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Feuilleton


Von Kunst und Computern

Das neue Medienzentrum in Karlsruhe

Seit dem 18. Oktober 1997 stehen dem aufgeschlossenen Kulturinteressierten völlig neue Welten offen: Das Zentrum für Kunst und Medientechnologie (ZKM) bietet eine Mischung aus Erlebnispark und modernem Museum für die ganze Familie.

1992 beschloß die Stadt Karlsruhe, die ehemalige Munitionsfabrik in der Lorenzstraße als Denkmal zu erhalten. Damit war der Grundstein für ein Forum neuer Künste gelegt. Das ZKM ist mit seinen 41 800 qm Nutzfläche das größte derartige Museum Deutschlands. Zur Eröffnung im Oktober kam sogar die Band "Kraftwerk", die schon seit Jahren Kunst mit modernen Medien (besonders dem Computer) vereint. Karlsruhe hat sich einen neuen Besuchermagneten geschaffen, was man bereits am Bahnhof spüren kann. Für Ortsunkundige hält der KVV ein Infoblatt bereit, mit dem man den Weg zum ZKM nicht verfehlen kann.

Das Gebäude wirkt auf den Betrachter zunächst gigantisch, bei näherem Hinsehen stellt sich heraus, daß die zur Verfügung stehende Fläche noch nicht ausgenutzt ist. Die Bauarbeiten sind anscheinend noch im Gange.

Von der Fülle des Angebotes anfangs überfordert, kann man sich in der Eingangshalle an einem elektronischen Wegweiser über die Möglichkeiten des ZKM informieren: Medienmuseum, Museum für Neue Kunst und Mediathek stehen zur Auswahl. Daneben beherbergt das Gebäude Produktions- und Forschungsstätten, um zu gewährleisten, daß das Museum auf dem neuesten Stand bleibt.

Wir entschieden uns, zuerst das Museum für Neue Kunst zu erkunden. Eine bunte Mischung aus Malerei, Skulptur, Photographie und Videoinstallation ist da ausgestellt.

Die Direktion scheint Wert auf den Ausgleich zwischen Medienkunstwerken und eher konventionellen Exponaten zu legen, was den Zwiespalt zeitgenössischer Künstler widerspiegelt: Muß der Kunstbegriff in Anbetracht der Möglichkeiten der Neuen Medien neu definiert werden?

Es entsteht der Eindruck, daß die Aussagekraft traditioneller Gattungen erschöpft ist, und eine angemessene Reflexion des Zeitgeistes die modernen Techniken nicht mehr aussparen kann.

Am beeindruckendsten fanden wir Bill Violas "The City of Men", eine altarähnliche Videoinstallation im Nußholzrahmen. Sie konfrontiert den Betrachter mit einer irdischen Version der biblischen Vorstellung vom Jüngsten Gericht - eingerahmt vom himmlischen Paradies und höllischem Fegefeuer auf den Seitenflügeln. Das Paradies wird als friedlich im Sonnenschein daliegende Stadt abgebildet , ein lichterloh brennendes Haus symbolisiert die Hölle. Die zahlreichen Black Boxes - abgeschlossene und verdunkelte Räume -, in denen die Installationen montiert sind, ermöglichen dem Betrachter die ungestörte Auseinandersetzung mit dem Kunstwerk.

Erwähnenswert sind noch die Arbeiten von Marie-Jo Lafontaine, deren Verbindung von Kurzfilm mit Musik große Aussagekraft erzielt und Aufmerksamkeit auf sich zieht. Doch jeder Besucher wird seine eigenen Schwerpunkte setzen. Die Bandbreite der Exponate scheint unerschöpflich.

In der ersten Etage herrscht eine merklich andere Atmosphäre - Interaktion ist gefragt. In einer simulierten Straßenbahnfahrt kann man Karlsruhe erkunden, dem Radfahrer stehen sogar Amsterdam oder New York offen ("The Legible City" von Jeffrey Shaw). Von einer Sensation zur nächsten geschoben, fühlt man sich allerdings bald von der virtuellen Wirklichkeit überfordert.

Zu einer kleinen Ruhepause verlockt die "Camera Virtuosa", aus derem Inneren interessante Bilder übertragen werden. Wer sich hineinwagt, wird in virtueller Umgebung zur Aktion aufgefordert, und so mancher graziler Ballettanz erheitert die Voyeure draußen vor dem Bildschirm.

Erholt wurden wir nun schöpferisch tätig. Beim "Interactive PlantGrowing" kann man durch taktile Reize an echten Pflanzen einen Urwald auf der Leinwand entstehen lassen. Bei "Beyond Pages" (von M. Fujihata) eröffnet das altgediente Medium Buch ungewohnte Welten. Ein auf dem Tisch liegendes virtuelles Exemplar kann durch einen mouse-ähnlich funktionierenden Stift zum Umblättern bewegt werden. Jede Seite hält eine neue Überraschung bereit, und die Verschmelzung von realer und virtueller Umgebung ist gewöhnungsbedürftig. So wundert man sich nicht wenig, wenn man plötzlich die Tischlampe zum Leuchten bringt.

