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Heidelberger Theatertage voller Erfolg
Dem Teufel begegnet man nicht jeden Tag. Aber manchmal läßt sich der Ministerpräsident auch in Heidelberg blicken. So geschehen bei der Eröffnungsveranstaltung zu den 13. Baden Württembergischen Theatertagen. Dort konnte man ihn im Kreise seiner Herrenriege erleben, wie man es von einem ,rechta Schwob'" erwartet. Nämlich witzeerzählend und sprüchemachend. Über das Niveau schweige man sich besser aus.
Leider nur zum Rahmenprogramm zählte die original oberschwäbische Heidelbergerin Rosemie Warth, die trollige Frau für wirklich alle Fälle. Sie stand dem Zuschauer bei, geizte nicht mit klugen Ratschlägen und versorgte Heidelberg mit den gelben Wäscheklammern.
Ein besonderes Schmankerl für alle Fans der Kleinkunst, Chansons und Revues im Stile der zwanziger Jahre war das Theaterschiff. Man muß einfach dortgewesen sein, um das spezielle Flair einer solchen Veranstaltung miterlebt zu haben. So bot das Heilbronner Theater einen frech- frivolen Chansonabend unter dem Motto ,Erotic pur" mit Liedern und Texten von Hollaender bis Wedekind. In Szene gesetzt wurden die Darbietungen von dem Quartett, das mit Frack und Zylinder bekleidet war, auch auf der Bühne, die lediglich aus einem riesigen roten Sofa aus Samt bestand.
Theater im Tanzzelt? Der nostalgische Tingelschuppen auf dem Uniplatz beherbergte die Inszenierungen mittleren Formats - was sich aber nur auf die Größe der Ensembles bezieht. Denn was man dort sah, war meist allererste Sahne auf dem Buffet der szenischen Leckereien der Theatertage. So ,Das Kunstseidene Mädchen", dessen Hauptdarstellerin das Publikum über eineinhalb Stunden lang im Bann hielt. Was für ein Genuß für den Zuschauer, so nahe am Stück ,dran" zu sein, denn das Rund der Manege erlaubt dem Publikum eine geringere Distanz und interessantere Blickwinkel als der gewöhnliche Guckkastenblick unserer Theaterbauten. Da vergaß man gerne die knochenharten Klappstühlchen und überhörte die Glocken der Jesuitenkirche, die jede Stunde begeistert ihrem Berufe nachkamen.
Natürlich: Zehn Tage Theatermarathon kann nicht nur aus Höhepunkten bestehen - aber wenn, wie bei den ,Ketten" der Städtischen Bühne Pforzheim das Publikum gerade bei ernstgemeinten Szenen nur mühsam den Lachreiz unterdrücken konnte, dann handelte es sich um Ausnahmefälle, die das hohe Niveau bestätigten. Ein Niveau übrigens, das mindestens zweimal noch überflügelt wurde: bei Brad Frasers ,Unidentifizierte Leichenteile und das wahre Wesen der Liebe" und ,Angels in America" von Tony Kushner. Aber das fast kinoartige Tempo, die Filmtechniken wie ineinander versetzte Szenenübergänge, die beiden Inszenierungen gemeinsam waren: Kommt all das dem Kino nicht nahe? Ist das noch Theater? Es ist - und zudem ist es wichtig, daß diese zwei Stücke zu sehen waren, denn sonst wäre von den Klagen der Intendanten über zu wenig Geld ein schaler Nachgeschmack geblieben. Die begeisterte Reaktion des Publikums ist das beste Zeichen für die Notwendigkeit von Stücken, die weder intellektuelle Herausforderungen für ideologisch gebundene Kunstdogmatiker sind, noch nur unterhalten wollen.
Da fällt es auf, daß beide Stücke aus dem Englischen übersetzt sind. Natürlich gab es auf dem Festival auch deutschsprachige Stücke beißender Aktualität: ,Indien" von Hader/Dorfer und Michael Seyfrieds ,Private Life Show". Doch unvermittelt drängt sich der Verdacht auf, daß diese Stücke schon längst von den Spielplänen verschwunden wären, wären sie nicht verfilmt erfolgreich gewesen - nicht, weil sie schlecht wären, sondern weil sie sich sonst nicht gut ,verkaufen" ließen. Dabei gibt es Stücke, die, in Deutsch geschrieben, die Gedanken von heute aufnehmen - und die man dann als Kinofilm bewundern darf. Warum gibt es kein deutsches Theaterstück, das sich in Relevanz mit ,Das Leben ist eine Baustelle" messen kann?
Schade, daß die Theatertage vorbei sind. Hoffentlich dauert es nicht noch einmal 26 Jahre, bis sie wieder nach Heidelberg kommen. (jh, gan)
ruprechts Notenskala:
kein ruprecht - nicht
empfehlenswert
ein ruprecht - mäßig
zwei ruprechts -
ordentlich
drei ruprechts - empfehlenswert
vier ruprechts - begeisternd
The Saint (1)
Das amerikanische Kino scheint noch immer von dem weit entfernten Rußland
fasziniert zu sein, kommt aber über die Inszenierung von
Pseudo-Wirklichkeiten nicht hinaus. Das gilt auch für The Saint:
Der russische Großindustrielle Tretiak, Chef der russischen Mafia, will
in einer Kältekrise den russischen Präsidenten mit
nationalistisch-konservativen Parolen stürzen - pseudoaktuell. Der Mann
ohne Namen (Val Kilmer), der sich am liebsten Simon Templar nennt, sonst aber
als High-Tech-Dieb die Namen katholischer Heiliger annimmt, kommt Tretiak dabei
in die Quere. Tretiak will zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Er engagiert
den ,Heiligen", die Formel für die Kalte Fusion der Wissenschaftlerin Emma
Russel (Elisabeth Shue) zu stehlen -pseudowissenschaftlich. Dabei will er auch
gleich den Heiligen ausschalten. Doch der verliebt sich in Emma -
pseudoromantisch -, muß aber deren Lebenswerk trotzdem verraten, um sie
vor Tretiak zu schützen. So jagen dann Tretiaks Mafia-Killer die beiden
durch Moskau, während er selbst zusammen mit den Militärs einen
Putsch organisiert. Der Showdown auf dem Roten Platz mischt dann Ceausescus
Revolutionstribunal, Jelzins Machtübernahme und Edisons Erfindung der
Glühbirne.
