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 Hochschule
15.12.2009

Demokratie an der Uni

Soll das Heidelberger Modell beibehalten werden?

Seit mehr als 20 Jahren existiert der Allgemeine Studierendenausschuss (AStA) an der Universität Heidelberg nur auf dem Papier. Alle Entscheidungen dieses Gremiums traf bisher die Fachschaftskonferenz (FSK). Doch seit die FSK im Juli die Mehrheit verlor, streiten sich Hochschulgruppen und FSK darüber, wie der AStA aussehen soll: Soll es beim FSK-Modell bleiben oder lieber so etwas ähnliches wie ein Studentenparlament geben? Die ruprecht-Redakteure Johannes Eberenz und Reinhard Lask streiten über den zukünftigen "Heidelberger Weg".

Reinhard Lask

"Das FSK-Modell ist demokratischer als alle Hochschulgruppen zusammen."

Ganz ehrlich: Was die Welt nicht braucht, ist noch mehr Einfluss von Parteien. Nichts anderes aber fordern die Hochschulgruppen alle Couleur, die sich als mehr oder weniger unabhängig von ihren Mutterparteien bezeichnen. Geradezu aberwitzig erscheint der Vorwurf, dass sie in der FSK kein Mitspracherecht hätten. Das stimmt nicht: Reden dürfen sie, aber entscheiden tun die Fachschaften. Dieses wirklich unabhängige „Heidelberger Modell“, das eben die Hochschulgruppen aus dem Unibetrieb heraushält, bewährt sich seit 20 Jahren. Keiner hat die Hochschulgruppen je vermisst. Die Hochschularbeit funktionierte nicht besser oder schlechter als an anderen Unis.

Wenn man sich die parteipolitischen Grabenkämpfe anschaut, bei denen sich RCDS und linke Gruppen stets ideologische Schaukämpfe liefern, könnte man sich fast freuen, dass es in Heidelberg kein Studentenparlament gibt. Dort, wo es so etwas gibt, verscherbeln schon mal marktliberale RCDSler studentisches Eigentum zu Schleuderpreisen, oder unterstützen marxistisch-leninistische Splittergruppen kurdische Parteien.

Das FSK-Modell ist gegen unsinnige Entscheidungen nicht gefeit; doch da hier Fachschaftler mit Fachschaftlern
reden, ist parteipolitisches Karriere- und Postendenken schon mal ausgeschaltet. Das ist spürbar ein Vorteil, wenn es um Sachfragen geht. Die Kritiker der FSK wenden meist ein, dass es undemokratisch sei, die Hochschulgruppen auszuschließen. Dabei wird niemand ausgeschlossen: Jeder RCDSler oder jedes SDS-Mitglied kann sich zugleich in seiner Fachschaft engagieren und dort mitbestimmen. Die Eintrittshürde ist niedrig, und deshalb bildet die FSK den politischen Willen der Studenten am besten ab.

Selbst wenn nicht alle Fachschaften regelmäßig an den FSK-Sitzungen teilnehmen, so ist das deren Entscheidung: Ob und wie sich Fachschaften beteiligen, liegt in deren Ermessen. Das FSK-Modell wäre nur dann undemokratisch, wenn es bestimmte Fachschaften ausschließen würde.

"Nichtbeteiligung" hat ganz andere Ursachen: Wenn erfahrene Fachschaftler ihren Abschluss machen und sich keine Nachfolger finden, schläft die Arbeit schlicht ein, bis sich eine neue Fachschaft gründet. Die sogenannten „Spaßfachschaften“ hingegen interessiert politische Arbeit gar nicht. Teilnehmen ist in einer Demokratie ebenso legitim, wie nicht teilzunehmen.

Wer glaubt, dass Hochschulgruppen die Studentenschaft und Fächer umfassender repräsentieren als die Fachschaften, muss nur mal im Internet recherchieren, wie breit gefächert die Hochschulgruppen wirklich sind.

Johannes Eberenz

"Der FSK fehlt der Rückhalt in den jeweiligen Fachschaften."

Wenn bei den Senatswahlen die politischen Hochschulgruppen zusammen über die Hälfte der Stimmen bekommen, kann man dann die Fachschaftskonferenz noch als legitime Vertretung aller Studierenden sehen? Das FSK-Modell ignoriert die Interessen tausender Studierende, die sich lieber auch durch die parteinahen Hochschulgruppen vertreten lassen wollen. Die haben in der Fachschaftskonferenz kein Stimmrecht. So gesehen ist die FSK sogar ein undemokratisches System.

Klar, die FSK legitimiert sich bewusst nicht über die Senatswahlen. Dennoch darf man das Signal dieser demokratischen Wahl nicht übersehen, gerade bei einer im vergangenen Semester auf 17 Prozent gestiegenen Wahlbeteiligung. Dass sich nicht alle Studierenden von der FSK vertreten fühlen, könnte zum Beispiel an der geringen Beteiligung der Fachschaften an der FSK liegen. Meistens sind höchstens zehn der rund 40 Fachschaften in den Sitzungen vertreten. Mancher Antrag scheitert, weil nicht genügend gültige Stimmen zusammenkommen.

Viele Fächer haben schon seit Jahren keinen Vertreter mehr in die Konferenz in die Albert-Ueberle-Straße geschickt. Daran wiederum könnten die in der FSK vorherrschenden Themen schuld sein, denn sie betreffen die einzelnen Fächer und damit auch die Fachschaften oft nicht direkt. Wer sich in einer Fachschaft engagiert, interessiert sich meist hauptsächlich für Fragen des eigenen Fachbereichs. Von Spaßfachschaften, die nur Partys organisieren wollen, einmal ganz abgesehen.

Dass sich in der FSK ein Forum derer gebildet hat, die sich für fächerübergreifende Themen engagieren, will ich nicht abstreiten. Allerdings fehlt diesem Kreis oft der Rückhalt in den jeweiligen Fachschaften. Die demokratische Legitimation von unten nach oben funktioniert also nicht.

Eine Lösung könnte es sein, Vertreter von fächerübergreifenden Gruppen zu integrieren. Beispielsweise, indem man einen Studierendenrat einführt, der zur Hälfte aus gewählten Mitgliedern besteht. Das würde ebenfalls niemanden daran hindern, sich persönlich über die eigene Fachschaft einzubringen. Gleichzeitig können Studierende, die dafür keine Zeit oder Lust haben, über die Wahlen Einfluss nehmen. Im FSK-Modell geht eben dies nicht. Dort müssen alle, die mit der hochschulpolitischen Meinung ihrer amtierenden Fachschaftsvertreter nicht
einverstanden sind, viel Zeit investieren.

Eine Reform der unabhängigen Studierendenvertretung ist sinnvoll. Die Debatte darüber sollte breit und ergebnisoffen geführt werden.

von Johannes Eberenz und Reinhard Lask
   

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