Ein Stockwerk höher wird die Kunst schließlich nebensächlich. Hauptsächlich Kinder belagern die zahlreichen Spielecomputer. Die verschiedenen Varianten von Video- und Computerspielen laden zum Ausprobieren ein. Etwas abgelegen von dieser Hektik findet sich die "KlangWeltKarte" von Thomas Gerwin, der Geräusche aus allen Teilen der Erde gesammelt hat, die man per Knopfdruck auf sich einwirken lassen kann. Dieses klangliche Erlebnis eröffnet eine ungewohnte Perspektive und bietet einen gelungenen Ausklang für den Besuch im ZKM.

Jedem, der nun neugierig geworden ist, können wir einen Kulturtrip nach Karlsruhe nur empfehlen (Immerhin gibt es 50% Ermäßigung für Studierende!) Die Öffnungszeiten:


Premiere!

Schäferstündchen mit Arabella

"Ich bin in acht Tagen mit der Partitur der 'Helena' fertig... aber jetzt hab ich nichts mehr zu arbeiten: total abgebrannt! Also bitte: Dichten Sie!" Dieser Hilferuf seines Freundes Richard Strauß erreicht Hugo von Hofmannsthal 1927. Er war der Anstoß zur Entstehung der lyrischen Komödie Arabella.

Die Handlung entspricht dem, was man sich unter einer locker-flockigen Wiener Ballgeschichte vorstellt: Wien 1860, die verarmte Familie Waldner bemüht sich krampfhaft, die schöne Tochter Arabella möglichst reich zu verheiraten. Arabella wird von drei Grafen umschwärmt und verspricht, am Abend auf dem Fiakerball ihre Wahl zu treffen. Doch kurz vorher verliebt sie sich in einen geheimnisvollen Fremden namens Mandryka. Mandryka, so stellt sich heraus, liebt Arabella ebenfalls, und da er auch noch reich ist, scheint einem Happy-End nichts mehr im Wege zu stehen.

Aber Arabella hat noch eine jüngere Schwester, Zdenka. Da die Familie zu arm ist, um auch Zdenka prachtvoll auszustaffieren, wird sie als Junge verkleidet. Zdenka verliebt sich in einen von Arabellas Verehrern, den Jägeroffizier Matteo. Als dieser von Arabellas Verlobung erfährt, will er sich erschießen. Zdenka kann ihn davon abhalten, indem sie ihm ein Stelldichein mit Arabella verspricht. Mandryka aber belauscht die beiden und glaubt sich von seiner Zukünftigen betrogen. Er weiß nicht, daß Matteo bei seinem Rendez-vous Zdenka trifft. Matteo weiß es übrigens auch nicht, und als er nach seinem Schäferstündchen Arabella begegnet, beginnt das übliche Komödiendurcheinander: Matteo behauptet, mit Arabella geschlafen zu haben, sie leugnet es, Mandryka glaubt ihr nicht. Schließlich klärt Zdenka alles auf, Arabella versöhnt sich mit Mandryka und Zdenka bekommt ihren Matteo. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.

Wer jetzt allerdings musikalisch den zur Handlung passenden Walzerrausch erwartet, hat übersehen, daß es sich um ein Stück von Richard und nicht Johann Strauß handelt. Diese seltsame musikalische Mischung zwischen Klassik und Moderne holt die Oper wieder etwas aus der Schublade "Wiener Schmalz" heraus. Das Gegenteil gilt jedoch für Kostüme, Bühnenbild und Inszenierung. Könnte man die wenig originellen Reifröcke und den leise vom Schnürboden rieselnden Schnee noch ertragen, so resigniert man völlig angesichts der Einfallslosigkeit der szenischen Umsetzung. Statt lebendiger Gestaltung erwarten einen Standbilder von so unerträglicher Kitschigkeit wie die vor ihrem Zukünftigen mit elegantem Rockschwung auf die Knie gesunkene Arabella.

Der einzige schauspielerische Lichtblick ist Heinz Feldhoff als Graf Waldner, dem es als Einzigem wirklich gelingt, seine Rolle glaubwürdig darzustellen. Gesanglich überzeugt die Darbietung immerhin etwas mehr. Passagen unerwartet strahlender Klangintensität ließen vor allem Barara Osterloh als Adelaide und Theodor Carlson als Mandryka hören.

Erwähnenswert bleibt noch die Leistung von Brigitte Geller als Zdenka, deren stimmliche Interpretation der Rolle voll und ganz gerecht wird. Zum Schluß ein Ratschlag an das Orchester: Etwas mehr Piano könnte nicht schaden - schließlich möchte man auch noch die Sänger hören. Fazit: Ein bißchen mehr Mut bei der Inszenierung hätte dieser biederen Geschichte mit der wenig überragenden Musik gut getan. (st)

Weitere Aufführungen im Februar: Sa, 21.02., 19.30 Uhr; Sa., 28.02., 20.00 Uhr

Mittwoch bis Samstag 12.00 Uhr bis 20.00 Uhr, Sonntag 10.00 bis 18.00 Uhr. (ko,mi)


Drei Schwestern

Tschechow im Stadttheater Heidelberg

Vier junge Menschen, hängengeblieben und verloren in der Provinz: Drei Schwestern und ihr Bruder Andrej wurden vor elf Jahren von ihrem Vater aus dem rauschenden Moskau nach Perm gebracht, einer Garnisionsstadt weit im Osten Rußlands. Der Vater stirbt - und seine Kinder versuchen, hin- und hergerissen zwischen Sehnsucht und Verzweiflung, dem hinterwäldlerischen Leben zu entfliehen. Der Versuch bleibt vergeblich.

