von den Kritikern
bemängelt. Das Einführen von Bildungsgutscheinen im
"Wert" von 1000,- DM erscheint vielen Studierenden als
Einführung von Studiengebühren. Zwar werden diese Gutscheine
bis zum 13. Semester gratis vergeben, aber durch das so eingeführte
System ist es der Regierung ohne weiteres möglich, die Semestergrenze
herunterzusetzen, so daß allgemeine Studiengebühren
schnell eingeführt sind. Die "Sozialkomponente"
bei der Einführung der Bildungsgutscheine besteht darin,
daß BAföG-Empfängern das Geld erlassen wird. BAföG
aber wird ohnehin nur noch bis zum 9. Hochschulsemester gezahlt.
Zudem ist der Anteil der BAföG-Empfänger in den letzten
Jahren stetig gesunken.
Hinzu kommt, daß Studenten seit Oktober rentenversicherungspflichtig
sind. Das macht den Studenten auch für den Arbeitgeber teurer
und damit unattraktiver. Und das betrifft vor allem die Universitäten,
die Studenten als wissenschaftliche Hilfskräfte z.B. zum
Leiten von Übungsgruppen einsetzen.
Gerade dieser letzte Punkt macht deutlich, daß die gesamte
Universität durch die Sparmaßnahmen in Bedrängnis
gerät: Wissenschaftliche Hilfskräfte, wichtiger Bestandteil
der universitären Ausbildung, werden teurer. Es ist klar,
daß hier der erste Ansatzpunkt für Einsparungen sein
wird. Insgesamt sollen die Universitäten Baden-Württembergs
280 Mio. DM sparen. Diese Vorgabe wäre z.B. erreicht, wenn
man die Universität Heidelberg schließen und die Universität
Konstanz auf ¼ zusammenschrumpfen ließe. Alleine in
Heidelberg sollen 22 Mio. DM eingespart werden. Folgen sind gravierende
Einsparungen bei der Anschaffung wichtiger Lehrbücher und
HiWi-Mitteln, z.B. kann die Fakultät für Physik und
Astronomie dann nur noch halb so viele HiWi-Kräfte wie zur
Zeit finanzieren, Übungsgruppen mit 40 und mehr Teilnehmern
wären dann an der Tagesordnung, wobei schon vorausgesetzt
ist, daß die Tutoren doppelt so viel wie vorher zum selben
Lohn korrigieren. So ist es kein Wunder, daß auch Professoren
zu der Überzeugung gelangen, daß sich die Sparvorgaben
der Regierung nicht in die Realität umsetzen lassen. Es scheint
sich abzuzeichnen, daß dies dazu führen könnte,
daß Studenten und Dozenten sich gemeinsam gegen die Einsparungen
zur Wehr setzen. Einige vielversprechende Ansätze für
eine derartige Kooperation gibt es schon. So wurden z.B. in der
Psychologie gemeinsam mit dem Dekanat alle Studierenden dieses
Faches angeschrieben und auf die Situation aufmerksam gemacht,
in der Geographie gab es eine Vollversammlung, an der auch Dozenten
teilnahmen (studentische Vollversammlungen fanden ohnehin in einigen
Fachbereichen statt) und die FSK plant eine Informationsveranstaltung
für Dozenten. Denn auch für diese erweist sich das Sparpaket
als nachteilig. So sollen in zwei Fünfjahresplänen 10%
der Professorenstellen eingespart und insgesamt ein Äquivalent
von 50 Ordinarien gestrichen werden. Dies würde bedeuten,
freiwerdende Stellen nicht neu zu besetzen, was gerade für
kleinere Institute und Fakultäten das Aus bedeuten könnte.
Es erscheint also offensichtlich, daß nicht nur in der Lehre,
sondern auch in der Forschung immense Qualitätsverluste zu
befürchten sind.
Daß die Stuttgarter Sparpolitik auch bundesweit ein wichtiges
Thema ist, zeigt sich unter anderem daran, daß das ZDF am
5.12. um 22.15 Uhr ein ZDF-Spezial zu diesem Thema mit Trotha
als Gast ausstrahlt. Auch Vertreter der FSK sind hierzu eingeladen
worden, allerdings werden diese wahrscheinlich nur im Publikum
sitzen und Fragen stellen können, denn Trotha wird sich wohl
kaum wieder auf eine Fernsehdiskussion mit Studenten zu diesem
Thema einlassen...
Es stellt sich jetzt natürlich die Frage, was wir als Studenten
gegen die Erhebung der Verwaltungsgebühr tun können.
Dazu wurden von der FSK und vom "Zahltag" einige Möglichkeiten
in Betracht gezogen. Es läuft bereits eine Unterschriftenaktion,
außerdem eine bundesweite Briefaktion an Minister Trotha.
Am 7. Dezember gibt es eine Demonstration der baden-württembergischen
Universitäten in Stuttgart. Zudem wird geprüft, ob eine
Klage gegen die Einführung von Studiengebühren aufgrund
der Ungerechtigkeit bei verschieden langen Regelstudienzeiten
Aussicht auf Erfolg hat. Allerdings stellt sich die Frage, wie
man eine derartige Klage finanzieren kann.
Von der Fachschaft MathPhys kommt die Idee, die Überweisungen
selbst zum Ausdruck des Protests zu machen: So könnte man
seinen Betrag nur zweckgebunden überweisen oder geringfügig
zuviel einzahlen (dann wird zurückerstattet). Man könnte
zu wenig überweisen, in kleinen Raten zahlen, persönlich
an der Unikasse erscheinen oder die Überweisung falsch ausfüllen.
Allerdings könnte ein solcherart erhöhter Verwaltungsaufwand
der Uni dem Land erst recht einen Vorwand für die Erhebung
von Verwaltungsgebühren liefern - ein Schuß, der nach
hinten losginge!
Ein Modell, von dem sich die Organisatoren des Protests mehr versprechen,
kommt aus England. Man eröffnet ein Boykottkonto, auf das
die Studierenden die Verwaltungsgebühr einzahlen, statt sie
an die Universität zu geben. Da das Konto zur Zahlung der
Verwaltungsgebühr geführt wird, hat man mit keinen rechtlichen
Konsequenzen zu rechnen. Die einzige Möglichkeit der Universität,
gegen dieses Treiben anzugehen, wäre es, die Studenten, die
auf das Treuhandkonto einzahlen, zu exmatrikulieren. Dies würde
aber bei ausreichender Beteiligung nicht passieren, denn welche
Universität kann es sich schon leisten, 20% oder mehr ihrer
Studenten herauszuschmeißen, zumal diese ja die Bemessungsgrundlage
für öffentliche Zuwendungen sind? Weitere Pluspunkte
eines solchen Kontos sind die große Pressewirksamkeit und
die Möglichkeit festzustellen, wieviele Studenten bereit
sind, sich zu solidarisieren. Das Konzept für das Treuhandkonto
muß allerdings bis zum Jahresende stehen, damit die rechtlichen
Fragen abgeklärt werden können.
Nicht zuletzt deshalb werden noch Leute gesucht, die weitere Ideen
einbringen und mithelfen. Wer Lust hat, meldet sich bei der FSK
(542456) oder seiner Fachschaft oder kommt dienstags ab 19.00
Uhr bzw. freitags ab 15.00 Uhr in die Lauerstraße 1.
(hpc, gan)
Noch eine, diesmal landesweite,
Demo
gegen Gebühren und Sparwahn:
Samstag, der 7. 12., 14 Uhr
in Stuttgart, Uni (Keplerstraße).
Treffpunkt für Bus- und Wochenend-Ticket-Benutzer aus Heidelberg:
11:45 Uhr, Hauptbahnhof
Juristen lernen das Strafgesetz am praktischen Beispiel
"Da ist es aus mit dem guten Ruf der Juristen," erfahre
ich in der Ausleihe, "vielleicht ist es ja nur einer, aber
schaden tut es allen." "Es", das ist die Entwendung
einzelner Seiten aus Werken in der Bibliothek. Die Täter:
Studierende der Rechtswissenschaft. Die Opfer: Studierende der
Rechtswissenschaft.
Ein Verbrechen am eigenen Leibe also, versteht man "die Juristen"
als solidarisches Kollektiv. Doch um den Gemein- und Gerechtigkeitssinn
unter angehenden Anwälten und Richterinnen scheint es nicht
gut bestellt zu sein. Eher lautet die Devise: Ich beginne jetzt
und um jeden Preis mit meiner Karriere! Ich will diese Seite haben,
ganz allein für mich, damit ich auch ganz allein eine gute
Hausarbeit abliefern kann! Natürlich handelt es sich bei
den geklauten Seiten meistens um besonders wichtiges Material.
Ist der betreffende Band nicht doppelt oder zumindest in der Universitätsbibliothek
vorhanden, müssen die gelackmeierten Mitstudierenden einen
Ausflug in eine andere Stadt einplanen. Oder sie schreiben eben
ab. Aber das Thema "Hausarbeitsklau" ist ein anderes
Kapitel.
Jeder im Seminar fühlt sich als Opfer. Einige empören
sich, werden moralisch. Doch die meisten schauen betreten zur
Seite: "Asoziale gibt es doch überall!" Täter
ist oder kennt natürlich niemand. Deshalb weiß auch
keiner, warum "die" das machen. Einer vermutet als Beweggrund
Bequemlichkeit. Doch so ganz überzeugt scheint er davon selbst
nicht zu sein. Vielleicht liegt es auch einfach daran, daß
zum Scheinerwerb in Jura alle denselben Fall bearbeiten. Was wäre
wohl, wenn 300 PhilosophiestudentInnen eine Hausarbeit zum selben
Thema verfassen müßten?
Als Grund für die besondere Skrupellosigkeit seiner Kommilitonen
nennt ein Jurastudent "den ausgeprägten Egoismus und
das Karrieredenken der meisten." Heidelberg sei dabei als
Hochburg der Jura studierenden "Rechtsanwaltstöchter
und Ärztesöhne" besonders stark von berechnender
Selbstsucht geprägt. Schließlich weisen die Professoren
schon in den Einführungsvorlesungen darauf hin, daß
"Sie ihren linken und rechten Nachbarn im Examen nicht mehr
sehen werden." Klar, daß man da anfängt zu kämpfen.
Mit allen Mitteln. Die Freiheit richtig radikaler Individualisten
endet eben nicht da, wo das Recht auf Bildung der anderen beginnt.
Und in der Bibliothek des juristischen Seminars fahren bei jedem
noch so leisen Zerreißgeräusch ein Dutzend Köpfe
herum, und der vermeintliche Täter, der vielleicht nur einen
Notizzettel zu kleineren Lesezeichen verarbeiten wollte, wird
mit bösen Blicken bestraft. (jb)
Homepages vor dem Aus
Die Freiheit auf den Rechnern der Universität ist bald vorbei:
WWW-Seiten, die Studierende in Heidelberg betreiben, sollen künftig
nur noch Informationen zur Person und zum eigenen Studium enthalten
dürfen. Das jedenfalls kann sich der Rechtsderzernent der
Uni Heidelberg, Klaus Schafheutle, vorstellen. Er ist damit beauftragt,
Richtlinien für die Erstellung solcher persönlicher
"Homepages" zu erstellen. Der Regierungsdirektor betont,
daß dies seine persönliche Meinung ist und daß
die endgültige Entscheidung beim Rektorat liegt. Seine Empfehlungen
aber haben Gewicht. Im Rechenzentrum müssen die Mitarbeiter
schon seit November mit Angaben zur Person und zu Beruflichem
begnügen. Ob solche Einschränkungen auch für Studierende
wütende Proteste und E-Mail-Bomben wie in anderen Unistädten
zur Folgen haben werden, wird sich bald zeigen. (hn)
Am Ende war das Wort, und das Wort war beim Studentenwerk.
Dereinst vermietete ein sympathischer junger Student an malaysische
Stipendiaten seine Wohnheimsbude, kehrte zurück, und sie-he
da: Es ward ein großer Tumult, und es war ein großes
Weh-klagen über den Schmutz in der Wohnung. Und wahrlich
ich sage euch, es müssen metaphysische Kräfte am Werk
gewesen sein. Denn mit Physik kann dieses Wachstum von Schimmel
im Kühlschrank nicht erklärt werden. Erste Zweifel werden
in unserem jungen Freund wach: sollte der Malaysier die Aufschrift
aufgrund eines de-fekten Wörterbuches falsch verstanden haben?
"Kühlschrank: Heizung, vor Gebrauch mit leicht verrottbarem
Biomaterial aufzufüllen."
In seiner Verzweiflung wendet sich unser Freund ans Studentenwerk.
Die sind um Antworten nicht verlegen: "Sehr geehrter Herr
Würg (Name gerändelt), wie uns [...] mitgeteilt worden
war, wurde Ihnen - wie allen anderen von der Ferienvermietung
an malaysische Stipendiaten betroffenen Mietern - angeboten, das
Appartement von einer Fachfirma reinigen zu lassen." Das
erledigt er selber, was ihm das Studentenwerk mit 55,75 DM vergütet.
Und dann der Hinweis, der mir endlich tiefgründig klar macht,
warum ich schon wieder nicht weiß, wo mein Referat für
nächste Woche liegt, bloß weil der Abwasch der letzten
zwei Wochen im Zimmer verteilt ist und die Wäsche von Wochen
den Fußboden so angenehm polstert: "Ein ausschließlich
von Studenten bewohntes Appartement im Studentenwohnheim ist nicht
mit einem gut geführten deutschen Hausfrauenhaushalt vergleichbar,
die Vorstellungen von Ordnung und Sauberkeit sind sehr verschieden
und hängen zum großen Teil davon ab, ob und wie stark
die Studierenden bereits in ihren jeweiligen Elternhäusern
an Reinigungsarbeiten beteiligt wurden, auch kulturelle Unterschiede
spielen eine große Rolle." Was will uns das Studentenwerk
damit sagen? 1. Herr Würg ist eine Hausfrau. 2. Malaysische
Stipendiaten sind kulturell von uns verschieden, auch sind sie
keine Hausfrauen.
Was mich und mein Referat betrifft, so werde ich jetzt gleich
einen Brief an meine Eltern schreiben und mich erkundigen, warum
sie mich so selten an Reinigungsarbeiten beteiligt haben. Und
Dir Herr Würg, kann ich bei Deinen wahrhaft übertriebenen
Hygieneansprüchen nur eines raten: Werde das, was das Studentenwerk
Dir als eigentliche Bestimmung für Dein Leben offenbart hat:
Hausfrau. (papa)
Zahlen des Monats
Teilnehmer der Demo am vergangenen Mittwoch
(nach verschiedenen Quelllen)
Mittelbauern zur Prüfung?
Seit der Novellierung des § 50 des Baden-Württembergischen
Universitätsgesetzes dürfen auch Angehörige des
Mittelbaus Prüfungen abnehmen, soweit diese nach langjähriger
erfolgreicher Lehrtätigkeit vom Fakultätsrat die Befugnis
dazu erhalten. Dies erhitzte viele Professoren-Gemüter; zwei
Germanisten werfen ihre Argumente in die Debatte.
"Nein"
Prof. Dr. Dieter Borchmeyer
Germanistisches Seminar der Universität Heidelberg
Bei der Novellierung des § 50 handelt es sich nur um eine
Kann-Bestimmung, und bei allen schriftlichen Prüfungsleistungen
muß außerdem einer der beiden Gutachter Professor
sein. Gleichwohl halte ich diese Novellierung nicht nur für
gänzlich überflüssig, sondern für skandalös,
für einen Ausdruck puren Populismus und Opportunismus. Der
Skandal liegt darin, daß von den wissenschaftlichen Mitarbeitern,
welche die Prüfungsbefugnis erhalten wollen, nicht etwa ein
außerordentliches wissenschaftliches Niveau, sondern lediglich
erfolgreiche Lehrtätigkeit verlangt wird. Mit anderen Worten:
wer ein guter Pauker ist, soll auch Abschlußprüfungen
abnehmen können.
Das ist ein elementarer Verstoß gegen den Geist der Universität,
d.h. gegen die Einheit von Forschung und Lehre. Bei den wissenschaftlichen
Mitarbeitern, für welche die Prüfungsbefugnis in Frage
kommt, handelt es sich ausschließlich um die Akademischen
Räte, denn wissenschaftliche Assistenten können nie
"langjährige" erfolgreiche Lehrtätigkeit vorweisen,
da sie sich entweder nach sechs Jahren habilitieren oder leider
der Universität 'Ade' sagen müssen. Die Akademischen
Räte aber sind unkündbare Beamte, zu deren Aufgabe gerade
nicht die Forschung, sondern die Lehre im Grundstudium gehört.
Daher ist auch ihre Lehrbelastung größer als die der
Assistenten, die sich ja habilitieren, also forschen müssen.
Daß die Akademischen Räte Dauerstellen innehaben, ist
allein dadurch gerechtfertigt, daß die Kontinuität
der Lehre im Grundstudium gesichert werden soll. Das Hauptstudium,
gar Abschlußprüfungen gehören nicht zu den beamtenrechtlich
fixierten Dienstaufgaben der Akademischen Räte, ja neuerdings
wird von seiten des Ministeriums energisch darauf gedrungen, daß
die Akademischen Räte diese ihre spezifischen - das heißt
auf das Grundstudium bezogenen - Dienstaufgaben auch wirklich
wahrnehmen.
Die neuen restriktiven Weisungen bezüglich der dienstlichen
Stellung der Akademischen Räte stehen in groteskem Widerspruch
zu der Novellierung des § 50 des Universitätsgesetzes.
Gerade diese neuen Bestimmungen machen deutlich, daß es
nicht zu den Dienstaufgaben der Akademischen Räte gehört,
jene Qualifikationen zu erwerben, welche Voraussetzung der Prüfungsbefugnis
sind. Überdies: wie und von wem soll die "erfolgreiche
Lehrtätigkeit" nach objektiven Maßstäben
festgestellt werden?
Mit all diesen Problemen läßt der unbedachte §50
des Universitätsgesetzes die Fakultäten allein. Am Germanistischen
Seminar gibt es übrigens zwei habilitierte Akademische Räte.
Doch die Forschungsleistung dieser beiden habilitierten Räte
ist gewissermaßen ihre Privatsache, von ihnen wird aufgrund
ihrer Dienststellung erwartet, daß sie ihre Lehre im Hauptstudium
und ihre Prüfungstätigkeit neben ihren 'eigentlichen'
Aufgaben ableisten. Das ist gewiß eine unbillige Härte.
