Verantwortlich oder besser schuldig sind das Gespann Tome als Texter und Janry als Zeichner, komplettiert werden die beiden durch St. Debecker, der für die triste Kolorierung verantwortlich ist.
Tome und Janry standen vor einem gewaltigem Berg, als sie die Serie übernahmen. Schließlich war es kein geringer als die Comic-Legende André Franquin, der mit seinem Stil nicht nur S&F, sondern ganze Generationen geprägt hatte. Franquin war der dritte Zeichner der Serie, und erst durch seine neu zugefügten Figuren, wie das Marsupilami oder Graf von Rummelsdorf und seinen Stil erreichte die Serie ihren Höhepunkt. Als sich Franquin wegen chronischer Überarbeitung (er zeichnete bis zu drei Serien gleichzeitig) und schwerer Erkrankung von S&F verabschiedete, übernahm Jean-Claude Fournier die Serie, behielt aber deren typischen Stil sowohl inhaltlich als auch in der künstlerischen Gestaltung bei.
Nach Fournier übernahm Raoul Cavin mit dem inzwischen verstorben Nic Broca für wenige Alben die Serie. Tome und Janry feierten mit Band 31 ("Das geheimnisvolle Virus") ihren Einstand in der Serie, verblieben dabei jedoch im gewohnten cartoonartigen Stil, der nie an der Realität orientiert war, sondern am Humor der Serie. Hierin liegt der Knackpunkt des neuen S&F: er ist definitiv kein "Funny" mehr, sondern versucht den Leser mit seiner "spannenden" Story zu fesseln. Aber welcher eingefleischte S&F-Fan will das schon? Der einzige Witz in der Serie bezüglich der unbekannten Vornamen der beiden Helden kann das Ruder nicht mehr herumreißen, vor allem nicht im Zusammenhang mit Steffanis - Entschuldigung, Sophies - ebenso sinnlosen wie verwirrenden Namenswechseln.
Ich will den beiden Künstlern nicht vorwerfen, ungeeignet für die Serie zu sein, denn die beiden sind schon länger mit dem S&F-Universum vertraut. Tome textete bereits die Stories für den "Kleinen Spirou", während Janry und Gazzotti für die Zeichnungen verantwortlich waren. Gemeinsam mit letzterem bringt Tome ja beim Carlsen Verlag auch eine eigene Serie ("Soda") heraus, welche die Kriminalgeschichten eines Priesters erzählt. Hier kann sich Tome auch mit seinen Stories austoben, wobei man ihm dabei einige spannende Krimis bescheinigen muß. Ein S&F dagegen hat aber in erster Linie ein Funny zu sein - nicht, um krampfhaft an überholten Traditionen festzuhalten, sondern um den Charakter der Serie zu wahren. Wenn ich einen S&F lese, möchte ich eine witzige und kuriose Geschichte vorfinden, ein Feuerwerk an Gags, wie die unvergessenen Bände "Marilyn ist nicht zu stoppen" und "Ein Dorf sieht schwarz", mit welchen Tome und Janry zeigten, daß sie durchaus der Nachfolge Franquins würdig sind.
Letztendlich kann man, gerade als Spirou-Fan, den Band nur als eher dürftigen Comic-Thriller bezeichnen. "Jagd auf Spirou" ist kein klassischer S&F, er ist nicht einmal ein guter Comic, dafür sind Inhalt und Stil einfach zu schlecht. Mit dunklen Hintergründen, einer haarsträubenen Story und einem nicht ausgereiftem Zeichenstil kann man die Herzen von Spirou-Fans nicht gewinnen. (jr)
Preisfrage: Was haben "Pyogenesis" und "Liquido" gemeinsam? ... Na? ... Also gut, ich sag's Euch: Tim Eiermann (Gesang, Gitarre) und Wolle Maier (Schlagzeug)!
Die beiden Liquido-Musiker spielen bei der Dreier-Combo mit. Trotz dieser Tatsache ist das bereits 1997 veröffentlichte Album "Mono...or will it ever be the way it used to be" von Pyogenesis eine Sache für sich, die ihre selbstgestellte Frage mit einem klaren "ja" beantwortet: Alles bleibt so, wie es ist, denn neu ist das Ganze wirklich nicht, was Pyogenesis auf dieser Platte abliefern.
Dennoch servieren die drei Plastik-Rocker gewohnt guten, sauberen Gitarrenrock. Ihre zuletzt veröffentlichte Single "Drive me down", welche für mich der beste Song auf dem gesamten Album ist, durfte natürlich nicht fehlen. Aber auch der Rest ist nicht zu verachten. So sind zum Beispiel auch Lieder wie "Fake it", "She's the bomb" oder "I thought I" durchaus erwähnenswert.
Ohne die obligatorische Coverversion kommt heutzutage kein Album mehr aus. In diesem Fall haben sich Pyogenesis für den Hit "Africa" von Toto entschieden, was meiner Meinung nach eine sehr gute Entscheidung war, da sie den eingestaubten 80er Jahre-Song recht interessant neu interpretieren.