Die Zeit fliegt vorüber, ohne daß sich irgendetwas an der Rückständigkeit der Umgebung ändert. Und immer drängender wird ihr Wunsch, zurück nach Moskau zu ziehen - bis im letzten Akt die Resignation siegt. Die Banalität der Provinz hat die Sehnsucht nach der fortschrittlichen, kultivierten Welt, von der die Schwestern träumten, aufgezehrt. Soweit Tschechow vor hundert Jahren.

Die Inszenierung ist mit handwerklicher Routine umgesetzt worden: Die Besetzung der drei Schwestern (Ulrike Knospe als Mascha, Harriet Kracht als Olga, Dascha Poisel als Irina) ist mit hohem Feingefühl für ihr Zusammenspiel besetzt worden - besonders wichtig in Szenen, in denen die drei Figuren trotz ihrer geschwisterlichen Nähe unendlich einsam zu sein scheinen. Bemerkenswert ist Versinin (Hannsjörg Schuster), der das richtige Gleichgewicht zwischen zynischer und romantischer Charakterdarstellung erreicht. Kulygin, der Mann von Mascha (Roland S. Blezinger), ist zum Hanswurst uminterpretiert worden, wohl um dem Publikum Momente zum Atemholen zu geben.

Außerdem hat Regisseur Stefan Kimmig das Stück in eine Rahmenhandlung gesetzt: Eine russische Theatertruppe kommt in eine Provinzstadt und findet eine alte, zuvor als Lagerhalle benützte Kirche als Bühne vor. Unsicher begutachten sie die Räumlichkeit. Nach kurzem Zögern überwinden sie die Enttäuschung über den schlechten Aufführungsort und beginnen die Vorstellung.

Fraglich, ob das Publikum diese Einleitung versteht - wer nicht im Programmheft die "Notiz zur Inszenierung" gelesen hat, kann mit der Einleitung kaum etwas anfangen. Das ist schade: Denn die Idee, die Hoffnungslosigkeit der drei Schwestern in der Stadt Perm auf die Unsicherheit im postkommunistischen Rußland zu übertragen, ist bestechend. Die Sehnsucht "nach Moskau" als schöner neuer Welt des Kultivierten wirkt wie ein Spiegel der Hoffnung der Menschen auf die Demokratie und die Verheißungen des freien Marktes - die Resignation in Perm als Gegenstück der heutigen Depression in Rußland.

Doch warum eigentlich Rußland, wie im Programmheft nahegelegt? "Eine Stadt wie Perm" ist überall - das Rückständige, Provinzielle erstarkte auch auf unserer Seite des eisernen Vorhangs, seitdem er schmolz: Die Unsicherheit wächst. Nach dem letzten Akt bleibt keine Hoffnung auf Veränderung der Zustände, stattdessen ist das Vergessen übermächtig. Der Zuschauer verläßt den Saal nachdenklich. Auch Heidelberg ist Perm. Die Provinz ist überall. (gan)

Drei Schwestern: Stadttheater Heidelberg. 17. Februar, 20 Uhr; 7. März, 19.30 Uhr


Abenteuer Oper

Puccinis Tosca in Mannheim

Um das Wochenende nach langen Nächten noch kulturell abzurunden, geht man also einmal in die Oper nach Mannheim. Zunächst einmal klingt "Oper" natürlich abschreckend. So ähnlich wie "Seniorennachmittag" oder "Bingoabend". Doch man kann auch andere Erfahrungen machen.

Man wählt Tosca von Puccini als Objekt der kulturellen Begierde. Mit der dritten Reihe hat man dann auch noch einen ganz guten Platz erwischt. Dann - oha - geht's los: Akkorde schmettern, und es bleibt festzustellen, daß Oper in der dritten Reihe durchaus auch die Lautstärke einer mittleren Technosession erreichen kann. Apropos dritte Reihe: Die Zusammensetzung des Personenkreises ist doch sehr polarisiert. So gibt es die Älteren, im Schnitt jenseits der sechzig, die sich eine solche Karte leisten können. Aber auch wir Studis sind recht zahlreich vertreten - Restkarten gibt's kurz vor der Vorstellung verbilligt. Man verfolgt nun gespannt die Handlung: natürlich viel Liebe, Eifersucht, Intrigen, und am Ende sind die Guten tot. Zugegeben, die Darstellung der Handlung ist hiermit ein wenig vereinfacht, doch man will ja den Rahmen nicht sprengen. Was ja beinahe unter den Tisch gefallen wäre: Es war gut, sogar sehr gut. Schade nur, daß die Getränke in der Pause so teuer waren. Man hätte doch Durst gehabt. Also: Merken für's nächste Mal: Etwas zu trinken mitbringen und auch vielleicht einen Spiegel - man fällt doch auf, wenn man sich zur Betrachtung der Damen in den hinteren Reihen immer umdrehen muß. (mg)


Großformatgräser

Moderne Kunst in Frankfurt

Zeitgenössische Kunst ist ständigem Wandel unterworfen. Deshalb findet im Museum für Moderne Kunst (MMK) in der Mainmetropole Frankfurt halbjährlich ein Szenenwechsel statt. Die achte Kunst-Rotation dieser Art wurde am 30. Januar 1998 eröffnet. Wie der Name "Szenenwechsel" bereits in seiner Grundbedeutung verdeutlicht, werden der künstlerische Festbestand und die hinzugewonnenen Neuerwerbungen halbjährlich in eine neue Konzeption gebracht. Dabei spielt das Denken von Gegenwart in der Kunst eine große Rolle.

