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Politisches


Ästhetik und Cappuccino

Neue Fotoausstellung im Marstallcafé

Um nicht nur das leibliche Wohl der Studenten zu fördern, sondern ihnen auch geistig etwas zu bieten, werden seit langem in der Marstallmensa regelmäßig Ausstellungen abgehalten. Dieses Semester sind Photographien von Inci Bosnak zu sehen.

Normalerweise sind Namen Schall und Rauch, doch jede Regel hat eine Ausnahme. Inci Bosnak zum Beispiel ist, wie sie heißt: ungewöhnlich. Ein Energiebündel, aus dem die Ideen nur so herauspurzeln. Einen Bruchteil dieses Inspirationsüberschwangs, sprich einige Photographien, zeigt das Studentenwerk vom 16. Dezember an bis Ende des Semesters im Lesecafé der Marstallmensa.

Zu sehen sind auf den Bildern von Heidelberg hauptsächlich Fahrräder und der Himmel. Klingt nicht begeisterungswürdig, ist es aber. Wer in den nächsten Monaten in Heidelberg jemanden versonnen in eine Pfütze starren sieht, um die Spiegelung des Himmels darin zu betrachten, der kann davon ausgehen, daß diese Person aus der Ausstellung kommt.

Mit dem Gedanken, daß sie eine "klassische Photographie-Ausstellung" machen wird, konnte sich Inci Bosnak nur schwer anfreunden. Die Studentin beschäftigt sich inzwischen hauptsächlich mit Kameraarbeit und "interaktiven Multimediaprojekten". Die Vorstellung, ihre Bilder "in einfache Rahmen gepreßt ganz statisch an die Wand hängen zu müssen", behagte ihr zunächst gar nicht. Schließlich haben ihre Bilder inzwischen "laufen gelernt".

Darum geht das Projekt auch über simples Bilder-aufhängen-damit-etwas-an-der-Wand-hängt hinaus, wozu besonders die Vernissage zu Beginn der Ausstellung beitragen soll. Zwar gibt es dort auch Sekt und Orangensaft, wie man es von einer Vernissage erwartet (die Lachsschnittchen entfallen wegen der horrenden Preise für diese dekadente Fischart), ansonsten wird die Eröffnung eher ein Erlebnis der anderen Art. Im Laufe des Abends zeigt Inci Bosnak eine etwa 10minütige Filmsequenz (was, wird nicht verraten). Damit startet sie bereits ihr nächstes Projekt. Alle, deren Phantasie nicht im Umschaltknopf der Fernbedienung steckt, sind aufgefordert, wenn sie Lust haben, die Szene weiterzuspinnen.

Die Grundidee dieses Projektes stammt aus der Schulzeit, als der Deutschlehrer seinen Schülern den Anfang einer Geschichte vorlegte, die sie weiterführen mußten. Konkretisiert wurde das Vorhaben dann im Rahmen eines Medienseminars des Psychologischen Instituts unter der Leitung von Herrn Rohr (Inci Bosnak studiert nämlich Psychologie, Erziehungs- sowie Medien- und Kommunikationswissenschaften). Aber das ist noch nicht alles: weiterhin plant Inci Bosnak einen Film. Ein Drehbuch existiert bereits, erste Aufnahmen sollen auf der Vernissage gemacht werden.

So viel Kreativität in einer Person kann nicht allein auf den Namen zurückgeführt werden. Jedoch sollte man sich diesen auf jeden Fall merken.

Die Vernissage findet am 16.12.'98 um 19.30 Uhr im Lesecafé der Marstallmensa statt. Die Ausstellung läuft - am selben Ort - bis zum 12. Februar 1999. (St)


Den Krieg verhindern

Ausstellung über Hitler-Attentäter Georg Elser

"Ich habe den Krieg verhindern wollen", lautet die lapidare wie schwer zu bewerkstelligende Absicht des einfachen Schreiners Georg Elser, der am 8. November 1939 in München ein Attentat auf Hitler verübte - vergeblich. Noch bis zum 10. Januar zeigt die Friedrich-Ebert-Gedenkstiftung in einer Dokumentation das Schicksal des "einsamen Attentäters" (Peter Steinbach) aus Württemberg.