Habilitierte Akademische Räte dürfen von ihrer beamtenrechtlichen
Stellung her das nicht, was Professoren müssen! Wenn die
habilitierten Akademischen Räte vom Beamtenrecht so behandelt
werden, ist es absurd, daß nicht habilitierte Räte,
die durch eigene Forschungsleistung nicht ausgewiesen zu sein
brauchen, bloß weil sie gute Lehrer sind, zur Abschlußprüfung
zugelassen werden. Erhalten sie die Prüfungsbefugnis, müssen
sie auch stärker im Hauptstudium eingesetzt werden, entfremden
sich dadurch aber ihren eigentlichen, grundstudiumsbezogenen Aufgaben,
deren Wahrnehmung einzig und allein ihre Dauerstellung legitimiert.
Was soll also der Unsinn dieser Novellierung des § 50? Er
steht im Zusammenhang mit der von den Bildungspolitikern unseres
Landes immer aggressiver verfochtenen Tendenz, die Universität
in eine Mischung aus Behörde und Klippschule zu verwandeln,
sie aus einer Forschungseinrichtung in eine reine Lehranstalt,
ja einen Paukbetrieb zu verwandeln. Das Ansehen Deutschlands als
Kulturnation ist in der Welt längst nicht mehr allzu hoch.
Es wird auch nicht mehr lange dauern, bis die deutsche Universität
ihr Renommee international gänzlich verliert, wenn der Verschulungstendenz
nicht energisch ein Riegel vorgeschoben wird. Meine Kollegen im
Direktorium des Germanistischen Seminars und ich selber werden
mit aller Energie gegen die Entwertung der Universitätsprüfungen
kämpfen, wie sie durch die Novellierung des § 50 vorbereitet
wird, welche es möglich macht, daß Studenten die Universität
als Akademiker verlassen, ohne je bei einem Professor studiert
zu haben.
Wer eine wissenschaftliche Abschlußarbeit betreut und Studenten
zur Prüfung führt, muß gleichermaßen durch
Forschung und Lehre ausgewiesen sein und nicht allein durch didaktisches
Geschick. Für diesen Standpunkt werde ich jederzeit ohne
Rücksicht auf bildungspolitische Opportunität eintreten!
"Ja"
Prof. Dr. Dietrich Harth
Germanistisches Seminar der Universität Heidelberg
Wissenschaftlichen Mitarbeitern, heißt es im Universitätsgesetz,
"kann nach langjähriger erfolgreicher Lehrtätigkeit"
die Prüfungsbefugnis übertragen werden. Betroffen sind
die sogenannten Hochschulprüfungen, d.h. Magister- und Diplomabschlüsse.
Die ständige Arbeitsgruppe des Ministeriums für Wissenschaft
und Forschung und der Landesrektorenkonferenz hat im
September 1995 empfohlen, die Kann-Bestimmung auf Staatsexamina
auszudehnen.
Der Sachverhalt ist klar und auch durch rechtliche Auslegungsakrobatik
nicht zu verschleiern. Auch was unter "langjähriger
erfolgreicher Lehrtätigkeit" zu verstehen ist, dürfte
nach einfachen common-sense-Maßstäben zu entscheiden
sein. Die fünf Akademischen Räte bzw. Oberräte,
die bereits im Frühjahr 1995 die Erteilung der Prüfungsbefugnis
beim Fakultätsrat der Neuphilologischen Fakultät beantragt
haben, sind samt und sonders fünfzehn und mehr Jahre in der
Lehre tätig. Daß sie "erfolgreich" waren
und sind, liegt auf der Hand, da die Antragsteller selbständige
Lehrveranstaltungen auf allen Stufen anbieten: Übungen, Pro-
und Hauptseminare, z.T. auch Vorlesungen. Sie gestalten den Lehrplan
eines Instituts mit ebenso großem Engagement wie alle anderen
Dozenten. Einer der Antragsteller hat den Landeslehrpreis erhalten;
alle haben langjährige Examenserfahrungen - sei es als Prüfer
oder als Beisitzer - und werden für die Vorkorrekturen von
schriftlichen Prüfungsteilen (Klausuren, Magister- und Diplomarbeiten)
in Anspruch genommen. Wenn das, alles zusammengenommen, kein Erfolgskriterium
ist, möchte man gern wissen, woran "Erfolg" dann
zu messen ist.
In dem einen oder anderen Fall läuft die Erteilung der Prüfungsbefugnis
lediglich darauf hinaus, einen de-facto-Zustand zu legalisieren.
Obwohl die Dinge so liegen, lehnt eine Gruppe von Professoren
die Anträge vehement ab. Sie tut das mit dem Hinweis auf
die Habilitation als notwendige Voraussetzung des Prüferstatus.
Ein höchst sonderbares Argument.
Denn erstens und Gott sei Dank gibt es auch noch andere Formen
der Qualifizierung, wofür beispielsweise die Tatsache spricht,
daß mancher Ordinarius ohne Habilitation diese höchste
Stufe der Universitätskarriere und zugleich damit den Prüferstatus
erreicht hat.
Zweitens schaltet die Habilitation automatisch den freien Willen
aus: wer die venia legendi hat, hat auch das officium
examinandi. Und damit ist - drittens - das Prüfungsrecht
kein Kriterium, an dem sich die Qualifikation - sei es eines Individuums,
sei es der deutschen Universität - messen ließe.
Überhaupt: Wer prüft eigentlich so gern, daß er
glaubt, dieses Recht wie ein unteilbares Privileg verteidigen
zu müssen? Aber darum ginge es doch gar nicht, könnte
die andere Seite einwenden, die "Maßstäbe"
müßten aufrechterhalten werden. Würde wirklich
so argumentiert, so müßte man daraus den Schluß
ziehen, daß da Mißtrauen und zudem die wahrhaft abgeschmackte
Meinung herrschten, Qualität sei eine Frage des Abfragens.
Doch in Wirklichkeit liegen ja die Dinge ganz anders. Alle Prüfungsverpflichteten
- ob am unteren oder oberen Ende der Examensstatistik - klagen
über die lästige Pflicht. "Es kann daher",
ich zitiere einen Kollegen, "gar nicht genug Prüfer
geben!"
(red."point/counterpoint": hn, papa)
"Wir mögen uns wirklich nicht."
Gut, dicke Freunde sind sie nicht. Aber wenn sie dies beweisen
wol-len und "Hauser und Kienzle" spielen - eines ihrer
Lieblingsspiele - , dann ist alles wohl inszeniert, selbst vor
dem kleinsten Publikum wie wir es waren. Da sitzt jedes Wort,
und auch das - im Gegensatz zu den Fernsehdialogen - spontan und
natürlich klingende gegenseitige Beschimpfen ist gut einstudiert.
Doch ab und zu passiert es doch, daß ein "Du"
über die Lippen rutscht, obwohl das Siezen zum Hauser-und-Kienzle-Manifest
gehört. Zum Schluß ist eines sicher: Die beiden haben
ihren Heidenspaß daran, und dem Publikum gefällt's.
Bodo H. Hauser, 1946 in Krefeld geboren, studierte Rechts- und
Staatswissenschaft. Seit 1973 ist er beim ZDF.
Ulrich Kienzle, 1936 in Neckargröningen geboren, studierte
Politologie. Er begann 1963 beim SDR, war ARD-Korrespondent in
Arabien und Afrika und Fernsehchefredakteur von Radio Bremen.
ruprecht: Jeden Dienstagabend stellt sich die Nation die
gleiche Frage. Ich glaube, daß Sie nach der Sendung
zusammen ein Bier trinken gehen, und sich freuen, daß Ihnen
das Publikum das Spektakel abgekauft hat.
Kienzle: Die Frage ist schon häufig beantwortet worden:
Dies geschieht nicht, weil ich Hauser so wenig ausstehen kann,
daß ich mit ihm wirklich kein Bier trinke. - Und ich bin
auch kein Biertrinker, das ist schon mal ein großer Unterschied.
ruprecht: Es darf auch ein Wein sein...
Hauser: Nein, Sie müssen sehen, wir sind so viel zusammen
durch den Beruf, daß der Bedarf wirklich gedeckt ist, auch
noch in der Freizeit zusammen sein zu wollen. Wir sehen uns ja
öfters, als wir unsere Ehefrauen sehen. Es kommt immer die
Frage, ob wir uns wirklich nicht mögen, und das ist so. Wir
sind soweit Profis, daß wir zusammen arbeiten.
Kienzle: Uns hält wirklich nur der Erfolg zusammen.
ruprecht: Sie haben innerhalb von zwei Jahren zwei "offizielle
Meinungsführer" - einer davon als "Marktführer"
betitelt - geschrieben. Halten Sie die Deutschen für ein
solches Volk von Opportunisten, daß sie einen Meinungsführer
brauchen?
Kienzle: Aber selbstverständlich! Nicht nur Opportunisten,
aber es gibt viele meinungslose Leute. Und die können sich
hier für 39,80 DM eine Meinung kaufen. Ich finde das ein
fabelhaftes Angebot.
ruprecht: Und Sie sehen sich als Führer, der dem Volk
sagt, wo es lang geht?
Hauser: Wir bieten Meinungen an. Da sind ja zwei Meinungen
drin.
Kienzle: Es gibt Restaurantführer, Reiseführer...
Warum soll es nicht Meinungsführer geben?
Hauser: Und dies ist ein Wirtschaftsbuch für die ganze
Familie. Die ersten zwei Drittel sind für den Vater, weil
da die Wirtschaftssachen drin stehen, für die Ehefrau sind
die Kapitel über Hillu, Prince Charles und Don Camilla, und
für die Kinder sind die Cartoons. Ich weiß überhaupt
nicht, wie man umfassender anbieten kann.
ruprecht: Aber die Frau darf auch den Wirtschaftsteil lesen
und der Mann die Kapitel über Hillu?
Hauser: Ja, auch.
ruprecht: Denken Sie, daß die Medien mehr Einfluß
haben als Politiker?
Hauser: Nein. So allgemein kann man das nicht sagen. Wenn
Sie eine ganz konkrete Schweinerei aufdecken, wenn Sie sagen:
'Der hat das gemacht!', dann haben Sie natürlich
in dem Sinne Einfluß, weil das Folgen hat. Das ist aber
nicht der Einfluß der Medien, sondern das ist einfach das
Hochziehen eines Mißstandes, der dann ja abgestellt wird.
Ich bin der Auffassung, daß wir weniger Einfluß haben,
als immer behauptet wird, besonders von den Linken.
Kienzle: (fällt ihm ins Wort) Hauser, Sie reden totalen
Quatsch! Wir können es halt nicht messen. In Einzelfällen
gibt es Reaktionen, da kann es schon mal vorkommen, daß
jemand ins Schleudern gerät durch einen Bericht. Das werden
wir ja jetzt sehen mit der rheinland-pfälzischen Umweltministerin:
Was da passiert, dadurch, daß unter ihrer Regie Schweinereien
passieren und die Kontrolle nicht funktioniert hat. Die Politiker
überschätzen häufig - Gott sei Dank - unseren Einfluß.
Wo Fernsehen wirklich Einfluß hat, ist im Imageprägen
von Leuten.
ruprecht: Oder in der Meinungsbildung...
Hauser: Ja, da müssen Sie aber im Mainstream liegen,
d.h., das muß in vielen Medien transportiert werden. Wenn
über ein halbes, dreiviertel Jahr immer wieder und immer
gleich gesagt wird: 'Der Politiker X ist der Falsche!', dann können
Sie vielleicht etwas bewirken. Aber manchmal kommen Sie zur Unzeit
mit einem guten Stück. Das geht dann völlig unter. Wenn
Sie das sechs Wochen später senden würden, ist plötzlich
das Thema ganz oben.
ruprecht: Die Politiker fassen Sie meist nicht gerade mit
Samthandschuhen an. Finden Sie den deutschen Journalismus allgemein
vielleicht ein bißchen zu feige?
Hauser: Das kann man so nicht sagen. Ich bin ja lange in
Bonn gewesen und habe das von der Nähe aus beobachtet. Dort
muß man ja recherchieren, während man als Auslandskorrespondent
- wie der Kienzle - im Fünf-Sterne-Hotel sitzt und das Elend
beschreibt. - Es nützt manchmal nichts, so hart zu fragen,
weil dann der andere verstockt. Wir haben das gesehen, wir waren
ja in vielen Talkshows. Die beste ist die von dem Biolek, weil...
Kienzle: (redet dazwischen) ...weil er keine bösen
Fragen stellt.
Hauser: (unbeirrt weiter) ...weil er den Leuten das Gefühl
gibt, daß sie mit ihm in einer netten Plauderei sind. Und
deswegen sagen die mehr, als wenn Sie davor sitzen und den wilden
Mann spielen; dann verschließen die sich nämlich, und
Sie kriegen nicht so viel heraus...
Kienzle: Aber die Schleimspur, die er bei Kohl gelegt hat,
war einfach zu lang.
Hauser: Wenn er dasselbe mit Lafontaine gemacht hätte,
hättest Du(!) es gut gefunden.
Kienzle: Nein, Schleimspuren finde ich immer schrecklich.
Hauser: Das ist halt Bioleks Art. Er hat auch bei uns Schleimspuren
gelegt, weil es seine Masche ist. Er war nicht anders als immer,
nur fällt es bei Kohl mehr auf, weil der Kohl so ein Typ
ist, der ihn dann todquatscht.
Kienzle: Nein, es gibt noch einen anderen Punkt: Politiker
sind inzwischen so gewieft, die antworten auf Fragen prinzipiell
nicht. Die sagen das, was sie wollen, und im Zweifelsfall versuchen
sie dann, den Fragenden in ein schlechtes Licht zu setzen, daß
er etwas Unanständiges macht, wenn er korrekte, richtige
Fragen stellt. Die haben dazugelernt. Vor zwanzig Jahren, als
Klaus Castorff noch "Kreuzfeuer" gemacht hat, da ist
der Strauß schon mal ausgeflippt. Das war eine der schönsten
Sendungen, als der Strauß wirklich durchgedreht ist und
die angebrüllt hat. Sowas passiert heute nicht mehr, weil
der Politiker, wenn er so reagiert, schlecht aussieht. Das haben
die alle kapiert, und deshalb erzählen die, was sie wollen
- Kohl sowieso, aber auch Lafontaine - und gehen zum Gegenangriff
über. Der Lafontaine hat z. B. an dem Abend der Wahl damals,
als die anfingen, kritisch zu fragen, gesagt: 'Hat schon Karneval
begonnen?'. Und dann waren die so erschrocken, daß sie sich
nicht mehr trauten, weiter Fragen in diese Richtung zu stellen.
ruprecht: Müssen - oder können - Politiker moralische
Vorbilder sein?
Kienzle: Es gibt schon ein paar. Z. Zt. würde ich
keinen von denen in Bonn als moralisches Vorbild sehen.
ruprecht: Aber Sie sagten, es gibt jemanden...
Kienzle: Ja, in der Vergangenheit. Ich muß ja nicht
den Willy nennen, aber es gab eine Menge von moralischen Vorbildern.
Hauser: (dazwischen) Ein moralisches Vorbild war der Willy
gerade nicht... (lacht).
Kienzle: Der sieht das immer im erotischen Bereich. Das
hat ja nun mit politischer Moral nichts zu tun.
ruprecht: Wer war oder ist Ihrer Meinung nach ein moralisches
Vorbild, Herr Hauser?
Hauser: Das ist mehr so eine allgemeine Frage. Ich habe
überhaupt kein Vorbild: Ich war über zehn Jahre in Bonn,
ich habe die alle von Nahem erlebt; da bleibt nichts mehr an Vorbild.
Kienzle: Also, die Typen Ende der Fünfziger, Anfang
der Sechziger: Gebhard Müller z. B., ein Schwarzer, der war
ein integrer Mann.
Hauser: Gut, integer ist ja was anderes als ein Vorbild.
Kienzle: Ja, aber das sind natürlich Vorbilder: Der
Mann hat im Gefängnis gewohnt, der hat keine Staatsgelder
verschleudert, der hat nicht angegeben, der hat sich mit einem
alten Auto zum Dienst fahren lassen. Das war ein Mann, der bescheiden
war, und insofern auch ein Vorbild.
Hauser: Das ist eine ganz andere Sache.
Kienzle: Aber sowas gibt es heute nicht mehr. Und wenn
Sie fahrradfahren, dann tun Sie das, um ins Fernsehen zu kommen,
um bei den Journalisten einen "Schlag" zu kriegen.
ruprecht: Ich denke, es gibt auch die Leute, die einfach
aus Überzeugung mit dem Rad fahren.
Hauser: Die habe ich auch kennengelernt. Das sind die Schlimmsten,
die nur mit dem Rad fahren. Mit dem Rad hat das nichts zu tun.
Ich habe die Grünen erlebt, die im Bundestag geschimpft haben:
'Diese Abgase!' Und die fuhren die ältesten Karren; wenn
die vom Bundestag losfuhren, haben die mehr die Umwelt verpestet
als alle anderen. Das können Sie von den Äußerlichkeiten
überhaupt nicht abhängig machen.
Kienzle: Die haben die Politik schon versaut. Das gab es
früher ja nicht, diese Inszenierungen wie Pressekonferenzen
und, und, und. Da hat man mal mit jemandem ein Interview gemacht,
und das wurde dann gesendet. Aber inzwischen haben die begriffen,
wie man Medien beherrschen lernt, und wie man das inszeniert,
denn alle wollen eine Story haben. Das ist natürlich inszeniert,
und das Inszenierte ist auch das Künstliche und Unehrliche.
ruprecht: In Ihrem neuen Buch schreiben Sie beide u.a.
sehr kritisch über die Entwicklung im Bildungswesen. Ist
die deutsche Uni noch zu retten, und wenn ja, wie?
Hauser: Das ist ein schwierige Situation. Ich finde es
schon wesentlich, wenn kaum noch ausländische Studenten hier
studieren wollen. Aus Amerika z. B. ist der Zustrom enorm zurückgegangen.
ruprecht: Das wird immer behauptet. Aber als ich einmal
beim DAAD nachfragte, sagte man mir, das stimme überhaupt
nicht...
Hauser: Ja, die ganzen Institutionen tun immer noch so!
Ich hatte ein Hintergrundgespräch darüber; es ist enorm
zurückgegangen, und es ist ganz deutlich, daß die Deutschen
zwar alle in Amerika studieren wollen, aber von Amerika fast nichts
mehr rüberkommt.
Kienzle: Ich finde es erstaunlich, daß die Studenten
sich das alles gefallen lassen und brav in die Uni trotten. Das
war früher anders.
ruprecht: Gerade war in Heidelberg eine große Demo...