Im einzelnen hat The Saint zwar gute Ideen
aufzuweisen, führt sie aber nicht konsequent genug zu Ende. Dabei wird
unruhig zwischen Politthriller, Actionfilm, Romanze und Komödie
gesprungen. Dazu serviert Regisseur Phillip Noyce noch ein wahrlich grausiges
Historiengemisch der letzten zehn Jahre Osteuropapolitik. So scheint der
Streifen alle Film-Genres in einem Flickwerk bereits dagewesenen vereinen zu
wollen. Alles nur geklaut. Und das mäßig. (jm)
Kama Sutra (-)
Wenn ein Film in Indien verboten wird, dann wird das deutsche Feuilleton
hellhörig. Es gehört dann schon fast zum guten Ton, den Film zu loben
und sein Unverständnis über die indische Zensur zu äußern.
In der Tat gibt es in Kama Sutra nach westlichen Kriterien nichts zu
zensieren. Doch dieser Ruf wird dem Film gut tun, denn gerade sehenswert ist er
leider nicht. Die Handlung ist ausgesprochen flach, die Dialoge einfallslos bis
peinlich.
Die Regisseurin hat kritisiert, das Kama Sutra sei zu einem
Handbuch für sexuelle Praktiken verkommen. Man könne es an jedem
Bahnhofskiosk erhalten. Ihr gehe es darum, zu zeigen, daß das Kama Sutra
tatsächlich ein Weg zur erfüllten Liebe sein könne. Das
mißlingt ihr gründlich, die durchschnittliche 50er
Jahre-Herz-Schmerz-Taschentuchgeschichte bringt auch nicht weniger Einsichten
über die Liebe als Kama Sutra.
Der Film ist genauso
klischeehaft und holzschnittartig wie das, was die Regisseurin kritisiert. Was
bleibt sind einige stimmungsvolle Bilder und eingehende Musik, die zum
großen Teil auf Augen und Ohren unserer Längengrade
zurechtgeschnitten sind. (papa)
Lost Highway (2)
Anfang: Es klingelt an der Gegensprechanlage: ,Dick Laurent ist tot." Das Schicksal jagt uns entgegen wie der gelbe Mittelstreifen eines Highways in der Dunkelheit. Kein rechts, kein links. Nur die Straße. Ohne Richtung und das einzige, was man hoffen kann, ist, wenigstens geradeaus zu fahren.
Langsam inszeniert David Lynch seine Szenen, langsam bewegen sich die
Schauspieler. Ein Tempo eigentlich, um alles zu begreifen. Eigentlich. Doch der
Zuschauer ist genauso ratlos wie die Hauptdarsteller Bill Pullman und Patricia
Arquette. Und das Schicksal löst keine Rätsel. Ist ein schweigsamer
Gott. Rast wie der Mittelstreifen eines Highways jedem entgegen: den
Schauspielern, dem Zuschauer. Nur mit dem Unterschied, daß letzterer zu
Beginn meint, alles zu wissen. Doch das Schicksal hat noch jeden
getäuscht. Man begegnet einem Mann, der überall ist, nur nirgendwo
wirklich. Außer in der Telefonleitung. Einer zerstückelten
schwarzhaarigen Frau, ihrem Mann, seiner Schuld und einer Todeszelle. Dann
plötzlich sitzt in dieser Zelle ein völlig anderer und eine blonde
Frau wartet in einem Cadillac. Man trifft sich wieder im Motel ,Lost Highway".
Alle treffen sich dort wieder. Weil es vielleicht doch alles die gleichen
Personen sind? Der Jazzmusiker, der seine schwarzhaarige Frau zerstückelt.
Der Automechaniker, den die Blonde verführt. Sitzen sie alle im gleichen
Auto? Rasen sie alle über den gleichen Highway? Der gelbe Mittelstreifen
jagt uns entgegen. Und das einzige, was wir zu hoffen wagen, ist, wenigstens
geradeaus zu fahren.
Ende: Es klingelt an der Gegensprechanlage:" Dick
Laurent ist tot." Das Schicksal spielt mit uns auf einem Rundkurs geteert mit
endloser Ratlosigkeit. (rot)
Los geht's nach einem Welcome Drink um 22.30 mit ,Reservoir Dogs". Nach kurzer Kaffeepause und Verabreichung diverser Geschmacklosigkeiten dann zur Monsterjagd in ,From Dusk till Dawn". Danach gibt es als Sahnehäuchben den Tarantino-Klassiker ,Pulp Fiction" oben drauf. Um eines der Kartenpaare zu gewinnen, beantwortet diese Frage:
Welcher Darsteller ist in zwei der drei Filme zu sehen:
a. John Travolta
b. Bruce Willis
c. Harvey Keitel
Und ab an: ruprecht, Lauerstr. 1, 69117 HD
oder per
email:
ruprecht@urz.uni-heidelberg.de