Sorgfältig sondiert er ein Jahr zuvor die Lage im Münchner Bürgerbräukeller, in dem die NS-Führung den Jahrestag des Hitlerputsches vom 9. November 1923 zu feiern pflegt, verschafft sich Zugang zu den Räumlichkeiten und installiert dort in nächtelanger, mühevollster Kleinstarbeit einen komplizierten, selbsterdachten Sprengsatz. Wie geplant explodiert der Zeitzünder zur richtigen Zeit, die einstürzende Decke begräbt in ihrer Wucht acht Menschen unter sich, und doch hat er sein großes Ziel nicht erreicht - wenige Minuten davor ist Hitler unerwarteterweise gegangen.

Was treibt einen einfachen Schreiner dazu, ohne sich mit irgendwelchen anderen politischen Widerstandsgruppen oder auch engen Verwandten abzusprechen, über ein Jahr lang seinen gesamten Lebensrhythmus danach zu richten, ein Attentat auf Adolf Hitler zu verüben? Noch in der Nacht des Attentats ist sich die Polizei sicher, eine solch professionelle Ausführung des Anschlags könne keiner allein schaffen, und Reichspropagandaminister Joseph Goebbels schlußfolgert sofort, dieses Attentat sei "zweifelsohne in London erdacht" worden. Daß ein Einzelner den Mut und die Kraft aufbringt, ein solches Unterfangen zu planen, vorzubereiten und schließlich auszuführen, nur um den Krieg verhindern zu wollen, wie Georg Elser später in den Verhörprotokollen verlautbart, möchte nicht in die nationalsozialistische Ideologie passen - aber auch die Alliierten glauben nicht recht daran. Für die NS-Propaganda war die britische Urheberschaft des Attentats unzweifelhaft und zugleich eine hervorragende Gelegenheit, den Zufall, daß Hitler wenige Minuten zuvor den Raum verlassen hatte, zu propagandistischen Zwecken zu vereinnahmen: Die auch später viel beschworene "Vorhersehung" Hitlers wurde weidlich ausgeschlachtet. Die Briten wiederum nahmen genau diese propagandistische Ausschlachtung des Attentats zum Anlaß, fest davon auszugehen, jener Anschlag sei von der SS nur geschickt inszeniert worden.

Beide Ansichten entsprachen nicht im geringsten der Wirklichkeit, doch prägten sie bis in die späten siebziger Jahre das Bild des Attentäters Georg Elser. Überhaupt zieht sich wie ein roter Faden ein tragisches Moment durch das Leben Elsers: zunächst das fehlgeschlagene Attentat, anschließend die eher zufällige Ergreifung auf der Flucht, dann die längste Einzelhaft eines nationalsozialistischen Gefangenen, welche mit der Exekution im April 1945 endete. Doch beinahe am schlimmsten wiegt die posthume Nichtanerkennung seiner Tat, die sich vor allem in den ersten Nachkriegsjahren bis hin zur feindlich gesonnenen Leugnung in seinem Heimatdorf steigerte - auch seine Angehörigen mußten in jahrelangem Rechtstreit um eine schließlich läppische Entschädigung kämpfen.

Erst in den letzten Jahren ist die Reputation Elsers wiederhergestellt worden: Eindringlich und klar belegen die ausführlichen Verhörprotokolle die Tragweite, die hinter Elsers Entschluß stand. Den "wahren Antagonisten" zu Hitler erkennt aus diesem Grunde der Historiker Joseph Peter Stein in Georg Elser, dessen gesamtes Schicksal nun in einer von der "Gedenkstätte Deutscher Widerstand" konzipierten Dokumentation in der Friedrich-Ebert-Gedenkstiftung zu sehen ist.

"Ich habe den Krieg verhindern wollen" - Georg Elser und das Attentat vom 8. November 1939. Ausstellung bis zum 10. Januar 1999 in der Friedrich-Ebert-Gedenkstiftung, Pfaffengasse 18. Öffnungszeiten Di-Fr 10-18 Uhr, Do 10-20 Uhr. (ab)


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