Kienzle: Ja, da fängt vielleicht etwas an, wie in
Frankreich vor einem Jahr. So funktioniert Demokratie nun mal:
Wenn Sie sich nicht wehren, dann wird auch nichts passieren, dann
nimmt man Sie nicht wahr. Und solange Sie keine Klientel sind
in der Politik und bei den Wahlen - oder durch andere Art und
Weise, nämlich durch Auf-den-Wecker-Gehen durch Demos - solange
wird das Problem von den Politikern vor sich hergeschoben.
ruprecht: Ist die heutige Studierendengeneration zu artig,
zu feige, zu angepaßt?
Kienzle: Sie sind sicher professionell, wenn sie einen
Job haben, aber diese Wut, die damals bei den 68ern da war...
Hauser: ...der ist ein alter 68er; das ist ja die erfolgloseste
Revolution, die je auf deutschem Boden stattgefunden hat.
Kienzle: Aber selbst Waigel konnte sich scheiden lassen...
Hauser: Das hat mit 68 nichts zu tun.
Kienzle: Aber sehr viel! Wenn eine Generation sich alles
gefallen läßt, hat sie das verdient, was sie z. Zt.
erlebt.
Hauser: Aber dadurch würde die Unisituation auch nicht
besser.
Kienzle: Ich denke schon.
ruprecht: Sehen Sie denn einen Weg, wie man in dieser Lage
Abhilfe schaffen kann?
Hauser: Ich glaube, der Fehler hat darin gelegen, daß
gesagt worden ist: Jeder muß studieren. Johannes Rau hat
vor 15 Jahren mal gesagt, er fände es ganz toll, wenn der
Taxifahrer ein abgeschlossenes Studium hätte. Das haben wir
heute; ob der sich das so vorgestellt hat, weiß ich nicht
Und ob der Taxifahrer jetzt glücklicher ist mit abgeschlossenem
Studium, weiß ich auch nicht. Das ist der Denkfehler. Das
ist langfristig angelegt, und jetzt kommt das Ergebnis.
ruprecht: Halten Sie z.B. Studiengebühren für
ein wirksames Mittel?
Hauser: Ich glaube, daß wir da gar nicht mehr drum
herum kommen...
Kienzle: Ich finde, das ist völliger Quatsch. Das
führt wieder zur Spaltung, und dann werden Herren wie Hauser
studieren können und die anderen nicht. Und das finde ich
unfair.
Hauser: Das ist ein Ammenmärchen. Es werden dann ja
die, die Leistung bringen, unterstützt, wie das in Amerika
auch ist. Ich glaube, daß wir in fünf Jahren Studiengebühren
haben werden.
Kienzle: Ich halte es für eine Katastrophe, daß
in die Zukunft überhaupt nichts mehr investiert wird. Die
deutschen Universitäten leiden nicht nur an Geldmangel ,
es mangelt auch an der Förderung von Begabten; ich wäre
sehr dafür. Elite ist nichts Schlechtes, Elite, die offen
ist. Schlimm ist Elite, wenn wir sie so verstehen, wie der Adolf
es gesagt hat, nämlich 'hart wie Kruppstahl'. Aber eine Elite
zu fördern, von Leuten die Fähigkeiten besitzen, die
gefördert werden müssen, das finde ich in Ordnung. Und
da gibt es vielleicht auch bei den Linken eine verquere Ideologie
- bei manchen Linken sowie bei manchen Rechten, die Holz vor dem
Kopf haben - zu sagen, das ist ein Begriff, den man nicht akzeptieren
kann.
ruprecht: Ein Patentrezept haben Sie also leider auch nicht...
Hauser: Wenn wir das hätten, dann wären wir Politiker.
Kienzle: Dazu haben wir wirklich Politiker; oder auch Professoren.
ruprecht: Da kommen wir zu einem anderen Thema: Sie haben
zwei Bücher mit Beiträgen zu den verschiedensten Bereichen
geschrieben. Sie haben Ahnung von allem und jedem?
Hauser: Nein, das stimmt nicht.
ruprecht: Sie tun also nur so?
Hauser: Nein, das sind ja die Themen, mit denen wir täglich
zu tun haben, die in unserer Sendung sind, die wir moderieren
müssen. Im Grunde ist das fast unser Zettelkasten.
ruprecht: Also eine Niederschrift der Sendungen?
Kienzle/Hauser: Nein!
Kienzle: Nein. Das sind ja keine Sachbeiträge, es
sind ironisch zugespitzte Schwachpunkte. Wenn Sie z.B. die Geschichte
über Waigel lesen: Da ist viel Wahrheit dran. Aber ich würde
nicht sagen, daß das ein Sachartikel ist. Es ist eine schöne
Glosse, um eine Entwicklung bei uns auf den Punkt zu bringen.
(Interview: jh/gz)
von Matthias Breitinger
Es ist soweit: das große Abkassieren beginnt. Ab dem nächsten
Semester, so wird es der Landtag beschließen, müssen
alle Studierenden Baden-Württembergs 100 DM zusätzlich
zahlen, und "Langzeitstudierende" ab dem 14. Semester
1000 DM pro Semester. Dennoch kürzt der Staat weiterhin bei
den Universitäten. Die Folge: die Unis veralten. Keine neuen
Geräte, keine neuen Bücher, keine neuen Dozenten...
Und wir alle leiden darunter. Obwohl wir demnächst mehr bezahlen
müssen, bekommen wir weniger als bisher.
Die Universitäten sind längst veraltet, doch das System
wird unverändert am Leben erhalten. Der Lehrveranstaltungstyp
"Vorlesung" beispielsweise stammt aus einer Zeit, in
der sich noch nicht jeder ein Buch leisten konnte. Heute jedoch
bringt es in vielen Fällen mehr, eine bestimmte Vorlesung
nicht zu besuchen, da der Stoff in einem Lehrbuch verständlicher
erklärt wird. Besser wäre eine Mischung aus Vorlesung
und Seminar, in der der Dozent teilweise referiert, aber auch
Diskussionen stattfinden.
Seit langem wird der fehlende Praxisbezug bemängelt. Viele
Professoren haben immer noch nicht eingesehen, daß nur eine
geringe Zahl ihrer Studierenden später eine akademische Laufbahn
einschlagen will. Das gilt natürlich in besonderem Maße
für die Lehramtsstudierenden, die nicht verstehen können,
warum sie den beispielsweise den "Beowulf" im altenglischen
Original lesen können müssen, ihnen aber niemand zeigt,
wie man Schülern die englische Aussprache beibringt. Auch
in der Privatwirtschaft begegnet man Hochschulabsolventen eher
skeptisch: viele Firmen hätten lieber Leute mit praktischer
Erfahrung statt Fachtheoretiker.
Eines der größten Mankos ist die Bewertung der Professoren.
Es gibt in Deutschland tatsächlich Profs, die stolz darauf
sind, wie wenig sie unterrichten! Professoren werden allein nach
ihrer Forschung und ihren Veröffentlichungen bewertet; ob
sie ihr Wissen und den essentiellen Lehrstoff auch an ihre "Schäflein"
weitergeben können, spielt keine Rolle. Wohlgemerkt: ich
bin nicht grundsätzlich gegen Studiengebühren für
"hohe Semester". Es mag in vielen Fächern und in
vielen Einzelfällen sehr wohl möglich sein, ein Studium
in zehn bis zwölf Semestern abzuschließen. Doch muß
jeder Einzelfall abgewogen werden; es muß festgestellt werden,
welche Gründe für das lange Studium vorliegen. Und es
muß berücksichtigt werden, daß das Studium in
manchen Fächern eben länger dauert, als die "Regelstudienzeit"
vorgaukelt.
Wichtig ist vor allem die Frage, was mit dem Geld gemacht wird.
Wenn die technische Ausstattung verbessert wird (schaut Euch nur
mal den karg ausgestatteten Computerraum in der UB für die
vielen Altstadt-Studis an!), wenn mehr Dozenten eingestellt werden,
und wenn auch weiterhin neue Veröffentlichungen und Zeitschriften
angeschafft werden, hat man die Studiengebühren richtig verwendet.
Wenn aber der Anteil des Staates an den Uni-Kosten in dem Maße
gesenkt wird wie die Unis Studiengebühren erhalten, dann
bleibt alles beim alten und so schlecht wie jetzt.
Hochschule
Auswahl von Studierenden durch die Universität vorgesehen
Eine Änderung des Hochschulzulassungsgesetzes für
Baden-Württemberg sieht vor, daß die Universität
künftig 40% ihrer Studierenden in lokal zulassungsbeschränkten
Fächern selbst auswählen darf. In einem von der Hochschule
durchzuführenden "Eignungsfeststellungsverfahren"
sollen die Bewerber auf "Eignung und Motivation" für
den gewählten Studiengang und den angestrebten Beruf hin
getestet werden.
Bei den Vertretern der betroffenen Fakultäten stieß
die Gesetzesänderung auf große Zustimmung, wie bei
einer ersten Besprechung mit dem Rektorat am 24. Oktober deutlich
wurde. Die Institutsleiter erhoffen sich von einer durch die Universität
gesteuerten Auswahl eine bessere Studierfähigkeit und bessere
Leistungen in Examina. Gleichzeitig würde bei den Studierenden
ein stärkeres Zugehörigkeitsgefühl zur Institution
geweckt und den Professoren eine ganz andere Verantwortung für
"ihre" Studierenden auferlegt, wie Beispiele von Hochschulen
in den USA oder England zeigen.
Der Befürwortung der Neuregelung einerseits stehen jedoch
Kapazitätsprobleme gegenüber, denn Testverfahren, Auswahlgespräche,
Klausuren oder Eignungsprüfungen erfordern einen zusätzlichen
Arbeits- bzw. Personalaufwand bei fortwährend knappen Geldern
und Stellen. Diesen Problemen sieht sich besonders Dekan Professor
Schmidt von der Philosophisch-Historischen Fakultät gegenüber,
zumal in seiner Fakultät Regelungen für sehr unterschiedliche
Fächer zu treffen seien. Eine "Minimallösung"
wäre relativ problemlos durchzuführen: Sie beinhaltet,
daß die Studienbewerber gemäß den gesetzlichen
Richtlinien nach Abiturnoten in bestimmten Kernfächern (laut
Gesetz: Deutsch, Mathematik und eine Fremdsprache) und den das
Studienfach betreffenden Fächern (wie Geschichte und Sozial-
bzw. Gemeinschaftskunde) ausgewählt würden. Die alternative
"Maximallösung" ist aufwendiger. Sie umfaßt
eine erste Auswahl von Studienbewerbern nach den genannten Noten,
wobei der NC bei 1,2 oder höchstens 1,5 anzusetzen wäre.
Weitere Studienplätze würden dann nach zweistündigen
Tests mit Fachfragen und Fragen zur allgemeinen Bildung vergeben
werden, die von Angestellten des universitären Mittelbaus
korrigiert werden könnten. Die letzten 20 - 50 Plätze
seien nach persönlichen Auswahlgesprächen durch die
Professoren zu vergeben, bei denen eine schriftliche Studienbegründung
vorliegen sollte.
Für das Fach Biologie, so sind sich die Fakultätsräte
einig, sollen neben den Abiturnoten in den Kernfächern Eingangsgespräche
über die Aufnahme von Studienbewerbern entscheiden, berichtet
Professor Bujard vom Zentrum für Molekulare Biologie Heidelberg.
Die Gespräche sollen sich an den Auswahlgesprächen der
Studienstiftung orientieren, pro Kandidat eine Dreiviertelstunde
dauern und von zwei bis drei Professoren durchgeführt werden.
Trotz der Zusatzbelastung, die dies mit sich bringt, seien die
Biologen fest entschlossen, die gegebene Auswahlmöglichkeit
zu nutzen. Im Institut für Übersetzen und Dolmetschen
werden in den Fächern Englisch und Französisch bereits
Aufnahmeprüfungen durchgeführt. In anderen Sprachen
stehen Propädeutika am Studienanfang, die dem Spracherwerb
dienen und mit Tests abschließen. Professor Greiner fordert
Testverfahren statt NC, denn er hält Abiturnoten gerade in
den Fremdsprachen nicht für aussagekräftig. Die Lehrpläne
der Bundesländer seien unterschiedlich, und die Schulnoten
enthielten keine Angaben über eventuelle Auslandsaufenthalte.
Noch liegt es an der Hochschule, die genauen Auswahlkriterien
durch Satzung festzulegen. Doch das Gespräch im Oktober lieferte
erste Ansätze. Rektor Ulmer beklagt den prozentual geringen
Zugriff der Universität auf die Auswahl der Studierenden,
auch besteht weiterhin keine Auswahlmöglichkeit in den überfüllten,
aber nicht beschränkten Fächern und den ZVS-Fächern.
Er wünscht sich auf Dauer eine Ausweitung des besonderen
Auswahlverfahrens.
Vorerst gilt: Bis zum Wintersemester 97/98 werden die Studienbewerber
in den NC-Fächern wie u.a. Biologie und Psychologie, Politische
Wissenschaften und Kunstgeschichte nach wie vor nach NC und Wartezeit
ausgewählt, und danach wird dies immerhin für 60% der
Bewerber auch weiterhin der Fall bleiben. (cw)
"Strukturkommission" eingesetzt
Der Mangel muß strukturiert werden: Kürzungen um
die 26 Millionen DM kommen auf die Universität zu - bis jetzt.
Ca. 75% des Unihaushalts sind jedoch als Personal-, Heiz-, Miet-
oder Wartungskosten fest gebunden. Das heißt bei einem Etat
von ca. 275 Millonen DM, daß die verbleibenden flexiblen
Mittel um 20% bis 50% gekürzt werden. Wie ein Institut funktionieren
soll, dessen Hiwimittel um bis zu 50% gekürzt sind, weiß
aber niemand.
Und in Zukunft soll es bei diesem kargen Etat bleiben: die Universitäten
sollen 10% ihrer Stellen abbauen. Um Vorschläge zur landesweiten
Umstrukturierung und Konzentration von Studiengängen erarbeiten
zu lassen, setzte die Landesregierung Anfang November eine "Hochschulstrukturkommission"ein.
Ihre Mitglieder kommen mehrheitlich aus Wirtschaft und Wissenschaftsmanagement.
Es geht, so der Sprecher der Kommission, nicht nur darum, zu kürzen,
sondern zu überprüfen, "ob der Tanker nicht an
der einen oder anderen Stelle Ballast an Bord hat, der abgeworfen
werden muß." Überprüft werden v.a. Fächer
mit geringer Nachfrage oder hoher Schwundquote; geprüft wird
auch, ob man Fachbereiche nicht an einer Uni konzentrieren kann
- z.B. in "Orchideenfächern" oder bei benachbarten
Universitäten wie Mannheim und Heidelberg.
Um diese Veränderungen nicht ganz ohne eigene Impulse schlucken
zu müssen, ist nun in Heidelberg eine Strukturkommission
aus 21 Mitgliedern gebildet worden. Sie besteht aus den 5 Rektoratsmitgliedern,
10 ProfessorInnen, 2 Studierenden, 2 Angehörigen des Mittelbaus
und 2 sonstigen Beschäftigten. In Verhandlungen mit den Fakultäten
sollen Kürzungspotentiale aufgezeigt werden. Dabei will man
das Forschungsprofil, die Situation des Faches (uniintern und
landesweit), die Zahl der Professuren und statistische Angaben
zu Studienzeiten, Abschlüssen, etc. berücksichtigen.
Kürzungspotentiale gibt es v.a. in Fächern, die über
eine große Zahl an Stellen verfügen. Doch die Stellen
werden nicht alle in den nächsten Jahren frei, die "Umstrukturierungen"
müssen daher über einen längeren Zeitraum vollzogen
werden: die Fakultäten werden für die nächsten
10 Jahre zwei 5-Jahrespläne erarbeiten müssen. Auf einige
Fächer kommen mehr, auf andere weniger Kürzungen zu:
denn in Fächern, die nur eine Professur haben, entspricht
eine Kürzung dieser Stelle der Streichung des Faches - doch
auch das wird vorkommen. (khp)
An der Uni Montpellier ist alles anders
Heidelbergs französische Partneruniversität Montpellier
gilt zu Recht als lebendige Studentenstadt mit südländischem
Flair, liegt nur eine Viertelstunde vom Mittelmeer entfernt und
hat auch kulturell einiges zu bieten. Wer allerdings dort studiert
und deutsche Uni-Verhältnisse gewöhnt ist, der wundert
sich erst einmal gewaltig.
"Den nächsten Satz brauchen Sie nicht mitzuschreiben",
sagt der Professor. Sofort senken sich alle Köpfe im Hörsaal,
und brav notieren die Studis in Schönschrift: "Den...
nächsten...Satz...brauchen...Sie...."
So ungefähr läuft eine Vorlesung an der französischen
Uni ab. Monsieur Le Professeur redet eine Stunde lang, ohne Luft
zu holen, und die Studierenden schreiben jedes Räuspern von
ihm mit. Um mit dem Tempo des unaufhörlich artikulierenden
Profs mitzukommen, ersetzen die Studis viele Wörter durch
Symbole, so daß der Mitschrieb einer Vorlesung oft einer
ägyptischen Grabinschrift ähnelt. Damit das alles auch
schön ordentlich aussieht, ist jeder Franzose und jede Französin
ausgerüstet mit Lineal, Tipp-Ex und Buntstiften, damit wird
alles unterstrichen und die Überschriften werden in verschiedenen
Farben gemalt. Da kommen einem sadistische Gedanken: Was würde
wohl passieren, wenn man einem französischen Studenten während
der Vorlesung sein Schreibzeug wegnehmen würde? Wahrscheinlich
würde er bald kreidebleich und zitternd flehen, man möge
es ihm zurückgeben, wie ein Junkie, dem man seine Spritze
weggenommen hat. Denn nur ein Student, der mitschreibt, ist ein
guter Student. Als ich mich in der Vorlesung mal ein Viertelstunde
zurücklehne und dem Prof zuhöre, wird eine Französin,
wie sie mir später erzählt, sofort von ihrer Nachbarin
gefragt, warum der da vorne denn nicht mitschreibt.
Die Professoren (ihre Kolleginnen heißen nicht etwa Professeuse,
sondern ebenfalls Le Professeur) müssen sich hier nicht mit
dem gemeinen Studentenvolk durch den Ausgang quetschen, sie betreten
das Podium wie Schauspieler im Theater durch einen gesonderten
Eingang, über dem wie an vielen Ecken unmißverständlich
Durchgang für Studenten verboten steht - Vive le Prof.