Anbetracht dessen ist der fehlende Neuigkeitsfaktor der Platte kein wirklicher Grund, sich dieses Album nicht zu kaufen.
Zum Schluß noch eine wichtige Insiderinformation: Aus sicherer Quelle habe ich erfahren, daß Tim Eiermann und Wolle Maier vor kurzem aus der Band ausgestiegen sind und sich nun nur noch um Liquido kümmern wollen! Sie wurden bereits durch andere Musiker ersetzt, aber was sich daraus entwickelt, bleibt abzuwarten. (fu)
Anne-Sophie Mutter: Beethoven. Die Violinsonaten
Auf vier CDs interpretiert Anne-Sophie Mutter, begleitet von Lambert Orkis am Flügel, das Gesamtwerk der Sonaten für Piano und Violine von Ludwig van Beethoven. Es sind Live-Aufnahmen ihrer Welttournee. Laut Mutter braucht diese Musik, um gut gespielt zu werden, eine weitere Passion: die Zuhörer. "Die atemlose Stille des Publikums ist der Nährboden, auf dem die musikalische Saat erst aufgeht."
Nun haben schon vor Anne-Sophie Mutter viele Violinisten bzw. Violinistinnen Beethovens Violinsonaten gespielt: Anne-Sophie Mutter ist allerdings die erste, die alle Sonaten in einer chronologischen Reihenfolge spielt. Der Hörer bekommt so einen Einblick in die stilistische Weiterentwicklung Beethovens. Er war der erste Komponist, der der Violine im Verhältnis zu anderen Instrumenten eine gleichwertige Stimme verlieh. Die ersten drei Sonaten sind noch eher eine Herausforderung für den Pianisten. Erst in den folgenden Sonaten merkt man, daß die Violine stärker betont wird. Der Hörer spürt, wie in der vierten Sonate die Wechselwirkung der Instrumente deutlich wird. In der sechsten Sonate sind die beiden Instrumente schließlich endgültig gleichberechtigt.
Beethovens Weiterentwicklung wird in den Sonaten erst richtig deutlich. Anne-Sophie Mutter, die auf "Lord Dunn Raven", einer ihrer Strativaris, spielt, ist eine wunderschöne Interpretation gelungen, in der auch fünfzehn Lebensjahre Beethovens nachgezeichnet werden. (avon)
Liquido: Liquido
Jeder, der in den letzten Wochen Radio oder Musikfernsehen konsumiert hat, weiß: es gibt einen neuen Stern am deutschen Musikhimmel. Die vier Heidelberger Jungs von Liquido sind in aller Ohren. Ihre Single "Narcotic" hat bereits Platin eingespielt und die Musikwelt, gespannt auf die Veröffentlichung des Debütalbums, fragt sich: Sind Liquido nur eine musikalische Eintagsfliege, ein typisches One-Hit-Wonder, oder können die vier Jungs aus Heidelberg etwas Gleichwertiges nachlegen?
Angefangen hat alles mit einem Demo-Band von "Narcotic", das, anstatt in den Archiven der Radiosender zu verstauben, von vielen Hörern begeistert aufgenommen wurde. Der Song landete in den Regalen einer namhaften Drogeriemarkt-Kette, bevor überhaupt professionelle Aufnahmen stattgefunden hatten.
Seit ein ein paar Tagen nun liegt die CD in den Geschäften, doch der ganz große Wurf ist Liquido mit ihrer gleichnamigen Scheibe nicht gelungen. Von der Band selbst als Pullunder-Pop (wahlweise auch Post-Grunge-Pre-Indie-Britpop) bezeichnet, erinnern einige Titel tatsächlich an Bands wie die Smashing Pumpkins ("Wake me up"), Soundgarden ("I won't try") oder Wheezer ("Click Lesley"), ohne jedoch mit den Originalen mithalten zu können.
Wer auf einen angemessenen Nachfolger von "Narcotic" gewartet hat, könnte enttäuscht werden. Der Rest des Albums bietet dem Pop- und Mainstreammarkt wenig Absatzpotential an. Wer aber weniger nach Chartmusik sucht, kann auf seine Kosten kommen. Auch wenn Liquido noch in den Kinderschuhen stecken, sollte man sie angesichts ihres unverkennbaren Talents nicht aus den Ohren verlieren! (mi, col)
Michel Petrucciani: Live in Germany
Mit gerade mal 36 Jahren verstarb Anfang Januar der französische Jazzpianist Michel Petrucciani. Einen tiefen Eindruck hinterließ er stets bei seinen Solo-Konzerten, von denen einige auch auf CD herausgebracht wurden. Auch sein Konzert am 27. Februar 1997 in der Alten Oper in Frankfurt ist seit letzten Oktober erhältlich. Es sollte die letzte Solo-CD sein, die zu seinen Lebzeiten in Deutschland auf den Markt kam. Doch nicht nur deshalb ist sie etwas Besonderes. Sein brillantes, lyrisches Spiel zieht den Hörer von den ersten Anschlägen an in Bann und läßt ihn bis hin zum rasanten Medley "She did it again/Take the A Train" nicht mehr los. Finally he took the last train and couldn't do it again. (col)