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Titel


Mit zweierlei Maß?

Private Homepages geraten immer stärker unter Druck

Es ist schon faszinierend, was für Möglichkeiten das Internet für diejenigen bietet, die sich aktiv mit ihm auseinandersetzen. Kaum eine Woche, in der nicht eine neue Homepage eines Mitglieds der Universität in das World Wide Web gestellt wird. Daß diese Seiten sich dabei nicht immer auf rein studienbezogene Inhalte beschränken, ist in den meisten Fällen eher Bereicherung als Mißbrauch. Schließlich erwirbt jeder, der sich auf diese Weise mit den Möglichkeiten moderner Kommunikation vertraut macht, Schlüsselqualifikationen, die sich im Berufsleben oft als unentbehrlich erweisen.

URZ-Benutzer sollten es spätestens seit dem "Rundschreiben Nr.2" des Uni-Kanzlers vom 9. Januar dieses Jahres wissen: Die Einrichtungen des Rechenzentrums stehen "Studenten nur für studienbezogene Arbeiten, anderen Nutzern nur im Rahmen ihrer Dienstaufgaben zur Verfügung" Private Nutzung soll sich auf "e-Mail in dringenden Fällen" beschränken. Grundlage für dieses Rundschreiben, so der Uni-Verwaltungschef, sei die Verwaltungs- und Benutzungsordnung des Rechenzentrums .

Die Realität sieht (gottseidank) anders aus: Noch sind die Homepages in Heidelberg ein buntes Sammelsurium von Wissenschaft, Hobby und Selbstdarstellung, noch gibt es gleichermaßen Wichtiges, Interessantes und Überflüssiges. Im Rechenzentrum spielt niemand "Netzpolizei" und beschäftigt sich mit der Überwachung der WWW-Seiten. Nur bei Beschwerden greifen die Netzbetreiber ein, je nach Lage mit gutem Zureden, Entfernen der Seiten oder Einschaltung des Rechtsdezernates.

Doch beim Durchblättern der WWW-Seiten stieß ruprecht auf eine merkwürdige Homepage: Auf Anordnung des Rektorates mußte er sein Angebot entfernen, da der Inhalt nicht studienbezogen sei. Als Mitglied der "Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage" (Mormonen), so Wolfart zum ruprecht, hatte er zahlreiche (unkommentierte) Links und Übersetzungen zu diesem Thema bereitgestellt. Einer Beschwerde aus dem Rektorat folgend, forderte die Leitung des URZ den Wissenschaftlichen Angestellten auf , diese Homepage zu entfernen, was Wolfart dann auch tat.

Zwei Mausklicks weiter aber stößt man dann auf die Homepage eines weiteren Mitglieds der Universität, die genauso wenig mit der Universität oder fachbezogener Arbeit zu tun hat. Dort hat der Landtagsabgeordnete Werner Pfisterer (CDU) sein virtuelles Zuhause errichtet. Auf zahlreichen Seiten informiert MdL Pfisterer hier über seine Parteiarbeit, seine politischen Ansichten und bietet Besuchern die Möglichkeit, über e-Mail Kontakt mit ihm aufzunehmen.

Stellt man diese beiden Fälle nebeneinander, so fragt man sich natürlich: wer entscheidet letztlich nach welche Kriterien, welche Seite bleiben darf und welche nicht? Während die "Mormonen-Page" ziemlich schnell abgesetzt wurde, geriet die Sache bei Werner Pfisterer erst in Bewegung, nachdem Vertreter anderer Parteien sich in einem Brief an das Rektorat darüber beschwert haben, daß Pfisterer die Ressourcen des Rechenzentrums für die eigene Öffentlichkeitsarbeit kostenlos in Anspruch nimmt, während Studenten vor Mißbrauch gewarnt werden.

Trotzdem könnte Pfisterer im Recht sein: Landtagsabgeordnete haben nämlich das Recht, eine Homepage im "BelWü-Netz", dem auch die Universität Heidelberg angegliedert ist, zu veröffentlichen. Bisher sind diese allerdings sämtlich auf dem Server der Universität Stuttgart beheimatet. Für Pfisterer als Angestellten der Universität Heidelberg (er ist Feinmechanikermeister in der Physik) liegt es nahe, seine Dateien hier und nicht in Stuttgart abzulegen. Als er damals den entsprechenden Antrag stellte, schien das auch keine Probleme zu bereiten. Jetzt ist die Zukunft seiner Homepage ungewiß; auch im Rektorat ist man unglücklich über die Polit-Präsenz im Uni-WWW. Um die Sache ein für alle Mal zu klären, hat Pfisterer das Stuttgarter Ministerium um Rechtsauskunft gebeten. Eine Antwort steht noch aus.