Aber nicht nur damit kann man hier auffallen: Es herrscht die
ganze Zeit Totenstille im Hörsaal. Als Ralf, Erasmus-Studi
aus Bremen einen Satz des Professors nicht ganz verstanden hat
und laut nachfragt, fahren alle Franzosen blitzartig verblüfft
herum, unterdrücken nur mühsam ihr Lachen und schauen
den Fremden an, als hätte der etwas Schweinisches gesagt
- während der Prof geduldig den Satz wiederholt. Nein, nein,
einfach so eine Frage stellen, das geht nicht, selbst den Arm
hebt man hier nicht. Wer etwas wissen will, der schreibt seine
Frage auf einen Zettel und reicht ihn nach vorne, damit der Prof
ihn vorliest. Einmal, wurde mir erzählt, stand auf dem Zettel,
den der Prof nichtsahnend vorlas, "Hätten Sie Lust,
heute mit mir ins Kino zu gehen?", worauf der Professor und
eine Studentin schlagartig erröteten.
Als ich zum ersten Mal die "Bibliothèque Universitaire"
betrete, verstehe ich die Mitschreibewut meiner französischen
Kommilitonen ein bißchen: Einen Lesesaal zum Zugreifen gibt
es nicht. Um hier ein Buch oder eine Fachzeitschrift zu bekommen,
muß man jedesmal pro Buch einen Zettel ausfüllen, an
einem Schalter Schlange stehen, und nach einer ungewissen Warterei
wird dann das gewünschte Druckerzeugnis mit einem kleinen
Aufzug zum Schalter befördert, wo man dann mit Namen aufgerufen
werden. Erinnert irgendwie an die Heidelberger UB. Im Eröffnungsjahr
1905, wohlgemerkt.
Zumindest als Jurist ist man ja an deutschen Unis unendliche Freiheiten
gewohnt: Man geht hin, man macht Scheine, oder man läßt
es. In Frankreich ist das anders: Nicht die Semester werden gezählt,
sondern Studienjahre. Wer das erste geschafft hat, kommt ins zweite
und so weiter. Wer am Schluß die Prüfungen nicht besteht,
muß das ganze Jahr mit demselben Programm nochmal machen,
er bleibt sitzen. In den sogenannten "travaux dirigés",
Lehrveranstaltungen mit Anwesenheitskontrolle, haben die Assistenten
von jedem Studi eine Art Stasi-Akte mit Foto. In jeder Stunde
werden die Hausaufgaben kontrolliert, wer gerade nicht damit rechnet,
wird drangenommen. Am Ende des Jahres gibt es Noten, wobei auch
die mündliche Mitarbeit zählt. Es hätte mich nicht
gewundert, wenn ich da wegen Schwätzens mit dem Nachbarn
eine Strafarbeit oder den Rohrstock abbekommen hätte.
Und das ist auch der Grund, warum in dieser schönen Stadt
das pulsierende Nachtleben überwiegend in der Hand von Studis
aus England, Deutschland, Schweden etc. ist und man auf manchen
Partys die Franzosen mit der Lupe suchen muß: Sie sitzen
zu Hause und büffeln, um in der Uni nicht aus der Bahn geworfen
zu werden. Da soll niemand die Franzosen darum beneiden, daß
sie bereits nach 12 Jahren Abi machen - faktisch drücken
sie viel länger die Schulbank als wir. Denn auch wo "Université"
draufsteht, ist in Wirklichkeit Schule drin. (ah)
Widerstand gegen die neuen Gebühren
"Wir zahlen nicht" schallte es am vergangenen Mittwoch
aus den Kehlen zahlloser Studierender bei der Demo gegen die Einführung
der "Studiengebühren". Genau das waren auch die
Worte der Mitglieder zweier Sprachlaborkurse Anfang dieses Semesters.
In einem Brief erklärten sie, daß sie die 100 DM,-
Kursgebühren, die seit diesem Semester bestehen, nicht berappen
werden. Entscheidend für einen Erlaß dieses Entgeldes
ist die jeweilige Prüfungsordnung. Sollten dort umfangreiche
Kenntnisse der entsprechenden Fremdsprache gefordert sein, bleibt
der Kurs kostenlos. Allerdings ist aus den Prüfungsordnungen
nicht genau zu erkennen, wann dies der Fall ist. Auch gäbe
es keine Liste, die als Grundlage zur Erhebung der Gebühren
zu Rate gezogen werden könne. Somit bleibe es eine Ermessensfrage,
wer letztlich zahlen müsse. Da als Anwort auf ihren Brief
ihrer Kursleiterin mit einer Abmahnung gedroht wurde, besorgten
sie sich von ihren Fachstudienberatern eine Bestätigung ,
daß entsprechende Sprachkenntnisse für sie unerläßlich
seien. Somit konnten sie nun "Gebührenentfall"
in die Liste eintragen .
Es dauerte allerdings keine Woche bis der Leiter des Zentralen
Sprachlabors erklärte, daß trotz der Bestätigungen
alle bis auf zwei oder drei Ausnahmen zahlen müßten
und daß die Studierenden durch ihre Zahlungsverweigerung
zum einen ihren Sprachkursplatz und zum anderen auch den Arbeitsplatz
ihrer engagierten Lehrerin gefährdeten. Auch er bedauere
die neue Verordnung und hätte lange dagegen angekämpft,
aber jetzt könne er gegen die Anweisung, die auf Initiative
Ulmers zustande kam, nichts mehr ausrichten. Bleibt als Konsequenz
für die Studierenden vorerst : "Wir müssen doch
zahlen". Aber so leicht wollen sie sich nicht geschlagen
geben und denken über weitere Schritte nach. Vielleicht wollen
sie sogar gegen den Verwaltungsrat klagen.
Diese plötzliche Einführung der Gebühren ist ein
Paradebeispiel dafür, wie zur Zeit auf dem Rücken der
Studierenden Sparpolitik betrieben wird. Die Studis werden geradezu
in eine Zwickmühle getrieben. Entweder sie zahlen oder einigen
ihrer LehrerInnen wird gekündigt. Und so baut man auf die
Solidarität mit denen, die nun wirklich nichts für die
neue Regelung können. Darüber hinaus zeugt es nicht
gerade vom Organisationstalent, daß unklar ist, wer überhaupt
zahlen muß. Sollte es jedoch mit Vorsatz so schwammig geregelt
sein, damit möglichst viele Studierende in die Tasche greifen
müssen, ist dies zwar geschickt, aber unlauter. (te)
Meldungen
Klare Rechnung
Endlich Aufatmen im Frauenbüro: Das Gezänk und die Rechnerei
um den Frauenförderplan hat ein Ende. Mit einem Etat von
runden 0 DM ist er jetzt im Haushaltsentwurf des Verwaltungsrates
aufgeführt. Der Plan, der im Mai dieses Jahres endlich verabschiedet
wurde, sah vor allem die Förderung junger Habilitandinnen
durch die Einrichtung eines Stellenpools vor. Ob 12 oder 15, lange
wurde um die Anzahl der Stellen gerungen, bis man sich schließlich
geeinigt hatte. Jetzt hat auch das Rektorat keine Probleme mehr,
mit diesen haushaltswirksamen Zahlen zu rechnen: 0 durch 12, klare
Sache.
Mehr Geld
Auf seiner nächsten Sitzung am 5. Dezember wird der Verwaltungsrat
des Studentenwerkes wohl eine Erhöhung des Semesterbeitrages
um 10 auf insgesamt 79 Mark ab Wintersemester 97/98 beschließen.
Die Erhöhung wird nötig, weil das Land die Zuschüsse
für die Mensen kürzt. Zudem fallen die Subventionen
für das Haus der Studierenden, das Hans-Engelhorn-Haus, die
Psychologische Beratungsstelle, das Tutorenprogramm und die Zimmervermittlung
wohl ganz weg.
Weil die reduzierten Mensazuschüsse nicht allein mit dieser
Beitragserhöhung abgedeckt werden können, werden zusätzlich
die Essenbons 20 Pfennig teuer - schon ab dem 1. 1. 1997. Das
Geld ganz über eine Erhöhung des Essenspreises eintreiben
will man nicht, weil man in diesem Fall einen zu starken Einbruch
bei der Nachfrage nach Mensa-Köstlichkeiten befürchtet
- und damit gäbe es noch weniger der pro Essen gezahlten
Landeszuschüsse.
Preis der Freunde
Den diesjährigen Preis des Vereins der Freunde der Universität
für das beste studentische Projekt - dotiert mit 5000 Mark
- teilen sich die studentische Telefonseelsorge "Nightline"
und das "Sozialhandbuch" der Fachschaftskonferenz.
Castor & Theater
Falls es schon vergessen ist: Auch durch Heidelberg rollt ein
Castor-Transport nach dem anderen. Wem daß nicht gefällt,
der kann die örtliche Widerstandsgruppe mit dem Besuch einer
Soli-Disco und eines Mitternachtstheaters am 7.12. im AZ besuchen.
Heidelberg
Jung und Grün
30 HeidelbergerInnen politisieren alternativ
Um sich über die üblichen Flugblattaktionen und Podiumsdiskussionen
hinaus in die Politik einzumischen, bildete sich Anfang November
dieses Jahres eine Gruppe von ca. 30 jungen HeidelbergerInnen.
Die "Jungen bei den Grünen", wie sie sich vorläufig
nennen, sind aus dem Arbeitskreis von Bündnis 90/ Grüne
"Recht und Demokratie" hervorgegangen, den es schon
länger in Heidelberg gibt. Der harte Kern der Gruppe, deren
Mitglieder unterschiedlich vertraut mit der politischen Arbeit
sind, bringt also schon einige Erfahrung auf diesem Gebiet mit.
Die "Jungen bei den Grünen" sind offiziell kein
Arbeitskreis von Bündnis 90/ Grüne, können sich
aber auf deren Unterstützung verlassen. In ihrer ersten Sitzung
haben sie ihre zukünftige Arbeit unter das Thema "Europa"
gestellt, da sie durch gute Kontakte zu Grünen-Politikern,
wie dem Europasprecher der Landtagsfraktion, Dietrich Hildebrandt,
und der Sprecherin im Bundestag für Internationales, Angelika
Köster-Lossack, ihre Resultate in die öffentliche Debatte
einbringen können.
Der weitgesteckte Rahmen "Europa" läßt die
Beschäftigung mit vielerlei Ressorts offen. So werden sie
sich zunächst durch Referate über Themen wie Währungsunion,
Finanzen, Inneres, Sicherheit und Justiz kundig machen, um sich
über ihre Einflußmöglichkeiten klar zu werden
und thematische Ansatzpunkte herauszuarbeiten. Die "Jungen
bei den Grünen" definieren sich nicht über die
Hochschulpolitik, sind aber für diesbezügliche Fragen
offen und zur Unterstützung von Aktionen der Hochschulgruppen
wie der FSK oder dem Bündnis Zahltag bereit. (te/kh)
Kontakt: Rainer Keil, 60197 oder Peter Siller, 16058
Treffen: alle 14 Tage mittwochs, 20.00 Uhr im Essighaus/1.Stock;
nächstes Treffen am 4.12.
Kettenbriefe jetzt auch im Internet
Das Internet wird von immer mehr Leuten als neues Medium erkannt
und in den verschiedensten Gebieten eingesetzt. Jetzt gibt es
auch die elektronische Form eines alten Systems - Kettenbriefe!
Wohl allen Teilnehmern von Newsgroups oder Mailinglisten dürfte
in letzter Zeit aufgefallen sein, daß Meldungen mit dem
Betreff MAKE MONEY FAST oder ähnlichem den Posteingang erheblich
vollzumüllen beginnen. Der Wortlaut variiert, aber die dargelegte
Grundidee ist immer dieselbe: Man erhält eine Liste mit einigen
Adressen, an die man einen gewissen (kleinen) Geldbetrag schicken
soll. Dann setzt man seinen Namen an das Ende der Liste, löscht
dafür den ersten und schickt seinerseits diese Mail an mindestens
200 Newsgroups. Alle Versender versichern, daß man auf diese
Art und Weise innerhalb weniger Wochen 20000$ oder mehr erhalte.
Daß dies nur den Initiatoren zugute kommt und schon nach
wenigen Stationen zum Stillstand kommt, dürfte klar sein.
Denn es können nicht alle gewinnen, das Geld kommt schließlich
nicht aus dem Nichts!! Das System KANN nicht auf Dauer funktionieren,
denn wenn 200 Leute an 200 Leute schreiben, die wieder an 200
Leute schreiben usw., dann würde bald jeder erreicht sein.
Und wer bezahlt dann die große Anzahl der Leute, die unten
in der Pyramide stehen und die brav an Leute gezahlt haben, die
entzückt ob der Gutgläubigkeit an der Spitze der Pyramide
stehen? Wer auf solche Mails hereinfällt, hat nicht nur selbst
Schuld, sondern macht sich darüberhinaus auch noch strafbar,
denn in Deutschland und in vielen anderen europäischen Ländern
ist dieses Kettenbriefsystem verboten.
Doch auch wenn es bei den Mails, die kursieren, keine großen
Beträge sind, die man investiert und deshalb der Gedanke
aufkommen mag, daß man im Falle eines Mißerfolgs nicht
viel verliert, sollte man zumindest bedenken, daß solche
elektronischen Kettenbriefe das Internet im wahrsten Sinne verstopfen.
Wie kann man sich gegen diese Mails wehren? Da Zensur und Internet
nicht zusammenpassen, sollte man gar nicht erst daran zu denken
wagen, Newsgroups auf derartige Inhalte hin überwachen zu
lassen. Man könnte sicherlich versuchen, den Versender mit
Mails zu überhäufen, aber so beeinträchtigt man
den Datenfluß. Gute Mail-Programme besitzen Filter, mit
denen man solche Mails schon mehr oder weniger zuverlässig
aussortieren kann. Aber auch ohne diese technische Lösung
kann man diese Mails ungelesen dorthin befördern, wohin Müll
gehört - in den Papierkorb. Das dauert nicht lange und so
besteht zumindest die Hoffnung, daß die Initiatoren irgendwann
merken, daß hier kein Geld zu machen ist! (hpc)
Wird das Autonome Zentrum bald geräumt?
Das Autonome Zentrum ist seit fünf Jahren ein Treffpunkt
und Veranstaltungszentrum der linken Kultur Heidelbergs. Außer
Konzerten und anderen kulturellen Veranstaltungen ist es auch
bekannt für die Möglichkeit der kostenlosen Fahrradreparatur
und füreine "Volxküche" zum Selbstkostenpreis,
die auch Obdachlosen und anderen sozialen Randgruppen zur Verfügung
steht.
Mit solchen Aktivitäten übernehmen die Mitglieder des
Zentrums ehrenamtlich Sozialarbeit, die andernfalls teuer von
der Stadt finanziert werden müßte. All das hat sich
bewährt - im AZ kommen politische und kulturelle Gruppen
zusammen, für die es in Heidelberg sonst keinen Platz gibt.
Mitte des Jahres hat die Stadt Heidelberg dem AZ gekündigt.
Am Neujahrstag soll das Gebäude geräumt sein. Dies geschieht
im Rahmen einer Umstrukturierung des Stadtteils Bergheim, die
das Viertel durch sozialen Wohnungsbau und eine Einkaufsstraße
attraktiver machen soll. Die Stadt, die dem AZ Mietfreiheit gewährt
hatte, hielt sich die Möglichkeit zur kurzfristigen Kündigung
offen.
Im Sommer wurde den Autonomen durch die Stadt eine Alternative
angeboten; ein Gebäude in Wieblingen war im Gespräch.
Doch obwohl sogar schon ein Ortstermin stattfand, wurde das Angebot
von der Stadt zurückgezogen. Statt dessen schlug das Rathaus
als Übergangslösung drei Büroräume im Pfaffengrund
vor, in denen aber nach Meinung eines AZ-Vertreters die Weiterführung
der Arbeit in dem bisherigen Rahmen nicht möglich sei.
Da die Mitarbeiter des AZ durch diesen Ablauf der Verhandlungen
das Gefühl haben, hingehalten zu werden, versuchen sie nun
mit verstärkter Öffentlichkeitsarbeit, Aufmerksamkeit
auf ihr Raumproblem zu lenken und so Druck auf die Stadtvertreter
auszuüben. Die Mittel dazu sind bisher hauptsächlich
eine Plakataktion mit den Statements linker Prominenter und eine
Demonstration, die am 14. Dezember am Hauptbahnhof stattfinden
wird. Die Möglichkeit, gegen die Kündigung zu klagen,
hielten die Vertreter des AZ für wenig sinnvoll, da dies
wohl nur einen Aufschub von einigen Monaten bedeuten würde.
In erster Linie hofft man auf die Kompromißbereitschaft
der Stadt.
Ein solcher Kompromiß müßte nach Meinung der
Autonomen einen adäquaten Ersatz beinhalten, also Gruppenräume,
einen Saal für kulturelle Veranstaltungen und Platz für
eine Werkstatt - am besten in Fahrradnähe, die die einfache
Erreichbarkeit des Zentrums gewährleisten soll.
Die Stadt ist gesprächsbereit: So äußerten sich
bei einem Treffen mehrere Stadträte für einen Erhalt
der Einrichtung. Dem ruprecht gegenüber wollte sich
das Büro der Oberbürgermeisterin nicht festlegen, zeigte
sich aber aufgrund von "AZ bleibt"-Schmierereien besorgt,
daß die Diskussion an Sachlichkeit verlieren könnte.
Das Echo auf die Aktionen der Autonomen bleibt unterdessen nicht
aus. Die Ethnologen riefen sogar zur Urabstimmung und erzielten
bei vergleichsweise hoher Wahlbeteiligung ein nahezu 100prozentiges
Ergebnis für die Beibehaltung des AZ.
Bleibt zu hoffen, daß sich Rathaus und Autonome doch noch
auf eine günstige Lösung in beiderseitigem Interesse
einigen können: Sonst steht ein wichtiger Teil der kulturellen
und politischen Szene Heidelbergs auf der Straße. (gan/cab)
Hermann von Helmholtz (1821-1894) in Heidelberg
Er war einer der Wegbereiter der Physik und der Physiologie.
Doch berührten seine Forschungen auch die Ästhetik und
Philosophie. Zu den wichtigsten Schaffensperioden zählt seine
Zeit als Ordinarius an der Heidelberger Universität.
Einer der genialsten Naturwissenschaftler des neunzehnten Jahrhunderts:
So sahen Hermann von Helmholtz schon seine Zeitgenossen. Die wilhelminische
Geschichtsschreibung erhob ihn salbungsvoll zum "Reichskanzler
der Physik" - vor allem wegen seiner Tätigkeit als Leiter
der von ihm angeregten Physikalisch-Technischen Reichsanstalt
in Berlin. Doch befaßte sich der Wissenschaftler im Laufe
seines Lebens mit einem sehr viel breiteren Forschungsspektrum.
