Schwanitz hat sich vor drei Jahren mit "Der Campus" einen Namen gemacht - eine bitterböse Satire über den Hochschuldschungel und erotisches Unterholz. Das Echo auf den Bestseller war laut und nicht immer freundlich: Besonders in Universitätskreisen konnten sich Schwanitz-Leser und die, die sich als solche ausgaben, entweder zu sehr oder überhaupt nicht wiedererkennen. Kritik am Bildungssystem, das sei ja gut und schön, aber ein Professor, der Unterhaltungsromane zu dem Thema schreibt? Die Feuilletons moussierten, die Fakultäten reagierten abgekühlt.
"Der Zirkel" geht über die Grenzen des universitätseigenen Filzes hinaus. Bei der Untersuchung eines Mordes stößt die Hauptperson, Daniel Denzer, in Potsdam auf eine ehemalige Stasi-Kaderhochschule und auf gesamtdeutsche Machenschaften alter Ostseilschaften. Es gibt aber auch unleugbare Ähnlichkeiten zum "Campus": Denzers Wege werden von seinen amourösen Freizeitbeschäftigungen ähnlich bedingt wie die von Hanno Hackmann, dem Helden in Campus. "Niemand wird so beobachtet wie ein Verliebter, und Verliebte sind die besten Beobachter", erklärte Schwanitz. So werden seine Figuren häufig von den elementarsten aller Kräfte gelenkt, denn dies mache den Leser neugierig - und erlaube außerdem, die Figuren selbst neugierig sein zu lassen. "Dann verführt die Literatur wie die Liebe zum Miterleben." Schwanitz hat Lebenslust zur Schreibtechnik gemacht, und scheint sich dabei sehr wohl zu fühlen.
Beim Italiener angekommen, zieht eine der beiden Freundinnen eine große Mappe hervor. Darin befinden sich Ausgaben der FSZ, der "Freiburger Studentenzeitung". Man schwelgt in Erinnerungen. Schwanitz war einer der Redakteure des Blattes, in dem auch zum ersten Mal eine Erzählung von ihm veröffentlicht wurde. Um genau zu sein, es war nicht nur eine Erzählung, sondern eine ganze Serie. Ihr Held hieß Peter Peter und hatte zwei Probleme: dauerndes Verliebtsein und der Intrigensumpf der Uni. Im Gegensatz zu seinen Kollegen aus den 90ern bedient sich Peter Peter noch recht brachialer Mittel, um Konflikte zu lösen. So wurden störende Professoren nicht subtil aus der Uni hinausgeekelt, sondern kurz und schmerzvoll durch den Fleischwolf gedreht. Das Resultat war dasselbe: ein Widersacher weniger.
Die Arbeit bei der FSZ brachte Schwanitz auch eine Karteikarte beim Bundesverfassungsschutz ein. Nicht wegen der Geschichte von Peter Peter, sondern wegen der Kritik der Zeitung an der Katholischen Kirche. Kritisieren scheint Schwanitz im Blut zu liegen. Könnte seine Erziehung durch calvinistische Schweizer Bergbauern der Grund dafür sein? "Ja, warum nicht", meint Schwanitz, "Calvinisten sind furchtlos und staatskritisch. Früher waren sie zwar theokratisch, doch jetzt sind es wirkliche Basisdemokraten." Im Alter von 12 Jahren wurde Schwanitz zum ersten Mal in die Schule geschickt. Davor erhielt er zu Hause Unterricht. So gewann er eine Distanz zum Schulsystem, die ihm Kritik ermöglichte.
Im "Campus" wie im "Zirkel" hat sich diese Erziehung niedergeschlagen. In beiden Romanen wird die Gruppenuniversität angeprangert. "Behandele niemanden als Teil einer Gruppe. Quotierungen sind immer schlecht", erklärt Schwanitz auch sein gespaltenes Verhältnis zu Frauenbeauftragten: Dadurch, daß diese für die Frauen als Gruppe sprechen, zementierten sie deren Ausnahmestellung, die sie eigentlich abschaffen sollten. "Und wenn dann noch Fanatismus dazukommt, gehört sowas in die Komödie."
Schwanitz begann nach der Schule ein Anglistikstudium. Warum Ang-listik? "Ganz einfach, weil ich kein Problem hatte, die angelsächsische Einstellung nachzuvollziehen. Die amerikanische schon eher. Trotzdem, ich verstehe die Amerikaner."
Auch die amerikanische Literatur sagt Schwanitz mehr zu als die deutsche. Ihr fehlt diese "typisch teutonische Verbissenheit", die "Genieästhetik", sie "kommt mit weniger Larmoyanz aus" und ist bei weitem nicht so "subjektivistisch". Schwanitz' Romane gleichen deshalb auch mehr einem Grisham als einem Handke. "Ich bin ein Unterhaltungsschriftsteller", eine für deutsche Intellektuellenkreise revolutionäre Selbsteinschätzung.
