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Meinung


Semesterticket noch teurer ?

von Andreas Vonderheit

Streik! Ich sage nur: Streik!

Was regt der sich eigentlich so auf, höre ich schon die Studis sagen, es sind doch insgesamt nur neun Mark. Das rechtfertigt doch keinen Streik, die neun Mark werden wir auch noch verkraften, oder?

Doch halt, damit ist es nicht getan, die Erhöhung wird in den kommenden Jahren noch weiter gehen, und im Jahre 2005 werden durch die Angleichung an das MAXX-Ticket schließlich die 446 Mark pro Jahr erreicht sein! Na und, werden einige sagen; das ist in sechs Jahren, also in zwölf Semestern, da studiert von uns fast keiner mehr, weil man sich das auch nicht mehr leisten kann!

Die Denkweise des VRN ist nicht nur unsozial, sondern auch unökonomisch. Wenn das Semesterticket teurer wird, muß jeder anfangen zu rechnen, denn irgendwann wird es billiger sein, eine einfache Fahrkarte zu lösen. Die meisten Studenten fahren jetzt schon mit dem Rad und nutzen das Ticket nur, wenn es regnet oder um der Mutti am Wochenende die dreckige Wäsche zu bringen.

Sicher hat der VRN auch bisher mit uns kein Verlustgeschäft gemacht. Wenn man die 19 Mark aus dem Sozialbeitrag zum Ticketpreis zählt, sind wir schon bei 129 Mark. Nicht zu vergessen ist die Tatsache, daß der Verkehrsverbund mehr Studitickets verkauft hat als zunächst gedacht. Außerdem verdient der VRN doppelt an uns, denn der Staat subventioniert das Semesterticket auch noch!

Ein Blick nach Norden zum RMV (Rhein-Main-Verkehrsverbund) zeigt uns, daß dort das Studiticket auch zwischen 120 und 130 DM kostet. Allerdings wird dort der gesamte Betrag über den Sozialbeitrag bezahlt. Das heißt, jeder Studierende bezahlt und bekommt das Studiticket, ob er will oder nicht. Somit kann der Verkehrsverbund durch bessere Kalkulation auf Dauer billiger sein, da die Studierendenzahl leichter abzuschätzen ist als die der möglichen Käufer.

Hier in Heidelberg ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Es liegt nun an uns Studierenden!

Unsere Forderung sollte klar sein: Wir wollen auch in Zukunft zu günstigen Studentenpreisen Busse und Bahnen nutzen können.

Unsere Möglichkeiten sind schnell aufgezählt:

Sagen wir: Her mit dem Ticket, egal für welchen Preis? Dann werden die Kosten über kurz oder lang an das MAXX-Ticket angeglichen. Eine Lösung, die sich sicherlich kein Studierender wünscht.

Oder das Studiticket wird in Zukunft komplett über den Sozialbeitrag abgerechnet, wie beim RMV schon verwirklicht. Dies würde voraussetzen, daß wir als Studierendengemeinschaft so sehr miteinander verbunden sind, daß diejenigen unter uns, die das Studiticket gar nicht nutzen, die anderen mitfinanzieren. Allerdings sollte der so vereinbarte Preis nicht alle Jahre nachgebessert werden.

Schließlich die für die Studierenden beste Lösung: Ein neuer Vertrag, der dem alten entspricht. Ein Preis, der sich langfristig nicht an das MAXX-Ticket angleicht und der nicht jedes Jahr neu verhandelt werden muß. Wir sollten uns nicht mit dem Minimalen zufrieden geben und den VRN seine MAXXimale Forderung durchsetzen lassen!

Stellt sich der VRN stur, so wäre die einzige Alternative: Streik.


Seinen guten Namen hergeben

von Gabriel A. Neumann

Die Abneigung gegen Unterschriftenlisten entwickelt sich bei vielen Studierenden direkt proportional zur Semesterzahl - je höher letztere wird, desto unwilliger setzt man seinen Friedrich Wilhelm unter die Liste der netten Nicaraguagruppe oder den Aufruf zum bewaffneten Kampf gegen die Sperrzeit in der Altstadt. Zur Zeit gibt es in Heidelberg zwei gegeneinander gerichtete Unterschriftensammlungen zum Thema doppelte Staatsbürgerschaft. Die eine im Rahmen der bundesweiten Kampagne der CDU/CSU, die andere ist eine Aktion Heidelberger Bürger.

Also nochmals seinen guten Namen für einen Unsinn hergeben? Denn formalistisch gesehen handelt es sich bei der Aktion der CDU um einen solchen: In Deutschland werden Gesetze nicht durch direkte Entscheidung des Volkes, sondern durch die von ihr gewählte Vertretung beschlossen. Die SPD wie die Grünen haben ihre Einstellung zur doppelten Staatsbürgerschaft auch im Wahljahr nicht verheimlicht und werden sich selbst bei einer hohen Unterschriftenzahl gegen die Gesetzesänderung auf ihr Mandat berufen.

Ähnlich zweifelhaft scheint es, ob der Aufwand der bundesweiten CDU-Aktion der geplanten Gesetzesänderung gerecht wird. Es handelt sich dabei um keine Revolution des Völkerrechts: Lediglich die kategorische Ablehnung der Möglichkeit einer doppelten Staatsbürgerschaft wird gestrichen, ein chirurgischer Eingriff in den Organismus eines Gesetzes von 1913, das auf die Idee des jus sanguinis zurückgeht. Denselben Wurzeln waren anno 1935 die Nürnberger Rassengesetze entsprungen: Nicht das Umfeld, die Sprache oder die Erziehung eines Menschen bestimmen seine Staatszugehörigkeit, sondern die Abstammung. Menschen aus meist reicheren, westlichen Ländern blieben Hintertürchen zur doppelten Staatsbürgerschaft offen - wer aus Ländern außerhalb der westlichen Hemisphäre kam, mußte sich für eine Staatszugehörigkeit entscheiden. Dies betraf häufig Angehörige nicht-christlicher Religionsgemeinschaften. Die Änderung dieses völkerrechtlichen Ladenhüters aus der Zeit des übersteigerten Nationalismus ist längst überfällig.

So liegt die Vermutung nahe, daß die eigentliche Absicht der Kampagne eine andere ist. Für die CDU/CSU, die nach der Wahlniederlage vom September neue Profilierungsmöglichkeiten sucht, ist die Aktion ein politischer Geniestreich. Ein "Mißerfolg" ist unmöglich - denn es gibt keine Mindestzahl von Namen, die zusammenkommen müssen. Die konservativen Parteien sind wieder in der Presse.

Allerdings wird die Kampagne Verunsicherung und Vorurteile in der Bevölkerung verstärken. Das geänderte Gesetz bedeutet wahre Integration, denn es soll Menschen helfen, die das gleiche Recht haben, sich Deutsche zu nennen, wie die, die aufgrund ihrer Geburt automatisch einen deutschen Paß erhielten. Dies wird von dem po-pulistischen Feldzug der CDU angegriffen. Deshalb habe ich meine Abneigung gegen Unterschriftenlisten überwunden - und meinen Namen auf die Liste des Heidelberger Aktionsbündnisses gesetzt.


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