Tatsächlich ist es fast unmöglich, die ganze Spannweite
seiner Forschungsergebnisse zu erfassen. Seine Neigungen hatten
ihn ursprünglich zum Studium der Physik hingezogen, doch
dieser Wissenschaftszweig war damals noch kaum erschlossen und
wurde als brotlose Kunst angesehen. So machte er sich zunächst
- nach einer medizinisch orientierten Ausbildung - als Physiologe
einen Namen. Die Arbeit "Ueber die Erhaltung der Kraft"
hatte ihm 1847 zum Durchbruch verholfen, und vor seiner Berufung
nach Heidelberg im Jahr 1858 war er an den Universitäten
von Berlin, Königsberg und Bonn tätig.
In der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts führte
die Etablierung der empirischen Wissenschaftsmethodik als Folge
der Aufklärung zu einem Bedeutungszuwachs der Naturwissenschaften
innerhalb der Universitäten. Das Großherzogtum Baden,
zu dem Heidelberg damals gehörte, investierte dementsprechend
zur Jahrhundertmitte in den Ausbau der Naturwissenschaften. So
wurden nicht nur fast alle außerordentlichen Gelder für
den Bau von neuen Labors und Instituten verwendet, sondern auch
bei der Personalauswahl wurden Zeichen gesetzt: In die Zeit der
Berufung von Helmholtz fallen auch die des Chemikers Bunsen und
des Physikers Kirchhoff.
Das große Interesse an der Naturwissenschaft erklärt
das für damalige Verhältnisse exorbitante Jahresgehalt
von 3600 fl., das Helmholtz neben einem Institutsneubau zugesagt
worden war. Die Professoren der Philosophischen Fakultät
konnten zur gleichen Zeit nur mit Zuwendungen von etwa 1500 fl.
rechnen - dieses Verhältnis der Gelderzuteilung hat bei der
Drittmittelvergabe bis heute Tradition.
Durch seine privilegierte Stellung hatte Hermann von Helmholtz
ideale Forschungsmöglichkeiten: die Heidelberger Zeit war
eine seiner produktivsten Schaffensperioden. Er erzielte große
Erfolge in der Grundlagenforschung der Sinneswahrnehmung, vor
allem in den Bereichen der Akustik und Optik, aber auch in der
Geometrie und in der Hydrodynamik, wo ihn besonders Reibungsphänomene
in Flüssigkeiten interessierten. Dabei wandte er auch den
Energieerhaltungssatz von 1847 wieder an.
Die Integration von Erkenntnissen verschiedener Wissenschaften
war ein wichtiger Teil der Methodik von Helmholtz. Bei seinen
Studien verfolgte er oft wissenschaftliche Probleme, die an der
Grenze von zwei oder mehr Wissenschaften standen, und wandte die
Methoden oder Techniken der einen Wissenschaft an, um die Probleme
der anderen zu behandeln. Dabei verschloß er sich auch der
Verbindung von Philosophie und Naturwissenschaft nicht, sondern
versuchte, naturwissenschaftliche Erkenntnisse in der Philosophie
anzuwenden.
Eines der letzten Projekte von Helmholtz in Heidelberg, das schon
seine endgültige Orientierung hin zur Physik erkennen läßt,
veranlaßt den Freund und Elektrophysiologen, Emil Du Bois-Reymond
1870 so auch zu der Äußerung: "Deine [...] neuere
Veröffentlichung über die Theorie der Elektrizität
geht leider über meinen Horizont. Es würde mich monatelange
Arbeit kosten, die Sache zu bewältigen. Es ist nur Dir gegeben,
überall zu Hause zu sein [...]".
So erfolgreich und anerkannt Helmholtz in der Forschung war, so
unglücklich war er in der Lehre. In Heidelberg überließ
er den Großteil der Lehraufgaben seinen Assistenten, und
in den ersten Monaten seiner Tätigkeit empfand er den starken
Zustrom an Laboranten in erster Linie als Belastung. Über
seine späteren Vorlesungen in Berlin urteilte Max Planck:
"Wir hatten das Gefühl, daß er sich mindestens
ebenso langweilte wie wir."
Mit dem Ende der 1860er Jahre schwand bei Hermann von Helmholtz
das Interesse an der Physiologie. Einer der Gründe mag die
schließlich erfolgte Durchsetzung des Kausalitätsprinzips
in diesem Wissenschaftsgebiet sein, die Helmholtz als Kantianer
ein vordringliches Anliegen gewesen war. Heidelberg verlor damit
für den nunmehr eher physikalisch orientierten Akademiker
an Attraktivität. 1871 wechselte er nach Berlin, wo er bis
zu seinem Tode blieb. (gan)
ruprecht-Serie "Heidelberger Profile"
Kino fürs Fernsehen
Kabel, Licht und Film: Gert Steinheimer
Gert Steinheimer ist Drehbuchautor und Regisseur. Er dreht
schwarze Komödien, die sich von der Durchschnittskost im
Fernsehen durch ausgefeilte Storys mit viel Humor und eine eher
an das Kino erinnernde Machart abheben. Ausgezeichnet wurde er
mit dem europäischen Drehbuchpreis in Silber beim Festival
du film in Monte Carlo (1988, "Zweikampf) und mit dem
Adolf Grimme-Preis für Drehbuch und Regie (1989, "Atlantis
darf nicht untergehen).
Eigentlich wollte der heute 52jährige nie Regisseur werden.
Mit 14 war er gerade von der Schule geflogen, als er Science-Fiction-Hörspiele
schrieb, die er über ein Mikrophon und eine eigens geschaffene
Leitung zu seiner Cousine ein Stockwerk tiefer übertrug:
"Meine Mutter hat mich da sitzen sehen, hat die Kabel gesehen
und gedacht: Der Bub muß Elektriker werden." Noch während
der Lehre entdeckte er seinen Hang zum Schreiben. Schließlich
landete er beim Theater. Zunächst als Statist, dann als Beleuchter,
worin er sein Meisterdiplom erwarb. Nebenher schrieb er Stücke,
die auch einen Verlag fanden und in einigen Städten zur Aufführung
kamen. Das genügte ihm nicht, er wechselte die Perspektive
und wurde Regieassistent, um die Erfahrungen aus der praktischen
Arbeit für seine Autorentätigkeit nutzbar zu machen.
Da er von Theaterstücken nicht leben konnte, begann er mit
dem Schreiben von Hörspielen. Eher zufällig kam er dann
zum ZDF: "Ich besuchte einen Freund, der Grafiker war. Ein
Redakteur sagte, er brauche jede Woche eine kleine Satire. Mein
Freund sagte, das schaffe er nicht. 'Aber der da, der ist vom
Theater, der kann das'. So kam ich zum Fernsehen." Zwischen
1980 und 1985 drehte er dann über 150 Kurzfilme bis zu 30
Minuten Länge.
"Irgendwann dachte ich mir, das kann's nicht sein, und habe
dann einen abendfüllenden Stoff geschrieben." Der Südwestfunk
nahm das Drehbuch an, Steinheimer drehte "Zweikampf".
Der Film wurde ein Erfolg, auch bei den Filmfestspielen in Hof.
Seither hat Steinheimer kein Drehbuch mehr abgegeben. Allerdings,
wie er betont, nicht aus Angst vor einer schlechten Verfilmung.
Die Regie sei eigentlich immer selbstverständlich ihm selbst
zugefallen, als eine Art Folgeerscheinung. Er sieht sich jedoch
nicht als Autorenfilmer wie Wenders oder Herzog. "Ich verändere
mein Wesen, wenn ich die Metamorphose durchmache vom Autor zum
Regisseur. Sobald ich die Regie übernehme, ist das Drehbuch
für mich ein Fremdkörper, in dem eine Menge Quatsch
drin steht. Auch wenn's von mir ist!" Dabei schreckt er auch
nicht davor zurück, Drehbücher anderer Autoren, die
er gelegentlich verfilmt, umzuschreiben oder gar neu zu schreiben.
Der Publikumsliebling "Schwarz greift ein" mit Klaus
Wennemann wurde von ihm beispielsweise mit einem komplett neuen
Pilotfilm versehen. Der Erfolg gibt ihm Recht: seine Produktionen
erreichen ohne weiteres 10 Millionen Zuschauer. Trotz dieser Erfolge
ist einer seiner großen Wünsche nie wahr geworden:
Der Sprung ins Kino. Die Ambition ist nicht zufällig: Seine
Filme sind von der Machart her Kinofilme; weniger Nahaufnahmen,
mehr Atmosphäre als im Fernsehen üblich. "Ich mache
eigentlich nur Kinofilme, Kinofilme für's Fernsehen (lacht).
Fernsehdramaturgie, das sind große Köpfe, hell ausgeleuchtet:
langweilige Bilder." Bereits drei Filme hat er bei der Filmförderung
eingereicht. "Mein erster Film wurde abgelehnt mit der Begründung:
'Wer will schon den Zweikampf zweier alter Herren sehen?'."
Doch nach dem Erfolg von "Zweikampf " bemerkte Steinheimer,
daß er über das Fernsehen erheblich mehr Zuschauer
erreichen kann: "Ich trat über das Fernsehen vor ein
Millionenpublikum in Konkurrenz zu anderen um 20.15 Uhr, wo ich
mich behaupten mußte. Das hat mir gefallen, danach hat mich
das Kino nicht mehr so interessiert. Jetzt, denke ich mir, ist
es an der Zeit, einen neuen Versuch zu starten."
Seine Herkunft vom Theater läßt sich seinen Filmen
noch heute anmerken. Er hat im Vergleich zu den meisten anderen
Regisseuren auffällig wenig Schnitte in seinen Filmen. "Es
geht mir um eine psychologische Spannung zwischen den Schauspielern.
Ich riskiere lange Einstellungen, um die Zuschauer in den Sog
zu ziehen." Dabei betont er, daß er wert legt auf eine
gute Story: "Wenn die Geschichte gut ist, kann ich gerne
auf einen Star verzichten. Die Geschichte ist der Star."
Seit Steinheimer in Heidelberg wohnt, nimmt diese Umgebung Einfluß
auf seine Geschichten. Einer seiner nächsten Filme spielt
zentral in einer Wohnung in der Plöck. Er fühle sich
hier wohl, auch sei Heidelberg für seine Schreibarbeit ein
guter Ort. Er mag die studentische Atmosphäre, Maler, Künstler
und den liberalen Charakter: "Eine Stadt, nicht allzu groß,
aber eben kein Dorf."
Was den Quotenzwang angeht, so ist er unbesorgt. Kann er auch
sein. Dennoch wehrt er sich gegen die allgemeine Tendenz, Quoten
führten zu anspruchslosen Produktionen: "Ich bin nicht
der Meinung, daß der Zuschauer nur gewonnen werden kann
durch platte, triviale Filme. Ich glaube an den Zuschauer. Er
kann bei anspruchsvollen Filmen vielleicht nicht alles analysieren,
aber er kann es spüren. Anspruchsvolle Filme haben gute Chancen."
Diese Perspektive hat er auch für die Zukunft des deutschen
Kinos: "Zunächst mal finde ich es toll, daß die
deutschen Filme überhaupt wieder gesehen werden. Noch vor
wenigen Jahren blieben die Kinos leer, da liefen sogar noch die
Stühle mit raus. Jetzt wird es Zeit, daß neben den
Boulevardkomödchen unterhaltsame, anspruchsvolle Filme in
die Kinos kommen."
Auf die Frage nach seinem Humor erzählt Steinheimer, daß
er eigentlich ernste Geschichten erzählen will. Grelle, absurde
Geschichten ins Alltägliche geholt, man lacht nicht selten
über sich selbst. Kein Klamauk, das mag er nicht. Er schätzt
Loriot, für Hallervorden hat er nicht viel übrig. Und
der schwarze Humor? "Ich wußte nie, daß ich schwarzen
Humor mache, das wurde mir dann von der Redaktion gesagt (lacht).
Ich zeige dem Zuschauer, daß er selbst leicht zum Mörder
werden kann, aus ganz alltäglichen Gründen."
Nebenbei ist er immer wieder als Dozent für Drehbuchschreiben
an der Filmakademie in Ludwigsburg tätig. Eines will er auf
jeden Fall vermitteln: "Man muß seine Figuren lieben.
Alle. Auch die Mörder. Gerade die! Figuren dürfen nicht
lächerlich gemacht werden, sie müssen erklärbar
sein."
Zuletzt drehte Gert Steinheimer ein fremdes Drehbuch. "Bis
dann" heißt der Film, für den er im Moment im
Schneideraum in Mainz sitzt, eine Liebesgeschichte zwischen einem
alten Mann und einem jungen Mädchen mit Martin Benrath in
der Hauptrolle. (papa/cab)
Neuer Transport-Service in Heidelberg
Mal eben Urlaub machen - das wär's doch jetzt. Weg vom
deutschen Herbstgrau, die Uni für ein paar Tage vergessen.
Leichter gesagt als getan, zumal Reise und Geld immer eine unzertrennbare
Symbiose eingehen. Was tun?
Man begebe sich zum Telefon und wähle Heidelberg 83 90 01
oder 71 29 54, und es meldet sich Wolfgang Pierro beziehungsweise
Ingo Fath. Und genau diese beiden können Abhilfe leisten,
denn diese Herren betreiben seit diesem Jahr einen Rikscha-Service
und lassen dadurch Heidelberg in einem ganz anderen fernöstlichen
Licht erscheinen. Ein Hauch von asiatischem Ambiente weht durch
Heidelbergs Gassen. Grund für dieses "Feeling"
sind die exotischen bunt bemalten Gefährte, genannt Rikscha.
Die Entstehung dieses Dreirads ist nicht mehr so ganz nachvollziehbar,
anscheinend soll es im Jahre 1869 von einem gewissen Izumi Yosuke
erfunden worden sein. Sicher ist lediglich, daß sich Rikscha
von "jin-riki-sha" herleitet, was soviel wie "Mensch-Kraft-Fahrzeug"
bedeutet. Ursprünglich handelte es sich um zweirädrige
Karren, wie man sie heute noch beispielsweise in Kalkutta sieht,
die von einem Menschen gezogen werden. Heutzutage sind die Rikschas
überwiegend dreirädrig, der Fahrer sitzt entweder hinter
oder vor den Fahrgästen. Darüber hinaus gibt es auch
motorbetriebene Rikschas.
Daß alternative Fortbewegungsmittel mehr und mehr im Kommen
sind, beweist unter anderem die Tatsache, daß mittlerweile
auch schon in Deutschland Rikschas hergestellt werden. Ein solches
Gefährt - Made in Germany - kostet um die 10 000 DM, verglichen
mit asiatischen Modellen viel Geld. Deren Kosten liegen bei 300
bis 500 Mark, zuzüglich Überführungskosten, die
den Kaufpreis meist übersteigen. Kein billiger Spaß
also.
Wolfgang besitzt zwei Rikschas, eine indische und eine vietnamesische,
Ingo kann eine indonesische Rikscha sein Eigen nennen. Was liegt
also näher, als die Rikschas nicht nur im privaten Bereich
einzusetzen. Als dann vor einigen Monaten der "Kutschen -
Expreß" in der Hauptstraße eingestellt wurde,
sahen Ingo und Wolfgang eine Marktlücke, um ihr Steckenpferd
in Bares umzusetzen und "gerade in Heidelberg einen schönen
Beitrag zur ökologischen Mobilität zu liefern"
, so Ingo. Bisher im Angebot sind Stadtrundfahrten, Einkaufsfahrten
und auch Transportdienste. Jedoch liegt noch keine Konzession
für die Hauptstraße vor, aber man wird sich weiterhin
bemühen, "wo ja die Kutsche viel schneller fuhr als
wir", meint Wolfgang. Der Amtsschimmel muß also noch
überzeugt werden, da selbst Beate Weber das Angebot einer
Freifahrt dankend ablehnte, mit der Begründung, sie wolle
keine anderen Menschen für sich arbeiten lassen. Diese Ausrede
schien Wolfgang etwas fadenscheinig. Aber genau da liegt der Hase
im Pfeffer: "Das ist genau das, was in den deutschen Köpfen
drin ist. Das Image der Rikscha ist immer noch verbunden mit kolonialer
Ausbeutung.", so Ingo. Wolfgang kann da nur zustimmen, er
zieht überhaupt keine Trennungslinie zwischen Dienstleistungen,
"schließlich wird ja beispielsweise Teppichboden auch
von Menschenhand verlegt. Außerdem zwingt uns niemand, dies
zu tun, niemand braucht also ein schlechtes Gewissen zu haben."
Ganz einfach ist es aber dennoch nicht mit den rund 90 Kilogramm
schweren Fahrzeugen umzugehen . Man müßte schon Herkuleskräfte
aufbringen, um das Schloß mittels einer Rikscha zu besichtigen.
Die alte Brücke ist gerade so zu schaffen. Auch die Akzeptanz
der Autofahrer und sonstigen Verkehrsteilnehmer sei groß,
und das in Heidelberg (die Radfahrer wissen, was ich meine). Noch
nicht ein motorisierter Verkehrsteilnehmer habe sich aufgeregt
oder auch nur gehupt. Und die Passanten nehmen die exotischen
Gefährte entweder mit einem Grinsen auf oder bekommen den
Mund nicht mehr zu vor Staunen. Ingo faßt zusammen: "Wir
erzielen eine positive Wirkung, die Leute schmunzeln, haben aber
keinen Gedanken an Groll".
Die zwei Chauffeure blicken also positiv in die Zukunft, freuen
sich schon auf den nächsten Sommer und hoffen auf viele Aufträge.
Man denkt auch darüber nach, bei einer Expansion eventuell
Studierenden eine Möglichkeit zu bieten, als Rikschafahrer
ihr Sparkässchen aufzufüllen. '''S wird auch notwendig
sein. (jh)
Erstes US-Labor Deutschlands in Heidelberg
Seit Ende Oktober steht es fest: Mit der Unterzeichnung eines
100-Millionen-DM-Vertrages zwischen der BASF AG Ludwigshafen und
Lynx Therapeutics Inc. Kalifornien kommt das erste Mal eine amerikanische
Gentechnikfirma nach Deutschland. Mit dieser Trendumkehr will
die BASF auch ein Zeichen setzen, daß Deutschland trotz
aller Diskussion attraktiv für Zukunftstechnologie bleibt.
Auf Heidelberg als Standort fiel die Wahl nicht nur, weil sich
die Zentrale Forschung Toxikologie der Mutter BASF in der Nähe
befindet. Heidelberg gilt als eines der weltweit führenden
Forschungszentren auf dem Gebiet der Biowissenschaften. Im Science
Citation Index, einer Rangliste der Zitierungen von Veröffentlichungen
in wissenschaftlichen Magazinen, liegt Heidelberg durch das Europäische
Molekularbiologische Labor (Platz 4), das Deutsche Krebsforschungszentrum
(Platz 11) und die Universitätsinstitute (Platz 23) mit vorne.
