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 Wissenschaft
29.06.2009

"Obama ist ein Ankündigungspräsident"

100 Tage Barack Obama: Detlef Junker analysiert die Regierungsarbeit

Professor Detlef Junker ist Gründungsdirektor des Heidelberg Center for American Studies. Mit dem ruprecht sprach er über die bisherige Regierungszeit von US-Präsident Barack Obama und wagte einen Ausblick in die Zukunft.



Professor Detlef Junker ist Gründungsdirektor des Heidelberg Center for American Studies. Mit dem ruprecht sprach er über die bisherige Regierungszeit von US-Präsident Barack Obama.

ruprecht: Herr Junker, was zeichnet Barack Obama aus?


Detlev Junker: Er hat einen außerordentlichen Intellekt, eine große Sachkompetenz, die Fähigkeit, sich in komplizierte innen- und außenpolitische Probleme einzuarbeiten und darüber sachverständig zu sprechen. Er benutzt das bereits im Wahlkampf aufgebaute Netz weiter, und jeder, der sich einmal dort eingeschrieben hat, bekommt sozusagen jeden zweiten Tag eine Mail vom Präsidenten. Zudem versucht er die Medien im In- und Ausland zu beeinflussen, die "message control" zu verfeinern. Mit seiner charismatischen Erscheinung und der Fähigkeit, öffentlich zu sprechen, macht er das alles grandios.

Vor welchen Problemen steht er?

Junker: Obama hat viele innen- und außenpolitische Probleme am Hals, die ein Sterblicher nicht zu lösen vermag. Nicht nur die Finanz- und Wirtschaftskrise, sondern auch all die Versprechungen, die er seinen Wählern gemacht hat. In dieser Hinsicht ist er bisher ein "Ankündigungspräsident" geblieben. Er hat noch nichts im Kongress durchbekommen. Dieser arbeitet aber auch langsam. Allerdings hat er das große Konjunkturprogramm von 800 Milliarden Dollar durchgesetzt. Der Haushaltsentwurf für das Jahr 2009/10 ist dadurch mit einer enormen Verschuldung verbunden. Der Finanzspielraum wird dadurch immer geringer, um andere Fragen zu lösen.

Wie verhält er sich außenpolitisch?

Junker: Obama versucht moderater zu wirken und öfter Verhandlungen anzubieten. Mit der Rede von Kairo hat er zum Beispiel versucht, der muslimischen Welt das Feindbild zu nehmen. Würde er das schaffen, wäre das eine unglaubliche strategische Leistung. Ob das beim Adressaten ankommt, hängt auch von der Medienkontrolle in den islamischen Ländern ab. Weiter hat er mit der internationalen Finanzkrise zu kämpfen, den Kriegen im Irak und in Afghanistan, der explosiven Situation in Iran, dem großen Problem der Atombombe in Nordkorea und dem ungelösten israelisch-palästinensischen Konflikt. Russland und China verfolgen eine nationalistische Politik, Lateinamerika erhofft sich etwas von Obama und Afrika ist enttäuscht, dass er dort nicht mehr macht. Die Europäer spielen nur eine marginale Rolle.

Hat sich das deutsch-amerikanische Verhältnis verändert?

Junker: Es gibt große sachliche Differenzen zwischen der Bundesregierung und
der Obama-Administration. Die Amerikaner haben immer gesagt, wir seien zu zögerlich im Schuldenmachen, aber die Kanzlerin hat die Politik der weiteren Verschuldung kritisiert. Zudem gehen Kanzlerin Merkel die amerikanischen Versuche, in der Umweltpolitik etwas zu bewirken nicht weit genug - vor allem dabei die Emission von Kohlendioxid zu senken. Es ist ein altes Problem, dass die Amerikaner erwarten, dass wir viel mehr Soldaten nach Afghanistan schicken. Die Amerikaner senden weitere 17.000 und die Bundeswehr gerade mal 300 zusätzlich.

Was können wir von Obamas Umweltpolitik erwarten?

Junker: Ich bin davon überzeugt, dass er meint, was er sagt. Die Frage ist, ob er das durchsetzen kann. Seine programmatischen Reden laufen auf eine Revolution der amerikanischen Energiepolitik hinaus, auf eine ökologische Erneuerung. Der Vorteil wäre, dass Amerika unabhängiger vom Öl im Nahen Osten wäre. Bisher klafft aber eine Lücke zwischen Theorie und Praxis. Fraglich ist, ob die Amerikaner diese Revolution mitmachen, was eine komplette Lebensumstellung für sie bedeuten würde.

Sind die USA weiter eine Supermacht?

Junker: Ihr Einfluss ist geringer geworden. Allerdings werden die Amerikaner immer gerufen, wenn es ein Problem in der Welt gibt. Ich glaube, dass sie immer noch die bedeutendste Macht der Welt sind. Erstens haben die Amerikaner mit Abstand die größte Militärmacht der Welt. Sie können zu Wasser, aus der Luft und aus dem All jeden Punkt auf der Erde innerhalb von 20 Minuten pulverisieren. Zweitens gibt es weltweit kein anderes exportfähiges Modell als das freiheitlich-demokratische der USA. Seit 1948 haben fast alle Staaten die UNO-Menschenrechtserklärung unterschrieben. Diese stimmt im Großen und Ganzen mit der amerikanischen Ideologie überein. Das heißt: Keine andere Ideologie hat eine vergleichbare Anziehungskraft, wie die amerikanische. Gerade deshalb hassen die Geistlichen in Iran die USA wie der Teufel das Weihwasser.

Herr Junker, Vielen Dank für das Gespräch.


Das Gespräch führte Karla Kelp

von Karla Kelp
   

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