Den Mittelpunkt bildet die Dauerausstellung zum Schicksal der Sinti und Roma während der nationalsozialistischen Diktatur, die - auf 600 qm über drei Stockwerke verteilt - ein beeindruckendes und beklemmendes Bild dieser Zeit vermittelt. Nur kurze einführende Texte schaffen Zugang zu den abgebildeten Fotografien, Briefen, Formularen und Zitaten zur Machtergreifung, Entwicklung der NS-Diktatur, dem Holocaust und der Widerstandsbewegung. Der Besucher soll anhand dieser Originaldokumente ein nicht durch sekundäre Kommentare beeinflußtes Bild der Rassenideologie, der Erfassung und Ausgrenzung entwickeln. Herausgegriffene Einzelschicksale dokumentieren stellvertretend die Ermordung zehntausender Sinti und Roma. Kurze Originalfilme und Diaserien intensivieren die Auseinandersetzung. Den letzten Teil der Ausstellung bildet die zentrale Gedenkstelle für die Ermordeten, deren über dreißigtausend Namen hier aufgeschrieben sind.
Neben der Dauerausstellung werden auch Wechselausstellungen zu anderen Themen hier stattfinden. Zudem bietet das Kultur- und Dokumentationszentrum Tagungen und Seminare zur Situation von Minderheiten an. (jm)
Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma, Zwingerstr. 18, Tel.: HD/98 11 02
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In Luckenwalde bei Berlin geboren, kam Dietrich Hildebrandt 1953 mit acht Jahren als DDR-Flüchtling nach Heidelberg. | Foto: papa |
Zwischen Dietrich Hildebrandts ersten politischen Aktivitäten gegen die Notstandsgesetze und seinem Einzug in den baden-württembergischen Landtag 1996 liegt ein politisch bewegtes Leben: vom SDS über die Maoisten zu den Grünen. Seit 1996 ist er nun Europa-politischer Sprecher der Grünen Landtagsfraktion.
Ich ging die Hauptstraße runter und wollte eine Wohnung, eine Arbeitsstelle und eine Frau." Zwei Jahre lang hatte Dietrich Hildebrandt im Allgäu Deutsch als Fremdsprache unterrichtet. Das reguläre Lehramt kam für ihn trotz Staatsexamen in Germanistik, Romanistik und Geschichte nicht in Frage. Mitte der 70er Jahre hatte er ein Jahrzehnt heftiger politischer Auseinandersetzungen hinter sich.
Im Rahmen der Proteste gegen die Notstandsgesetze begann sein politisches Engagement im Frühjahr 1967. Im Herbst '67 trat er dem SDS (Sozialistischer Deutscher Studentenbund) bei, "einer damals noch sektiererischen Minderheit, die zu siebt im Hinterzimmer Lenin, Marx und Bakunin las". Hier traf er auf all die Literatur, die im Muff der Adenauer-Ära nicht in der Öffentlichkeit vorkam. ,Heute hört man oft, Adorno sei damals prägend und überall präsent gewesen - alles Quatsch! Das war damals ein absoluter Geheimtip!" Da sich Hildebrandt mehr und mehr auf ein Alternativstudium dieser Geheimtips, die oft nur als Raubkopien zugänglich waren, konzentrieren wollte, machte er im Hauptstudium nur noch die notwendigsten Scheine. Nach den schockierenden Begegnungen mit dem ungebrochenen Militarismus in der Bundeswehr war er mit großen Erwartungen an die Universität gegangen. Von der Hochschule war er enttäuscht, sowohl was die wissenschaftlichen Inhalte als auch was die Lehrenden betraf.
Als '68 Rudi Dutschke angeschossen wurde, beteiligte sich Hildebrandt an den Boykottaktionen des SDS gegen die Springerpresse. Die Grenze zwischen legitimen Aktionen, Krawall und Terror war intern heiß umstritten.
Als der SDS sich in den folgenden Jahren in kleinere Grüppchen aufspaltete und die Bewegung immer weiter abflachte, weigerte sich Hildebrandt, seine Ideale einer gerechteren Gesellschaft aufzugeben. ,Zynisch werden, resignieren, einfach nur Geld verdienen oder einen Roman schreiben kam für mich nicht in Frage". Statt dessen geriet er in die Sackgasse des Maoismus.
Im Rückblick wundert er sich über sein damaliges Selbstvertrauen: eine zweite und bessere Auflage der Revolution in Gang setzten zu können erwies sich als Hybris. Wegen Beteiligung an einer Demonstration 1970 und an einer Rektoratsbesetzung wurde er 1974 wegen Nötigung, Sachbeschädigung, Land- und Hausfriedensbruch zu 16 Monaten Gefängnis ohne Bewährung verurteilt. Der Austritt aus den maoistischen Gruppen 1977 war menschlich schwierig: ,Der Ausstieg brachte meist einen völligen Austauch des sozialen Umfelds mit sich".
1979 lernte er seine spätere Frau kennen, mit der er seit 1982 zusammenlebt. Mit ihr hat er drei Töchter: zweieinhalb, sieben und acht Jahre alt. Daß er erst mit 44 Vater wurde, kommentiert er folgendermaßen: ,Ich habe mit der zweiten Runde angefangen - unter Auslassung der ersten."
Sein Verhältnis zu seiner radikalen Vergangenheit umschreibt er heute mit dem Begriff der ,distanza di respetto" - Distanz zu der eigenen Geschichte, aber auch Respekt vor ihr.
Sein Weg zu den Grünen war kein plötzliches Umschwenken. Als er 1984 die GAL-Heidelberg mitgründete, hatte er eine mehrjährige selbstverschriebene Denkpause hinter sich und die Umweltbewegung bereits über Jahre aufmerksam verfolgt. Heute, nachdem sich die grüne Partei parlamentarisiert hat und Hildebrandt als Landtagsabgeordneter in Stuttgart arbeitet, achtet er darauf, ,daß wir nicht eines Tages feststellen, daß wir ursprünglich die Gesellschaft verändern wollten, und am Ende nur unsere Krawatten verändert haben."
Die Entwicklung in Heidelberg sieht er kritisch: Vor zwanzig Jahren sei die Altstadt Lebensraum der Studenten gewesen. Heute sei der öffentliche Raum durch Flaniermeile und Tourismus anonymisiert, Heidelberg sei zum ,Las Vegas Nord-Badens" verkommen.
In Bezug auf das Bildungswesen beklagt er vor allem das vorherrschende Verständnis der Uni als eines ,Bildungssupermarktes", der keinerlei Gemeinschaftsgefühl aufkommen läßt. Wenn Hildebrandt von der Uni-Krise, den überfüllten Seminaren und der personellen Unterversorgung hört, hat er ein déja vu. ,Es ist schon komisch: Die Zeiten haben sich geändert, die Studenten haben sich geändert, und trotzdem hört man dieselben Klagen." (lk, fw)