Die BASF erhofft sich hier unkomplizierte Zusammenarbeit von Wissenschaftlern.
Durch das Joint Venture entsteht eine komplett neue Firma, die
BASF-Lynx-Bioscience AG, in die Lynx seine neue DNA-Sequenzierungstechnik,
das Massively Parallel Signature Sequencing, und die BASF das
technische Know-How einbringt. Zunächst werden 50 Mitarbeiter
eingestellt, die Hälfte davon Wissenschaftler. Zudem wird
die Firma nach amerikanischem Vorbild mit einem wissenschaftlichen
Beirat versehen, in dem auch Heidelberger Wissenschaftler zu finden
sein werden. Sitz der Firma, die zunächst nur Auftragsforschung
leistet, wird der Technologiepark "Forschung und Entwicklung"
Im Neuenheimer Feld 517-519 sein, das sich nördlich dem Uni-Gelände
anschliesst, und in dem sich seit 1985 schon 14 Hightech-Betriebe
der Biologie-, Medizin und Umweltforschung angesiedelt haben.
Die Forschungsarbeit in den gentechnischen Labors der höchsten
Sicherheitsstufe wird sich zunächst auf drei Schwerpunkte
konzentrieren. Durch die Entwicklung von Testsystemen zur Erkennung
unerwünschter Nebenwirkungen von Chemikalien kann die weitere
Entwicklung solcher Verbindungen frühzeitig aufgegeben werden.
Das Aufspüren pharmakologisch interessanter molekularer Ziellstrukturen
der menschlichen Zelle könnte die Entstehung und den Verlauf
von Krankheiten auf molekularer Ebene mit einer bislang nicht
möglichen Genauigkeit analysieren. Dritter Schwerpunkt bildet
die Entwicklung von Mikroorganismen zur Massenproduktion von Feinchemikalien,
z.B. Vitaminen. Bei entsprechendem Wachstum wird die Firma durch
eine Produktionsabteilung erweitert, die vielleicht im Technologiepark
"Produktion" auf dem Gelände der ehemaligen Heidelberger
Schlachthöfe in der Nähe von ABB angesiedelt wird. (jm)
Kultur
Musiktips
Paco De Lucia, Al Di Meola & John McLaughlin: The guitar
trio
Auf dem Cover wird vollmündig The Guitar Trio angepriesen.
Schon fühlt man sich an die drei Tenöre erinnert,
und erwartet eher einen hochpreisigen Ausverkauf von Kultur denn
ein ungewöhnliches musikalisches Ereignis. Doch genau darum
handelt es sich bei dieser CD: 15 Jahre nach der legendären
Friday Night in San Francisco haben drei der weltweit bekanntesten
Gitarristen wieder im Studio und auf der Bühne zusammengefunden.
Das Ergebnis ist nicht nur etwas für Jazzfreunde: Die drei
spielen ihre eigens für diese Aufnahmen geschaffenen Kompositionen
so, als wären sie eine Person. Sensationell, wie die drei
Begleit- und Solostimme wechseln und zusammenkommen. Im Vergleich
zu Friday Night wurde wesentlich weniger wert auf virtuose
Gitarrenläufe gelegt. Sparsam war man im Umgang mit allem,
was nicht als Gitarre bezeichnet werden kann. Diese wiederum wird
durchaus auch als Rhythmusinstrument benutzt. Ansonsten ganz selten
sparsame, ausgezeichnete Percussion. Darüberhinaus ist die
CD vorzüglich aufgenommen. Dafür zeichnet das Real
World Studio verantwortlich, bestens bekannt durch dessen
Betreiber Peter Gabriel. Alles in allem sicher eines der Highlights
der Neuveröffentlichungen im Jazzbereich dieses Jahr, das
Maßstäbe setzt in Interpretation und Klang. (papa)
Musik für Laute: Konrad Ragossnig; DGG-ARCHIV-Produktion
Nachdem die Laute im 13. Jahrhundert aus der über die iberische
Halbinsel importierten arabischen Ud entstanden war, entwickelte
sie sich im 16. und frühen 17. Jahrhundert zu einem sehr
weitverbreiteten und beliebten Instrument. Doch erst zu einem
Zeitpunkt, als die zeitgenössischen Kompositionen des 20
Jahrhunderts dem Hörer immer höhere Anforderungen abverlangten,
begann man im Rahmen des aufkommenden Interesses für "alte
Musik", wieder auch die klassische Lautenmusik zu studieren
und aufzuführen. Konrad Ragossnig gilt als einer der bedeutendsten
Lauten-Virtuosen, die das Interesse für diese Epoche der
europäischen Musikgeschichte wiedererweckten.
Die nun schon 20 Jahre alten Aufnahmen, die unter dem Titel "Musik
für Laute" wiederveröffentlicht wurden, stellen
Lautenmusik aus dem 16.und frühen 17. Jahrhundert, der Blütezeit
der Lautenmusik, vor. Nach den Herkunftsländern geordnet,
entfächert Ragossnig hier ein breites Spektrum der europäischen
Musikkultur, die dabei durch seine lebendigen Interpretationen
in ihrer Vielfältigkeit wiederauflebt. Dabei gelingt es ihm,
seiner achtchörigen Renaissance-Laute mal weiche und zarte,
mal trockene, harte Töne (die an die arabische Ud erinnern)
zu entlocken. (fw)
Christian Bruhn: Soundtrack "Captain Future;
Originalmusik zur TV-Serie
Fast vergessen, als so um 1980 herum zur japanischen Zeichentrickserie
eine LP herauskam, die uns die Mama unter den Weihnachtstisch
legte. Einige wenige dürfen sich glücklich schätzen,
dieses Vinyl- Exemplar bis heute aufgehoben zu haben. Die anderen
können jetzt aber auch wieder glücklich werden, denn
die Firma Colosseum hat den Soundtrack zur Kultserie Captain Future
inzwischen auf CDs gepreßt, die im gut sortierten Fachhandel
rund 30 DM unter der Rubrik Soundtracks zu finden sind. Wer ein
Hörspiel erwartet, wird entäuscht, stattdessen 18 Titel
feinster Instrumentalmusik, die verschiedener nicht sein könnten:
Von klassischen Pop-Ohrwürmern wie dem Titelstück, welches
zugleich die Anfangsmelodie der TV-Serie ist, über Swingstücke
wie "Ken", bis hin zu urzeitlichen Trance -Sounds ("Eingeborene",
"Neue Erfahrungen im Cyber-Space"). Dazwischen immer
wieder mal was Melancholisches, beinahe Esoterisches, wie "Joan"
und "Ein Trauriger Fall", nicht zu vergessen das harmonisch-mollig-wollige
"Fremde schöne Landschaft", welches uns auf Wolken
tanzen läßt. Hin und wieder ist im Hintergrund die
Stimme von Erika Bruhn in Form von Huhuhu zu Höhren. Alle
Stücke sind in der Serie schon mal eingesetzt worden, obwohl
es kaum vorstellbar ist, daß es so viele waren. (mj)
ruprecht reads comics
Heft-Rezensionen
Comics für Erwachsene
Francine liebt Freddie, Katchoo liebt Francine, David liebt Katchoo
und dazu kommt noch ein Haufen Gewalt, Sex und Tote und schon
hat man die Zusammensetzung der besten "serialized story",
dies besagt wenigstens der Eisner Award, der Oscar unter den Comics.
Aber mit einer solchen Zusammenfassung tut man "Strangers
in Paradise", liebevoll von seinen Fans "SIP" genannt,
keinen Gefallen, denn die Geschichte zweier Frauen beinhaltet
mehr als die übliche Dreieck-Konfiguration. Betrachten wir
erst einmal Katchoo näher: während Francine ihren Abschluß
in der High School macht, fliegt Katchoo von der Schule und die
beiden Freundinnen sehen sich für Jahren nicht mehr. SIP
setzt nun in der Handlung ein, als die beiden wieder zusammenziehen
und gemeinsam wohnen, jedoch ist ihrem gemütlichen Zusammensein
rasch ein Ende gesetzt, als erst Francines Freund Schluß
mit ihr macht and dann Schatten aus Katchoos dunkler Vergangenheit
auftauchen. Sie landete nämlich nach ihrem Rausschmiß
aus der Schule auf der Straße und wurde zur obdachlosen
Alkoholikerin. Ein Callgirl fand sie in einer jämmerlichen
Verfassung und päppelte sie auf, bis Katchoo fähig war,
ihrer neugewonnenen Freundin aus Dankbarkeit zur Hand zu gehen.
Nachdem die beiden dann noch knapp eine Million Dollar von ihrer
Auftraggeberin klauen, kann das Drama beginnen! Aber mehr sollte
man nicht wissen über SIP, denn einer der Reize besteht darin,
daß man niemals die Story voraussagen kann.
Über den Autor muß man erst einmal eins klarstellen:
der Autor ist ein Mann, trotz der überwiegend weiblichen
Charaktere und Themen! Terry Moore hat mit seiner anfangs noch
unbekannten Comicserie genau den Nerv der Zeit getroffen. Was
sich dann über Mund-zu-Mund-Propaganda verbreitete, wurde
zu einem der erfolgreichsten Comics der letzten Jahre und hat
sich jetzt zum Verkaufsschlager entwickelt, ein ernomer Erfolg
für einen Comiczeichner und Texter, der seine erste Comicserie
zeichnet und das zuerst in einer Auflage, die die großen
Verlage "special limited edition" nennen. Aber Moore
gehört nun auch zu den "großen Drei",seitdem
Jim Lee, Präsident von Image,ihn für seinen eigenen
Verlag "Homage" holte. Moore ergriff die Gelegenheit
sofort am Schopf und publiziert seine Comics nicht mehr selber.
So hat er mehr Zeit zum Zeichnen und nebenbei coloriert für
ihn das Team um Steve Oliff, der auch Akira coloriert. In Deutschland
ist man noch nicht soweit: Beim Verlag Thomas Tilsner wird die
zweite Serie im Moment als gebundene Alben zusammengefaßt;
der erste Band umfaßt die drei Hefte der ersten Miniserie
von SIP, die weiteren Bände beinhalten die Hefte der zweiten
Serie, wobei der vierte Anfang des Jahres zu bewundern sein wird.
Ein Muß für jeden, der an anspruchsvolle Literatur
gewöhnt ist und sich nicht mit seichten Funnies à
la Mickey Mouse die Zeit sinnlos vergeuden möchte. (jr)
M. Fecchi: Odysseus
"Der Schautz von Troja & Polyphen
Nach dem vorläufigen Ende von "Fix und Foxi" hat
sich deren langjähriger Chefzeichner Massimo Fecchi selbstständig
gemacht und im Pabelverlag eine eigene Serie veröffentlicht.
Nach erstmaligem durchlesen erscheint mir das Album den Spagat
zu versuchen, den Charme von "Asterix" und den Witz
von "Clever & Smart" zu vereinen. Dieses Crossover
gelingt jedoch nur Teilweise: Götterbote Hermes (als Kind,
in Knax-Heft-Stil) erzählt uns von Homer und dessen Odyssee,
für die jener 20 Jahre zum Schreiben braucht. Auf dem Weg
zum Verleger werden die Tonnen von Papier von einem Windchen weggeweht
und unser armer Homer kommt mit einer Handvoll Seiten an , die
als Taschenbuchausgabe auf dem Markt erscheinen. Die verlorenen
Seiten werden uns nach dieser Vorgeschichte von Hermes erzählt.
Im Fastfoodtempo erobert Odysseus Troja und nimmt jedes Mittel
in Kauf, nicht nachhause zu seiner Frau Penelope zu gelangen.
Grund ist, daß Odysseus von der Figur her Tiffi aus der
Sesamstraße gleicht und Penelope Samson. Dafür treffen
er und seine Mannschaft auf den Kurzsichtigen Polyphem. Doch anstatt
ihm das Auge rauszuhauen, bekommt der Zyklop eine Brille verpaßt
und nimmt daraufhin erfolgreich an einem Schönheitswettbewerb
teil.
Zwar wirkt die Story nicht ermüdent, aber dagewesen sind
die Witze schon. (mj)
ruprecht goes to the movies
Filmtips - und vor allem Meinungen
(in Klammern die Anzahl der ruprechte)
ruprechts
Notenskala: | - | nicht
empfehlenswert | * | mäßig |
** | ordentlich | *** | empfehlenswert |
**** | begeisternd |
Willkommen im Tollhaus(3)
Wenn man wie Dawn Wiener häßliches Entlein, dazu Außenseiter
ist und erste präpubertäre Krisen bestehen muß,
dann kann man seine Welt schon hassen. Die 11jährige würde
am liebsten ihre kleine intrigante Schwester mit dem Hammer erschlagen,
mit ihrem einzigen Freund Ralfie den "special people club"
gründen, und den Kumpel ihres großen Bruders verführen,
der allerdings schon ein Jahrzehnt mehr auf dem Buckel und ganz
andere Interressen hat. Dawns eigentliches Problem ist, daß
sie keiner liebt. In der Schule wird sie gehänselt, zuhause
werden ihre Geschwister ihr vorgezogen. Als ihr Schwarm nach N.Y.
zieht, bricht für sie das Chaos aus, und so manche tragisch-komische
Situation, in der man das Mädel in den Arm nehmen möchte,
verführt zum Lachen.
She's the one (2)
Nach dem Erfolg von "Kleine Sünden unter Brüdern"
bekam Edward Burns eine Menge Geld für eine weitere Produktion.
Zwei ungleiche Brüder auf der Suche nach der wahren Liebe,
der eine in den Augen der Familie ein Verlierer, der andere geschätzter
Wall-Street-Broker. Dieser hat ein "zyklisches Tief"bei
seiner Frau, dafür kommt er umso besser bei der Ex-Verlobten
seines Bruders. Diese wiederrum findet Sex mit einem Rentner spannender.
Der erfolglose Bruder fährt eine Kundin zu einer Hochzeit,
und heiratet dort selbst. Alle Beziehungen kollidieren miteinander,
am Ende hat nicht einmal die des Vaters Bestand.
Perfekter als das Erstlingswerk, aber weniger spritzig.
Dragonheart (2)
Er frißt weder Jungfrauen, noch grillt er unschuldige Bauern,
um danach Ihr Vieh zu vertilgen und verbündet sich zu allem
Übel noch mit einem abgetakelten Ritter. Er paßt also
so garnicht in die Welt der skrupellosen Drachen, Draco, unser
Märchenheld. Mit der Stimme Sean Connerys überzeugt
er als alter Drache, der an das Gute im Menschen glaubt und daran
kläglich zugrunde geht, Mario Adorf, der in der deutschen
Fassung seine Stimme Dracoverlieh, kann dagegen gar nicht überzeugen:
Drachen haben nämlich gewöhnlich rauhe tiefe Stimmen
vom vielen Rauchen. ILM zeigt mal wieder was ihre SGIs können
und haben nach den Dinos jetzt einen mittelalterlichen Drachen
kreiert, der nahtlos in die Landschaft eingepaßt wurde.
Im Gegensatz dazu steht Dennis Quaid, der ganz im alten Arthurstil
durch das Land reitet, senile Drachen ihren Sternzeichen näherbringt
und unfähigen Bauern die Grundregeln einer Rebellion beibringt.
Dasschauspielerische Duell gegen "Draco" verliert er
jedenfalls. Wenn der Film auch nicht mit Werken wie "Das
Einhorn" von Ridly Scott vergleichbar ist, ist der Fantasy-Fan
mit diesem netten Märchen gut bedient.
Fargo (3)
Die gute Miss Marple: vom Rheuma geplagt jagte sie die Betrüger,
für die Ergreifung gemeiner Mörder vernachlässigte
sie den geliebten Dorfklatsch, und selbst die Nichtenschar mußte
der Gerechtigkeit zuliebe manchesmal hintanstehen. Eine Figur,
so dicht und voller Wärme wie ein handgestrickter Pullover,
ohne die Agatha Christies Krimis deutschen Freitagabendserien
ähneln würden.
Genauso feingestrickt sind die Morde von Fargo: Mitten im verschneiten
Minnesota hat ein braver Ehemann die Lösung seiner Geldprobleme
gefunden. Er läßt von zwei zwielichtigen Typen seine
Frau entführen, um so an das Geld seines geizigen Schwiegervaters
zu kommen. Als bei der Entführung drei Augenzeugen umgebracht
werden, wird die Sache kompliziert: die Nachforschungen der hochschwangeren
Polizistin Marge setzen Anstifter und Entführende unter Druck.
Die Gewaltspirale schraubt sich immer höher, und als die
Überlebenden endlich von Marge aufgespürt werden, überblickt
nur noch der Zuschauer den Ablauf der Dinge.
Angeblich eine wahre Geschichte, heißt es im Vorspann. Ein
unwichtiges Detail, denn wenn es nicht stimmt, ist die Story außergewöhnlich
lebensecht inszeniert. Was den Film sehenswert macht, ist der
tiefgründige, stille Humor, mit der er seine Figuren zeichnet,
wie in der Szene, in der Marge aus dem Bett geklingelt wird und
sie auch dann noch ihren Mann zum liegenbleiben überreden
will, als der schon fast für sie in der Küche Frühstück
macht. So wird der Film, auch wenn fast alle Beteiligten umkommen,
doch nicht zum Gewaltstreifen. Eine Geschichte wie ein warmer
Pullover - genau das richtige für den Winter.
Lothar-Günther Buchheim über Krieg, Pathos und den
Nachdruck von "Jäger im Weltmeer"
Lothar-Günther Buchheim wurde mit seinen Romanen "Das
Boot" und "Die Festung" weltweit bekannt. Sie berichten
über den U-Boot-Krieg, den Buchheim als Kriegsmaler miterlebte.
Außer seinen Arbeiten als Journalist und Autor ist Buchheim
Maler und Kunstsammler: Ein Museumsneubau für seine einzigartige
Sammlung expressionistischer Kunst wird in den nächsten Jahren
in seinem Wohnort Feldafing am Starnberger See errichtet. ruprecht
besuchte ihn dort, um über sein neueste Veröffentlichung
"Jäger im Weltmeer", einen Nachdruck von 1943,
zu sprechen.
ruprecht: Herr Buchheim, warum wird "Jäger im
Weltmeer" heute wiederveröffentlicht - über fünfzig
Jahre, nachdem es geschrieben wurde?