Die Initiatoren des Museums und vor allem sein Direktor Jean-Christophe Amman legen auf zweierlei besonderen Wert: mit der Auswahl der ausgestellten Werke Einblicke und Ausblicke zu geben, aber auch Diskussionen und Kontroversen zwischen Sehenden und Gesehenem zu entfachen. Ob es den Machern gelungen ist, kann man bis zum 10.5.98 selbst entscheiden.

Der "Szenenwechsel" wird zunächst mit einer umfangreichen Sammlung des 1994 im Alter von 53 Jahren verstorbenen italienischen Künstlers Alighiero Boetti eingeleitet. Diese Sonderausstellung mit dem beziehungsreichen Namen "Mettere al mondo il mondo" ("Die Welt zur Welt bringen") basiert nicht auf einem chronologischen Konzept, sondern greift lediglich acht Werkgruppen aus dem Gesamtwerk Boettis heraus. In bezug auf die bestehenden Sprachsysteme und ihre Ordnungsprinzipien nähert sich der Künstler dem Konzept der Ordnung und Unordnung von Buchstaben, indem er sie in einer kunstvollen Art und Weise mit Hilfe von Stempeln und Siegeln auf quadratischen Leinwänden zusammensetzt. In den zwanzig ausgestellten Arbeiten "Tavole Pitagoriche" ("Pythagorische Tafeln", 1990) greift er beispielsweise auf die Systematizität des griechisch-antiken Mathematikgenius' Pythagoras zurück.Wer beim Betrachten aus einem entfernten Blickwinkel glaubt, die Tafeln wären gemalt, der irrt. Alle Arbeiten, einschließlich der Weltkarte "Mappa" (1983), entstanden in Boettis Wahlheimat Afghanistan, wurden dort von Drittpersonen auf Leinwand gestickt (!).

Auch Franz Gertsch (geboren 1930), Preisträger des Kaiserrings der Stadt Gosslar 1997, läßt seine Bilder in langjährigen Arbeitsprozessen entstehen. Mit akribischer Genauigkeit arbeitet Gertsch, der sich selbst als Konzeptkünstler bezeichnet, bis zu zwei Jahre an der fotorealistischen Umsetzung seiner Bilder. Das Monumentalgemälde Johanna I (330x340 cm, 1993/94) überträgt in seiner überragenden Größe eine solche energetische Kraft auf den Besucher, daß das MMK diesem Bild allein einen ganzen Raum zur Verfügung stellte. Besonders zeit- und arbeitsintensiv sind Gertschs "Grasbilder" (1996/97), in denen er einen Moment, eine Sekunde aus der Bewegung der Gräser in der Natur herausgreift und ausschnitthaft in der hier gezeigten dreiteiligen Werkgruppe festhält.

Neben den Aktaquarellen der gebürtigen Südafrikanerin Marlene Dumas (Jahrgang 1953) wurden 1996 zwanzig Schwarzweißfotos des New Yorker Fotographen Ralph Gibson (geboren 1939) erworben. In ihrer Auswahl durch Jean-Christophe Amman weisen sie in atemberaubender ästhetischer Aufbereitung herauslösende Momente von "bereits Gesehenem" auf, die durch den Blickwinkel des Fotografen immer wieder neu verändert werden.

Ein weiterer Künstler des "Szenenwechsels" ist Gerhard Richter (geboren 1932), der mit dem Zyklus "18. Oktober 1977" (Öl auf Leinwand) im MMK vetreten ist. Richter benutzte für seine Bilder zwar Photovorlagen von RAF-Mitgliedern, verfremdete sie jedoch durch unscharfe Wiedergabe und Ausschnitthaftigkeit in seiner eigenständigen künstlerischen Umsetzung. Der Kreis der Neuerwerbungen schließt sich mit dem zum jungen Künstlernachwuchs gehörendem Martin Spehr ( geboren 1965), welcher mit seiner gefertigten Living-Room Installation die eigenen vier Wände nachbildet: die Möbel aus Pappe, die Bilder in Form von Aquarellen. Damit könnte er als künstlerisches Pendant zu dem ebenfalls im MMK ausgestellten "Bedroom" des Pop-Art Altmeisters Claes Oldenburg stehen.

