Die Texte könnte man als traditionell bezeichnen in dem Sinne, als daß sie eben die Worte enthalten, die bei Ness eigentlich noch nie fehlten; police, highway, fool, luck, baby, jail und insofern das alte Bild des einsamen Marlboro Mannes vertonen, der trotz aller durchlebter Härten noch immer nichts von der Welt gelernt hat und das eigentlich auch gar nicht will.
Für Mike-Ness-Fans ist die Platte alleine schon deswegen ein Muß, weil man der reptilienähnlich anmutenden, wandelnden Tätowierung Ness, die live schwitzend und rotzend über die Bühne prescht, wohl kaum so einfühlsame Songs zugetraut hätte. Da sollte man sich auch nicht davon abhalten lassen, daß einige Läden "Cheating at Solitaire" wirklich unter Country einordnen, was formal vielleicht stimmt, im Grunde aber Blödsinn ist, weil die Platte eher einen Abriß über weite Teile amerikanischer Musikkultur zieht. Für alle anderen sei das "Reinhören" auf jeden Fall empfohlen. (wro)
Boa hat bereits vor über einem Jahr sein Solo-Debüt veröffentlicht. Auf der angeknüpften Tour ohne den "Voodooclub" mußte er sich dafür "Pia"-Rufe aus dem Publikum gefallen lassen, denn die Fans schienen eindeutig jemanden zu vermissen.
Pia Lund ihrerseits scheint das Kapitel "Voodooclub" ebenfalls abgeschlossen zu haben, denn sie hat nun endlich den Weg in die private und musikalische Selbständigkeit betreten. Den Beweis liefert sie mit "Lundaland". Die meisten Songs und Texte für das Album stammen aus ihrer eigenen Feder, von ein paar Stücken abgesehen, die doch eindeutig die Handschrift ihres Ex-Mannes tragen. Merkmal für Voodooclub-Songs wie "Container Love" oder "Love on Sale" waren stets die von Boa gemurmelten Texte, die sich mit den von Pia gesungenen melodiösen Refrains abwechselten. Auf Boas Gebrummel müssen wir auf "Lundaland" verzichten - Pech oder Segen - wir hören Frau Lund pur. Die eingängigen Refrains sind geblieben. "How a Flower Grows" ist zum Beispiel so ein Stück, das auch die typische Stimmung des Albums widerspiegelt. Verträumtheit mischt sich mit Melancholie. Die Melodie wird dabei wieder ganz von Pias engelsgleicher, fast kalter und emotionsloser Stimme getragen.
Das Eröffnungsstück "Charlamane" mit seinen elektronischen Streichersequenzen und die erste Single "Uh Uh Yeah" mit Pias sirenenhaftem Gesang enttarnen sich als Ohrwürmer. Aber auch die von Frau Lund in vollständiger Eigenregie komponierten Songs "Dear Mary" und "Forever" gehen sofort ins Gehör. Ohrwürmer sind also massenhaft vorhanden auf diesem elektronisch gehaltenem Pop-Album, das nun in seiner Gesamtheit auf das auch oft belächelte Stimmchen der Frau Lund zugeschnitten ist. Man will die Songs unter der Dusche weiterträllern. Oder man träumt. Das Solo-Debüt des zarten blonden Stimmphänomens zeugt von ihrer neugewonnenen persönlichen Stilorientierung. Tripop-Beats schleppen sich dahin, Dance und House-Elemente ("The Illusion") unterbrechen die träumerische Atmosphäre. Und wovon träumt Pia Lund? Sie singt über die Liebe, und über ihr Seelenleben, und über die Suche nach dem Traumprinzen. Prinzessinnen können so was. (bede)
Auch schon aus diesem Grund ist das gemeinsame Album der beiden etwas Besonderes, denn wem ist es schon vergönnt, mit seinem Jugend-Idol zusammen in die Saiten greifen zu dürfen. Zwei verwandte Seelen treffen aufeinander und heraus kommen meist stimmungsvolle, wärmende Gitarrenduette, technisch einwandfrei, aber letzten Endes fehlt manchmal die künstlerische Brillianz. Bei Gershwins "Summertime" blitzt dann kurz das gestalterische Talent der beiden auf, davon hätte man gerne mehr gehört. Doch auch so ist die Platte ein Hochgenuß, denn immer wieder verstehen es Hall und Metheny, mit subtilen Mitteln eine solche Spannung zu erzeugen, daß man zu hören glaubt, wie das Publikum den Atem anhält. Fast andächtige Stille, beglücktes Schweigen. Das Magazin "Melody Maker" nannte Jim Hall nicht umsonst "The Quiet American". Aber auch Metheny ist ein Zauberer der Melodie. Was er seiner selbstgebauten 42saitigen Gitarre an Tönen entlockt, grenzt manchmal an ein Wunder ("Into the dream"). Auch kleine witzige Anspielungen Halls sind auf der Platte zu entdecken. So zitiert er in seinem Stück "Cold spring" den Kanon "Hejo spann den Wagen an". Wer Musik für einen lauen Sommerabend sucht, dem empfehle ich nur: Hejo, zieh die Schuhe an, und nichts wie in den nächsten Plattenladen, um diesen Jazz-Edelstein zu erwerben. (Col)