Buchheim: Es hat in letzter Zeit immer wieder Anpöbeleien
gegeben, bei denen behauptet wurde, ich hätte mit "Jäger
im Weltmeer" ein Nazi-Buch verfaßt und darin übelste
Propaganda für den Endsieg betrieben. Verschiedene Leute
haben versucht, mich so mit Scheiße zu bewerfen und üble
Nachrede zu praktizieren. Aus Hamburg kam eine Reihe von Frechheiten
von einem Journalisten, Wegener. An der Uni Duisburg mobilisierte
ein Professor sogar ein Komitee, um meinen Ehrendoktor aberkennen
zu lassen. Ich konnte der Gerüchteküche nichts Handfestes
entgegensetzen, denn die letzte Auflage von "Jäger im
Weltmeer" ist 1943 in Leipzig bei einem Fliegerangriff verbrannt,
und es existieren nur noch sehr wenige Exemplare: für die
Öffentlichkeit war es also ein "Phantombuch". Kein
Mensch konnte nachprüfen, ob da wirklich Naziparolen drinstehen
oder nicht.
Also habe ich beschlossen: zeigen wir's vor. Damit die Leute sehen
können, daß es sich eben um keine Nazi-Propaganda handelt,
sondern daß es ein widerständisches Buch ist. Kein
Buch des Widerstands, ich war nicht im Widerstand. Aber ein Buch,
daß man ohne Bedenken auch heute unverändert herausbringen
kann.
ruprecht: Das Vorwort von Großadmiral Dönitz
wurde weggelassen?
Buchheim: Dönitz war ein Totschläger, der Menschen
skrupellos verheizt hat, um Kriegsziele zu erreichen. Daher ist
sein Vorwort in dem Nachdruck weggelassen. Sonst gibt es keine
Änderungen. Allerdings ist das Buch in ein Vorwort und Nachwort
eingebettet. Dort wird dann auch auf die ausgelassene Dönitz-Seite
verwiesen.
ruprecht: In Ihrem Vorwort zu "Jäger im Weltmeer"
erwähnen Sie Stellen, von denen sie meinen, daß Sie
sie heute anders schreiben würden. Was sind das für
Sätze?
Buchheim: Welche könnten da gemeint sein ... mir fällt
im Moment nichts ein, was mir an dem Buch mißfallen könnte.
Natürlich ist es ein sehr pathetisches Buch. Ich meine das
Pathos, daß ich beispielsweise aus Hölderlin und Claudius
aufgenommen hatte: das hat uns beeindruckt, das war der
Ton meiner Jugend. - Heute bin ich pathetisch für Gott sei
Dank andere Sachen, aber zu den Ostermarschierern gehöre
ich trotzdem nicht - das spräche gegen meine Lebenserfahrung.
ruprecht: Welche Art von Lebenserfahrung?
Buchheim: Es gibt die UNO, die wohl die Macht hätte,
Krieg zu unterbinden - und trotzdem kann niemand verhindern, daß
sich Hutu und Tutsi in Zentralafrika gegenseitig abschlachten.
In jeder Generation schlagen sich die Menschen einmal tot. Ich
war einmal dort, und die Bilder von diesen Ereignissen sind erschreckend.
Aber es scheint, als verfalle die Natur immer wieder einem Kriegsrausch,
und weil der stärker ist als jedes Gesetz, kann man diese
Kriegsgelüste nicht unterdrücken.
ruprecht: Aber bei uns herrscht doch seit fünfzig
Jahren Frieden?
Buchheim: Was heißt "bei uns"? Auch in
Europa ist ja kein Frieden. Man kann das ehemalige Jugoslawien
nicht aus Europa ausschließen, nur weil dort Krieg herrscht.
Wer nicht wahrhaben will, daß Krieg ein Teil unserer Welt
ist, weigert sich, das Ganze zu sehen.
Es ist deshalb wichtig, den Krieg in seiner Gänze zu beschreiben.
Daß er nicht vollständig beschrieben wird, kann man
daran erkennen, daß sich die Veteranen so sehr über
"Das Boot" erregt haben. Weil das Bild vom Krieg in
den Büchern überhaupt nicht zu ihrer blanken Prünne
(etwa: zu ihrer weißen Weste - die Red.) gepaßt hat.
Am lächerlichsten war, daß sie die Obszönitäten
an den Pranger gestellt haben: als ob's das nicht gegeben hätte.
Die alten Soldaten hatten wohl Angst, von den Damen nicht mehr
an den Kaffeetisch gelassen zu werden.
ruprecht: Also ist "Jäger im Weltmeer" als
ein Dokument seiner Zeit zu verstehen?
Buchheim: Dokumente sind etwas für Historiker. Die
müssen sich an Dokumente halten, weil sie ja keine Zeitzeugen
sind. Und werden so zu Lügnern: weil in Dokumenten nie die
Wahrheit steht. Nehmen wir die Kriegstagebücher. Entweder
wurden die sehr renommistisch verfaßt, oder lesen sich so
unterkühlt wie die des Alten (der Kapitän des U-Boots,
dessen Fahrt "Das Boot" beschreibt - die Red.). Aber
in jedem Fall wird derjenige, der sich an solchen Dokumenten orientiert,
auf die falsche Fährte gelockt.
ruprecht: Dann könnte Geschichte ja immer nur so lange
geschrieben werden, wie es Zeitzeugen gibt.
Buchheim: Alles andere ist Schwindel! Denn Geschichtsbüchern
fehlt etwas Wichtiges: Solange die Angst nicht mit ins Bild kommt,
kann man nicht Geschichte schreiben. Wer die Angst vergißt,
schreibt mehr Falsches als Wahres. Wie will man als Historiker
wie Solschenizyn schreiben? Gute Historiker wissen das und konzentrieren
sich darauf, Quellen zu sammeln, versuchen aber nicht, zu beschreiben,
wie es früher war. Der Mensch kann nicht aus der Geschichte
lernen: Der Teufel kommt immer wieder, aber mit anderem Gesicht.
ruprecht: Und trotzdem schreiben Sie weiter?
Buchheim: Weil das, was der Mensch macht, im Grunde Wahnsinn
ist. Kürzlich erzählte mir mein Neffe, er sei über's
Wochenende in Los Angeles gewesen. Nun frage ich Sie: war der
wirklich dort? Hat der wirklich wahrgenommen, um die halbe Welt
gereist zu sein? Das war bloß eine Spielerei, diese Art
von Reisen bringt gar nichts. Um solche Sinnlosigkeiten dreht
es sich in meinem nächsten Projekt genauso wie in meinem
alten: im "Boot" war es der Wahnsinn, Menschen in einer
Stahlzigarre durch den Ozean schippern zu lassen; das "Atomschiff"
erzählt von einer Reise Anfang der 70er Jahre auf einem atomgetriebenen
Schiff, ein Profilierungsobjekt der Bundesrepublik, ohne Rücksicht
auf die Risiken. Das Atomschiff mit seinem heißen Ofen ist
mit dem Boot und der Festung der letzte Teil einer Trilogie des
menschlichen Irrtums.
ruprecht: Und gegen den schreiben sie an?
Buchheim: Nein, das wäre sinnlos. Jemand, der in einer
Hühnerlegebatterie den Mist wegräumt, für den ist
der Gedanke an einen Krieg doch eine Befreiung - obwohl Krieg
nichts verbessern würde. Diese Art Irrtümer wird es
immer geben.
ruprecht: Ein sehr pessimistischer Ausgangspunkt.
Buchheim: Ich würde es nicht Pessimismus nennen -
eben eine andere Art, die Dinge zu sehen. Außerdem: Warum
denken Sie so schlecht über Pessimismus? Es gibt Menschen,
die wären ohne ihren Pessimismus sehr unglücklich (lacht).
ruprecht: Es fällt auf, wie wenig Sie ihren Romanfiguren
gleichen: dort der Gammel im Boot, das Leben ein einziger Irrtum;
und hier der Kunstsammler, Ausstellungsplaner, Schriftsteller
Buchheim. Wie kommt es zu diesem Unterschied?
Buchheim: Gegenwelten wirkten schon immer faszinierend
auf mich. Als Zehnjähriger habe ich die Demonstrationen der
Roten erlebt: der Aufruhr auf den Straßen, das war unglaublich
spannend. Oder die heutige Libertinage! Ein Bekannter erzählte
von seiner USA-Reise, daß ihm dort im Kino, kaum daß
das Licht gelöscht war, in den Hosenschlitz gegriffen worden
ist. Der war davon überhaupt nicht begeistert! Aber ich erinnere
mich auch an eine Episode meiner Schulzeit. Alle Schüler
mußten in der Aula den Sermon eines Wanderpredigers über
sich ergehen lassen, in dem Rückenmarksschwund als Folge
von Onanie dargestellt wurde. Was ist da besser - die Libertinage
oder der Psychoterror? Auch der Krieg wirkte als Gegenwelt auf
mich. Zwar hat der Krieg meine Generation gebrochen, und die Nachrichten
aus Bosnien und Burundi sind für mich schrecklich. Aber die
Faszination bleibt. Das treibt einen an.
ruprecht: Also verfolgt Sie die Kriegserinnerung?
Buchheim: Nein, von Verfolgungsgefühlen ist keine
Rede - der Krieg ist mehr eine Art Reservoir. Was mich deprimiert,
ist weniger der Krieg und solche Dinge, sondern eher, was es auf
der Welt für Schweine gibt.
(Interview: gan)
Propaganda?
Die "Jäger" im Kreuzfeuer
Sitzt man dem heute Achtundsiebzigjährigen gegenüber,
wirkt Buchheim wie ein Energiebündel: Seine Unternehmungslust
scheint unerschöpflich zu sein. Keiner, der sich von körperlichen
Gebrechen bremsen läßt. Genausowenig wie von den vielen
Stimmen, die seine Projekte immer wieder kritisieren.
In der "Festung" meinten seine Gegner Munition für
neue Angriffe gefunden zu haben. Buchheim beschreibt darin, wie
er sich in dem von Bombenangriffen verwüsteten Berlin um
die Neuauflage des "Jäger im Weltmeer"-Bandes bemühte.
Nicht nur aus schriftstellerischem Ehrgeiz, sondern weil das Buch
auch zur Überlebenssicherung seines Verlages und des Verlegers
beitragen sollte. Peter Suhrkamp war gerade von der Gestapo verhaftet
worden.
Dieses Buch, dessen Auflagen bis auf wenige Exemplare im Krieg
verloren ging, wurde im "Börsenblatt für den deutschen
Buchhandel" als "Propagandafibel" bezeichnet und
als Beweis für die angebliche nationalsozialistische Gesinnung
des Kriegsberichterstatters Buchheim angeführt. Andere Publikationen
zogen nach.
Herrenrasse ausgelassen
Jetzt ist der Nachdruck erschienen. Der originale Text- und Bildteil
wird von einem Vorwort Buchheims und einem Nachwort eines vom
Verlag gewählten Journalisten begleitet. Buchheim berichtet,
welche Zwänge und welche Atmosphäre die Entstehung des
Buches bis 1943 bedingten. Doch "Jäger im Weltmeer"
spricht für sich selbst - wenn man berücksichtigt, daß
ein Buch, daß 1943 gedruckt wurde, eine Zensur durchlaufen
mußte, die nicht nur regimekritische Inhalte unterband,
sondern die schon bei einem zu liberalen Ton die Drucklegung verweigerte.
Trotzdem lesen sich die "Jäger" anders als Titel
mit ähnlichem Erscheinungsdatum wie etwa "Kampf um Norwegen".
Im Vordergrund steht nicht Kriegsbegeisterung nach dem Dönitz-Motto
"Achtung-ran-versenken", sondern Bordalltag und die
technische Routine. Der Wille des Autors, die Wirklichkeit zu
beschreiben, also das, was auch den Reiz der neuen Bücher
Buchheims ausmacht, ist bei der Schilderung eines Fliegerangriffs
genauso zu spüren wie bei der Auswahl der Bilder. Viel Enge,
bärtige, sehr junge Gesichter zwischen Stahlarmaturen, Körper
in schmuddeligen Overalls; auch eine Dampferversenkung, einige
Bilder unter der Überschrift "Freude über den Sieg"
- aber von deutscher Herrenrasse ist hier nichts zu sehen.
Buchheim ist bestimmt niemand, über den man nicht streiten
könnte - alles andere wäre ihm vermutlich selbst unangenehm.
Der Nazi Buchheim existiert aber nicht.
L.-G. Buchheim, Jäger im Weltmeer. Mit einem Vorw.
des Autors und einem Nachw. von Alexander Rost, Hamburg 1996,
135 S.
(gan)
Zu Artikel und Interview über Lothar-Günther Buchheim erreichte uns
ein Leserbrief, den
wir Euch der Länge wegen nur hier, im WWW, bereitstellen können.
Klassiker der Kunstgeschichte halten, was sie versprechen
Ich hatte gehört, der DuMont-Verlag habe zehn Klassiker
der Kunstgeschichte auf den Markt geworfen. Zu den Instinkten
eines Jäger und Sammlers regrediert, hastete ich in den nächsten
Buchladen. "Sie sind heute schon der dritte, der danach fragt.
Wir haben schon nachbestellt" bekam ich zu hören. Eine
Woche später hatte ich die zehn Taschenbuchbändchen
endlich in der Hand. Was also hat es mit den zehn Klassikern auf
sich ?
Der DuMont-Verlag feiert sein 40jähriges Bestehen und hat
zu diesem Anlaß "Zehn Klassiker der Kunstgeschichte"
zum fairen Preis von 98 Mark herausgegeben. Greifen wir doch einfach
wahllos in den Schuber und ziehen ein Bändchen raus:
Erwin Panofsky
"Der Geisteswissenschaftler, der auf seine Art mit menschlichen
Handlungen und Schöpfungen umgeht, muß sich auf einen
geistigen Prozeß synthetischer und subjektiver Art Natur
einlassen: Er hat im Geist die Handlungen nachzuvollziehen und
die Schöpfungen nachzuschaffen. In der Tat treten die wirklichen
Gegenstände der Geisteswissenschaften durch eben diese Verfahren
ins Dasein." So definiert Erwin Panofsky in seinem Aufsatz
"Kunstgeschichte als geisteswissenschaftliche Disziplin"
sein Fach. Der Text wurde geradezu ein "Prolegomena zu einer
jeden künftigen Kunstgeschichte".
Panofsky zeigt den Zirkel zwischen wissenschaftlichem Erklären
und nachbildendem Verstehen, zwei Aspekte, die beide für
das Fach unerläßlich sind. In Anlehnung an Leonardo
da Vincis Ausspruch 'Zwei Schwächen, die sich gegeneinander
lehnen, addieren sich zu einer Stärke', fordert er die gegenseitige
Ergänzung der beiden Teilbereiche: die Hälfte eines
Torbogens kann noch einmal aufrecht stehen - zwei halbe Torbögen
vereinigt tragen das Dach einer Kathedrale. Ebenso müssen
sich archäologische Forschung und ästhetisches Nachschaffen
aneinander lehnen.
Was Panofsky in seiner Einleitung verspricht, hält er auch.
Spannend führt er den Leser anhand des Begriffs Ikonographie
(die er als Lehre der Bedeutung von Kunstwerken, in Abgrenzung
zu deren Form definiert) in die Kunst der Renaissance ein.
Ein anderer Artikel behandelt die Beurteilung Gotik in der italienischen
Renaissance, ein weiterer Dürers Stellung zur Antike. Was
zunächst vielleicht trocken klingt, entpuppt sich bald als
ein lehrreicher Spaziergang durch die Kunstgeschichte.
Wenn Panofsky beispielsweise den Aufgabenbereich der Ikonographie
anhand eines grüßenden Nachbars erläutert, hat
man den Eindruck, Umberto Eco habe hier seinen Stil geformt und
gelernt, semiotische Probleme anhand von Hundefutterreklame zu
diskutieren.
Doch durch Panofskys Texte klingt bei aller Unterhaltsamkeit auch
ein ernsthafter Appell durch: das Kulturerbe ist weiterzugeben,
die Auseinandersetzung mit den Vorfahren und ihren Werken nicht
zu scheuen, auch wenn dieses mit Arbeit verbunden ist, denn "unter
geisteswissenschaftlichem Blickwinkel altern menschliche Zeugnisse
nicht."
Rudolf Arnheim
Rudolf Arnheim, der bis 1933 Kulturredakteur der "Weltbühne"
unter Carl von Ossietzky war, emigrierte 1939 zunächst nach
England und schließlich in die USA, wo er in Harvard Kunstpsychologie
lehrte. Aufgrund seines auch psychologischen Ansatzes befruchtete
er vor allem die Teilgebiete der Kunstgeschichte, die sich mit
dem Phänomen des Ästhetischen beschäftigen, beispielsweise
die Semiotik. In Deutschland ist Rudolf Arnheim als Autor der
Bücher "Kunst und Sehen" und "Anschauliches
Denken" bekannt.
Der von den Herausgebern aufgenommene Text Arnheims trägt
einen Titel, der einen zunächst die Stirn runzeln läßt:
"Entropie und Kunst". Was soll Entropie, das Thema des
zweiten Hauptsatzes der Thermodynamik, mit Kunst zu tun haben?
Nun, dieser macht Aussagen über Ordnung und Unordnung in
physikalischen Prozessen. Entropieänderung findet statt,
wenn sich der Tee aus dem Teebeutel im Wasser verteilt. Entropie
also das Maß für Ordnung - oder Chaos, je nachdem,
ob man ein schwarz-weißes Schachbrettmuster chaotischer
findet als eine graue Fläche oder umgekehrt. Daher heißt
der Untertitel zu Arnheims Text auch "Versuch über Unordnung
und Ordnung". Er untersucht das Zusammenspiel der beiden
einander bedingenden Prinzipen, die ohne das jeweilige Gegenstück
nicht denkbar sind. Damit versucht er ein Kriterium in den Aporien
moderner Kunst zu etablieren, einen Orientierungspunkt im Labyrinth
zeitgenössischer Ästhetik.
Die Edition
Ein kleiner Zusatzband stellt das Leben und Werk der zehn Kunsthistoriker
kurz vor und leitet in die jeweiligen Texte ein. Besonders lobenswert
sind die bibliographischen Hinweise, die nicht nur alle Fußnoten
enthalten, sondern zusätzlich eine komplette Liste der Veröffentlichungen
des jeweiligen Autors. Listen mit empfohlener weiterführender
Literatur, zahlreiche Abbildungen, Zeittafeln und Namenregister
zeigen, daß hier editorisch saubere Arbeit geleistet wurde.
Die Auswahl der Texte mag etwas wilkürlich erscheinen, doch
die "Zehn Klassiker" wollen ja vor allem Appetit auf
mehr machen, und keine zusammenhängende Darstellung liefern.