Mit dem achten Szenenwechsel ist es dem Museum für Moderne Kunst erneut gelungen, aus dem heutigen Sturmgeflecht von künstlerischen Techniken und Materialien des Betrachters Blick zu schärfen, um das Sichtbarmachen von Verläufen und Prozessen in zeitgenössischer Kunst wahrzunehmen und für sich zu entdecken. (krs)


ruprecht goes to the movies

Filmtips - und vor allem Meinungen

(in Klammern die Anzahl der ruprechte)

ruprechts Notenskala:

kein ruprecht - nicht empfehlenswert
ein ruprecht - mäßig
zwei ruprechts - ordentlich
drei ruprechts - empfehlenswert
vier ruprechts - begeisternd

In and Out (2)

Endlich - auch in Hollywood sind Homosexuelle mittlerweile voll leinwandkompatibel, und das nicht mehr nur in leidensvollen Rührstücken wie "Philadelphia", sondern nun in einer rasanten Komödie des einstigen Muppet Show-Regisseurs Frank Oz. Furios schon der Anfang: Kurz vor der Heirat mit seiner Dauerverlobten Emily (Joan Crusack) wird High School-Lehrer Howard Brackett (Kevin Kline) von einem ehemaligen Schüler ausgerechnet bei dessen Oscar-Preisverleihung geoutet. Um die rüschenbesetzten Hochzeitsträume nicht in die Binsen gehen zu lassen, startet Howard einen Umerziehungskurs zum Macho, aber Medienhatz und Kleinstadttratsch laufen bereits auf Hochtouren. Als er schließlich doch bekennt, droht ihm der Rausschmiß aus der Schule; die - nun auf einmal ganz toleranten - Kleinstadtbewohner sorgen allerdings dafür, daß sich am Ende alles wieder in stereotype Kino-Romantik auflöst. Gerade der versöhnliche Schluß zeigt einmal mehr, wie schwer der Umgang mit dem Thema für die amerikanischen Traumfabriken noch ist: "In and Out" kann sich offensichtlich nicht zwischen Komödie - dazu fehlt die nötige Respektlosigkeit - und Rührstück entscheiden, und so bleibt der Film - trotz einiger gut gemachter Persiflagen von Männlichkeitswahn und Heteroklischees - doch nur seichte Unterhaltung. (kebi)

Starship Troopers (3)

Robert Heinlein und Paul Verhoeven: zwei Namen, die viel versprechen, dem Anspruch aber auch gerecht werden. Auch in unserer Zukunft ist der Erde keine Ruhepause vergönnt. Die Ruhestörer kommen mal wieder aus den Tiefen des Weltalls: Bösartig häßliche "bugs", die Arachnoiden, greifen die Erde mit Meteoriten an. Natürlich nehmen die Menschen den Kampf sofort auf. Sie schicken eine Armee quer durch die Galaxie, um die bugs zu Hause zu vernichten. Und in dieser Invasionsstreitkraft sind die vier "Helden" des Filmes. Diese vier, direkt aus Beverly Hills importiert, haben sich aus den unterschiedlichsten Motiven (die Liebe spielt aber immer eine Rolle) freiwillig für die Streitkräfte gemeldet. Sogleich verschlägt es sie in ein völlig sinnloses Massaker. In der ersten Nacht des Angriffes sterben 300.000 Menschen, und die bugs sind nicht sonderlich beeindruckt. Die Militärs haben die Arachnoiden unterschätzt, so daß die wahnsinnige Folge ein Gemetzel ist.

"Starship Troopers", der dritte Science-Fiction Film von Verhoeven nach "RoboCop" und "Total Recall", trägt ganz seine Handschrift. Verhoeven befolgt keine der Richtlinien Hollywoods und macht Filme, wie er sie selber sehen möchte. Nicht belehrend, nicht nachdenklich stimmend, sondern spannend und unterhaltsam. "Starship Troopers" ist kein Antikriegsfilm, aber man kann ihm genauso wenig vorwerfen, den Krieg zu verherrlichen, wenn man sieht, wie hunderte von Menschen auf bestialischste Weise getötet werden. Und ein Gestapo-Mantel macht den Film auch nicht zu einer faschistischen Lobeshymne. Ganz im Gegenteil, wer Verhoevens Filme kennt, wird seine beliebte Fernsehsendung nicht vermissen. So berichtet die Nachrichtensendung im Film, mit der neutral angenehmen Stimme vom 7.-Sinn-Sprecher, daß wieder einmal 100.000 Troopers im Kampf für die Heimat glücklich gestorben sind.

Fazit: ein sehenswerter Film, nicht nur für Science-Fiction-Fans, sondern für alle, die sich die Kinonächte nicht mit "Titanic" verderben lassen möchten, sondern unterhalten werden wollen. Einzige Wehmut am Film: Die "ab 18"-Begrenzung hat "Starship Troopers" nicht wegen seiner einzigen unvollendeten Liebesszene... (jr)

Lebe lieber ungewöhnlich (2)

Nach der harten Junkie-Realität in "Trainspotting" hat das schottische Quartett (A.McDonald, J.Hodge, D. Boyle und E.McGregor) nun Ort und Genre gewechselt und drehte eine märchenhafte Liebeskomödie im Amerika der 90er. Da Liebe aber in der egozentrischen Moderne kaum mehr zu finden ist, muß der Himmel einschreiten. Himmelschef Gabriel ergreift die Initiative und entläßt die Engel O'Reilly (H.Hunter) und Jackson (D. Lindo) mit einem schwierigen Fall auf die Erde: Die schöne, aber zickige Millionärstochter Celine (C.Diaz) und die verträumte Putzkraft Robert (E.McGregor) sollen ihre Herzen aneinander verlieren. Eine paradoxe Situation reiht sich an die nächste; doch der Film ist einfach strukturiert. Robert entführt aus Rache an seinem Chef dessen Tochter Celine. Dabei verlieben sich die beiden ineinander. Die Mission der Engel ist damit erfolgreich abgeschlossen, und sie bleiben von der lebenslangen Verbannung auf die Erde verschont. Doch nur Gott - von Gabriel zu Hilfe gerufen - verhilft dem ungleichen Paar zu einer glücklichen Ehe. Fazit: Eine ungewöhnliche Liebeskomödie, die ihre Spritzigkeit aus unerwarteten Wendungen, den eigenartigen Charakteren und nicht zuletzt der schon aus "Trainspotting" bekannten Musik - "Beck", "Prodigy", "Cardigans" und "Oasis" - gewinnt. (ko)