Die Vorgänge zeigen: die Universität ist weit von einer konsistenten Vorgehensweise in Sachen WWW entfernt. Es wird offensichtlich auch schon mal mit zweierlei Maß gemessen. Eigentlich sollte man sich freuen, daß die alles verbietenden Richtlinien, die der Kanzler im zitierten Rundschreiben aufstellt, von den wenigsten Benutzern eingehalten werden, daß dies den Verantwortlichen bekannt ist und daß sich trotzdem (noch) niemand berufen fühlt, die Buchstaben der Verordnung durchzusetzen. Auf der anderen Seite sind universitäre Homepage-Besitzer, weil formell rechtlos, immer auf das augenzwinkernde Wohlwollen der Verantwortlichen angewiesen. Kein angenehmer Zustand.

Natürlich gibt es Sachen, die im universitären Netz nichts zu suchen haben. Doch wer die Grenzen so eng steckt wie der Kanzler, verkennt, daß das bunte Sammelsurium im Netz nicht nur eine Werbung für die Vielfalt der Uni ist, sondern eine praktische Übung, mit neuen Medien umzugehen - und sei es am Beispiel der Darstellung des heimatlichen Wandervereins. Oder einer Kirche. Oder einer Partei.

Warum also nicht Werner Pfisterer seine CDU und Volker Wolfart seine Mormonen darstellen lassen? Das wäre konsequent und würde andere Homepage-Besitzer nicht in ein rechtliches Zwielicht stellen, wie es zur Zeit der Fall ist. Die Alternative wäre eine drastische Aussiebung der Homepages, die nur noch Lebensläufe und Bibliographien im Uni-Web übrig lassen würde. Und das kann niemand wollen. (hpc)

Kanzler-Rundschreiben: http://web.urz.uni-heidelberg.de/AllgemeinInfo/Sonstiges/Missbrauch.html
Verwaltungs- und Benutzungsordnung: http://web.urz.uni-heidelberg.de/AllgemeinInfo/Ordnungen/vbo.html
Mormonen:Kopie auf dem ruprecht-Server unter http://ruprecht.fsk.uni-heidelberg.de/mormonen
Werner Pfisterer (CDU): http://www.rzuser.uni-heidelberg.de/~cn8


Einigung über Neigung

Auswahlverfahren für die Vergabe von Studienplätzen

Jetzt ist es soweit: Das sogenannte Eignungsfeststellungsverfahren soll erstmals für das Wintersemester 97/98 durchgeführt werden. Betroffen sind der Lehramtsstudiengang Biologie, Sport (Lehramt und Magister) und Psychologie (Magister - Nebenfach).

Mit dem Senatsbeschluß vom 27. Mai nimmt Heidelberg in Sachen Änderung der Hochschulzulassung eine Vorreiterrolle ein: Obwohl die Verordnung vom Wissenschaftsministerium noch aussteht, wollte man hier so schnell wie möglich die Chance nutzen, Studis endlich nach eigenen Kriterien auswählen zu dürfen. 50 % der Studienplätze in den lokalen NC-Fächern werden weiterhin nach Abiturnote und 10 % nach Wartezeit vergeben. Die restlichen 40 % sollen über ein Eignungsfeststellungsverfahren zugeteilt werden. Die Teilnahme daran ist freiwillig, die zusätzlichen Bewerbungsbögen werden mit den gewöhnlichen Bewerbungsunterlagen ausgegeben.

Für den Lehramtsstudiengang Biologie ist ein zweistufiges Verfahren vorgesehen. Ein Drittel der Plätze (der 40 %) soll aufgrund der Durchschnittsnote der Fächer Deutsch, Englisch, Mathematik und Biologie oder "hilfsweise" der am besten benoteten Naturwissenschaft vergeben werden, die restlichen zwei Drittel nach zwei Auswahlgesprächen von je 15 Minuten pro Teilnehmer mit je einem Professor.

Jeder Bewerber für das Studienfach Sport muß sich ohnehin einem "notorischen Fitneßtest" unterziehen, nur wer besteht, darf an weiteren Auswahlverfahren teilnehmen. Für den Lehramts- und den Magisterstudiengang soll nun vor allem das sportliche Engagement bewertet werden. Eine Trainer- oder Jugendleiterlizenz, die Teilnahme am Sportleistungskurs oder die Zugehörigkeit zu Sportverbänden verhelfen künftig zum Studienplatz.

Das komplizierteste Verfahren haben sich die Psychologen ausgedacht, es ist dreistufig: Eine erste Vorauswahl berücksichtigt Noten in Kernfächern, der Psychologie nahestehende Ausbildungen und sonstiges Engagement. Die Hälfte der Plätze wird dann nach einer einstündigen Klausur an die besten Bewerber vergeben. Die dritte Stufe bilden Auswahlgespräche, denen zufolge die andere Hälfte der Plätze vergeben wird.