Die zehn Klassiker sind Spaziergänge durch die Welt des Schönen:
unterhaltsam, spannend, lehrreich. (fw)
Zehn Klassiker der Kunstgeschichte, DuMont Verlag Köln,
98,- DM
Wilhelm von Sternburgs Biographie über Carl von Ossietzky
Am 1. Juli 1932 ist der Verhandlungssaal des Charlottenburger
Schöffengerichts zum Bersten voll. Freunde und Kollegen Ossietzkys
drängen sich auf den Holzbänken, während Ossietzkys
Verteidiger unzählige Zitate aus der Weltliteratur aufführt,
die inhaltlich mit der These übereinstimmen, wegen der sich
Ossietzky verantworten muß: "Soldaten sind Mörder"
hieß es in einem von ihm herausgegebenen Artikel seines
Kollegen Kurt Tucholskys. Im Schlußplädoyer ergreift
Ossietzky selbst das Wort. Er stellt sich vorbehaltlos hinter
den Artikel seines Kollegen und erklärt: "Jeder Frontsoldat
würde einen solchen Vorwurf einstecken, höchstens Offiziere
könnten sich beleidigt fühlen, die in den Krieg einen
Ehrbegriff hineingebracht haben, der nicht in ihn hineingehört."
Der Prozeß endet mit einem Triumph für Ossietzky: Er
wird freigesprochen.
Doch Carl von Ossietzky bleibt Skeptiker: "...so gewiß
der Freispruch juristisch berechtigt ist, so selbstverständlich
finde ich ihn nicht. Unsere politische Justiz trägt nun einmal
einen Lotteriecharakter", schreibt er wenige Tage später
an Tucholsky. Dieser seltene Sieg kann sein Vertrauen in die deutsche
Justiz nicht wieder herstellen.
Die neue Biographie Carl von Ossietzkys, die jetzt im Aufbau-Verlag
erschienen ist, macht verständlich, wie schwer es Freidenker
im wilhelminischen Kaiserreich und in der Weimarer Republik hatten.
Dem Autor Wilhelm von Sternburg gelingt es, Ossietzky in seiner
Zeit zu zeigen. Durch diese doppelseitige Darstellungsweise leistet
sein Buch vielmehr als eine Biographie: Es vermittelt ein Bild
der Gesellschaft und der politischen und geistigen Strömungen,
gegen die Ossietzky sein Leben lang unermüdlich anschrieb.
In tausenden Artikeln rannte er gegen den Militarismus, Nationalismus
und Stumpfsinn der Deutschen an und ließ sich dabei von
keinem Rückschlag niederschmettern. Schon früh war er
dabei kompromißlos - auch mit sich selbst. Er war bereit,
für seine Überzeugungen den Kopf hinzuhalten. Schon
vor 1914 hatte er im Organ der Demokraten und Pazifisten, der
Zeitung "Das freie Volk", gegen die Kriegshetzerei Stellung
bezogen. Im April 1914 kommentierte er die Ausweisung zweier Däninnen
folgendermaßen: "Nur ein Volk, das in den Niederungen
des Nationalismus watet, kann von einer Clique von Junkern und
Großkapitalisten gegängelt werde."
Auch als er selbst zum Kriegsdienst eingezogen wird, läßt
er nicht von seinen Überzeugungen ab. Als der Ausbilder den
Rekruten beim Fahneneid zynisch entgegenbrüllt: "Freidenker,
Atheisten, Sektierer, Gottlose - vortreten!" tritt Ossietzky
ohne zu zögern aus der Reihe und genießt das verdutzte
Gesicht des kaiserlichen Offiziers.
Als gemäßigter Pazifist geht er in den Krieg - als
radikaler Pazifist kehrt er zurück, entsetzt über das
Grauen des Krieges, voller Haß auf jene, die ihn verursacht
haben. Er formte den Aktionsausschuß "Nie wieder Krieg",
eine Gruppe des "Bündnisses der Kriegsteilnehmer".
In der ereignisreichen Zeit der ersten Weimarer Jahre setzt er
seine ganzen Hoffnungen in die neue Republik. Denn der revolutionäre
Ursprung der Republik enthielt seiner Ansicht nach auch eine revolutionäre
Verpflichtung. Als Herausgeber der kritischen Wochenzeitung "Die
Weltbühne" verteidigt er daher die Weimarer Republik
bis zuletzt.
Wenn von Sternburg schreibt, Ossietzky sei "in seinem Herzen
ein Patriot" gewesen, so hat er wohl Recht. Als Herausgeber
der Weltbühne drückt er immer wieder seine Entäuschung
über die Deutschen aus, die einem Hitler in die Arme laufen.
"Wie groß muß die geistige Verstumpfung eines
Volkes sein, das in diesem albernen Poltron einen Führer
sieht...?"
Und obwohl er sich besonders gegen Ende "Sozialist"
nannte, blieb er doch immer ein klassischer Parteiloser, der ohne
Rücksicht nehmen zu müssen seinen klaren, analytischen
Blick in alle Richtungen wenden konnte. Die Rechten waren seine
erklärten Feinde. Doch auch die Kommunisten waren nicht vor
seiner Kritik sicher, ja selbst der Berliner Schickeria der goldenen
Zwanziger hielt er gnadenlos den Spiegel vor.
D iese konsequente Unverbiegsamkeit behielt er unermüdlich
bei, obwohl ihm klar war, wie hoch der Preis sein konnte. Am 20.
Februar hielt er die berühmte Rede vor der Mitgliederversammlung
des Schutzverbandes Deutscher Journalisten: "Wir wissen nicht,
was im einzelnen geschieht. Aber das eine wollen wir uns gegenseitig
in die Hände geloben, daß wir, ganz gleich wohin wir
auch in den nächsten Tagen und Wochen verschlagen werden,
in Gefängnisse, Zuchthäuser, Konzentrationslager oder
in die Emigration, uns selber treu bleiben werden. Wir werden
keine Konzessionen machen und werden überall dort, wo ein
Geßlerhut aufgesteckt wird, in schweigender Verachtung vorübergehen."
Eine Woche später waren alle Anwesenden von den Nazis verhaftet
und verschleppt.
Ungebrochen durchleidet Ossietzky die Haft im Konzentrationslager.
Während ihn die SA-Leute mißhandeln, liegt er stumm
am Boden,"ohne Protest, ohne seinen Schmerz zu äußern",
wie Zeitzeugen berichten. Im Mai 1936 wird er schließlich
wegen einer akuten Lungentuberkulose in ein Polizeikrankenhaus
verlegt. Im November wird ihm in Abwesenheit rückwirkend
der Friedensnobelpreis des Jahres 1935 verliehen, eine Entscheidung,
die weite Teile der deutschen Exilgemeinde mit Begeisterung aufnehmen.
Hermann Göring versucht persönlich, Ossietzky dazu zu
überreden, den Preis öffentlich abzulehnen. Er verspricht
ihm die Entlassung binnen drei Tagen, eine Rente auf Lebenszeit,
lockt ihn, brüllt. Doch Ossietzky bleibt hart. Auf einer
improvisierten Pressekonfenrenz im Krankenhaus erklärt er
den ausländischen Journalisten in Anwesenheit von Gestapo-Beamten,
er sei Pazifist geblieben. Doch sein Gesundheitszustand verschlechtert
sich zusehends.
Als er 1938 stirbt, wird eine öffentliche Beerdigung verboten.
Bei der Beisetzung der Urne sind nur seine Frau, sein Arzt und
dessen Frau, seine Mutter und drei Gestapo-Beamte anwesend.
Von Sternburgs Buch liest sich flüssig, spannend - und verliert
doch nicht an Anspruch. Ein ausführlicher wissenschaftlicher
Apparat macht die Darstellung nachvollziehbar. Auf der Grundlage
der Oldenburger Werksausgabe Ossietzkys und unzähligen anderen
Quellen zeichnet von Sternburg in seinem Buch nicht nur ein klares
Bild eines deutschen Aufklärers. Es gelingt ihm vor allem,
eine Gesellschaft zu zeigen, die uns in ihrem autoritären,
nationalen und militaristischen Denken weit entfernt scheint,
deren Spuren jedoch bis in die Gegenwart reichen. (fw)
Wilhelm von Sternburg: 'Es ist eine unheimliche Stimmung in
Deutschland'. Carl von Ossietzky und seine Zeit, Aufbau-Verlag
Berlin, 39,90DM
Reportage
Bier, Bomben, Besinnung: Belfast ist anders
Man hatte sich das alles ein bißchen anders vorgestellt.
Mehr Bomben zum Beispiel, mehr Drohungen, mehr IRA-Bekenner, irgendwie
mehr action - und vor allem: mehr Politik.
Weit gefehlt. Belfast mausert sich, baut, bildet, lebt und säuft.
Es ist das schöne, reiche Belfast, dort wo das Zentrum und
die Universitäten sind. Hier ist alles grün. Überall
elegante Parks, in denen Gärtner im Herbst mit nicht enden
wollender Geduld die Blätter vom englischen Rasen entfernen.
Die Backsteinhäuser im viktorianischen Stil, mit Erkern und
Giebeln, sind sauber, hübsch, gepflegt. Die protestantischen
Kirchen gleichen eher Palästen denn Kirchen; riesige Anlagen,
die keinen Zweifel darüber lassen, daß die Bauten nicht
nur für den Gottesdienst da sind, sondern auch um protestantische
Präsenz, protestantischen Wohlstand und Überlegenheit
zu demonstrieren.
Einziger Zeuge der bis heute brisanten politischen Lage ist das
britische Militär. In schwergepanzerten Jeeps richten von
der Dachluke Soldaten mit todernsten Gesichtern ihre Gewehre auf
die Passanten. Doch sie werden ignoriert. Keiner dreht sich um,
keiner verliert ein Wort darüber. Es ist wie mit den Bomben.
Neulich ging nachts eine im Zentrum hoch. Niemand kam zu Schaden.
Warum darüber reden?
Wenn die Nordiren auf Politik angesprochen werden, seufzen sie
und meinen: "Ach ja, wenn es doch Frieden wäre."
Das ist das politische Credo von Protestanten und Katholiken geworden.
Mehr können oder wollen sie zur Politik meist nicht sagen.
Ein nordirischer Jugendlicher - gefragt, ob er Nordirland gerne
mit der Republik Irland vereint sehen würde - lacht und erklärt:
"Ich will eine Bier-Republik!" Demonstrativ nimmt er
seinen protestantischen Freund in den Arm. Wirklich wichtig ist
der Alkohol. Er ist das A und das O. Auch und besonders an der
Universität. Wer Erstsemester ist, muß mit seinen 18
Jahren erst mal ausführlich die neugewonnenen Freiheiten
genießen, rauchen, kiffen, trinken; die Spange, die noch
im Mund steckt, um das Gebiß zu regulieren, stört dabei
ja nicht. Nichts ist den Studierenden ferner als Politik.
Als die Studierendenvertretung eine Podiumsdiskussion mit einem
Mitglied Sinn Feins, dem sogenannten politischen Flügel der
IRA, und einem Politiker der protestantischen und pro-britischen
Unionisten veranstaltet hatte, war der Anklang gering. Die Fragen
aus dem Publikum waren gemäßigt, niemand erhitzte sich.
Alles verlief eintönig ruhig, und jeder der Politiker wurde
am Schluß artig mit Beifall bedacht.
Doch es gibt noch ein anderes Belfast. Die tristen Viertel an
der "peace-line". Die "peace-line", ein Stacheldraht
und eine Mauer, trennt Katholiken von Protestanten und kann, wenn
es hart auf hart kommt, Schlimmstes verhüten: daß kein
Protestant ein Blutbad bei den Katholiken anrichtet und umgekehrt.
Es gibt kaum Grün, die Kinder sind frech und verdreckt. An
den Häuserwänden, vor denen sie spielen und die Leute
nach einer Zigarette anpöbeln, prangen die haßerfüllten
Graffitis: Schwarzvermummte Männer knieen mit ihren Waffen
vor der Flagge - dem Zeichen der "Ulster Volunteers"
oder einem IRA-Emblem; je nachdem ob protestantisch oder katholisch,
Fäuste ballen sich. Hier sieht man verstärkt das britische
Militär. Wieder mit todernsten Gesichtern patrouillieren
die Soldaten, die Gewehre im Anschlag. An Fahnenstangen flattert
die irische Flagge, die "Union Jack", die Flagge der
protestantischen Orangemen...
Viele der kleinen, bescheidenen Reihenhäuser sind zugemauert
und verlassen. Zu viel gelebte Politik für die Bewohner,
zu viel Gewalt. An der Ecke steht in Lebensgröße eine
marmorne Kreuzigungsgruppe. Jesus, leidend den Kopf gesenkt. Maria
kniet davor und weint. Ja, so hatte man sich das eigentlich vorgestellt.
Mit beklommenem Gefühl verläßt man dieses andere
Belfast. In fünf Minuten ist man im Zentrum mit mondänen
Geschäften. In fünfzehn Minuten an dem großen
Hafen, der einst der größte der Welt war und in dem
die Titanic gebaut wurde. Angesichts des florierenden Handels
wird einem klar, wieso selbst einige Katholiken in Nordirland
die enge Verbindung zu England gutheißen. In den Pubs wird
getrunken, am Tag und nachts bis Punkt zwölf. Das ist die
Politik im anderen Belfast.
(hee)
Kino im Feld
05.12. Don Camillo und Peppone
12.12. Green Card
19.12. Überraschungsfilm
09.01. Erbarmungslos
16.01. Rashomon
23.01. Rosemaries Baby
30.01. Muriels Hochzeit
Demos
07.12. Demo in Stuttgart
Es werden Busse organisiert!
14.12. Und noch 'ne Demo
Um 13.00 Uhr am Hauptbahn- hof gegen die Schließung des
Autonomen Zentrums.
Trommler gesucht
Wo sind die Samba-Trommler, die der versammelten Studentenschaft
auf der Demonstration am Mittwoch so einzuheizen verstanden? Sie
werden dringend gebeten, sich unter der Telefonnummer
542458 zu melden, damit sie auch auf der Demonstration
in Stuttgart am 7.Dezember für die Große Gute Gerechte
Sache trommeln können!
Hoppla!
Berichtigung
Leider ist uns ein schwerwiegender Fehler im Artikel "Endlich
da: die Grausamkeiten" in Ausgabe Nr.44 unterlaufen. Die
EDV-Kurse, die das Universitätsrechenzentrum anbietet, sind
auch in Zukunft kostenlos.
Red.
zu "Nicht jeder kann wegschauen"
auf S. 1 & S. 2
in ruprecht Nr. 44
Zu dem Artikel "Nicht jeder kann wegschauen" erhielten
wir einige Rückmeldungen. Mehrfach hieß es, daß
Behinderte für sich selber sprechen wollen: ein Behindertenbeauftragter
ist eine Anlaufstelle bei Fragen der Studiengestaltung, bei baulichen
Veränderungen und anderen Verwaltungsmaßnahmen. Für
persönliche Probleme ist er nicht zuständig, und um
ihre Interessen zu vertreten, schließen sich die Betroffenen
selber zusammen.
Zu Behrens´ Aussage, daß in erster Linie die Behinderten
auf die Nichtbehinderten zugehen müssen, äußerten
Betroffene, daß gerade die Nichtbehinderten verstärkt
auf die Behinderten zugehen sollten - gerade weil sie vielleicht
genausoviele Hemmungen haben wie ihre behinderten Mitstudierenden,
denn: Warum müssen Behinderte selbstbewußter sein als
Nichtbehinderte?
Uns wurde erzählt, daß es offenbar Seminarräume
im Triplex-Komplex in der Altstadt gibt, in denen chronisch Kranke
mit schweren Allergien nicht arbeiten können - im Extremfall
können Vergiftungserscheinungen bei ihnen auftreten.
Die Rollstuhlfahrerin Margarita, über die wir u. a. berichteten,
fühlte sich - wegen mangelnder Rücksprache mit uns -
durch einige Textpassagen verletzt. Wir möchten uns hierfür
bei ihr entschuldigen. Sie hat zu dem Artikel folgenden Kommentar
abgegeben:
Leider wurde der Text nicht mit mir abgesprochen, so daß
sich eine Dramatik ergibt, die so nicht richtig ist und ich mich
sehr verletzt fühle, weil ich als "Fall" dargestellt
wurde und nicht als eine Person. Z.B. wird der getrennte Rollstuhl-Eingang
zu meiner WG erwähnt, aber nicht, daß ich ansonsten
sehr zufrieden mit meiner Wohnung bin. Überhaupt nicht gesagt
habe ich, daß ich nicht ganz auf Fotos abgebildet werden
will - im Gegenteil: Ich habe immer, wenn meine Prothesen für
medizinische Zwecke fotografiert wurden, darauf Wert gelegt, ganz
abgebildet zu werden. Ich möchte so auf Fotos abgebildet
werden, wie ich bin, sonst müßte ich mich verleugnen.
Auch dieses falsche Detail macht den Bericht sehr dramatisch.
Ich möchte auch nicht wie ein Beispiel für Herrn Behrens'
Auffassung, daß Behinderte prima klar kommen, dargestellt
werden: Herr Behrens kann nicht sagen, wie Behinderte leben sollen.
Er soll bauliche Maßnahmen organisieren. Was Behinderte
wollen und wie sie sich fühlen, müssen die Behinderten
selber sagen - das kann er nicht übernehmen. Ich denke vor
allem, daß nicht nur die Behinderten auf die Nichtbehinderten
zugehen müssen: auch die Nichtbehinderten müssen aktiv
werden - z.B. wenn sie sehen, daß ein Blinder Hilfe braucht
- da muß nicht erst der Blinde in der Cafeteria sagen, daß
er Hilfe braucht. Es ist auch nicht so einfach, wie Herr Behrens
sagt, daß alles prima klappt - es gibt oft noch Probleme,
die noch nicht gelöst sind und die sich auch nicht so einfach
lösen lassen, auch wenn man sie erkannt hat.
Margarita
von uns an uns oder Euch
Gundula! Du Pups!! - bw
Patrick! Gehen wir in die Küche oder in Dein Studio?
- gz
Römer! Facciamo una serata italiana speciale? Non
dimenticare le due gattine! - Die Heidelbergerin
Red.! Die Sitten! - hn
papa! Das hat er um 26.30 Uhr abgeschickt. - hn
bpe! Wow! Diese Jahr kommt wirklich der Weihnachtsmann!
-gz
Diebe! Mein Rad gehört mir! -gan
Julius! Ich habe auch ein Telefon, wirklich. - Die Schwester
der Mutter
Cranberries! Wir danken für die freundliche Unterstützung.
- red.
ruprechtler! Gute Leute werden immer gebraucht. - Joachim
Fest
Eva! Denk dran, sie ist nur blondiert. - Gabriel
gz! Habe ich etwa einen Teppich im Mund? - hpc
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drei Mal im Semester, jeweils Anfang Mai, Juni, und Juli, bzw.
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Red.-Schluß für Nr. 46: 29.1.1997
ISSN: 0947-9570
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