Cop Land

Mit "Cop Land" wurde Sylvester Stallones Debut als ernstzunehmender Schauspieler angekündigt. Übertrieben ist die Behauptung, Stallone sei über Nacht vom wilden Rambo zum Charakterdarsteller geworden. Im Unterschied zu früher spielt er aber diesmal einen Menschen aus (viel) Fleisch und Blut, den man sogar sympathisch finden kann. Freddie Heflin (Stallone) ist Sheriff im Ort Garrison. Hier haben sich korrupte New Yorker Polizisten von der Mafia einen Platz finanzieren lassen, in dem sie ungestört ihren illegalen Geschäften nachgehen können. Den tumb-naiven Heflin nimmt hier niemand ernst. Erst als Oberfiesling Ray Howlin (Harvey Keitel) eine gigantische Vertuschungsaktion startet und Sonderermittler Tilden (Robert De Niro) Heflin um Unterstützung bittet, erwacht in diesem der Gerechtigkeitssinn. Gegen alle Widerstände nimmt er den Fall in die Hand. "Cop Land" ist ein solider, leidlich spannender Krimi um Zivilcourage und Gerechtigkeit. Mit seinem Batallion an Hollywood-Stars sorgt er für das ein oder andere Deja-Vu-Erlebnis, gleichwohl kommt der Film über das gehobene Mittelmaß nicht hinaus, da das Ende vorhersehbar ist und Stallones schauspielerische Fähigkeiten doch nicht ausreichen, um Heflins Wandel vom harmlosen Teddybär zum großen Helden wirklich glaubhaft zu machen. (jba)


ruprecht on the record

Musiktips

Various Artists: Dead & Gone -
#1: Trauermärsche/Funeral Marches;
#2: Totenlieder/Songs Of Death (Trikont/Indigo)

Winter: Kälte, Tristesse, Nebel und kurze Tage... - Nicht verwunderlich, daß manch eine(r) in dieser Zeit über die Vergänglichkeit des Lebens nachdenkt. Der DJ und "Trauermarschfetischist" Fritz Ostermayer hat mit den vorliegenden Samplern die passende Musik für morbide Seelen zusammengestellt. Teil eins dieses "Todes-Duos"versammelt allerlei Trauermärsche aus der ganzen Welt. Da trötet eine Begräbniskapelle aus Saigon, ein sogenanntes "Linksradikales Blasorchester" zelebriert den Trauermarsch, und der gute alte Tom Waits röchelt sich wieder einmal die Seele aus dem Leib. Afrikanische, Blues- und Country-Märsche sind weitere Ohrenschmäuse dieser seltsamen CD. Totenlieder sind das Thema der zweiten Kompilation: gleich ob Serbische Totenklagen, Gesänge von Heldinnen der Traurigkeit wie Lydia Lynch und Nico (Ostermayer: "Ein Eiskristall"), Edith und Karl Dworak mit ihrem Wiener Beerdigungs"hit" "Stellt's meine Ross in Stall", Hip-Hop oder alte Schellack-Aufnahmen: Trauer über alles. Trotz aller Todesklage lädt so mancher Titel sogar zum Schmunzeln ein. Naja, vielleicht doch nicht: Es ist alles schon irgendwie todtraurig... Das wunderbar mit Zeichnungen des mexikanischen Künstlers José Guadalupe Posada (sie heißen "Calaveras", "kleine Tote") illustrierte Begleitheft kommentiert die Auswahl pointiert, oftmals sogar komisch, und rundet damit diese skurrilen Streifzüge durch die Welt der Todeslieder ab. (Christina Gehrlein)

Supergrass
In it for the money

Was einem ordentlichen Studi in Heidelberg bei dem Wort Oxford einfällt: grüner Rasen, der nur von "Senior Students" betreten werden kann (wie chique!), eine Sprache, die englischer als die der BBC ist, dolle Rudermannschaften und eine Uni, die noch älter als die eigene ist. Jetzt gibt's noch eine andere Spezialität aus dem Städtchen auf der Insel: Supergrass, eigentlich ein Trio, nämlich Bassist Gaz Coombes, Danny Goffey an den Drums und Gitarrist Mickey Quinn. Und weil Blut doch dicker als Wasser ist und immer nur "unplugged" auch langweilt, spielt Coombes Bruder Ron auf seinem Keyboard in fast allen Songs mit.

