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HOCHSCHULE


Autonomie auf Abwegen

Neues Hochschulgesetz Baden-Württemberg

Freiheit schaffen für den nationalen und internationalen Wettbewerb. Darum geht es im neuen baden-württembergischen Hochschulgesetz, das am 1.1.2000 in Kraft tritt. Während Wissenschaftsminister Klaus von Trotha das neue Universitätsgesetz wegen seiner Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit lauthals anpreist, schüttelt man in der Heidelberger Universität den Kopf.

Die Landesregierung verspricht, durch Globalhaushalte die Autonomie der Hochschulen zu stärken. Der Senat der Uni Heidelberg sieht sich allerdings in einem derart straffen Vorschriftengeflecht verfangen, daß an mehr Eigenständigkeit kaum zu denken ist. Auch die Fachschaftskonferenz reagiert skeptisch. Eine Reihe von Trägern hoher wissenschaftlicher Preise und Auszeichnungen, darunter der Philosoph Hans-Georg Gadamer bekundeten ihre Enttäuschung und Bestürzung über das neue Gesetz in einem Brief an die Abgeordneten des Landtags.

Unmißverständlich steuert das Gesetz darauf zu, die Hochschulen nach dem Vorbild eines Wirtschaftsbetriebes zu organisieren. Im Gegenzug zur Einführung von Globalhaushalten verpflichten sich die Universitäten, eine kaufmännische Buchführung nach einem Kosten-Leistungs-Prinzip einzuführen. Ebenso dem Modell der Wirtschaftsverwaltung nachempfunden ist die neue Gestaltung der Universitätsleitung: Dem Rektorat soll ein Hochschulrat (HR) zur Seite gestellt werden, ein Gremium, das in etwa dem Aufsichtsrat in einer Aktiengesellschaft entsprechen würde. Sechs der dreizehn Mitglieder sollen von außerhalb der Hochschule kommen. Hier, ebenso wie bei der Wahl des Rektors, hat das Ministerium Einflußmöglichkeiten. Und das ist - bei aller finanziellen Freiheit - ein starker Einschnitt in die Autonomie der Hochschulen. Nach Einschätzung des Prorektors Heinz Horner werden die Aufgaben des HR außerdem weit über eine Aufsichtsfunktion hinausgehen. Nicht nur die Finanzen und die Kontrolle der Geschäftsführung des Rektorats soll ihm übertragen werden, auch soll der HR richtungsweisende Entscheidungen treffen. Im Kreuzfeuer der Kritik stehen neben dem neuen Hochschulrat auch die gestärkte Position der Rektoren und die schwierige Situation der Dekane.

Das neue Uni-Gesetz sieht vor, daß der Rektor in Zukunft mehr Kompetenzen erhält. Er wird zu einer sechsjährigen Amtszeit gewählt, wobei die Uni nicht mehr frei von externem Einfluß und Vetorecht ist, sondern noch auf grünes Licht des Wissenschaftsministeriums warten muß. Der Senat der Uni Heidelberg sieht gerade hier einen Mangel des Vertrages. Die Verlängerung der Amtszeit von vier auf sechs Jahre könnte zudem Professoren abschrecken, sich für die Rektorenstelle zu bewerben. Nach einem derart langen Ausstieg aus der Wissenschaft wäre ein Wiedereinstieg erheblich erschwert. Horner befürchtet, daß durch die Öffnung der Türe zum Rektorat externe Kandidaten den Posten übernehmen könnten, die "nicht mit dem Universitätsystem vertraut sind", beispielsweise ein Manager aus der Wirtschaft. Hinsichtlich Heidelberg, so Horner, "wird man zu verhindern wissen, einem externen Kandidaten die Leitung der Universität zu übertragen". Dabei verläßt er sich auf das wissenschaftliche Renommee der Universität. Empört zeigt sich der Senat nicht zuletzt darüber, daß es dem Rektor in Zukunft zufallen wird, die Dekane zur Wahl vorzuschlagen. Das Selbstverwaltungsrecht sei verletzt. Gesucht werden in Zukunft ausschließlich hauptamtliche Dekane. Professoren in diesen Ämtern müßten dann für vier Jahre einen großen Bogen um Forschung und Lehre machen.

Über die Entwicklungen, die durch diese Eingriffe in die Hochschule losgetreten werden, kann man nur Spekulationen anstellen. Was Trotha als Stärkung der Autonomie propagiert, wird jedoch manchem als Hochsommer des Zynismus erscheinen. (ckg, kh)

Jubliäum

Am 21. Oktober feierte die Hochschule für jüdische Studien ihr zwanzigjähriges Bestehen in der Aula der Neuen Universität. Anläßlich dieses Festaktes verlieh die Universität Heidelberg posthum dem verstorbenen Vorsitzenden des Zentralrates Ignatz Bubis die Würde eines Ehrensenators. Bundespräsident Johannes Rau, Bundesinnenmister Otto Schily, Ministerpräsident Erwin Teufel, sowie ein Vertreter des Zentralrats der Juden in Deutschland nahmen an den Feierlichkeiten teil.

Die Hochschule wird regelmäßg durch Bund und Länder unterstützt. Außerdem besteht eine enge Zusammenarbeit mit der Universität Heidelberg. (ckg)


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