Die Befürworter der Auswahlverfahren erhoffen sich eine höhere Motivation bei Studierenden und Professoren. Dieses Ziel könnte erreicht werden - vorausgesetzt, es bestünde ein gut organisiertes Auswahlverfahren. Nach diesem Verfahren müßten nicht nur 40, sondern 80 Prozent der Studienplätze vergeben werden (die Zulassung nach Wartezeit muß erhalten bleiben!). Nach dem momentanen Gesetz zerfällt die Studierendenschaft (Und du? NC? Wartezeit? Eignungsfeststellungsverfahren?). Wer soll dann die "Elite" sein? Über das Auswahlverfahren wird nur zugelassen, wer nicht auf andere Weise einen Platz erhalten hat. Eine Konzentrierung auf bestimmte Kernfächer ist auch nur ein anders gewichteter NC. Auch Auswahlgespräche bergen Probleme: Sie begünstigen jene, die überzeugend auftreten und sich gut verkaufen. Ist es das, was ein künftiger Wissenschaftler mitbringen muß? Die Auswahlkriterien für das Fach Sport leuchten ein. Eine Trainerlizenz zeigt Interesse am Fach und läßt Engagement erhoffen, das über die reine Unterrichtstätigkeit hinausgeht. Fraglicher wird die Auswahl in den Geisteswissenschaften. Mitarbeit in der SMV zeugt von Engagement, aber zeugt es auch von psychologischen Fähigkeiten? Wie würde man Motivation und Eignung zu jenen Magisterfächern testen, bei denen zu Studienbeginn noch wenig ersichtlich ist, zu welchem Beruf sie führen werden? Glücklicherweise besteht bis 1999 noch die Möglichkeit, die Verfahren zu verbessern. (cw)


Ey!

Glosse

Spiel mit mir. Die Welt ist ein Sandkasten. Ganz am Rand hat ein Kind einen Sandwall um sich herum gebaut. Ist aber schon lange her. Seit neuestem will es durch Förmchen mit Hammer und Sichel obendrauf alles mit Kuchen zuzubacken. Immer mal zwischendrin verschränkt der Chinese die Arme und schmollt ein bißchen, auf wen er gerade Lust hat. Oft auf den Zwerg mit der schwarzrotgoldenen Zipfelmütze. Der hat einen großen Lolli, auf den er mächtig stolz ist, den hat er sich in fünfzig Jahren großgelutscht. Aber deshalb schmollt der Chinese nicht. Auch nicht, weil der andere vor einiger Zeit ein Stückchen Spielplatz dazubekommen hat, weil eins von den Kindern heimgehen mußte. Er schmollt, weil der Zipfelmützenzwerg mit einem kleinen Stöckchen dauernd Löcher in seine Mauer bohrt. Das findet der Chinese gar nicht witzig. Irgendwann lutscht der Zwerg aber lieber wieder an seinem Lolli, dann hört er auch auf zu bohren. Viele backen auch Kuchen und stecken eine weiße Fahne rein. "Menschenrechte" steht drauf, sie fliegt aber immer wieder um. Gerade war es ungefähr das zehntemal, weil ein bißchen südlich ein Kind nur mit schwarzen Einheitsförmchen backt. Auf ihnen steht "Srpska". Hat wohl jemand ein paar Buchstaben vergessen. Auf jeden Fall haben die anderen Kinder ihm deswegen auf die Finger geklopft und "Laß das!" gebrüllt. Das Kind läßt es jetzt, jedenfalls solange ihm die Finger wehtun. Auf eine Stelle des Sandkastens hat jemand lauter verstümmelte Playmobilmännchen geschmissen und "PKK" geschrieben. Playmobilmännchen Kriegen Karnichts. Woanders haben da ein bißchen die weißen Fahnen gezittert. Aber irgendwann war die Sache allen langweilig. Lieber die Sandschlacht angucken. Nur weil der mit dem langen Bart dem Zipfelmützenzwerg einen Böller in seinen Mykonos-Spielplatz warf. Dann wollte der Zwerg statt Sand zu werfen lieber wieder an seinem Lolli lutschen. Hoppla. Gerade war 1. Juli. Aus Versehen hat der Chinese einen kleinen Turm mit dem Ellbogen umgestoßen. War wohl nicht so wichtig. So sehr stark haben die Fahnen auch nicht gewedelt. (rot)


Zahlen des Monats

Wer muß zahlen'?

Wegen einer kleinen Panne in Ausgabe Nr. 48 hier noch einmal:

Fachstudiendauer einiger Studiengänge in Heidelberg (Semester) - Medianwert*

10,9 Pharmazie (Staatspr.)

11,0 Volkswirtschaftslehre (Dipl.)

12,0 Physik (Dipl.)

13,0 Biologie (Dipl.)

13,8 Romanistik (Mag.)

14,5 Germanistik (Staatsex.)

14,9 Kunstgeschichte (Mag.)

*Beim M.werden die Fälle in zwei gleich große Hälften unterteilt, d.h. je 50% liegen unter bzw. über dem Wert. Der Median der Studiendauer markiert somit die Zeit, bis zu der die schnelleren 50% der Studierenden ihr Studium absolvieren; 50% brauchen länger. (Quelle: Wissenschaftsrat)


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