Was dabei herauskommt, macht Spaß: Immer, wenn sich das Gehirn zwischen den Kopfhörern entschieden hat, an welche Pop- oder Rockgröße die Tracks von "In it for the money" erinnern, stimulieren die Klänge die Rhythmusabteilung zwischen Bauch und Herzgegend auf neue Art. Auf diese Weise bekommt ein Opfer beim Anhören eine längere Liste zusammen: die beginnt bei den "Monkees", läßt "The Who" nicht aus, erfaßt mindestens drei Stilrichtungen von Bowie, und weist außerdem noch die "Stones", Marc Bolan und "Pulp" auf. Am Ende bleibt nur die Erkenntnis, daß es sich bei diesem Album eben nicht um das Machwerk eines weiteren Vertreters des Britpop handelt, der vom Vergleich mit überlebten Stilen lebt - sondern um etwas Neues. Und das Schönste: Wahrscheinlich wollte das Trio plus Keyboard noch nicht einmal besonders originell sein, als es die Platte machte. Beim Anhören hat man mehr das Gefühl, daß ein paar Jungs, die irgendwie in ein Studio kamen, einfach viel Spaß mit ihrer Musik hatten. (gan)

Tab Two
Sonic Tools

Aus Hip-Jazz wird Trip-Jazz. Aha. Da ich noch immer auf das Wörterbuch warte, das all jene nichtssagenden Stilbegriffe erläutert, versuche ich es mit Beschreibungen. Helmut Hattler und Jo Kraus waren unter dem Firmennamen Tab Two zu Beginn der 90er Jahre eine der ersten Bands, die Jazz mit eingängigen Rhythmen unterlegten und Sprechgesang integrierten. Im Gegensatz zur Jazzkantine fristete bei Tab Two der Sprechgesang immer ein Mauerblümchendasein, gerade reichhaltig waren die Texte selten, oft auch nur einige Zeilen lang. "Sonic Tools" ist das erste Album, das sich ganz auf die Instrumente konzentriert. Zwölf bereits bekannte Stücke vorhergehender Alben wurden neu aufgenommen und reichhaltig verfeinert. Hattlers quirlige Soli auf dem Bass und Kraus' einfühlsame gedämpfte Trompete sind hervorragend aufeinander abgestimmt, die zusätzlich arrangierten Instrumente und die Percussion fügen sich nahtlos ein. Hörenswert, dieser Trip-Jazz. (papa)


Freunde tun Gutes

ruprecht erhält einen Förderpreis

Der "Verein der Freunde der Universität Heidelberg" vergibt jährlich einen Preis an studentische Initiativen, die keine Mittel aus der Kasse der Universität beziehen. Insbesondere sollen Gruppen gewürdigt werden, die durch ehrenamtliches Engagement für Studierende die Unilandschaft mitgestalten. Der Preis enthält eine einmalige Unterstützung in Höhe von 5000,- DM.

Der "Verein der Freunde der Universität Heidelberg" wurde im Oktober 1947 gegründet, um einen Kreis von Studierenden und Hochschulabsolventen zu schaffen, in dem Beziehungen ehemaliger Studierenden zueinander und zu ihrer Universität gepflegt werden könnten. Außerdem stellte sich der Verein die Aufgabe, Kontakte zwischen der Universität und den Menschen in und um Heidelberg zu knüpfen.

Im Lauf der Jahre verlor der Verein allerdings immer mehr an dynamischen Antriebskräften und führte eher ein Schattendasein im universitären Leben Heidelbergs.

1990 wurde er unter der Initiative des damaligen Rektors Volker Sellin neu belebt. Dieser ebnete den Weg zu einer umfassenderen Strukturreform innerhalb des Vereins, die sieben Jahre später durchgeführt werden sollte. Ende 1997 wurde sodann der erweiterte Vorstand für eine etwas breitere Vertretung der Studierenden geöffnet. Seitdem diskutieren acht Studis bei der Besprechung der Projekte mit.

Seit drei Jahren wird der Preis der "Freunde der Universität" jährlich verliehen. Bisherige Preisträger waren der "Romanische Keller" sowie das "Sozialhandbuch" der FSK und die "Nightline", die sich im vorletzten Jahr das Preisgeld teilten. 1997 ging der Preis an den ruprecht. Er wurde am 3. Februar in Anwesenheit des Rektors Jürgen Siebke sowie einiger Vorstandsmitglieder an Mitarbeiter der Student(inn)enzeitung in der Alten Universität feierlich übergeben. (vb)


Frisch gefischt

Diesmal: Mißbrauch der Datennetze

Das Internet als Informationsquelle zu nutzen, kursierte kürzlich in der Feldmensa, sei wie mit einem Wasserschlauch trinken zu wollen: man wird pitschnaß, ist aber immer noch durstig. Mit dieser Kolumnemöchte ruprecht Internetsurfern, denen das zu feucht wird, ein Handtuch reichen. Wer sich übrigens beim Ausprobieren der "links" das Tippen sparen möchte, kann sich auch direkt vom Internet-ruprecht durchklicken: http://ruprecht.fsk.uni-heidelberg.de/ausgaben/52/ru05.htm#frisch .