Kühle Betrachtungsweise zeigt Schwanitz auch, wenn er über sein Schreiben spricht: "Ich fange mit dem Sammeln von Material an. Dabei bilden sich schon Strukturen. Dann wird der Plot geplant. Ich bin ein Konstruktionist, alles wird bei mir durchstrukturiert." Daß Schwanitz mit dem literarischen Handwerkszeug vertraut ist, war dem "Campus" manchmal zu deutlich anzumerken: beispielsweise die auffällig symbolisch wirkenden Stürze des gefallenen Professors wirkten auf den im Deutsch-Leistungskurs geschulten Leser wie die Verstärkungsringe eines Push-Up-BHs auf einen Verehrer: ernüchternd. Die Handlung des "Zirkel" kommt zwar nicht ohne Unterwäsche aus, doch auffällige Konstruktionen gibt es nicht mehr. Ein bemerkenswerter Unterschied zu "Der Campus" ist die Auseinandersetzung des Romans mit dem Thema Tod: dies hatte im ersten Roman nur eine Nebenrolle gespielt, im "Zirkel" wird die Ermordung der AStA-Vorsitzenden, die auch die Freundin der Hauptperson ist, zum Motor der Geschichte. Nun ist die Vermischung von Sex and Crime nichts Neues in der Unterhaltungsliteratur. Doch Schwanitz' Figur ist zugleich Jüdin - ein Umstand, der einen Plot gefährlich nahe an das Diktat der politischen Korrektheit bringen kann. Daß das im Zirkel nicht geschieht, ist Schwanitz' Einstellung zum individuellen Menschen sicher genauso zu verdanken wie seiner schreiberischen Routine.
Schwanitz nippt an seinem Bier: 'The art of entertainment' sei zwar nicht deutsch, aber wichtig, wenn man eigentlich ernste Dinge beschreiben wolle. Gerade dadurch, daß er unernst schreibt, ist er um so ernster zu nehmen. (st, gan)
Dietrich Schwanitz: Der Zirkel; 448 S., gebunden mit Schutzumschlag, Eichborn, 44.- Mark.
Der Fachschaftsrat am Institut für Politische Wissenschaft, der seine Semesterparty bisher im AZ ausrichtete, nimmt diesen Tatbestand zum Anlaß, sich bei der Oberbürgermeisterin und dem Stadtrat in einem "offenen Brief" über die "ungewisse Zukunft des AZ" zu beklagen.
"Kompetente" und "offene" Menschen haben, nach Ansicht der Fachschaft, am Wochenende das AZ zu einem "beliebten Treffpunkt von regelmäßig mehreren hundert Menschen" gemacht. Weitere Angebote wie Volksküche, Fahrradwerkstatt, Fotolabor und Proberäume für Nachwuchsbands machen für sie das AZ zu einem "wichtigen Bestandteil der kulturellen Szene" Heidelbergs und betonen den "nicht zu unterschätzenden Beitrag zur Jugend- und Sozialarbeit" der Stadt, der durch das "ehrenamtliche Engagement der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter" gewährleistet wird.
Nachdrücklich wird auf das versprochene Ersatzgebäude verwiesen und ungläubig die Frage gestellt, warum ein solches immer noch nicht bereitstehe.
Mutmaßungen über kommerzielles Gewinndenken von seiten der Stadt, das eine "Lösung des Problems AZ" habe vergessen lassen, verknüpft man mit dem nachdrücklichen Wunsch, daß die "Bereitstellung eines gleichwertigen Ersatzgebäudes" sich nicht als leere Hoffnung entpuppen wird.
Es bleibt abzuwarten, ob, und - wenn ja - wie die Stadt auf derartige Sympathiebekundungen reagieren wird.
Auf Seiten des AZ wird jedenfalls so gut wie keine Möglichkeit unversucht gelassen, die Wichtigkeit ihres Anliegens zu unterstreichen.
Nachdem man Ende des letzten Jahres bereits im Alten Hallenbad eine Besetzungsparty unter dem Motto "Test your AZ" feierte, belagerte die Partygemeinde am dritten Januarwochenende das Bahnausbesserungswerk am Ochsenkopf in Wieblingen.
Mit diesen Aktionen will das Unabhängige Komitee "Kein Tag ohne Autonomes Zentrum" Aufmerksamkeit für die prekäre Lage ihrer Einrichtung in der Heidelberger Öffentlichkeit erregen und mögliche Ersatzimmobilien zur Diskussion stellen. Neben den genannten Gebäuden stehen noch der ehemalige Güterbahnhof, das Duravitgebäude, das Furukawa-Areal in Rohrbach und das Feuerwehrhaus an der Czernybrücke zur Auswahl.
Für den 6. Februar ist von den Ehrenamtlichen eine Demo geplant, die die Öffentlichkeit über die nun vollzogene Schließung informieren soll.
Treffpunkt für alle Interessierten und Förderer des AZ ist um 12 Uhr am Bauhaus. (ko)
"Wenn die Spitzenmieten heruntergehen, dann ist das sicher auch eine Folge des Mietspiegels", meinte Fritz Vollrath, der als Rechtsanwalt für den Mieterverein Heidelberg arbeitet. Schon ab 20 Prozent höherer Miete sind Nachbesserungen möglich - und das rückwirkend bis zu vier Jahren. Da Mieter und Vermieter meist Interesse an einer gütlichen Einigung hätten, würden die allermeisten Fälle außergerichtlich geregelt. "Meine private Schätzung geht dahin, daß bisher in zwischen 500 und tausend Fällen Miete nachgelassen wurde", meinte Vollrath zu den Erfahrungen des letzten Dreivierteljahres. Auch seien überproportional viele Studenten von Mietwucher betroffen. "Durch ihre erhöhte Fluktuation sind Studis eine Opfergruppe." (gan)
Informationen und Mietspiegel für DM 10.- beim Amt für Wohnbauförderung, Kornmarkt 5, Zimmer 11, EG , Tel. 582244. Kostenloser Mietspiegel im Sozialhandbuch der FSK oder im Internet: http://www.uni-heidelberg.de/stud/fsk/referate/soziales/sozhb98/mietspiegel.html