In einem Interview sagte Laurie Anderson, Elektronik sei das Lagerfeuer, um das herum wir heute unsere Geschichten erzählen:

http://www.wired.com/wired/2.03/features/anderson.html

Zu dieser Zeit war das Internet noch sehr wenigen Benutzern zugänglich. Das war auch die Zeit, in der viele naiv glaubten, Computerpornographie gäbe es im Internet gar nicht. Kein Wunder, denn die meisten benutzen das Internet für gezielte Recherchen. Doch dann fand ich sie doch: http://www.ts.umu.se/~balp/ComputerPorno.html - Nicht, daß ich zielgerichtet danach gesucht hätte... Gefunden hatte ich sie lediglich als externen Link auf einer ganz anderen Seite des WWW, in der ich eine Sammlung logischer Schaltbilder vermutet hatte: http://www.snafu.de/~dbrueg/Computer.html bietet neben den hilfreichen Schaltbildern einige Geschichten, wie es zum Beispiel wäre, wenn Microsoft Filme drehte. Realsatirisch wird es jedoch, wenn man einige Seiten sieht, die ernst gemeint sind, wie diese:

http://members.aol.com/wolkow/private/index.htm#a2 (Der Autor möge mir verzeihen, aber vielleicht ist diese Seite doch nicht so ernst gemeint?)

Sehr viel Mut gehört dazu, diesen Server zu besuchen: http://129.187.82.235/cgi-bin/STASI

Jedoch lohnt sich der Aufwand, und nach einigen Minuten des Aufenthalts erfährt der geneigte Betrachter, was wirklich auf unserem Planeten geschieht. Vorsicht ist allerdings geboten. Wer zu viele Hinweise auf seine Identität auf diesem Rechner hinterläßt, wird womöglich mit der "Götz von Berlichingen Medaille" der freien Republik Laputa beehrt.

Wem all das zu skurril ist, besucht am besten http://members.aol.com/yailla/index3.htm . Petri Heil! (oas)


Auch für Deutsche:

Battle Angel Alita

Zugegeben, über Mangas kann man viel sagen: sie seien zu einfach gezeichnet, völlig sinnlos, nicht für Europäer geeignet oder einfach nur schlecht.

Tatsächlich gelangen im Moment "Animes" oder "Mangas" nach Deutschland, die hier als Kultobjekt gehandelt werden, die allerdings kein Japaner mehr lesen würde; und immerhin sind ein Drittel der gedruckten Medien in Japan Comics. "Battle Angel Alita" vom Japaner Yukito Kishiro dagegen ist ein Manga, dem man damit nicht gerecht wird. Nicht umsonst erntet Kishiro für seine Serie weltweit Achtung, und so war es Anfang 1996 nicht verwunderlich, daß Carlsen Comics nach Katsuhiro Otomos "Akira" und den Serien von Masamune Shiro (beim Konkurrenten Fest) "Gunnm", wie die Serie im Original heißt, auf den deutschen Markt brachte.

"Battle Angel Alita" erzählt in 35 Kapiteln die Geschichte eines weiblichen Cyborgs ohne Erinnerung, woher sie kommt oder wer sie ist. Die Menschen leben mehr schlecht als recht in Sichtweite von Zalem, einer fliegenden Stadt, die als Paradies herhält. Keiner kann sie erreichen, aber jeder träumt davon. statt dessen vegetieren sie unterhalb Zalems, meist als entstellte Cyborgs ohne Moral und Gefühl. Und gerade in einem Müllhaufen, der aus Zalem herabregnet, findet Ido, ein Arzt und Vertriebener aus Zalem, Alitas Kopf und gibt ihr einen Körper. Jedoch kann Alita sich nicht erinnern, wer sie ist und so schildert die Serie ihr Streben nach ihrer Identität. Dabei hat Alita dieselben Probleme und Zweifel wie die Menschen unserer Zeit: Was zeichnet uns au, und wer sind wir eigentlich? Definieren wir uns durch unsere Taten oder doch schlicht durch unsere Existenz? So irrt Alita durch die Welt unterhalb Zalems und vollbringt mannigfaltige Abenteuer. Denn eine Sache kann Alita immer noch: Sie ist eine Kriegerin und beherrscht eine längst vergessene Kampfkunst, mit der sie sich als Kopfgeldjägerin einen Namen macht. "Battle Angel Alita" ist - ähnlich wie "Akira" - oberflächlich gesehen eine nette Science-Fiction Geschichte, die den Leser durch ihre Spannung fesseln kann; aber es steckt viel mehr in ihr. Oft wirft man den Mangas fehlende Tiefe vor; bei der Mädchenvolleyballmanschaft auf dem Weg zur Meisterschaft oder in schicke Uniformen verpackte Schülerin, die Außerirdische bekämpfen (Sailor Moon), ist diese Kritik berechtigt Kishiro tut man damit jedoch keinen Gefallen. Nur weil Kishiro in seiner kulturüblichen Art und Weise Themen aufgreift, die in Europa in der klassischen Literatur behandelt werden, darf man ihn nicht übersehen. Auch wenn es in Deutschland nicht üblich ist: Anspruch und Unterhaltung muß sich nicht ausschließen und das beweist Kishiro eindrucksvoll. (jr)


Real?

Frickel im Gloria

Regisseur Thomas Frickel hat zusammen mit dem Kabarettisten Matthias Beltz den Stoff für seinen Film "Deckname Dennis" direkt aus dem Leben geholt. Am 27. Februar wird Frickel bei einer Vorführung im "Gloria" selbst anwesend sein.

Was der Film zeigt, sieht aus wie beißende Satire - doch ist tatsächlich Wirklichkeit: die bierseligen Karnevalisten im Nikolauskostüm und fundamentalistischen Autobürger sind echt. Reingehen. (gan)

"Deckname Dennis", 27.2. im Gloria, genaue Uhrzeit unter HD 25319


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